Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Maisaussaat Erster Schnitt 2024 Rapspreis

Aus dem Heft

Ackerfutter: Verliert der 1. Schnitt an Bedeutung?

Lesezeit: 7 Minuten

Droht der 1. Schnitt infolge des Klimawandels seine führende Rolle zu ­verlieren? Neue Versuchsergebnisse lassen aufhorchen. Mehr dazu von Edwin Steffen, ­Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Christgrün.


Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Anbau von Ackergras steigt. Das liegt nicht nur am zunehmenden Substratbedarf für Biogasanlagen. Auch die Optimierung der Grundfutterqualität in Milchviehbetrieben ist wieder in den Fokus geraten.


Die Standortbedingungen bestmöglich zu nutzen und viel Grundfutter mit hoher Qualität je Flächeneinheit zu erzeugen –das sind die Ziele im Feldfutterbau. Diese zu ereichen setzt nicht nur hervorragende Standortkenntnisse voraus. Wichtig ist vor allem auch, die Möglichkeiten und Grenzen der Futterpflanzen zu kennen. Das klingt banal, gerät aber im Eifer, immer höhere Erträge zu erzielen, oft in Vergessenheit. So sind Weidelgräser enorm leistungsfähig. Sie benötigen jedoch günstige Wachstumsbedingungen, da sie hohe Ansprüche an die Wasser- und Nährstoffversorgung stellen.


Anbauprüfungen verschiedener Ackerfuttermischungen bestätigen einerseits langjährige Erfahrungen. Sie geben aber auch Anlass, dass Sie sich als Anbauer auf mögliche Änderungen im Ertragsverhalten der Futterpflanzen einstellen müssen. Die Zunahme von Witterungsextremen, zum Beispiel ausgeprägtere Trockenheitsperioden im Frühjahr, hat Folgen für die Entwicklung von Ackerfutterpflanzen. Diesen Schluss lassen neue Ergebnisse aus unseren Versuchen zu.


Welche Ackerfutter-Mischungen wir dabei geprüft haben, entnehmen Sie der Übersicht 1. In dem Versuch haben wir 10 Mischungen mit 2 N-Düngungsstufen (120 und 240 kg N/ha) geprüft. Im Mittel aller Prüfglieder gab es keinen gesicherten Mehrertrag durch die höhere N-Düngung, wohl aber in den Einzeljahren bei den weidelgrasbetonten Mischungen.


Ackerfuttermischungen auf dem Prüfstand


Wie zu erwarten war, etablierten sich die reinen Gräsermischungen (vor allem Weidelgräser) am schnellsten. Sie brachten im 1. Nutzungsjahr den höchsten Masseertrag. Die TM-Erträge wiesen einen deutlichen Jahreseinfluss auf. Im Mittel der Jahre erzielten jedoch die Kleegrasmischungen QA9 und D die besten TM-Erträge. Sie waren statistisch höher als die Erträge der anderen Mischungen. Die Entwicklung der TM-Erträge der einzelnen Jahre gibt Übersicht 2 auf Seite 71 wieder. Das zügige Wachstum der Weidelgräser im 1. Hauptnutzungsjahr beobachten wir ebenfalls bei zwei anderen Mischungsversuchen am gleichen Standort, die noch nicht abgeschlossen sind.


Es fällt auf, dass die Ertragsbildung in den Folgejahren 2005 und vor allem in 2006 rückläufig ist. Das trifft vor allem auf die weidelgrasbetonten Mischungen zu. Die Kleegrasgemenge mit geringem bzw. ohne Weidelgrasanteil (QA5, QA6, QA8 und QA9) zeigen sich dabei weniger empfindlich, wenn auch von einem niedrigeren Ausgangsniveau.


Während 2005 die einzelnen Witterungsdaten keine schlüssige Erklärung für die Ertragsminderung liefern, verursachten Hitzestress und fehlender Niederschlag in 2006 eindeutig den nochmaligen Ertragsrückgang. Vor allem bei den Folgeschnitten im Sommer entwickelten sich die Bestände deutlich auseinander. Die Kleegrasgemenge verkrafteten den Trockenstress wesentlich besser als die Weidelgräser, die trotz ausreichender N-Versorgung unter dem Wassermangel stärker litten. Zum 3. Schnitt zeigten sich deutliche Wachtumsunterschiede zwischen Weidelgras- und Kleegrasmischungen.


