Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

Aus dem Heft

Mehr Mängel durch viröse Eisenfleckigkeit

Lesezeit: 7 Minuten

Das Tobacco Rattle Virus sorgt für zunehmende Qualitätsmängel im Kartoffelbau. Übertragen wird es von freilebenden Nematoden. Was Sie dagegen tun können, wissen Dr. Marianne Benker und Dr. Monika Heupel, Landwirtschaftskammer NRW.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die „Eisenfleckigkeit“, die kleine braune Flecken im Knolleninnern verursacht, bereitet zunehmend Probleme im Kartoffelanbau. 2009, 2011 und 2012 waren Starkbefallsjahre in Nordrhein-Westfalen (NRW). Zahlreiche Partien wiesen über 50 % befallene Knollen auf. Hohe Qualitätsabzüge bis zur Weigerung der Annahme und die Entsorgung befallener Partien waren die Folge.


Neben den „Eisenflecken“ können Ringnekrosen auf der Knollenoberfläche und Pfropfenbildung im Knollenfleisch auftreten. Verantwortlich für diese Symptome ist das Tobacco Rattle Virus. Im Boden freilebende Nematoden (Trichodoriden) übertragen dieses Virus. Bei hohen Bodenfeuchten und warmen Temperaturen entwickeln sich diese optimal, befallen die Kartoffelwurzeln und übertragen das Virus. Erste Symptome sind in anfälligen Sorten häufig schon Mitte/Ende Juli zu finden. Der Befall nimmt dann bis zur Ernte und im Lager noch weiter zu.


In 2009 war in NRW zunächst unklar, ob es sich um die physiologische oder viröse Eisenfleckigkeit handelt. Seitdem untersucht der Pflanzenschutzdienst betroffene Knollen molekularbiologisch auf das Tobacco Rattle Virus. Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass in fast allen Proben das Virus für die Eisenfleckigkeit verantwortlich war.


Mehr Virussymptome:

Die Ursachen, warum die viröse Eisenfleckigkeit in den letzten Jahren deutlich zunimmt, sind vielfältig. Sie erklären sich unter anderem durch den Wegfall der Boden­entseuchungsmittel, enge Fruchtfolgen und eine intensivere Nutzung der Flächen (z .B. Gemüsebau). Auch die geforderten Wasser- und Erosionsschutzmaßnahmen, wie z. B. Gründüngung, Zwischenfruchtanbau und reduzierte Bodenbearbeitung, fördern die frei-lebenden Nematoden und hierdurch die Virusübertragung deutlich.


Test auf Virusbefall:

Die deutliche Zunahme der Eisenfleckigkeit gab Anlass, nach Lösungsansätzen zu suchen. Deshalb hat der Pflanzenschutzsdienst der Landwirtschaftskammer NRW in 2009 einen Biotest als Hilfestellung für Landwirte entwickelt. Hiermit lässt sich feststellen, ob auf der für das nächste Jahr eingeplanten Kartoffelanbaufläche ein Risiko auf Tobacco Rattle Virus besteht. Wie der Tabaktest funktioniert, lesen Sie im nebenstehenden Kasten.


Die Trichodoriden, die das Virus übertragen, treten im Vergleich zu den anderen freilebenden Nematoden im Boden in relativ niedriger Zahl auf. In den bisherigen Proben wurden durchschnittlich etwa 10 Trichodoriden pro 100 ml Boden gefunden, dabei reichte die Spannweite von 1 bis 40 Nematoden. Bei Kartoffeln besteht aber bereits ab einem Tier pro 100 ml Boden ein Gefährdungspotenzial.


In den letzten vier Jahren hat sich der Tabaktest zum Virusnachweis als sehr zuverlässig erwiesen. Allerdings liefert er erst nach 6 bis 8 Wochen das Ergebnis.


Als gute Probenahme-Monate haben sich Februar/März oder Oktober/November erwiesen. Zu diesem Zeitpunkt sind aufgrund der höheren Bodenfeuchtegehalte die meisten Trichodoriden zu finden. Werden die Bodenproben erst im Frühjahr gezogen, kann die Zeit bis zum Legen knapp werden.


Für den Kartoffelanbauer stellt sich die Frage, wie er das Problem der Virus-­übertragenden Nematoden auf seinen Flächen in den Griff bekommt. Hilft der Einsatz nematizider Wirkstoffe?


Versuche zur Bekämpfung:

Um das zu klären, hat die Landwirtschaftskammer NRW zur Bekämpfung der Virus-übertragenden Nematoden 3-jährige Feldversuche mit verschiedenen nematiziden Wirkstoffen auf Flächen mit einem hohen Ausgangsbesatz an Trichodoriden durchgeführt. In 2010 erfolgte die Versuchsanlage zunächst in Streifenversuchen, in 2011 und 2012 als Großparzellenanlage im All-in-one-Verfahren. In den Sorten Innovator und Ludmilla erfolgte der Einsatz dieser drei Nematizide:


  • Nemathorin 10G vor dem Legen mit 30 kg/ha breitflächig und
  • Vydate beim Legen mit der Goldor Bait-Technik (10 kg/ha) in die Furche und
  • ein weiteres Prüfmittel vor dem Legen mit der Feldspritze breitflächig auf den Boden ausgebracht.


