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Düngeverordnung: Ist das die letzte Chance?

Der Vorschlag für die neue Düngeverordnung zieht viele Reaktionen nach sich. Sie reichen von der Angst vor einem Strukturbruch bis zur Skepsis, ob es diesmal reicht.

Lesezeit: 7 Minuten

Bauernverband bleibt kritisch

Die Einigung zwischen dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und dem Bundesumweltministerium (BMU) zur Novelle der Düngeverordnung sieht der Deutsche Bauernverband (DBV) nach wie vor als problematisch für die landwirtschaftlichen Betriebe an. „Die deutsche Landwirtschaft steht zum Gewässerschutz und hat die große Novelle der Düngeverordnung im Jahr 2017 als parteiübergreifenden Kompromiss mitgetragen“, so der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Die jetzt verhandelte abermalige Änderung der Düngeverordnung mit einer pauschalen Kürzung der Düngung um 20 % in nitratsensiblen Gebieten verlasse aber das Grundprinzip der Bedarfsdeckung landwirtschaftlicher Kulturen mit Nährstoffen. Zwar seien wichtige Änderungen vorgenommen worden, wie etwa eine Ausnahme für Dauergrünland, die auch vom Deutschen Bauernverband angemahnt wurde. Jedoch bleibe die Grundsatzkritik an dieser pauschalen Deckelung der Düngung, die weder fachlich zu begründen noch von der EU-Kommission gefordert worden sei. „Diese weitreichemden Vorgaben stellen viele Betriebe vor nicht lösbare Aufgaben und setzten betriebliche Existenzen aufs Spiel, so DBV-Präsident Rukwied.

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Auf Kritik stößt im DBV nach wie vor, dass trotz immer höherer Anforderungen für die Betriebe an eine zielgenaue Düngung keine ausreichende regionale Differenzierung bei der Abgrenzung nitratsensibler Gebiete stattfindet. Zusätzliche Auflagen müssten in den Einzugsgebieten belasteter Grundwassermessstellen greifen, dort, wo tatsächlich Handlungsbedarf bestehe und nicht pauschal in riesigen Grundwasserkörpern. Es sei nicht akzeptabel, gewässerschonend wirtschaftende Betriebe mit verschärften Auflagen zu überziehen, nur weil Bund und Länder die Arbeit scheuen würden, eine differenziertere Abgrenzung der nitratsensiblen Gebiete vorzunehmen, kritisiert der DBV. Der DBV vermisst ferner eine Stärkung der erfolgreichen Wasserkooperationen und des Vertragswasserschutzes als wirkungsvollere Alternative zu den geplanten ordnungsrechtlichen Vorgaben.

DRV befürchtet massive Strukturveränderungen

Mit großer Skepsis betrachtet der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) die von der Bundesregierung vorgesehenen Verschärfungen bei der erneuten Novellierung der Düngeverordnung. DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp befürchtet erhebliche strukturelle Einschnitte für betroffene Regionen. „Die vorgestellten fachfremden Schritte schießen deutlich über das vorgegebene Ziel hinaus, das Grundwasser besser vor Nitrateinträgen aus der Landwirtschaft zu schützen. Eine Düngung 20 Prozent unter dem Bedarf der jeweiligen Kulturpflanzen dient dem Schutz des Grundwassers nicht mehr, als eine bedarfsgerechte Düngung. Dagegen führt eine Mangelernährung der Pflanzen dazu, dass nachhaltige Landwirtschaft nicht mehr möglich ist“, sagte Holzenkamp. Aus seiner Sicht treffen die bevorstehenden Verschärfungen nicht nur die Landwirte. Er warnte vor „erheblichen Strukturveränderungen in ganzen Landstrichen“. „Die Produktion wird extensiviert oder komplett verlagert, die Wertschöpfung geht verloren. Das fängt an bei den Futtermittelherstellern und Verarbeitern, geht weiter über die Bauwirtschaft und die Agrartechnik bis hin zu den Lebensmittelherstellern. Das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens lässt sich bisher nicht abschätzen“, so Holzenkamp weiter. Um die Folgen für die ländlichen Räume abzumildern, erwarte der DRV nun, dass die Politik ihrer Verantwortung gerecht werde und die Betroffenen nicht alleine lasse.

CDU Fraktion sieht noch Gesprächsbedarf

„Wir hätten uns andere Vorschläge gewünscht. Aus unserer Sicht hätte es Spielraum für Optionen gegeben, die die Betriebe nicht so stark belasten und dennoch zu wirkungsgleichen Ergebnissen führen. Für uns schließen sich Grundwasserschutz und Landwirtschaft nicht aus. Wir sehen Gesprächsbedarf“, erklären die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Gitta Connemann, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Albert Stegemann, sowie die agrarpolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, Marlene Mortler.

