Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Stilllegung 2024

Aus dem Heft

Gerste: Ramularia kaum noch zu bremsen

Lesezeit: 8 Minuten

Im Süden bestimmt der Ramulariabefall bereits seit Jahren die Gerstenerträge. Jetzt tritt der Erreger auch im Norden häufiger auf. Über aktuelle Versuchsergebnisse und Empfehlungen informiert Stephan Weigand, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die meisten Gerstenbestände sind trotz kühler Witterung und regional länger anhaltender Frostperioden gut aus dem Winter gekommen. Die Pflanzen hatten in der Regel genug Zeit, sich an die Kälte anzupassen, vielerorts schützte auch eine geschlossene Schneedecke vor Frostschäden.


Die Bestände stehen wegen des kühl- trockenen Wetters im Herbst und Winter derzeit zwar meist dünner und sind weniger bestockt als in den letzten Jahren. Vorteilhaft ist jedoch, dass Pilz-infektionen dadurch erschwert wurden. Die Gerste startet daher mit einem eher geringen Krankheitsbesatz ins Frühjahr. Je nach Witterung kann sich dies allerdings in den nächsten Wochen noch rasch ändern.


Wie gesund ist Ihre Sorte?

Beginnen Sie mit ersten Kontrollen Ihrer Bestände bis spätestens zum Schossbeginn (EC 30/31). In den letzten drei Jahren überschritten am häufigsten Zwergrost, Netzflecken und Mehltau bereits in der Schossphase die jeweiligen Bekämpfungsschwellen. Das zeigen die Ergebnisse des Monitorings der amtlichen Pflanzenschutzdienste in Bayern.


Ein Fungizideinsatz bereits im Stadium EC 31/32 empfiehlt sich nur bei frühem, starkem Befall. Treten ausschließlich Zwergrost und Netzflecken zu diesem frühen Entwicklungsstadium stärker auf, ist eine Maßnahme angeraten, wenn zugleich die Witterung Infektionen begünstigt. Für Zwergrost sind Höchsttemperaturen um 20°C und Taufeuchte günstig. Der Netzflecken-Erreger liebt Wärme und Niederschläge.


Beachten Sie neben der Witterung auch die Sortenanfälligkeiten. Wie wichtig dies ist, zeigt sich am häufigeren Auftreten von Zwergrost in den letzten Jahren. Mit Sandra, California und SU Vireni führen z.B. in Bayern gleich drei mittel bis höher anfällige Sorten die Anbauliste an. Vor allem nach infektionsgünstigen milden Wintern ist dann höchste Vorsicht geboten.


Wie anfällig die Gerstensorten gegenüber verschiedenen Krankheiten sind, entnehmen Sie der Übersicht 1. Achten Sie zusätzlich auf Folgendes:


  • Die mehrzeiligen Sorten Bazooka und Henriette sowie die zweizeilige KWS Liga sind anfällig für Mehltau,
  • KWS Tenor und Colonia zeigen Schwächen gegenüber Netzflecken,
  • bei Henriette, Loreley, Caribic und den Sommergersten Cervinia, Marthe und Milford ist auf Rhynchosporium zu achten,
  • KWS Kosmos, Wootan und Vespa sind Zwergrost-anfällig.


Problemfall Ramularia:

Wie anfällig die Gerstensorten speziell gegenüber Ramularia sind, darüber gibt es zurzeit vom Bundessortenamt keine Einstufung. Denn die späten Schadsymptome lassen sich bislang bundesweit nicht überall beobachten. Zudem ist es oft schwierig, die späten physiologischen Blatt-flecken von den typischen, scharf über die Blattadern abgegrenzten Ramularia- Blattflecken sicher zu unterscheiden. Eindeutig bestimmen lässt sich Ramularia häufig erst anhand der Sporulation (mit einer Lupe blattunterseits sichtbar!).


Zwischen beiden Symptomen könnte auch ein direkter Zusammenhang bestehen. So ist der Ramularia-Pilz in der Lage, sogenannte photodynamische Toxine zu bilden, die durch Sonnenlicht aktiviert Chlorophyll und Zellen zerstören. Das fördert die Ausbreitung des Pilzes. Die Schadsymptome „verschwimmen“ dadurch zunehmend.


Diese Unsicherheit spiegelt sich in gewisser Weise auch bei der Zulassung von Fungiziden wider. Die ersten wirksamen Mittel waren nur gegen „nichtparasitäre Blattflecken“ zugelassen, erst spätere gegen die „Ramularia-Sprenkelkrankheit“ oder beides.