Die Ergebnisse des Versuchs lassen sich wie folgt zusammenfassen: Im Jahr 2010 bildeten die Kartoffel­knollen aufgrund der Witterung nur wenige Befallssymptome aus. Daher war es nicht möglich, zwischen den Varianten zu differenzieren (siehe Übersicht 1 auf der Seite 86).


In 2011 dagegen war die Witterung sehr förderlich für die freilebenden Nematoden. Sechs Wochen nach der Ernte wiesen die unbehandelten Kontrollen fast 42 % eisenfleckige Knollen auf. Nemathorin 10G hatte den Befall auf 24 % reduziert. Den besten Wirkungsgrad erzielte Vydate mit 65 %, das heißt, es waren nur noch 14,5 % eisenfleckige Knollen zu finden. In der Sorte Ludmilla traten in 2010 nur vereinzelt und 2011 keine Eisenflecken auf, sodass diese Sorte in 2012 nicht mehr geprüft wurde.


2012 waren im Versuch die Befallswerte nicht so hoch wie 2011. Warum mit den eingesetzten Nematiziden im Vergleich zu 2011 deutlich verminderte Wirkungsgrade erzielt wurden, ist noch unklar. Die beste Wirkung erreichte wiederum Vydate.


In fast allen Versuchen wirkte sich der Einsatz der Nematizide positiv auf den Ertrag aus (siehe Übersicht 2). Vydate erzielt zwar die besten Ergebnisse, für dieses Nematizid wird aber in Deutschland keine Zulassung angestrebt. Nemathorin 10G führte zu einer gewissen Befallsreduzierung, allerdings sind die Kosten bei Applikation von 30 kg/ha mit ca. 525 €/ha recht hoch.


Nematoden in der Tiefe:

Für die Feldversuche wurden Flächen mit hohem Ausgangsbesatz an Trichodoriden gewählt. Obwohl hoher Befall an den Kartoffelknollen auftrat, haben wir an keinem der drei Probenahmetermine (vor dem Legen, acht Wochen später, am Erntetermin) die Nematoden wieder­gefunden. Daher stellte sich die Frage nach ihrem Verbleib. Um dies zu klären, wurde die Probenahmetiefe sukzessiv von zunächst nur bis 15 cm auf bis zu 30 cm erhöht. Ab 2012 erfolgte die Beprobung mit einem vollautoma­tischen Probenehmer zur Nmin-Beprobung bis zu 60 cm in zwei Schichten bzw. bis zu 90 cm in drei Schichten.


Erste Untersuchungen zeigen, dass sich die Virus-übertragenden Trichodoriden vermehrt in den tieferen Bodenschichten aufhalten. Daher ließen sie sich mit der üblichen Probenahmetiefe von 15 cm nicht erfassen. Weitergehende Untersuchungen müssen diese ersten Erkenntnisse aber noch bestätigen.


Auch auf schweren Böden:

Nach bisherigem Wissensstand tritt das Tobacco Rattle Virus hauptsächlich auf leichteren Sandböden, vor allem in Getreidefruchtfolgen auf. In Nordrhein-Westfalen traten aber in den letzten Jahren vermehrt Symptome auch auf schweren Böden auf (siehe Übersicht 3). Eine mögliche Erklärung ist, dass einige anfällige Sorten bevorzugt auf schweren Böden angebaut werden.


Diese ersten Erfahrungen müssen in weiterführenden Monitoring- und Laborarbeiten überprüft werden. Sinnvoll wäre, den derzeitigen Verbreitungsstand des Tobacco Rattle Virus zu erfassen.


Es gibt offenbar Sortenunterschiede bei der Anfälligkeit auf Eisenfleckigkeit. In NRW waren in den letzten 5 Jahren v.a. die Sorten Agria, Ambassador, Cilena, Hansa, Innovator, Laura, Marabel, Milva, Nicola und Zorba auffällig. Die Einstufungen der Sorten können Sie der Beschreibenden Sortenliste Kartoffeln des Bundessortenamtes (www.bundessortenamt.de) oder dem Sortenratgeber der SEG Niedersachsen (E-Mail: seg-hannover@t-online.de) entnehmen.


Neben Kartoffeln können auch wichtige Unkräuter, wie z. B. Acker-Stief­mütterchen, Vogelmiere, Taubnessel, Schwarzer Nachtschatten, Hirtentäschel sowie Ausfallgetreide Wirtspflanzen für die Trichodoriden bzw. das Tobacco Rattle Virus sein. Deshalb ist eine konsequente Unkrautbekämpfung unerlässlich.


Der Anbau bestimmter Zwischenfrüchte kann ertrags- und qualitätsmindernde Schäden durch die Trichodoriden bzw. das Tobacco Rattle Virus an Kartoffeln reduzieren. Allerdings sind einige Zwischenfruchtarten selbst Wirtspflanzen. Außerdem gibt es z. B. beim Ölrettich Sortenunterschiede. Deswegen sollten Sie nur Sorten anbauen, deren Wirkung zur Verminderung der Virus-bedingten Eisenfleckigkeit überprüft wurde. Es fehlen bislang aber noch Erkenntnisse über die Anfälligkeit der verschiedenen Zwischenfrüchte bzw. deren Sorteneigenschaften.


Wichtige Hinweise zur Auswahl der richtigen Zwischenfrucht entnehmen Sie z. B. dem Zwischenfruchtpass der Landwirtschaftskammer NRW (www.riswick.de/pdf/lwk-zwischenfruchtpass.pdf).

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.