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Hohe Milchleistung von der Weide – wie geht das?

Lesezeit: 6 Minuten

Weide ist in. Doch lassen sich dort auch Hochleistungskühe füttern? Und welches Management braucht das Grünland?


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Weide – eher nicht“, hieß es lange auch bei den Milchkuhbetrieben, die dazu die Möglichkeit hätten. Das ist heute anders. Weide und Weidemilch stehen für Tierwohl. Die Molkereien sehen dafür wachsendes Marktpotenzial (s. Beitrag Seite R10). Und Landwirte wollen günstiger und effektiver Milch produzieren. Weide ist also mehr als nur eine „Ökonische“. Denn Betriebe zeigen, dass damit hohe Milchmengen je Hektar aus Gras möglich sind (Seite 106–108). Grundlage sind vier Kernpunkte:


1. Vollweide nur mit saisonaler Kalbung


Generell eignet sich die Weide für jeden Milchviehbetrieb, dessen Grünlandflächen arrondiert am Stall bzw. Hof liegen. „Aber die Weide ist ein Betriebssystem“, erklärt Siegfried Steinberger von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Will der Betrieb von Stall- auf Weidehaltung umstellen, seine vorhandene Rasse – meist Holstein-Friesian, im Süden eher Fleckvieh – behalten und hohe Leistungen melken, muss er auch auf saisonale Abkalbung im Herbst/Winter setzen. Damit sind alle Kühe in einem ähnlichen Laktationsstadium; das hochleistende erste Laktationsdrittel kann man über Winter im Stall mit einer Totalen Mischration (TMR) ausfüttern. Danach holen sich die Kühe das Futter selbst von der Weide: Die Milchleistung entspricht von Frühjahr bis Herbst dem, was auf der Weide wächst. Gute Weide bringt im April/Mai ohne Probleme 25 kg Milch je Tier und Tag.


2. Triebdichte Narben


Die Weidenarbe muss leistungsstark sein. Die ideale Narbe besteht für die maritimen Klimate wie in Schleswig-Holstein aus 85% Deutschem Weidelgras, 10 bis 15% Weißklee und Wiesenrispe. „Auch Löwenzahn oder Wegerich sind gern gesehen, solange sie keinen Platz rauben“, erklärt Johannes Thaysen, LWK Schleswig-Holstein.


Um eine unkrautfreie und dichte Narbe zu fördern, sollten die Kühe direkt zum Vegetationsstart auf die Weide, sind sich Thaysen und Steinberger einig. „Eine Kuh, die Weide gewohnt ist und jetzt raus darf, frisst alles, was grün ist“, erklärt Steinberger. Damit beseitigen die Tiere auch junge Unkräuter, wie Ampfer, Wiesenkerbel und scharfer Hahnenfuß. Die Hauptbestandsbildner leistungsstarker Narben sind Gräser. Sie streben in der Regel danach, wenige und lange Triebe zu bilden. In den Triebspitzen gebildete Hormone unterdrücken die Seitentriebe. Die Folge: lückige Bestände, in denen sich Unkräuter leicht etablieren. Fressen die Kühe die Triebspitzen ab, bilden auch die Horstgräser vermehrt Seitentriebe, was zu einer dichteren Narbe führt. „Mit dem Tritt der Tiere habe ich dann fast einen Fußballrasen. Das ist eine perfekt geführte Weide“, sagt Steinberger.


Um eine besonders leistungsstarke Narbe zu erhalten, muss eine hoheTriebdichte (Triebe/m²) vorhanden sein. Das erreicht man am besten mit der Wiesenrispe: ausläufertreibend, trittfest, winterhart – und schwer zu etablieren. Steinberger empfiehlt, das Saatgut im Frühjahr bei entsprechender Feuchtigkeit auf offenen Bodenstellen auszubringen und dann beweiden zu lassen. Die Tiere treten den Samen fest und fressen das konkurrierende Deutsche Weidelgras zurück. Eine Saat wäre nur teilweise erfolgreich, denn die Wiesenripse ist ein Lichtkeimer. „Liegen die Samen 1 cm im Boden, sinkt die Keimfähigkeit um über 50%“, hat Steinberger beobachtet.


Tipp: Da der Aufwuchs zu Vegetationsbeginn gering ist, benötigen die Kühe noch Zufütterung, gewöhnen sich aber stetig an die Weide. Auch die Mikroben im Vormagen passen sich dem Weidefutter an.


