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Landwirt im „Faserrausch“

Lesezeit: 7 Minuten

Der Anbau von Nutzhanf ist schon lange auf Talfahrt. Doch Landwirt Joachim Klack schwört auf den ­nachwachsenden Rohstoff – erst recht als Zwischenfrucht.


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Für Joachim Klack aus dem ostwestfälischen Versmold ist der Nutzhanf von seinem Acker nicht mehr wegzudenken. Selbst als ihm vor einigen Jahren seine Abnehmer für die Hanffaser absprangen, wollte er sich von der wüchsigen bis zu 4 m hohen Pflanze nicht trennen. Kurzerhand stieg er aus dem Hauptfruchtanbau aus und baut seither die Kultur als Zwischenfrucht an. Damit ist er Pionier. Nur drei weitere Berufskollegen bestellen den Hanf ebenfalls im Spätsommer.


„Eigentlich war es nur ein wenig Restsaatgut, das mich auf die Zwischenfrucht-Idee gebracht hat“, erklärt der Landwirt. Aus einem halben Hektar Testfläche sind mittlerweile 20 ha geworden. Auf diesen baut er Hanf für ein Projekt der Universität Wuppertal an, das sich mit dem neuen Anbauverfahren beschäftigt.


Bereits der erste Anbauversuch übertraf Klacks Erwartungen. Der dichte Bestand, die gute Unkrautunterdrückung, gesunde Pflanzen und eine verbesserte Faserqualität haben ihn sofort überzeugt. Dass der Zwischenfrucht­-Hanf zudem keine Fut­ter­fläche bindet, erweist sich als sehr günstig für seinen Milchvieh­betrieb. Denn seine meist sandigen (Plaggen­esch, 30 Bodenpunkte) und mittelschweren Böden südlich des Teutoburger Waldes stehen ihm so vollständig für Mais, Winterweizen und -gerste zur Verfügung.


Frühe Saat nach Gerste:

Als günstigste Vorfrucht zu Hanf hat sich Wintergerste bewährt. Auch einen Anbau nach Getreide-GPS kann sich Klack gut vorstellen. Dagegen ist eine Aussaat nach Winterweizen zu spät, so die Erfahrungen des Landwirtes. „Der späteste Saattermin ist der 25. Juli. Danach ist die Vegetationszeit vor Winter für den Hanf zu kurz“, erklärt er. Tendenziell muss die Saat sogar eher noch früher in den Boden, ist der Tipp eines Anbauers aus Mecklenburg-Vorpommern.


Der Hanfanbau ist in Mulch- oder Pflugsaat möglich. Dabei hat Landwirt Klack Folgendes festgestellt: Nach reduzierter Bodenbearbeitung – auf seinem Betrieb einmal grubbern (Tiefe: 15 cm) nach einer Gabe von 20 m³/ha Rindergülle – macht das Ausfallgetreide dem Hanf Konkurrenz. „Die Kultur wird damit fertig, ihr Wachstum leidet jedoch“, so Klack. Nach dem Pflügen tritt dieses Problem nicht auf. Die wendende Bearbeitung hat für ihn zudem den Vorteil, dass er zur Folgekultur Mais nicht mehr pflügen muss. So bleibt die lockere Bodenstruktur erhalten, die der Hanf mit seiner Pfahlwurzel hinterlässt.


Dichte Saat unnötig!

Bei der Aussaat setzt der Ackerbauer auf 10 bis 12,5 cm Reihenabstand und eine Ablagetiefe von 2 bis 3 cm wie bei Getreide. „Als Aussaatstärke reichen 25 kg/ha“, ist sich Klack sicher. Denn er machte den Test. „Ob ich 25 oder 50 kg/ha säe, ist auf meinen Flächen egal. Bei der hohen Saatstärke unterdrücken sich die Pflanzen selbst.“ Dünner zu säen, spart zudem Saatgutkosten. Sie liegen bei ca. 5 €/kg.


Im Hauptfruchtanbau sind aktuell circa 50 Hanfsorten zugelassen. Zur Zwischen­frucht hat Klack sich für drei Sorten entschieden, die er aus Frankreich bezieht. Unterschiede im Wachstum oder der Faserqualität konnte er bisher nicht feststellen. „Wichtig ist, dass der THC-Gehalt unter 0,2 % liegt.“


Tetrahydrocannabinol (THC), das ist der Stoff im Hanf, der die berauschende Wirkung hervorruft. Daher muss man jeden Hanfanbau der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anzeigen. „Die Meldung muss bis zum 1. Juli erfolgen“, erläutert Klack. „Das ist bei meinem Anbausystem unmöglich, denn zu dem Termin habe ich den Zwischenfrucht-­Hanf noch nicht gesät.“


Wegen der zur Aussaat meist günstig verteilten Niederschläge (im Schnitt 130 mm im Juli und August) laufen die Bestände gleichmäßig auf. „Selbst in trockenen Jahren hat die Kultur bislang nicht enttäuscht“, zieht Klack nach drei Jahren Anbau Bilanz. Bereits Ende August hat der Hanf eine Höhe von einem Meter erreicht. „Der dichte Bestand lässt Unkräutern keine Chance“, lobt der Landwirt das zügige Wachstum der Pflanze. Erst nach ihrem Abfrieren lassen sich vereinzelt Vogelmiere und Ackerstiefmütterchen entdecken. Ein Einsatz von Herbiziden war jedoch bislang auf seinen Flächen nicht nötig.


