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Für wen lohnt das Zusatzwasser?

Lesezeit: 8 Minuten

Zunehmende Frühjahrstrockenheiten bis hin zu Dürre – wegen des Klimawandels steigt das Anbaurisiko. Immer mehr Landwirte überlegen daher, ihre Kulturen zu beregnen. Doch für wen rentiert sich das?


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Vielen Landwirten sitzt die extreme Dürre 2018 noch in den Knochen. Die Trockenheit mit rekordverdächtigen Verdunstungsraten hielt fast über die gesamte Vegetationszeit an und ließ die Erträge dahinschmelzen. Daher rückt vor allem folgende Frage immer weiter in den Vordergrund: Mit welchen Maßnahmen lässt sich das wirtschaftliche Risiko von trockenheitsbedingten Ertrags- und Qualitätseinbußen am besten senken?


Eine Lösung, über die viele Betriebsleiter zurzeit nachdenken, ist die Anschaffung einer Beregnungsanlage. Momentan werden bundesweit rund 600000 ha landwirtschaftlicher Fläche beregnet. Mehr als die Hälfte davon liegt in Niedersachsen. Insbesondere auf besseren Standorten ist die Tendenz steigend.


Weil die notwendigen Investitionen in eine Beregnungsanlage allerdings hoch sind, sollte man vor der Installation einige Fragen klären. Neben dem rechtlichen Thema (siehe top agrar 5/2019, ab Seite 58) geht es dabei z.B. um die Wasserbereitstellung und Arbeitswirtschaft. Eine für den Landwirt entscheidende Fragestellung ist aber: Welche Vorteile bringt die Beregnung bei den verschiedenen Kulturen in puncto Ertragsabsicherung und Qualitätsverbesserung der Ernteprodukte?


Wie hoch sind die Mehrerträge durch Beregnung?


Um den Einfluss der Beregnung auf die Erträge und Qualitäten der Kulturen beurteilen zu können, legt die LWK Niedersachsen seit mehr als 20 Jahren Beregnungsversuche an. Auf dem derzeitigen Versuchsstandort Hamerstorf laufen die Versuche jetzt bereits im 14. Jahr. Der Standort liegt im südwestlichen Landkreis Uelzen auf einem schwach lehmigen Sandboden mit etwa 33 Bodenpunkten.


Welche Mehrerträge im langjährigen Mittel (2006 bis 2018) durch die Beregnung verschiedener Fruchtarten im Vergleich zur unberegneten Variante erzielbar sind, entnehmen Sie der Übersicht1. Daraus geht hervor, dass sich durch eine optimale Beregnung (beregnet ab etwa 50% der nutzbaren Feldkapazität) deutliche Mehrerträge in fast allen Kulturen erreichen lassen. Bei z.B. Speisekartoffeln liegen diese im Mittel der Jahre bei knapp 30%. In den einzelnen Jahren schwankten die Mehrerträge, abhängig von der jeweiligen Jahreswitterung, zwischen rund 40 und 400 dt/ha. Die Zusatzwassergaben zu den Kartoffeln lagen bei 62 mm (2014, feuchtes Jahr) bis 262 mm (2018, extrem trockenes Jahr). In 2018 ließ sich die Kartoffelproduktion nur durch eine intensive Beregnung mit nahezu wöchentlichen Gaben sichern. Ohne Beregnung wurde im Versuch nur 46% (das entspricht 303 dt/ha) des Ertrages der optimal beregneten Variante (659 dt/ha) geerntet.


Weil Wasser auch der Nährstofftransporteur Nr. 1 ist, beeinträchtigt ein Mangel zudem die kontinuierliche Nährstoffaufnahme der Kulturen. Die Folgen können deutliche Qualitätseinbußen sein. Vor allem die Stickstoffaufnahme wirkt sich auf die Qualität oft negativ aus, wenn die Pflanzen ihn nach einer längeren Trockenphase mit einsetzenden Niederschlägen wieder in hoher Rate aufnehmen.


Zusatzwasser sichert Qualität


Das Ziel der Beregnung ist daher, den Boden ausreichend und gleichmäßig feucht zu halten, um trockenheitsbedingte Wachstumsstörungen und damit Ertragsdepressionen zu verhindern. Es geht aber auch darum, die Produktqualitäten sicherzustellen.


