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Erst den Boden ernähren, dann die Pflanze

Lesezeit: 6 Minuten

Über das „Bodenfruchtbarkeits-Programm“ des US-Beraters Neal Kinsey wird viel diskutiert. Kann es die gängigen Bodenuntersuchungen ersetzen? Wir erklären, worauf die Methode basiert und wie Wissenschaft, Beratung und Praxis dazu stehen.


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Die übliche Düngepraxis schenkt dem Boden zu wenig Aufmerksamkeit, da sie hauptsächlich auf die angebaute Kultur schielt. Darin sieht Ackerbauberater Neal Kinsey aus den USA häufig die Ursache, wenn pflanzenbauliche Probleme auftreten und z. B. die Erträge stagnieren.


Er rät den Boden zu düngen und darüber die Pflanzen zu ernähren. Dafür ist jeder Nährstoff in der Menge auszubringen, die für den Boden erforderlich ist, nicht für die Pflanze. Nur so lassen sich seiner Meinung nach optimale Erträge und Qualitäten erzielen.


Hauptaugenmerk seiner Beratung liegt auf dem Verhältnis der Nährstoffe im Boden, wie z. B. dem von Kalium (K) zu Magnesium (Mg). Denn oft führt der Überschuss eines Nährstoffes zum Mangel eines anderen. Belegt z. B. zu viel Mag­nesium die Austauscher im Boden, so bleibt weniger Platz für Kalium. Die Folge: Kalium wäscht aus und steht den Pflanzen nicht mehr zur Verfügung. Oder die Pflanze nimmt z. B. bei hohem K-Angebot viel Kalium, aber wenig Magnesium auf (Nährstoff-Antagonismus).


Fokus Boden:

Bei ausgewogenen Nährstoffverhältnissen im Boden sind die Pflanzen laut Kinsey ideal versorgt. Es stellt sich dabei der optimale Wasser­- und Lufthaushalt im Boden ein und bietet so das perfekte Milieu für das Bodenleben. Ein geringerer Schädlingsbefall und der Aufbau von Humus sind nach seinen Erfahrungen weitere Vorteile.


Auf dieses Verständnis für Boden und Pflanze hat der Berater seine Bodenanalyse und Düngeberatung ausgerichtet. Sie geht auf die Forschungsergebnisse des US-Bodenkundlers Prof. William A. Albrecht aus den 1940er Jahren zurück.


Die Besonderheit der Bodenanalysen ist die Betrachtung von Nährstoffverhältnissen, besonders von Ca/Mg, Ca/K, K/Mg und K/Na. Dafür ermittelt Kinsey die „totale Kationenaustauschkapazität“ (totale KAK) und die „Basensättigung“ des Bodens. Die totale KAK zeigt an, wie viele Nährstoffe der Boden speichern kann. Sie beschreibt seine Fähigkeit, positiv geladene Nährstoffe, wie z. B. Kalium, anzulagern und im Austausch an die Bodenlösung abzugeben. Zusätzlich beeinflusst sie die Möglichkeiten eines Bodens, das Verhältnis von Nährstoffen zueinander zu verändern.


Richtiges Verhältnis:

Leichte Böden mit wenig Ton und Humus weisen meist eine niedrige totale KAK auf, schwere Böden dagegen eine hohe. Sie benötigen daher mehr Dünger, um das richtige Nährstoffverhältnis zu erreichen. Ist ein Boden weit von der idealen Nährstoffbalance entfernt, liegen die von Kinsey empfohlenen Düngemengen daher erst eher über denen der Praxis.


Um die im Boden gebundenen Nährstoffe zu bewerten, misst Kinsey zudem die Basensättigung. Sie beschreibt den Anteil eines Nährstoffes an der totalen KAK. Berücksichtigt werden vor allem Kalzium (Ca), Magnesium, Kalium und Natrium (Na). Die optimale Sättigung liegt nach Albrecht und Kinsey bei 60 bis 70 % Kalzium, 10 bis 20 % Magnesium, 3 bis 5 % Kalium, 10 bis 15 % Wasserstoff und 2 bis 4 % weitere Kationen. Je nach Bodenart und Kultur unterscheiden sich diese Richtwerte. Bei leichten Böden sollte die Sättigung z. B. bei 60 % Kalzium und 20 % Magnesium liegen, bei schweren dagegen bei 70 % Kalzium und 10 % Magnesium.


Kalzium steuert Kalkung.