Die Pflanzenschutzdienste im Süden bewerten – genauso wie Österreich und Großbritannien – zwar bereits seit Längerem die Gerstensorten auf ihre Anfälligkeit gegenüber Ramularia. Die Abstufungen zwischen den Sorten sind hierbei jedoch meist gering. Zudem muss man bei den späten Schadsymptomen auch stets die Sortenunterschiede in der Reife berücksichtigen.


Fazit: Bislang ist die Sortenwahl kein nutzbarer Ansatz für die Praxis, um Ramularia zu begrenzen. Wegen der schwindenden Fun-gizidwirkung wären züchterische Erfolge gegen diese Krankheit aber dringend notwendig.


Einmalbehandlung:

Um die Wirtschaftlichkeit von Fungizideinsätzen mit dem Schwerpunkt auf Ramularia zu prüfen, wurden in 2016 an insgesamt acht bayerischen Standorten Versuche durchgeführt. In allen Beständen trat nach der Blüte deutlicher Ramulariabefall auf. In Verbindung mit ergiebigen Niederschlägen im Juni verursachten die Infektionen hohe Ertragsverluste in der unbehandelten Kontrolle. Die wichtigsten Ergebnisse entnehmen Sie der Übersicht 2.


Bei einem mittleren Ertragsniveau der Kontrollvarianten von 76,1 dt/ha erzielte die rein stadien-orientierte Doppelbehandlung mit robusten Aufwandmengen einen sehr hohen Mehrertrag von 20 dt/ha („Gesundvariante“ 1). Die Spanne der Einzelstandorte lag bei 15 bis 28 dt/ha.


Kostenbereinigt hatte allerdings der nach Bekämpfungsschwellen ausgerichtete Fungizideinsatz die Nase vorn (Variante 2). Der Mehrertrag war zwar bei leicht reduzierten Aufwandmengen etwas niedriger, trotzdem war die Kombination aus 1,2 l/ha Adexar oder 0,5 bis 0,6 l/ha Siltra Xpro, jeweils + 500 bis 600 g/ha Chlorthalonil (enthalten in Credo oder Amistar Opti) am wirtschaftlichsten. Lediglich an vier der acht Standorte war eine vorherige Behandlung in der Schossphase erforderlich. Zweimal trat Zwergrost frühzeitig und stark auf, je einmal war der Mehltau- und Netzfleckendruck sehr hoch.


Welche Rolle der Wirkstoff Chlorthalonil bei der Wirkung spielt, zeigt der Vergleich der Einmalbehandlungen. Wie in den Jahren zuvor konnten nur Mischungen mit Credo oder Amistar Opti den oberen Blattapparat langanhaltend symptomfrei halten. So fiel vor allem das noch nicht zugelassene Ascra Xpro + Fandango (Variante 4) in der Bonitur und im Ertrag deutlich ab. Die Carboxamid- freien aber Chlorthalonil- haltigen Varianten wie Input Classic + Credo oder Ceralo + Credo waren dagegen deutlich im Vorteil.


Gleiches zeigt sich auch in den beiden abschließenden Doppelbehandlungen. Die Chlorthalonil-freie Variante 13 kam an allen Standorten trotz hoher Aufwandmengen nicht an die Kombination aus Ceriax plus dem noch nicht zugelassenen Chlorthalonil-haltigen Timpani heran.


Ihre Strategien:

Die beschriebenen Chlorthalonil-Effekte in Gerste melden seit 2016 auch viele andere Bundesländer. Mittlerweile wird der Zusatz dieses Wirkstoffs zur Abschlussbehandlung bundesweit empfohlen. Im Norden mit derzeit noch geringeren Ramularia-Problemen hat dies mehr vorbeugenden Charakter. Bei der Wahl Ihrer Fungizidstrategie ist aber auch zu berücksichtigen, dass vor allem auf leichteren Standorten oder in trockeneren Jahren mit zügiger Abreife ein Ramularia-Befall keine Ertragsverluste hervorruft. Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen für dieses Frühjahr:


Eine erste Behandlung in der frühen Schossphase (EC 31/32) mit reduzierten Azolmengen empfiehlt sich wirklich nur, um den Befalls-aufbau bei stärkerem Krankheitsdruck zu unterbinden. In vielen Anbausituationen gelingt eine wirtschaftlich sinnvolle Ertragsabsicherung in Wintergerste dagegen mit einer einmaligen Maßnahme. Am besten geeignet dafür ist – abhängig vom Befallsdruck in Ihrem Bestand – der Zeitraum vom voll entwickelten Blattapparat bis zum beginnenden Ährenschieben. Speziell auf verschiedene Situationen zugeschnittene Empfehlungen entnehmen Sie Übersicht 3.


