Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Feldmäuse – machtlos gegen die Plage?

Lesezeit: 11 Minuten

Immer öfter verursachen Feldmäuse durch ihre Massenvermehrung große Schäden in ­Ackerkulturen. Über Ausmaß, Ursachen und neue Bekämpfungsansätze informiert Katrin Gößner, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Das Jahr 2012 wird vielen Landwirten als „Jahr der Feldmaus“ bitter in Erinnerung bleiben: 3 000 Feldmäuse pro Hektar und mehr „tummelten“ sich auf einigen Flächen in Stark­befallsgebieten in Thüringen und Sachsen-Anhalt! Aber auch die Pflanzenschutzdienste in Sachsen, Niedersachsen, Hessen, Brandenburg und Bayern meldeten verstärkt Schäden durch Feldmäuse. Im Jahr 2012 wurde in Thüringen der seit langem stärkste Befall durch die Massenvermehrung der Feldmäuse festgestellt.


Extreme Massenvermehrung:

Bereits Ende Februar ergaben erste Feldmausdichteermittlungen in Wintergetreide, Winterraps und Feldfutter in einigen Regionen Werte weit oberhalb des Bekämpfungsrichtwertes (siehe Übersicht 1). Der Warndienst des Pflanzenschutzdienstes rief zu intensiven Kontrollen und umgehender Bekämpfung bei Überschreiten des Bekämpfungsrichtwertes auf.


Im Rückblick der letzten Jahre ist festzustellen, dass zum ersten Mal die Befallswerte zu Vegetationsbeginn bereits höher lagen als im Herbst des jeweiligen Vorjahres. In der kurzen Phase bis zum Bestandesschluss der Winterkulturen haben Landwirte in begrenztem Umfang chemische Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt.


Mitte Mai war der extreme Massenbefall der Feldmäuse durch die starken Fraßschäden an den ährentragenden Getreidehalmen besonders in der Ackerebene Thüringens offensichtlich. Bekämpfungsmaßnahmen waren zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Bestandeshöhe und eingeschränkten Attraktivität der Ködermittel kaum möglich bzw. sinnvoll.


Mitte Juni ergab die Befallseinschätzung einen mittleren Befall (bis zu 30 % Schäden auf der Fläche) auf etwa 60 000 ha und einen starken Befall auf mehr als 13 000 ha – hauptsächlich in Wintergetreide, -raps, Feldfutter und Sommergetreide. Ein enormer Ertragsausfall in betroffenen Betrieben war nicht mehr abzuwenden.


Nachdem das Ausmaß der Feldmausschäden deutlich war, hat die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) im Frühsommer einen Antrag zur Streuanwendung von Ratron Feldmausköder auf besonders gefährdeten Flächen im Sinne der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln für Notfallsituationen gestellt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lehnte diesen ab. Die TLL legte umgehend Widerspruch ein und beantragte die Anwendung von Ratron Giftlinsen gegen Feldmäuse mit der Legeflinte in Rückzugsgebieten in und an Kulturflächen direkt angrenzende Flächen.


Antragstellungen durch die Pflanzenschutzdienste von Sachsen-Anhalt und Sachsen folgten. Hintergrund war der Schutz der Neuansaaten von Winterraps und Wintergetreide. Ab August konnten Feldmäuse auf Rückzugsflächen unter Einhalten strenger Bestimmungen und Auflagen bekämpft werden.


Späte, befristete Bekämpfung:

Erst Ende September hat das BVL den begrenzten Einsatz von Ratron Feldmausköder in Weizen, Gerste und Raps zur Bekämpfung der Feldmaus in Thüringen für 120 Tage genehmigt. Das offene Ausbringen (Streuen) war nur möglich, um erhebliche Schäden auf Anordnung des Pflanzenschutzdienstes und nach Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde abzuwenden.


Leider kam diese Notfallzulassung für den Winterraps zu spät, da bereits zahlreiche Flächen stark geschädigt waren. Knapp 1 000 ha Raps mussten in Thüringen bereits im Herbst umgebrochen ­werden. Bis zum Vegetationsende wurde der Einsatz von Ratron Feldmausköder auf ca. 2 000 ha Wintergetreide genehmigt.


Auch für Sachsen-Anhalt lag ab Mitte November eine Notfallzulassung zur Anwendung von Ratron Feldmausköder in Wintergetreide vor. In Sachsen ist die Anwendung dieser Köder im Streuverfahren in Gräsern, Klee und Luzerne noch bis zum 5. April 2013 befristet.