3. Bestes Weidemanagement


Für die Grünlandflächen ist regelmäßige Weide aus pflanzenbaulicher Sicht die beste Pflege, ist Steinberger überzeugt. Nachsaat und Reinigungsschnitt erübrigen sich. Einzig in der Umstellungsphase müsse man Weidelgras nachsäen, wenn in der Narbe nicht genug vorhanden ist. Dann empfiehlt der Berater diploide Sorten, da die tetraploiden den Weidedruck nicht aushalten. „Schafft man es dann, die Wiesenrispe zu etablieren, hat man gewonnen“, sagt er.


Ein Wechsel aus Mahd und Weide ist die optimale Grünlandbewirtschaftung, meint hingegen Dr. Johannes Thaysen. Wenn die Flächen als Weide eher einseitig bewirtschaftet würden, könne der Striegel ausgleichen. „Wenn man ihn richtig einsetzt“, so Thaysen. Dazu muss man ihn an Boden, Narbenzustand und Feuchtigkeit anpassen.


Ob Stand- oder Rotationsweide – wichtig ist nur, dass die Kühe das Gras im Drei-Blattstadium fressen. Dann ist es hoch verdaulich und die Kühe selektieren wenig. Stängel und Stoppel fressen die Tiere erst, wenn die Blätter abgefressen sind. Damit sinkt dann auch die Milchleistung.


Demnach ist die Kurzrasenweide die beste Form für Weidehaltung mit hoher Futterqaulität. Als Standweide geführt, ist sie arbeitsarm. Die Kühe ziehen den jungen Blättern hinterher und halten sich Fressinseln offen. „Alternativ kann der Landwirt auf das Rotationssystem setzen“, erklärt Steinberger. Das bedeutet jedoch mehr Aufwand, denn die Tiere grasen auf Teilflächen, die je nach Aufwuchs abgesteckt sind.


Um eine möglichst hohe Futteraufnahme zu gewährleisten, sollte immer ein höchstverdauliches Futter von über 7 MJ NEL je kg TM bereitstehen. Dafür braucht man nach Thaysen ein optimales Weidemanagement, bestehend aus:


  • wöchentlicher Aufwuchsmessung auf der Weide bzw. den Parzellen,
  • max. Aufwuchshöhe von 7 cm,
  • strikten Umtriebsraten nach Wuchs,
  • rechtzeitige Mahd hochgewachsener Geilstellen.


Die besondere Schwierigkeit mit der hohen Leistung auf der Weide besteht bei der Futteraufnahme – das Gras ist der limitierende Faktor: Es enthält im Drei-Blattstadium viel Wasser, wenig Fasern- und hohe Zuckeranteile. Höhere Anteile an Kraftfutter führen zu starker Verdrängung dieses Grobfutters und können Azidose fördern.


Berater Steinberger empfiehlt max. 3 bis 4 kg Kraftfutter pro Tier und Tag. Damit kommen im Sommer auch winterkalbende HF zurecht, die Milchleistung passt und der Kraftfuttereinsatz beträgt gut die Hälfte bis zwei Drittel.


4. Das Jungvieh muss raus


Von Stall- auf Weidehaltung umzustellen, ist möglich. „Das Problem ist dass Landwirten professionelles Weiden in der Vergangenheit nie gelehrt wurde“, so Steinberger. „Auch Kühe müssen das Weiden erst lernen. Das gelingt am besten bei Kälbern.“ Etwa 10 bis 15% der Kühe, die bisher nicht geweidet wurden, würden das Grasen auch nicht mehr richtig lernen, ist Steinbergers Erfahrung. Doch das Jungvieh könnte jeder Betrieb weiden lassen, auch bei weiter entfernten Flächen. Und es spart Kosten, „denn rund 40% des konservierten Futters geht an das Jungvieh“, gibt Steinberger zu bedenken. Den Parasitendruck sollte man gerade bei jungen Kälbern ohne vollständig ausgebildetem Immunsystem im Auge behalten, bestätigen beide Berater. Aber dann haben es die Kühe später leichter zu weiden und die Öffentlichkeit kennt wieder die Rinder auf der Weide – egal ob Jungvieh oder Kuh.


friederike.mund@topagrar.com

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