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Nematoden: Die Lage ist bedenklich

Lesezeit: 6 Minuten

Seit 2010 werden jährlich die Anbauflächen von 1 200 ha Speise- und Wirtschaftskartoffeln auf Kartoffelzystennema­toden untersucht. Die Ergebnisse sind alarmierend. Es informiert Dr. Björn Niere, Julius Kühn-Institut, Braunschweig.


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Kartoffelzystennematoden sind besonders gefährliche Schaderreger an Kartoffeln. Denn sie verursachen weder auffällige Schadsymptome noch sind sie sichtbar. Daher können sie sich viele Jahre unbemerkt vermehren und verbreiten (s.Kasten). Es gibt 2 Arten:


  • Der Gelbe Kartoffelzystennematode (Globodera rostochiensis) und
  • der Weiße Kartoffelzystennematode (Globodera pallida).


Die Kartoffelzystennematoden stammen – wie die Kartoffel – aus Südamerika. Wahrscheinlich wurden sie vor mehr als 150 Jahren nach Europa eingeschleppt. Das bedeutet: Alle Flächen in Deutschland waren ursprünglich frei von Kartoffelzystennematoden. Dennoch kommen beide Arten bei uns – wie auch in einigen anderen europäischen Ländern – vor. Bis vor Kurzem ging man davon aus, dass der Weiße Kartoffelzystennema­tode bei uns von geringerer Bedeutung und nur in wenigen Regionen verbreitet ist. Doch ist das wirklich so? Neue Erkenntnisse zur Verbreitung lassen daran zweifeln.


Neue Erhebungen:

Seit 2010 schreibt die EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Kartoffelzystennematoden (Richtlinie 2007/33/EG) vor, jährlich Erhebungen zur Verbeitung von Kartoffelzystennematoden durchzuführen. Sie betreffen nur Flächen für die Produktion von Speise- und Wirtschaftskartoffeln. Um Bekämpfungsprogramme zu entwickeln und resistente Sorten in der EU zu züchten, ist es wichtig zu wissen, wie verbreitet diese Nematoden-Arten sind.


In Deutschland erfolgt jährlich eine amtliche Entnahme von Bodenproben auf zufällig ausgewählten Flächen (ca. 1 200 ha). Anschließend werden die Bodenproben auf Nematodenzysten untersucht. Auch wenn es sich dabei jährlich nur um 0,5 % der Kartoffelanbaufläche handelt, so werden doch dadurch zum ersten Mal einheitliche Daten für Deutschland erhoben. Um einen generellen Überblick über die Verbreitung zu erhalten, ist es besonders wichtig, dass alle Regionen, in denen Kartoffeln produziert werden, einbezogen sind.


Die Untersuchungsmethode bei der Erhebung unterscheidet sich von der amtlichen Untersuchung von Flächen für die Produktion von Pflanzkartoffeln. Da sie nur 400 bis 500 ml Boden pro ha umfasst, ist die Nachweiswahrscheinlichkeit geringer als bei der amtlichen Untersuchung. Bei dieser werden 1 500 bis 2 000 ml Boden/ha untersucht. Dies bedeutet: Ein frühzeitiger Befall mit niedrigen Populationsdichten lässt sich damit in der Regel nicht nachweisen. Diese Untersuchung ersetzt daher nicht eine amtliche Untersuchung.


Nematoden sind da:

Im Moment sind die Zahlen der Erhebung auf EU-Ebene noch nicht uneingeschränkt miteinander vergleichbar. Auch die für Deutschland erhobenen Zahlen sind vorerst noch mit Bedacht zu interpretieren. Die folgenden Ergebnisse sind aber in jedem Fall sehr beunruhigend:


  • Jährlich ließen sich auf jeweils etwa 15 % der untersuchten Flächen in Deutschland Kartoffelzystennematoden nachweisen.
  • Zusätzlich weisen etwa 10 % der untersuchten Flächen leere Zysten der Kartoffelzystennematoden auf (siehe Kasten).
  • Auf mehr als 50 % der Flächen, auf denen Kartoffelzystennematoden nachgewiesen wurden, fand man den Weißen Kartoffelzystennematode (G. pallida).
  • Mischpopulationen mit beiden Arten traten auf Flächen auf.
  • Kartoffelzystennematoden wurden in Regionen nachgewiesen, die bislang als frei von den Schaderregern galten.