Denn die Produktqualitäten beeinflussen zum einen die Absatzmöglichkeiten und zum anderen den erzielbaren Preis. Wer die vom Abnehmer geforderten Qualitätskriterien nicht einhalten kann, muss häufig Preisabschläge hinnehmen. Schlimmstenfalls drohen eine Ablehnung der Ware oder sogar Vertragsstrafen, wenn Lieferverträge nicht eingehalten werden können.


Besonders strenge Ausschlusskriterien gibt es z.B. bei Braugerste und Kartoffeln der verschiedenen Verarbeitungsrichtungen. Ohne Beregnung besteht ein hohes Risiko von Lieferausfällen in trockenen Jahren. Im Dürrejahr 2018 konnten fast nur die Beregnungsbetriebe die vertraglich vereinbarten Mengen verlässlich liefern.


Neben Ertrags- und Qualitätsverbesserungen bringt eine Beregnung weitere Vorteile. So nutzen Pflanzen die eingesetzten Düngemittel – organische und mineralische – bei gleichmäßiger Wasserversorgung deutlich effizienter, da sie je eingesetzter Einheit Nährstoff einen höheren Ertrag bilden. Weil die Nährstoffausnutzung verlässlicher wird, sind die Nährstoffbilanzen niedriger. Zusätzlich verlagert sich dadurch weniger überschüssiger Stickstoff über Winter.


Inwieweit eine gleichmäßige Wasserversorgung bestimmte Qualitätskriterien verschiedener Kulturen positiv beeinflusst, zeigt die nachfolgende Liste: Bei Kartoffeln


  • Größensortierungen (Speise- und Pommeskartoffeln)
  • höhere Stärkegehalte (Stärkekartoffeln)
  • weniger Schorfbefall und Knollendeformationen (Speisekartoffeln)
  • geringerer Durchwuchs, bessere Lagerfähigkeit


Bei Braugerste


  • niedrigere Eiweißgehalte
  • höhere Vollgerstenanteile


Bei Silomais


  • höherer Energiegehalt


Bei Rüben


  • höhere Zuckergehalte
  • geringere Ausbeuteverluste


Bei Getreide:


  • höheres Korngewicht und Korngröße


Bei Dürre geht’s nicht ohne?


Wie stark der Ertrag und die Qualität (Proteingehalt) von Braugerste im ex-tremen Trockenjahr 2018 gelitten haben, zeigt Übersicht 2 auf Seite 65. Die unberegnete Sommergerste brach ertraglich ein und erreichte nur etwa 40% des Ertrages gegenüber der optimal beregneten Variante (ab 50% der nutzbaren Feldkapazität). Der vom Handel geforderte Maximalwert von 11,5% Protein wurde ohne Beregnung selbst bei niedrigem N-Angebot von 100 kg N/ha (inklusive Nmin) deutlich überschritten. Mit Beregnung ließ sich dagegen die notwendige Qualität sicher einhalten. Das Fazit daraus: In trockenen Jahren ist es nicht möglich, Braugerste ohne Beregnung zu erzeugen – das bestätigen langjährige Versuche.


Auch bei Speisekartoffeln sackten die Erträge 2018 ohne Beregnung fast ins Bodenlose. Sie erreichten oft nur die Hälfte des Ertrages gegenüber der beregneten Variante. Zudem waren in nicht beregneten Beständen die Qualitäten u.a. durch Schorf, Zwiewuchs und vorzeitige Keimung sehr schlecht.


Beim Silomais sinkt bei Trockenheit zur Zeit der Blüte oder Kornausbildung häufig der Kolbenanteil. Das führt zu niedrigeren Energiegehalten im Erntegut, was wiederum zu Lasten der Futterqualität oder Biogasausbeute geht.


Wie sich eine Beregnung langjährig auf die Erträge und Energiegehalte von Silomais auswirkt, entnehmen Sie der Übersicht 3. Es zeigt sich, dass in Jahren mit trockenen Sommern nicht nur der Ertrag, sondern auch der Stärkegehalt ohne Beregnung stark leidet. Wer seinen Mais als Körnermais verwendet, muss bei Trockenstress wegen der schlechten Kolbenausbildung mit noch negativeren Auswirkungen rechnen.


Lohnt sich der Kauf?


Um die Wirtschaftlichkeit einer Beregnungsanlage kalkulieren zu können, muss man die festen und variablen Kosten berücksichtigen. Die Festkosten fallen in jedem Jahr an, auch wenn jahresbedingt nicht beregnet wird. Der Investitionsaufwand für eine kom-plette Beregnungsanlage – bestehend aus Brunnen, Pumpe, Erdleitungen, Hydranten und Beregnungsmaschine – beläuft sich meist auf 2000 und 3000 €/ha. Daraus ergeben sich jährliche Festkosten von 150 bis 200 €/ha.