Plagen werden häufiger:

Der zyklische Verlauf in der Entwicklung einer Feldmaus-Population ist zwar seit langem bekannt, aber das Wechselspiel der einzelnen Faktoren wie Stress und Förderung von Krankheiten infolge zu hoher Dichte, Nahrungsverknappung, Wetter u.a. ist immer noch nicht geklärt. In den letzten Jahren ist allerdings zu beobachten, dass sich der Rhythmus der Feldmaus-Kalamitäten verkürzt bzw. Jahre mit hohem Befall in Folge auftreten.


Eine große Bedeutung beim Populationsaufbau hat die Witterung im Winter und zu Frühjahrsbeginn. Die Witterung seit der Aussaat 2011 war für einen starken Populationsaufbau besonders günstig: Sehr langer, milder Herbst, regional Vegetationsende erst Ende Januar 2012, kurze Frostphase, schützende Schneedecke während der Frostperiode. Damit waren gute Bedingungen zur Überwinterung der Feldmäuse gegeben. Die Mäuse verfügten über ein ausreichendes Angebot an im Wachstum befindlicher Pflanzenmasse.


Das zeitige Frühjahr mit milden Temperaturen begünstigte einen frühen Beginn der Vermehrung mit guten Überlebensraten der Jungtiere. Untermauert werden diese Schlussfolgerungen auch durch den Zusammenbruch der Populationen in einigen Regionen Thüringens, in denen durch fehlende Schneeauflage verstärkt Auswinterungsschäden auftraten und über einen längeren Zeitraum im Frühjahr wenig Nahrung zur Verfügung stand.


Immer Futter da:

Von Bedeutung sind aber noch weitere Faktoren für verkürzte Zyklen einer Massenvermehrung bzw. stärkeren Populationsaufbaus. Der verstärkte Anbau von Winterkulturen gewährleistet ein ganzjähriges Nahrungsangebot für die Mäuse und trägt zu einer optimalen Überwinterung bei.


Ein verzögerter Stoppelumbruch bietet Feldmäusen ausreichend Nahrung nach der Ernte. Das war in den letzten Jahren öfter zu beobachten. Zudem behindert er Vögel (natürliche Feinde) bei der Reduzierung des Feldmausbesatzes.


Inwiefern die über viele Jahre pfluglose Bodenbearbeitung in einigen Betrieben zur Erhöhung der Feldmauspopulation beiträgt, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen. Jedes Pflügen bzw. tiefe Grubbern (ca. 25 cm) zerstört das Gangsystem und einen Teil der Nester mit Nachwuchs. Zudem entzieht es für eine gewisse Zeit die Nahrung. Die befallsmindernde Wirkung ist unbestritten. Sie wird mit 80 bis 95 % beziffert.


Auf Flächen mit einer optimal gelockerten Bodenstruktur können sich aber zuwandernde Feldmäuse besonders gut etablieren. Dies verdeutlichen die Ergebnisse eines langjährigen Versuches mit unterschiedlichen Bodenbearbeitungsvarianten. Nach der Ernte der Futtererbsen erfolgte bei diesem Versuch die Ermittlung des Feldmausbesatzes mittels Lochtretmethode (Auszählen der wieder geöffneten Löcher auf 250 m² nach 24 Stunden). Die höchsten Befallswerte nach dem Stoppelumbruch wurden überraschenderweise auf der Pflugvariante ermittelt (siehe Übersicht 2). Das Pflügen vor der Aussaat des Winterweizens erzielte einen sehr guten Bekämpfungseffekt. Nur unwesentlich schlechter war in diesem Versuch die Variante mit dem Schwergrubber.


Die Bekämpfungsmöglichkeiten reichten 2012 aufgrund der extremen Befallslage oft nicht aus. Das Aufstellen von Sitzstangen auf Befallsflächen (1 bis 2 pro ha) als biologische Maßnahme zur Förderung der Greifvogelaktivität bewährt sich nur bei Befallsbeginn. Massenvermehrungen lassen sich damit nicht verhindern.