Dies bedeutet, dass entgegen der lange verbreiteten Ansicht Kartoffelzystennematoden nicht nur in bestimmten Regionen ein Problem sind. Die Tatsache, dass der Weiße Kartoffelzystennematode so häufig nachgewiesen werden konnte, ist besonders bedrohlich. Nach wie vor kommt diese Nematodenart vor allem in den Regionen mit Stärkekartoffelanbau vor. Da es für diese Produktionsrichtung mittlerweile Kartoffelsorten mit Resistenz gibt, lassen sich die Nematoden dort mit resistenten Sorten bekämpfen. Zudem stehen auch Stärkekartoffelsorten mit Toleranz zur Verfügung (top agrar 2/2011, S. 74). Diese Sorten zeigen gute Ertragseigenschaften auch bei Nematodendichten, die bei empfindlichen Sorten bereits deutliche Ertragsverluste hervorrufen.


Probleme in Speisekartoffeln:

Ganz anders ist aber die Situation im Bereich Speisekartoffeln. Hier gibt es kaum Sorten mit Resistenz gegen G. pallida. Eine weitere Verbreitung dieser Nematodenart in Regionen mit vorwiegendem Speisekartoffelanbau kann verheerende Auswirkungen haben. Im schlimmsten Fall wird der Speisekartoffelanbau dort unwirtschaftlich.


Aussagen über das Vorkommen von Pathotypen oder Virulenzgruppen, das sind Populationen, die bestimmte Resistenzmechanismen überwinden können, lassen sich derzeit noch nicht treffen. Es ist aber festzuhalten, dass das derzeit angewandte Pathotypen-Schema die Situation abbildet, die vor etwa 40 Jahren in Europa festgestellt wurde. Durch die neuen Erhebungen auf EU-Ebene sind genauere Erkenntnisse zur Verbreitung von virulenten Populationen zu erwarten.


Verbreitung verhindern!

Die Ergebnisse der Erhebungen unterstreichen, wie notwendig es ist, alle verfügbaren Maßnahmen gegen die weitere Verschleppung der Kartoffelzystennematoden anzuwenden. Diese werden über weite Strecken ausschließlich passiv verbreitet. Aktiv verbreiten sie sich nur wenige Zentimeter. Außer der Wind- und Wassererosion sind in erster Linie menschliche Aktivitäten für die Verschleppung verantwortlich. Es gibt mehrere Verbreitungswege für Nematoden:


  • Pflanzgut: Dies ist der wichtigste Weg für das Verschleppen von Zysten. Daher ist eine amtliche Untersuchung unter anderem von Flächen für die Produktion von Pflanzkartoffeln vorgeschrieben. Diese Untersuchungspflicht gilt grundsätzlich auch für hofeigenes Pflanzgut (Nachbau).


Ausnahmen von dieser Pflicht sind möglich. In Deutschland kann Nachbau innerhalb eines Betriebes in einem Umkreis von 20 km produziert und verwendet werden. Dennoch ist aus pflanzengesundheitlicher Sicht davon abzuraten, hofeigenes Pflanzgut ohne eine Untersuchung der Fläche auf Kartoffelzystennematoden (s. Kasten) zu verwenden. Der hohe Anteil von hofeigenem Pflanzgut ohne Untersuchung auf diese Nematoden ist daher sehr kritisch zu sehen.


  • Resterden: Ein weiterer Einschleppungsweg ist das Ausbringen unbehandelter Erde aus der Verarbeitung von Kartoffeln und unter Umständen auch Zuckerrüben, wenn Kartoffeln und Rüben auf denselben Flächen angebaut werden. Die in Verarbeitungsbetrieben (z. B. Pommes, Chips, Stärke-, Zuckerfabriken) oder Sortier- und Abpackbetrieben anfallende Resterde kann nach Untersuchungen belgischer Wissenschaftler sehr viele Zysten enthalten. Sogar an Kartoffeln in Supermärkten sind mitunter hohe Erdanhänge zu beobachten. Die bei der Sortierung anfallende Resterde solcher Kartoffeln ist somit ein großes Risiko. Da völlig unbekannt ist, ob und in welcher Konzentration in der Resterde Zysten vorhanden sind, dürfen unbehandelte Resterden nicht auf Ackerflächen ausgebracht werden, die zur Kartoffelproduktion genutzt werden.
  • Maschinen: Die Verschleppung der Zystennematoden kann auch durch Maschinen und Geräte erfolgen, an denen teilweise große Mengen Erde hängen. Daher ist ein häufiges, gründliches Reinigen vor allem beim Verlassen einer Befallsfläche wichtig – auch innerhalb eines Betriebes. Es ist sogar gesetzlich vorgeschrieben, wenn es sich um überbetrieblich genutzte Maschinen handelt.

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