Auch mit Krankheiten und Schädlingen hat der Hanf als Zwischenfrucht keine Probleme. Nur in diesem Anbaujahr machten sich erstmals Fusarien breit. „Noch wissen wir nicht, ob das die Faserqualität beeinflusst“, berichtet der Landwirt. Doch er ist optimistisch. „Der Holzanteil des Stängels – die Schäbe – ist jedenfalls befallsfrei.“


Unabhängig davon, ob es im Winter Frost gibt, wird der Hanf ab Dezember gelb, verliert seine Blätter und stirbt ab. Knistern ab Ende Februar bis Anfang März die bis dahin 2 m hohen Hanf-Stängel, beginnt Klack mit der Ernte. Bewährt hat sich, morgens zu mähen und nachmittags das Erntegut in Rundballen zu pressen. „Das ist möglich, denn im Gegensatz zum Hauptfruchtanbau braucht Zwischenfrucht-­Hanf keine Feldröste (s. Kasten Seite 69)“, so Klack. „Diese Röste der Fasern erfolgt bereits über Winter.“


Knackpunkt Ernte:

Zur Ernte nutzt er sein Scheibenmähwerk, das die Pflanze im Schwad ablegt. Ganz entscheidend sind dabei scharfe Messer, um die Fasern sicher zu durchtrennen. Damit die Presse optimal arbeiten kann, sind 15 % Feuchte ideal, so Klacks Erfahrung. „Sonst wickelt sich das Hanfstroh um die Pick-up und blockiert die Presse. Das war ein echtes Problem in der aktuellen Ernte.“ Vor der Maisaussaat muss er nun nur noch die Stoppel kürzen.


Auch mit dem Ertrag von im Schnitt 2,5 t/ha Hanfstroh ist der Landwirt sehr zufrieden. Das entspricht ca. 0,8 t/ha Hanffaser. „Wer Hanf als Hauptkultur anbaut, erhält ca. 60 bis 80 €/t für die Fasern“, berichtet er. „Das deckt knapp die Anbaukosten.“ Derzeit bekommt Klack die Hanffasern über das Projekt finanziert. In der Praxis lohnt es sich jedoch nur, wenn man Fasern und Schäben vermarkten kann, ist er überzeugt.


Ein Markt für seinen Zwischenfrucht-Hanf hat sich noch nicht etabliert. Doch es gibt erste vielversprechende Ansätze: Als Verarbeiter von Hanffasern ist z. B. die NFC GmbH Nettle Fibre Company (NFC) dabei, die ersten Hanfgarne für Textilien herstellen zu lassen. Die Faserqualität überzeugt das Unternehmen besonders, denn durch den Frost im Winter sind die Fasern sehr weich.


Auch die Universität Wuppertal ist von den Vorzügen des neuen Hanfanbauverfahrens begeistert. Im Rahmen ihres Forschungsprojektes untersucht sie das Wachstum im Herbst, die Nährstoffaufnahme, den Einfluss der Kultur auf den Boden, den Ertrag, die Faserqualität, mögliche Nutzungen und die Wirtschaftlichkeit. Am Projekt beteiligt sind neben Landwirt Klack drei weitere Anbauer, Forschungseinrichtungen, die NFC und Weiterverarbeiter. Erste Ergebnisse stimmen positiv. Sie belegen, dass der Zwischenfrucht-Hanf die industriell benötigten Qualitäten wie im Hauptfruchtanbau und für die textile Verwertung erfüllen kann.


Greenen mit Hanf?

Klack´s größter Wunsch ist, dass sich der Hanf als Zwischenfrucht im Greening anrechnen lässt. „Die Kultur liefert alle Voraussetzungen dafür“, ist er sicher. „Sie nimmt im Herbst viele Nährstoffe auf, bietet Vögeln ein optimales Winterquartier und Nahrung. „Mehr ökologische Leistung geht nicht.“ Dass die Kultur im Greening Akzeptanz finden könnte, zeigt z. B., dass Zwischenfrucht-Hanf in Nordrhein-Westfalen als Agrarumweltmaßnahme bereits förderfähig ist.


Damit das Anbauverfahren Zwischenfrucht-Hanf Einzug in die Praxis halten kann, muss noch einiges passieren. „Dazu ist z. B. der Termin der Anzeigepflicht anzupassen und es braucht spezialisierte Verarbeiter“, so Klack. Denn Hanf nur als Winterbegrünung zu nutzen, hält er nicht für sinnvoll.


Anne Borchert

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