Für eine ausreichend brei-te Wirkung und um Resistenzen zu vermeiden, haben sich drei oder vier Wirkstoffe in den Tankmischungen bewährt:


  • Chlorthalonil ist der sichere Standard gegen Ramularia,
  • ein Strobilurin sichert die Dauerwirkung gegen Netzflecken ab (wegen zunehmender Carboxamid-Resistenz),
  • ein Azol verbessert zu dem späten Termin die Kurativ-leistung gegen bereits gesetzte Infektionen,
  • ein Carboxamid empfiehlt sich auf Standorten, auf denen noch mit einer Wirkung gegen Netzflecken und/oder Ramularia zu rechnen ist. Zudem sorgt der Wirkstoff für physiologische Zusatz-effekte.


Von den Azolen bringt das Prothioconazol (enthalten in Xpro-Produkten, Elatus Era, Input Classic) oft noch eine Zusatzwirkung gegen Ramularia. Das in den Strategien genannte Aviator Xpro können Sie auch durch 0,6 bis 0,8 l/ha Siltra Xpro ersetzen. Nutzen Sie die in der Übersicht 3 genannten höheren Aufwandmengen vor allem bei früheren Behandlungen vor dem Grannenspitzen, bei bereits vorhandenem Krankheitsbefall und auf günstigeren Standorten, die eine längere Abreife ermöglichen. Andernfalls reicht in der Regel die niedrigere Aufwandmenge. Dies gilt ebenso für Sommergerstenbestände.


Versuch macht klug:

Um die verschiedenen Wirkstoffklassen bei regelmäßig hohem Ramularia-Befall zu prüfen, wurde ein zusätzlicher Versuch an einem oberbayerischen Standort angelegt. Dieser enthält neben Praxisvarianten auch solche ohne Empfehlungscharakter. Hier einige Ergebnisse daraus:


In den ersten beiden Varianten wurden 0,6 l/ha Epoxion einmal mit 0,48 l je ha Acanto und einmal mit 1,2 l/ha Credo kombiniert. Der Vergleich von Acanto zu Credo zeigt bei gleicher Azol- und Strobilurinmenge den Chlorthalonil-Effekt. Erst durch den Zusatz dieses Wirkstoffs rund vier Wochen nach der ersten Applikation (1,0 l/ha Input Classic in EC 37) war eine sehr gute Wirkung gegen Ramularia bei Mehrerträgen von 12 dt/ha erzielbar. Ein nochmaliges Ertragsplus von 5 dt/ha brachte das Carboxamid im Adexar. Diese Variante erzielte einen Ertrag von 102 dt/ha bei 97% Ramularia-Wirkung.


Im Vergleich zur einmaligen Behandlung mit 1,2 l/ha Adexar + 1,2 l/ha Credo in EC 49 fällt der hohe Mehrertrag von gut 7 dt/ha durch die Vorbehandlung mit Input Classic auf. Dies überraschte zunächst, da im Bestand in der gesamten Schossphase nur leichter Mehltau- und Zwergrostbefall aufgetreten war. Erst Ende April in EC 39 – etwa eine Woche vor den roststarken Behandlungen in EC 49 – erreichte der Zwergrost die Bekämpfungsschwelle. In diesen Fällen hat die Erstbehandlung gegen die spätere Ramularia-Epidemie gewirkt.


Die ebenfalls geprüfte Variante 1,0 l je ha Elatus Era + 1,5 l/ha Amistar Opti war in Wirkung und im Ertrag vergleichbar mit Adexar + Credo (97 bzw. 94 dt/ha Ertrag bei 95 bzw. 93% Ramulariawirkung). Trotz unterschiedlicher Einzelwirkstoffe waren auch hier die 600 g/ha Chlorthalonil maßgeblich.


Geprüft wurde auch die alleinige Behandlung mit Proline + Prosaro. Dabei zeigte sich, dass Tebuconazol (im Prosaro) wie erwartet keine Zusatzwirkung gegen Ramularia bringt.


Bei diesen Ergebnissen ist das hohe Resistenzniveau des Versuchsstandorts zu berücksichtigen. Die Ramularia-Analysen wiesen hier in 2015 bei rund 50% der Proben eine Resistenz gegenüber Carboxamiden auf. Bei 25% trat eine stark verminderte Sensitivität gegenüber Prothioconazol auf. Die Analysen liegen noch nicht vor.-mb-

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.