Spiering (SPD) wittert letzte Chance

„Ich begrüße es, dass gestern Abend das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium nach monatelangengen Ringen einen Kompromiss zur notwendigen Reform des Düngerechts zur EU-Kommission geschickt haben. Deutschland hat sich sehr lange Zeit gelassen, daher ist nun zu hoffen, dass die EU-Kommission die übermittelten Vorschläge auch akzeptiert. Denn dies ist für Deutschland die wirklich letzte Chance, ein wirksames Düngerecht vorzulegen, um die teilweise viel zu hohen Nitratwerte im Wasser wieder zu senken“, sagte Rainer Spiering, agrarpolitischer Sprecher der SPD Bundestagsfraktion. Auch sei es die letzte Gelegenheit, um nach dem höchstrichterlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofs Rechnung zu tragen und Strafzahlungen von weit über 800.000 Euro pro Tag, die der deutsche Steuerzahler aufbringen müsste, zu verhindern. „Daher appelliere ich jetzt auch an die Bundesländer, sich im Bundesratsverfahren kooperativ zu verhalten und unser aller Interesse vor Länderinteressen zu stellen. Das EuGH-Urteil muss bis Mai 2020 umgesetzt werden. Weitere Verzögerungen können wir uns nicht leisten“, sagte er. Gleichzeitig müsse ähnlich wie in den Niederlanden oder Dänemark eine automatische Datenerfassung der Nährstofftransporte je Region erfolgen und der „Gülletourismus“ kontrolliert werden, forderte er.

Naturschutzring: Durchbruch steht weiter aus

Der Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR), Prof. Kai Niebert, hält den Kompromiss für nicht weitgehend genug. „Wir begrüßen, dass die Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft zu einer Einigung beim Düngerecht gekommen sind, um die Strafzahlungen allein aus Zeitgründen abwenden zu können. Ob es Deutschland mit dem vorliegenden Paket allerdings gelingt, 25 Jahre nach Inkrafttreten der EU-Nitratrichtlinie eine EU-rechtskonforme Regelungen vorzulegen, bleibt fraglich“, sagte er. Noch fraglicher sei es, ob mit den vereinbarten Maßnahmen das Ziel, Stickstoffüberschüsse wirksam zu reduzieren, erreicht werde. „Denn selbst wenn Deutschland sich jetzt vor den Strafzahlungen retten kann, ist noch längst nicht ausgemacht, ob nicht in wenigen Jahren eine erneute Nachschärfung fällig ist“, sagte er. Mit einem solchen Szenario sei niemanden geholfen. Weder dem Gewässerschutz noch den Landwirten, die längst nicht alle Teil des Problems seien. In den bereits überbelasteten, roten Gebieten müssten die Tierzahlen runter und Ausnahmen klar begrenzt und kontrolliert werden, forderte Niebert.

NABU sieht Chance verpasst

Der Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller ist ebenfalls nicht zufrieden mit dem Kompromiss. „Die Bundesregierung springt wieder einmal nicht höher als sie muss. Sie hat die Chance verpasst, mit der Novelle die überfällige Bindung der Zahl gehaltener Tiere an die Fläche zu regeln“, sagte Miller. Mit der Fülle an Ausnahmen, die Bund und Länder eingebaut haben, werde die EU-Kommission den Vorschlag nur schwer akzeptieren können. Vor allem die Ausnahmen für das Grünland hält er für „katastrophal“. „Dass Wiesen und Weiden pauschal aus der 20-prozentigen Abschlagsregelung ausgeklammert werden, ist mit Blick auf das Insektensterben nicht zu verantworten“, sagte er. Der NABU habe bereits in Brüssel Beschwerde gegen das Verschwinden des Grünlands eingelegt. Die Bundesregierung riskiere mit ihren Vorschlägen nun also nicht nur eine neuerliche Klage zum Düngerecht, sondern auch ein Verfahren zum Naturschutz, so Miller.

Grüne: Weiterhin kein wirksamer Gewässerschutz

Auch den Grünen reicht der Dünge-Kompromiss zwischen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze nicht aus. „Statt endlich entschlossene Maßnahmen zum Schutz unseres Grundwassers durchzusetzen, enthalten die neuen Vorschläge immer noch zu viele Ausnahmen und Schlupflöcher. Die vorgeschlagenen Nachbesserungen bleiben auch hinter den Forderungen der EU-Kommission zurück“, sagte Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltpolitik der Grünen Bundestagsfraktion. Der Schutz unseres Grundwassers sei nicht verhandelbar. „Statt weiterhin kleinteilig an der Düngeverordnung rumzudoktern, ohne echte Lösungen zu liefern, brauchen wir endlich eine Kehrtwende in der Agrarpolitik und eine Reduktion des Viehbestands“, sagte sie.

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