Dass sich in einem Jahr wie 2006 der Ertrag bei den weidelgrasbetonten Mischungen im Vergleich zum 1. Nutzungsjahr nahezu halbieren kann, stellt einen Praxisbetrieb bei seiner Grundfutterbereitstellung vor große Probleme. Jeden Ertragsausfall muss er kompensieren. In trockenen Jahren ist das Grundfutter aber überall knapp.


Aus dem mehrjährigen Vergleich der Ackerfuttermischungen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:


Kleegras krisenfester und nutzungselastischer


Weidelgrasbetonte Mischungen sind raschwüchsig und unterstreichen bei ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung ihr hohes Leistungsvermögen. Kleegrasgemenge haben dagegen ein geringeres Ertragspotenzial, sind aber in „Wachstums-Krisenzeiten“ verlässlicher in der Ertragsbildung.


Neben der Massebildung spielen der Energiegehalt und -ertrag je ha eine wichtige Rolle. Wir stellten in unseren Versuchen fest, dass die phänologische Entwicklung der Futterpflanzen (Gräser!) der Massebildung vorauseilt. Dies konnten wir nicht nur bei Ackerfuttermischungen, sondern auch in Landessortenversuchen mit Futtergräsern beobachten.


Kühle Witterung bietet genügend Zeit für das vegetative Wachstum der Futterpflanzen. Dagegen verkürzen Stressperioden (vor allem Trockenheit) es erheblich und leiten schnell den Übergang zur generativen Phase über. So kommt es, dass zwar phänologisch der optimale Schnitttermin erreicht ist, die Massebildung aber sehr zu wünschen übrig lässt.


Die Untersuchung des Energiegehaltes von Ackerfuttermischungen auf dem Standort Forchheim, die ungeachtet der Massebildung („Erntewürdigkeit“) zum phänologisch optimalen Schnittzeitpunkt geerntet wurden, zeigte, dass vor allem im 2. und 3. Nutzungsjahr durchgängig hohe NEL-Gehalte erzielt werden konnten. Allerdings ging dies zu Lasten der Ertragsmasse. Beim Versuch am Standort Christgrün haben wir den phänologischen Termin zugunsten der Massenbildung überschritten. Das zog unweigerlich niedrigere Energiegehalte nach sich.


Angesichts der prognostizierten stärkeren Witterungsschwankungen (vor allem Trockenstress) steht die Praxis zunehmend vor der Wahl zwischen hochwertigem Grundfutter mit geringerem Ertrag oder ausreichend Masse mit Kompromissen bei der Qualität. Dabei stehen nicht nur der 2. und 3. Schnitt im Blickpunkt. Nach einem niederschlagsarmen Winter kann das auch den 1. Schnitt betreffen. Bei den in Christgrün und Forchheim durchgeführten Versuchen mit Ackerfuttermischungen war zu beobachten, dass die klassische Rolle des 1. Schnittes als Hauptertragsbildner nicht in jedem Jahr bestätigt werden konnte. Nicht selten brachte der 2. Schnitt deutlich mehr als die übrigen Schnitte. Weitere Versuchsergebnisse sind nötig, um diese Beobachtung zu untermauern.


Je nach Mischungszusammensetzung kann sich der Zeitraum für die Massebildung durch Trockenstress stark verkürzen. Die Wahl des optimalen Schnittzeitpunktes fällt dann besonders bei reinen Gräsermischungen oder grasbetonten Mischungen schwer, weil hohe Qualität mit wenig Erntemasse und damit teuer erkauft wird. Kleebetonte Mischungen sind nutzungs­elastischer und stresstoleranter.