Mäuse mögen Mulchsaat:

Die Feld-mausdichte lässt sich mit mechanischen Maßnahmen durch eine intensive Bodenbearbeitung reduzieren. Während pfluglose bzw. Minimalbodenbearbeitung den Mäusen sehr gute Lebensbedingungen bietet, wirkt regelmäßiges Pflügen dem Ansiedeln entgegen. Je intensiver und tiefer die Bodenbearbeitung erfolgt, umso größer und nachhaltiger ist der Bekämpfungserfolg.


Alle Maßnahmen, die das „Schwarzhalten“ der Flächen nach der Ernte bis zur neuen Aussaat zum Ziel haben, wie eine umgehende Stoppelbearbeitung nach der Ernte, eine gute Strohverteilung (keine Strohmatten) und das Vermeiden „Grüner Brücken“ durch Glyphosateinsatz, reduzieren den Feldmausbesatz.


Da der Befall oft vom Rand der Ackerflächen ausgeht, bringt selbst ein gepflügter Streifen von etwa 20 m Breite einen gewissen Effekt, da sich die Mäuse ungern auf offenen Flächen ohne Deckung bewegen. Die Pflege der Feldränder und Böschungen ist eine weitere Möglichkeit, das Einwandern der Mäuse auf die Kulturflächen zu senken.


Grünland und mehrjähriges Feldfutter sollten frühzeitig und häufig genutzt werden. Die Nutzung des Aufwuchses als Umtriebs- oder Portionsweide mit einer erhöhten Viehbesatzdichte kann zu einer Entlastung führen. Weiterhin empfiehlt es sich, das Gras kurzzuhalten (Bestandeshöhe vor Winter etwa 10 cm) und horstbildende Unkräuter und Geilstellen zu beseitigen.


Wenn nur noch Gift hilft:

In Jahren mit Massenvermehrung reichen biologische und mechanische Maßnahmen jedoch nicht aus. Die höchste Befallsreduzierung wird durch den Einsatz von Rodentiziden erreicht. Für die chemische Bekämpfung der Feldmäuse stehen weiterhin nur Prä­parate auf der Wirkstoffbasis von Zinkphosphid zur Verfügung (siehe Übersicht 3).


Dieser Wirkstoff ist jedoch sehr giftig gegenüber Vögeln und anderen Wildtieren. Daher muss er mit der Legeflinte ausgebracht werden, um die Mittel tief und für andere Tiere unzugänglich in den Feldmauslöcher abzulegen. Dies ist allerdings sehr handarbeitsaufwendig und bei großflächigem Befall nicht zeitgerecht durchführbar.


Köderstation statt Legeflinte:

Giftlinsen lassen sich zudem unter Verwenden von Köderstationen (100 g pro Station) einsetzen. Die Stationen müssen in regelmäßigen Abständen neu befüllt werden. Das macht bei großen Schlagein­heiten ein Markieren notwendig und ­erfordert ebenfalls einen hohen Arbeitsaufwand.


Diese Nachteile sollten mit der Entwicklung einer neuartigen Köderstation behoben werden. So kamen erstmalig im Sommer 2012 Köderstationen aus einem relativ wetterfesten Papprohr mit 30 mm Durchmesser zum Einsatz. Im Inneren der Röhre waren Giftlinsen mit Lockstoff verklebt, später dann Giftlinsen in einem Beutelchen angebracht. Diese Pappröhren können während des Befahrens befallener Flächen verteilt werden. Das ermöglicht eine höhere Schlagkraft und arbeitswirtschaftliche Erleichterung gegenüber herkömmlichen Köderstationen bzw. dem Auslegen von Ködermitteln mit Legeflinte.


Die TLL Jena hat im Sommer 2012 im Rahmen ihrer Versuche zur Bekämpfung von Feldmäusen die Wirksamkeit verschiedener Köderstationen in Form der Pappröhren geprüft. Dazu wurden Pappröhren verschiedener Hersteller und Produktionsart auf Stoppelflächen und im aufgelaufenen Winterraps ausgelegt. Der Ausgangsbefall lag auf der Stoppelfläche bei 80 bis 150 wieder geöffneten Löchern/250 m² (wgL) und im Winterraps bei 40 bis 70 wgL/250 m².


Die Auswertung dieser Versuche zeigte, dass sich der Befall durch Köderstationen vor allem bei knappem Futterangebot reduzieren lässt. Die Bekämpfungseffekte reichen aber bei Starkbefall keinesfalls aus und nehmen weiter ab, je mehr grüne Pflanzenmasse zur Verfügung steht. Ein mögliches Anwendungsgebiet könnte das Auslegen der Pappröhren am Schlagrand sein, um das Einwandern der Feldmäuse in Neuansaaten einzudämmen.