Die variablen Kosten sind verbrauchsabhängig und setzen sich aus den Energie-, Reparatur- und Arbeitserledigungskosten sowie dem Wasserentnahmeentgelt (wird nicht in allen Bundesländern erhoben) zusammen. Sie liegen in der Regel zwischen 1,50 und 2,00 €/mm. Bei Kreisberegnungsanlagen fallen diese Kosten wegen des deutlich niedrigeren Energiebedarfs und der günstigen Arbeitserledigungskosten geringer aus.


Damit eine Beregnungsanlage rentabel ist, müssen die gesamten festen und variablen Kosten für Beschaffung und Betrieb der Anlage sowie weitere Aufwendungen (z.B. Ausgleich für höhere Nährstoffentzüge) über die Mehrerträge bzw. Mehrerlöse mindestens ausgeglichen werden. In Trockenjahren nehmen die Kosten durch den hohen Wasserbedarf zwar deutlich zu, die Effizienz des eingesetzten Wassers ist durch die hohen Mehrerträge bei den meisten Kulturen dennoch gut. Um die Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition bestmöglich abschätzen zu können, ist nicht ein einzelnes Trockenjahr, sondern der mehrjährige Durchschnitt entscheidend.


Top Leistung bei Kartoffeln


Die Wirtschaftlichkeit einer Beregnung im langjährigen Mittel für die beiden Beregnungsintensitäten „reduzierte Beregnung“ ab 35% nutzbare Feldkapazität (nFK) und „optimale Beregnung“ ab 50% nFK bei durchschnittlich zu erzielenden Produktpreisen, zeigt Übersicht 4. Dargestellt ist die variable beregnungskostenfreie Leistung. Diese errechnet sich durch den Abzug der variablen Beregnungskosten vom ermittelten Mehrerlös. Von diesem Ergebnis müssen Sie noch die festen Kosten decken. Die wirtschaftlich beste Beregnungsvariante ist bei der jeweiligen Kultur fett hinterlegt. Demnach erreichten Speisekartoffeln mit knapp 2000 € je ha bei einem durchschnittlichen Erlös von 12 €/dt die höchste Leistung im 13-jährigen Mittel. Dabei wurde ohne Beregnung wegen der geringeren Qualitäten ein niedriger Preis von 11 €/dt angenommen.


Damit ist die Kartoffel mit weitem Abstand die beregnungswürdigste Kultur der in den Beregnungsversuchen angebauten Arten. Speisekartoffeln und Braugerste waren die einzigen Früchte, bei denen die Beregnung nach Abzug der Festkosten einen positiven Beitrag zum Betriebsergebnis geleistet hat. Diese Aussage lässt sich so jedoch nur für den Standort des Versuchsfelds treffen. Bei leichteren Böden oder trockenerem Klima erhöht sich die Beregnungswürdigkeit aller Kulturen. Ob die Beregnung wirtschaftlich ist, hängt zudem von der Verwertungsrichtung der jeweiligen Kultur ab.


Vorsicht: Begrenzte Wassermengen!


Die von den Unteren Wasserbehörden genehmigten Zusatzwassermengen sind allerdings in den meisten Bundesländern begrenzt. Daher lässt sich nicht jede Kultur optimal beregnen. Je nach Landkreis und Region liegen die erlaubten Wassermengen z.B. in Niedersachsen bei 50 bis 100 mm/Jahr, in vielen anderen Regionen sind es 80 mm/Jahr.


Jeder Betriebsleiter muss nun betriebs-individuell eine Rangfolge der Wirtschaftlichkeit unter den angebauten Beregnungskulturen festlegen. Dann gilt es, die Kultur mit der höchsten Wirtschaftlichkeit (oft sind das Gemüse oder Speisekartoffeln) pflanzenbaulich optimal zu bewässern. Bei einigen Kulturen, z.B. Rüben oder Winterweizen, ist eine reduzierte Beregnungsvariante die wirtschaftlich richtige. Ist nur sehr wenig Wasser für die Beregnung verfügbar, sollte man Kulturen mit geringer Wirtschaftlichkeit nicht beregnen.


matthias.broeker@topagrar.com

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