Energieertrag: Weidelgras nicht immer sicher vorn


Da Rohprotein- (RP-) und Energiegehalt miteinander korrelieren, ist ein Blick auf die Gehalte von Ackerfuttermischungen bei unterschiedlicher N-Düngungshöhe angebracht. Erwartunsgemäß wiesen die Kleegrasgemenge in allen Nutzungsjahren die höchsten RP-Gehalte auf. Hier gab es statistisch ab­sicherbare Unterschiede zu den weidelgrasbetonten Mischungen mit niedrigeren Gehalten. Bemerkenswert ist, dass sich bei diesen Mischungen selbst durch eine deutlich höhere Stickstoff-Düngung der RP-­Gehalt nicht wesentlich steigern ließ.


Bei den Leguminosengemengen zeigte sich erwartungsgemäß keine Erhöhung des RP-Gehaltes. In Einzelfällen wurde der RP-Gehalt durch die höhere N-Düngung sogar negativ beeinflusst. Das bestätigen langjährige Erfahrungen im Ackerbau, wonach ein Zuviel an Stickstoff die Leistungsfähigkeit von Leguminosen ­herabsetzen kann.


Aufgrund der hohen TM-Ertragsleistung der Weidelgrasmischungen im ersten Nutzungsjahr fiel auch deren Energieertrag deutlich höher aus als bei den Kleegrasmischungen ohne Weidelgraspartner. In den beiden Folgejahren ging der Ertrag dann aber im Vergleich zu diesen deutlich zurück.


Die Ergebnisse verdeutlichen die enorme Schwankungsbreite des erzielten Energieertrages je Hek­tar und damit auch die Ertragsunsicherheit unter Stressbedingungen.


Eine höhere Stickstoff-Düngung wird gut verwertet, wenn genügend Wasser zur Verfügung steht. Leguminosenbetonte Gemenge können auch unter schwierigen Wachstumsbedingungen den Energieertrag mit einem deutlich geringeren N-Aufwand sichern.


Winterfestigkeit bei Weidelgras wichtig


Ein weiterer Aspekt bei der Ertragssicherheit von Gräser- bzw. Kleegrasgemengen ist die Winterfestigkeit, die beim Anbau überjähriger und mehrjähriger Futtergemenge eine wichtige Rolle spielt. Es zeigte sich z. B., dass die Gräsermischung A3 nach dem 1. Nutzungsjahr auswinterte. Sie besteht aus Welschem und Deutschem Weidelgras. Beide Arten sind durch mangelnde Winterfestigkeit bekannt. Bei den in Sachsen durchgeführten Leistungsprüfungen von Ackerfuttermischungen (die zum Teil noch laufen) schieden Mischungen aus reinen Weidelgräsern wiederholt durch Auswinterung aus:


Dass dieser Aspekt keine Sortenfrage ist, sondern allgemein als Risiko beim Deutschen Weidelgrases akzeptiert werden muss, zeigte die komplette Auswinterung eines Landessortenversuches und einer Wertprüfung im Frühjahr 2005 bzw. 2006: Die Winterfestigkeit nimmt an Bedeutung zu, wenn plötzliche Wintereinbrüche mit starkem Schneefall oder Kahlfröste im späten Frühjahr auftreten. Dann sind Bestandesschäden nicht auszuschließen.


Auf Standorten in Vorgebirgs- bzw. Mittelgebirgslagen sollte die Winterfestigkeit bei der Mischungsauswahl für Ackerfutter nicht in Vergessenheit geraten. Die ansonsten für Weidelgräser günstigen Wachstumsbedingungen können schnell zum begrenzenden Ertragsfaktor werden, wenn deren Ertragsanteil überwiegt.


Fazit


Auf Standorten mit günstigen Wachstumsbedingungen und ausreichender Nährstoffversorgung stehen die Weidelgräser an der Spitze der Leistungsträger. Werden die Wachstumsbedingungen aber schwieriger (Wasser- und damit Nährstoffdefizit), kann der Leistungsabfall der Weidelgräser größer als bei den weniger anspruchsvollen und leistungsfähigen Arten sein. Gemenge aus Gräsern und Leguminosen sind unter diesen Bedingungen ertragsstabiler, auch wenn das Potenzial der Weidelgräser nicht ganz erreicht wird.

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.