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„10 % mehr Milch sind drin“

Lesezeit: 7 Minuten

Sachsen ist das milchstärkste Bundesland im Osten. Um diese Position zu halten, muss die Milchproduktion aber wieder anspringen – und das wird nicht ganz einfach.


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Es ist schon irgendwie verblüffend: Auf der einen Seite eine riesige Agrargenossenschaft mit über 1 000 Kühen, auf der anderen Seite der klassische Familienbetrieb mit 60 Kühen – und beide sind typische Milcherzeuger für das Bundesland Sachsen.


Insgesamt gibt es im Freistaat rund 1 000 Milchviehbetriebe. Sie produzierten letztes Jahr 1,62 Mrd. kg Milch – so viel wie kein anderes ostdeutsches Bundesland. In den sächsischen Ställen stehen rund 188 000 Kühe. Die durchschnittliche Herdengröße liegt bei ca. 170 Kühen. Damit sind die Betriebe zwar etwa um das Dreifache größer als der Bundesschnitt (54 Kühe), im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Bundesländern aber doch die „kleinsten“.


20 bis 2 000 Kühe:

Das hat einen einfachen Grund: In keinem anderen Bundesland gibt es eine so vielfältige Struktur der Milchviehbetriebe. Etwa die Hälfte aller sächsischen Milchviehbetriebe hält maximal 50 Kühe. Allerdings stehen in dieser Größenklasse nur ca. 5 % aller Kühe. Andersherum stehen ein Drittel aller Kühe in Betrieben mit über 750 Kühen. Diese Großbetriebe machen aber nur etwa 4 % aller Betriebe aus (Übers. 1).


Diese einmalige Struktur hat sich vor allem seit der Wiedervereinigung 1989 entwickelt – mit Unterstützung der sächsischen Landesregierung.


Nach der Wende haben einige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) unter neuer Rechtsform und Führung weiter produziert. Andere haben sich ganz oder teilweise aufgelöst. Landwirte, die zu DDR-Zeiten in der LPG arbeiteten, haben ihre Flächen dort wieder herausgenommen und selbst bewirtschaftet. Eine eigene Hofstelle hatten sie meist noch.


Um den sogenannten Wiedereinrichtern den Start zu erleichtern, hat der Freistaat den Betrieben Milchquote aus der Landesreserve zugeteilt: Zunächst 300 000 kg pro Betrieb, die später auf 400 000 kg aufgestockt wurden. „Zudem gab es weitere Zuteilungen für die Betriebe, beispielsweise wenn sie ihre Quote deutlich überschritten hatten“, erklärt Dr. Doris Reimann, Milch-Referentin im sächsischen Ministerium.


Diese Förderpolitik hat das Gründen von Personengesellschaften attraktiv gemacht. Denn wenn sich zwei Landwirte zusammenschlossen, bekamen sie jeweils diese Quotenmenge zugeteilt. Sie konnten sich „auf einen Schlag“ 800 000 kg sichern.


Deshalb gibt es in Sachsen drei verschiedene Betriebstypen:


  • Klassische Familienbetriebe: Sie machen mit ca. 60 % die Masse der Betriebe aus und halten im Schnitt 45 Kühe.
  • Personengesellschaften wie GbR: Sie machen gut 10 % der Betriebe aus und melken zwischen 50 und 750 Kühe.
  • Juristische Personen wie eG oder GmbH: Sie machen 30 % der Betriebe aus, hier stehen meist über 300 Kühe.


Flachland bis Mittelgebirge:

So vielfältig wie die Milchviehbetriebe, so unterschiedlich sind auch die natürlichen Bedingungen zur Milchproduktion.


Sachsen lässt sich in die Regionen Flachland, Hügelland und Mittelgebirge einteilen. Das Gebiet nördlich von Leipzig sowie die nördliche Oberlausitz (Übers. 2) zählen zum Flachland. Hier überwiegen Sandböden. Im Mittelsächsischen Hügelland gibt es Lößböden. Es ist die ertragreichste Ackerbauregion des Bundeslandes. Der Süden Sachsens zählt mit dem Vogtland, dem Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz zum Mittelgebirge. Der Großteil der 180 000 ha Grünland des Freistaats liegt hier.


Die meisten Milchviehbetriebe gibt es in der Mittelgebirgs- und Grünlandregion im Süden des Bundeslandes. Mit einer Durchschnittstemperatur von etwa 7 °C und einem Jahresniederschlag von 900 bis 1 200 mm gibt es hier relativ gute Bedingungen für den Futterbau. Wo kein Silomais wächst, bauen die Landwirte Kleegras an.


Im Norden gibt es weniger, aber dafür größere Milcherzeuger. Hier ist es etwas wärmer und trockener als im Süden. Insgesamt ist das Klima in Sachsen im Vergleich zu West- oder Norddeutschland kontinentaler geprägt: Die Winter sind kälter, die Sommer trockener.