Da Kalzium die Effizienz der Nährstoffaufnahme der Pflanzen beeinflusst, ist es für Kinsey sehr wichtig. Zudem hält es die Poren im Boden offen. Um zu entscheiden, wann und womit zu kalken ist, schaut er nicht – wie praxisüblich – auf pH-Wert und Bodenart, sondern auf die totale KAK und das Ca/Mg­-Verhältnis. Denn selbst ein günstiger pH-Wert ist nach seiner Theorie keine Garantie für einen ausgewogenen Boden.


Auch den Mikronährstoffen schenkt Kinsey viel Aufmerksamkeit. Sie sind aus seiner Sicht am besten pflanzenverfügbar, wenn die Basensättigung optimal ist und die Makronährstoffe, wie z. B. Stickstoff, ausreichend zur Verfügung stehen. Doch nicht alle Böden enthalten ausreichende Mengen. So kann z. B. die Basensättigung optimal sein, der Pflanze aber z. B. Mangan dennoch fehlen. Häufig kommt es auch vor, dass andere Hauptnährstoffe im Überfluss vorkommen und diese die Aufnahme von Mikronährstoffen blockieren. Das gilt z. B. für Phosphor. Dann beseitigt Kinsey die Überschüsse durch geeignete Düngemaßnahmen und macht die Mikronährstoffe im Boden so wieder verfügbar.


Entnahme der Bodenproben:

Die Bodenentnahme für Kinsey-Analysen ist etwas flacher (mindestens 18 bis 20 cm) als bei herkömmlicher Untersuchung. Bei Direktsaatbetrieben und Grünland reichen die oberen 10 cm aus. Zum Einstieg in das System rät Kinsey zu einer Mischprobe, bestehend aus 20 Einzelproben je 8 ha. Er empfiehlt zudem, Proben von den produktivsten Böden des Betriebes mit denen von Problemflächen zu vergleichen.


Die Entnahme kann jederzeit – am besten aber im späten Frühjahr – mit dem Bohrstock oder einer Schaufel erfolgen. Blatt- und Wurzelreste muss man nicht entfernen. Da die Untersuchungen in den USA stattfinden, kann es bis zu sechs Wochen dauern, bis die Ergebnisse vorliegen.


Den Probenversand übernimmt ein Dienstleister aus Deutschland. Als Ergänzung sind den Proben Infos zur Vor- und Hauptkultur (und Ertragshöhe), dem Saattermin und der eingesetzten Kalke beizulegen. Den Vordruck finden Sie unter www.beratung-mal-anders.de


Da Kinsey andere Untersuchungsmethoden als bei uns üblich nutzt, lassen sich die Ergebnisse nicht mit unserem VDLUFA-Standard vergleichen. Dazu zählen auch Parameter, wie z. B. der pH-Wert. Für Cross Compliance ist es daher nötig, Bodenproben zusätzlich nach Standardmethode analysieren zu lassen.


Mit dem Analyseergebnis von Kinsey erhält man zunächst Auskunft über die totale KAK, die Basensättigung, das gewünschte Ca/Mg-Verhältnis, den pH-Wert und Humusgehalt.


Was ist zu erwarten?

Auf Basis dieser Ergebnisse gibt Kinsey Düngeempfehlungen für folgende Nährstoffe: Stickstoff (nur Messwert, ohne Empfehlung), Schwefel, Phosphor, Kalzium, Magnesium, Kalium und Natrium sowie die Mikronährstoffe Bor, Eisen, Mangan, Kupfer und Zink. Sie enthalten die nötigen Düngemengen (kg/ha) und auch -mittel. Eine Prioritätenliste zeigt an, welche Düngemaßnahme zuerst erfolgen muss. Auch wenn einige Dünger, wie z. B. Wigor S + B, unbekannt sind, gilt es sie einzusetzen. Denn Kinsey wählt die Dünger nicht nur nach dem fehlenden Nährstoff, wie z. B. Mangan, sondern auch nach der begleitenden Verbindung, wie z. B. Sulfat. Die N-Düng­ung erfolgt weiterhin nach gängiger Praxis, aber mit Zu- und Abschlägen laut Kinsey-Untersuchung. Zu jeder Analyse gehört zudem die Unterstützung durch hiesige Kinsey-­Berater. Die Kosten für eine Standardprobe liegen bei ca. 80 €.


Wichtig für Neueinsteiger:

Wer auf die Beratung von Kinsey setzen möchte, sollte zunächst auf einer Teilfläche damit beginnen. Nur so ist ein Vergleich zur aktuellen Methode möglich. Zudem muss man das Programm drei Jahre konsequent beibehalten, denn Effekte im Boden stellen sich laut Kinsey erst langsam ein. Anne Borchert

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