Versuche in Raps und Gerste:

In weiteren Versuchen (4-fach wiederholt) haben wir die Wirksamkeit verschiedener Rodentizide beim Einsatz in Winterraps und -gerste geprüft. Folgende Varianten haben wir verglichen:


  • Auslegen von Giftweizen und Giftlinsen in Feldmauslöcher,
  • Auswerfen von Pappröhren mit Giftlinsen (Köderröhren) und
  • Ausstreuen von Ratron Feldmausködern mit dem Wirkstoff Chlorphacinon (CP-Köder) jeweils in der Auflaufphase.


Zum Applikationszeitpunkt im Winterraps lag ein Ausgangsbefall von 24 bis 32 wgL/250 m² vor.


Erwartungsgemäß erzielte das verdeckte Ausbringen von Giftweizen und -linsen den schnellsten und größten Bekämpfungseffekt mit Dauerwirkung ­(siehe Übersicht 4). Die Wirkung der Feldmausköder setzte aufgrund der Wirkweise von Chlorphacinon als Blutgerinnungshemmer verzögert ein.


Zu den Versuchsbedingungen Folgendes: Zum Applikationszeitpunkt stand nur Altware aus 2007 zur Verfügung. Eine Aufnahme der Giftlinsen aus den Köderröhren erfolgte erst nach ca. 1 Woche, sodass auch bei dieser Variante erst eine spätere Wirkung eintrat (Übersicht 4).


In der Wintergerste lag der Ausgangsbefall etwas niedriger bei 12 bis 16 wgL/250 m². Auch bei diesem Versuch setzte die Wirkung von Giftweizen und Giftlinsen unmittelbar nach dem Auslegen der Köder in die Mäuselöcher ein. Die verzögerte Wirkung von Chlorphacinonköder wird in Übersicht 5 deutlich. Nach etwa 10 Tagen war die Wirkung beider Varianten gleichwertig.


Überzeugend war die Dauerwirkung dieser Mittel. Die Köderröhren wurden nur in geringem Maß in der Anfangsphase angenommen. Mit zunehmender Pflanzengröße der Gerste sank die Attraktivität der Giftlinsen in den Röhren, und der Befall in den Kontrollparzellen nahm stetig zu. Eine letzte Bonitur Anfang Dezember repräsentierte eine abnehmende Aktivität der Feldmäuse aufgrund des Winterbeginns.


Wühlmauspflug genutzt:

In einigen Betrieben Thüringens wurde als eine weitere Bekämpfungsmöglichkeit der Einsatz eines Wühlmauspfluges genutzt. Mit diesem Pflug lassen sich Giftweizen oder -linsen in eine künstlich geschaffene Röhre in etwa 20 cm Tiefe in den Boden ausbringen. Empfohlen werden mindesten drei Umfahrten mit dem Pflug entlang dem Schlagrand, um ein Einwandern der Feldmäuse zu verhindern bzw. zu minimieren. Bei komplett befallenen Flächen, wie es 2012 der Fall war, ist die Effektivität stark herabgesetzt und die Wirkung des aufwendigen Verfahrens reicht nicht aus.


Ausblick:

Zur Anwendung des Schermauspfluges im Ackerbau liegen bisher zu wenig Erfahrungen vor. In diesem Bereich besteht noch Forschungsbedarf.


Die hohe Wirksamkeit von Ködermitteln mit dem Wirkstoff Chlorphacinon konnte auch in den Versuchen nachgewiesen werden. Leider steht dieser Wirkstoff den Landwirten nicht zur Verfügung, da diese Mittel nicht zugelassen sind. Die Genehmigung der Anwendung einer begrenzten Chlorphacinon-Menge durch das BVL kann nur eine Notlösung sein. Gebraucht wird eine dauerhafte Lösung für die Landwirte, damit in Jahren mit Starkbefall schnell eine effektive Bekämpfung der Feldmäuse erfolgen kann. Dafür notwendig wäre eine korrekte ökotoxikologische Neubewertung des Wirkstoffes Chlorphacinon, um der Industrie ein neues Zulassungsverfahren zu ermöglichen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.