Stärken der Sachsen:

Das macht den sächsischen Milcherzeugern jedoch nichts aus. Denn sie haben viele Stärken:


  • Hohe Milchleistung: Mit 97 % sind fast alle Milcherzeuger in der Milchleistungsprüfung. Im vergangenen Jahr erreichten sie im Schnitt 9 226 kg Milch – nach Thüringen die zweithöchste Leistung in Deutschland. Beeindruckend ist auch die Steigerung: 1993 lag die durchschnittliche Milchleistung noch bei 5 414 kg. Das bedeutet einen Zuwachs von im Schnitt 191 kg pro Kuh und Jahr.
  • Günstige Pachtpreise: Die Pachtpreise steigen zwar tendenziell an, liegen mit durchschnittlich 70 €/ha Grünland und 170 €/ha Ackerland aber noch auf niedrigem Niveau. Somit belastet der durchschnittliche Pachtflächen-Anteil von ca. 80 % die Betriebe nicht besonders stark. Grund für die moderaten Pachtpreise: Mit 0,54 GV/ha ist die Tierbesatzdichte relativ gering. Und in die 220 Biogasanlagen des Freistaats fließt im Schnitt zu 80 % Gülle. Nur ein Fünftel der 75 000 ha Silomais gehen in die Fermenter.
  • Niedrige Lohnkosten: Im Vergleich zu anderen Branchen verdienen Arbeitnehmer in der Landwirtschaft wenig. Zuletzt betrug der Personalaufwand in der Milchproduktion 25 000 €. Darin ist der Betriebsleiter in den juristischen Personen aber bereits eingerechnet. Somit dürften Melker oder Fütterer noch deutlich unter diesem Niveau liegen.
  • Hohe Förderung: Sachsen bietet bundesweit die attraktivste Förderung für Investitionen in die Milchproduktion. Der Investitionszuschuss beträgt 50 %, Junglandwirte bekommen zusätzlich noch 10 %. Extreme Förderkonditionen oder starre Obergrenzen gibt es nicht. Viele Milcherzeuger haben das genutzt. Sie haben die alten Typenställe aus DDR-Zeiten umgebaut und bessere Bedingungen für Mensch und Tier geschaffen. Oder sie haben ganz neu gebaut bzw. in ganz neue Technik investiert. Beispielsweise melken auf 46 Betrieben bereits über 170 Melkroboter. Dabei kommt ein Betrieb allein auf 21 Anlangen, ein anderer auf 17.


Was bremst die Betriebe?

Doch auch in Sachsen wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Das zeigt sich bei der Quotenwanderung.


Von den fünf ostdeutschen Bundesländern gewinnt nur Mecklenburg-Vorpommern Quote hinzu, seit 2007 gut 83 Mio. kg. Alle anderen verlieren. Mit 3 Mio. kg fällt der Verlust für Sachsen im Vergleich zu Thüringen (33 Mio. kg), Sachsen-Anhalt (26 Mio. kg) und Brandenburg (20 Mio. kg) zwar sehr moderat aus. Doch auch hier gibt es Bremsklötze für die Milchproduktion.


Dazu zählt zunächst die Konkurrenz zum Ackerbau. „Vor allem in unseren Ackerbauregionen in der Mitte und im Norden setzen viele Landwirte lieber auf Marktfrüchte. Damit erreichen sie eine höhere Flächenverwertung als mit dem Anbau von Silomais und der Milchproduktion“, sagt Albrecht Bart vom sächsischen Landwirtschaftsamt.


Gleiches gelte für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für Biogasanlagen – auch wegen der Förderung. Deshalb dürfte das Grünland in den Mittelgebirgsregionen weiter an Bedeutung für die Milchproduktion gewinnen.


Bereits jetzt, und künftig noch stärker, müssen die Milcherzeuger um Mitarbeiter buhlen. In den kommenden Jahren scheiden ein Drittel der Führungskräfte und ein Fünftel der Arbeitskräfte aus. „Denn über die Hälfte ist älter als 45 Jahre, ein Drittel ist älter als 55 Jahre“, sagt Dr. Christoph Albrecht vom Landwirtschaftsamt.


Erschwerend kommt hinzu, dass der Nachwuchs fehlt. „Vor allem für die Milchproduktion geht die Zahl der Auszubildenden stark zurück, Ackerbaubetriebe haben es da einfacher“, sagt Bart. Zwar seien durch die technische Entwicklung inzwischen weniger Mitarbeiter auf Milchviehbetrieben nötig. Diese müssten aber besser ausgebildet sein, um mit der Technik auch zurechtzukommen. „Und sie müssen besser verdienen, sonst wandern alle Jugendlichen in die Industrie ab“, sagt Bart. Milcherzeuger sollten sich daher als attraktiver Arbeitgeber präsentieren.


Mehr Milch nach 2015?

Zuletzt stagnierte die Milchmenge in Sachsen bei ca. 1,62 Mrd. kg. Berater Ingo Heber vom Landesamt in Dresden-Pillnitz schätzt aber, dass sich das ändern wird: „5 bis 10 % mehr Milch sind aus dem Stand heraus nach dem Quotenende möglich.“


Das führt er zum einen auf den starken Bau neuer Kuhplätze zurück. Vor allem sieht er aber noch große Reserven schlummern. „Unsere Vorteile wie niedrige Arbeits- und Bodenkosten zeigen sich nicht in den Produktionskosten. Diese müssen sinken – und das gelingt mit besserem Management!“, sagt Heber.


Diese Kennziffern verdeutlichen die Potenziale: In Sachsen liegt die Lebensleistung der gemerzten Kühe bei 24 500 kg, die Nutzungsdauer bei 32,6 Monaten und die Lebenstagsleistung bei 13,8 kg. „Wirklich effizient sind aber über 30 000 kg Lebensleistung, über 42 Monate Nutzungsdauer und über 15,0 kg Lebenstagsleistung“, sagt Heber.


Daran müssen die Milcherzeuger in Sachsen somit arbeiten, um ihre Position als milchstärkstes Bundesland im Osten zu verteidigen. P. Liste

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