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Aus Abwärme wird Strom

Lesezeit: 7 Minuten

Mit einer ORC-Anlage können Sie überschüssige Wärme in Strom verwandeln. Wir geben einen Überblick über aktuelle Techniken auf dem Markt sowie die rechtliche Situation.


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In vielen Biogasanlagen schlummert noch Potenzial. Denn es gibt noch erhebliche Wärmemengen, die nicht oder nur unzureichend genutzt werden. Eine Abhilfe, die seit Jahren diskutiert wird, ist die Umwandlung der Wärme in Strom. Hierfür lässt sich die ORC-Technik nutzen. „ORC“ steht für Organic-Rankine-Cycle. Der Name geht zum einen auf die organische Flüssigkeit („Arbeitsmedium“) zurück, die in dem Prozess genutzt wird (siehe Kasten), zum anderen aber auf den Erfinder William J. M. Rankine.


In Deutschland hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Ansätze gegeben, um die Abwärme aus dem Blockheizkraftwerk (BHKW) in kleinen ORC-Anlagen zu Strom umzuwandeln. Doch viele Verfahren sind an hohen Investitions- und Wartungskosten sowie schlechten Wirkungsgraden gescheitert. Mittlerweile gibt es jedoch eine neue Generation an Anlagen.


Was der Markt bietet:

Der Hersteller Orcan Energy hat das Modell „ePack“ im Programm. Der ePack nutzt die Temperatur aus dem Abgas ab 120 °C und benötigt eine Wärmeleistung von mindestens 300 Kilowatt (kW). Daraus erzeugt der ePack eine Netto-Leistung von 20 kW (elektrisch), bei der der Eigenverbrauch des ORC-Moduls schon abgezogen wurde. Bei größeren Biogasanlagen lassen sich die Module auch parallel zusammenschalten.


Diese Anlage kostet je nach Installationsaufwand ab ca. 120 000 € fertig installiert (ca. 6 000 €/kW). Eine Besonderheit ist, dass statt der Turbine eine Expansionsmaschine verwendet wird, die unter Luftabschluss komplett in den ORC-Kreislauf integriert ist. Das soll verhindern, dass Luft an die Maschine kommt und sie altert.


Eine Weiterentwicklung ist das Modell ePack Hybrid, bei dem der Kühler in das ORC-Modul integriert ist. Die 2 m hohe, 1,20 m breite und 2,20 m lange Anlage benötigt weniger Platz, was besonders bei der Nachrüstung in bestehende Anlagen von Bedeutung ist. „Gerade wegen der Exzonen kann man ein ORC-Modul nicht beliebig aufstellen“, erklärt Orcan-Geschäftsführer Richard Aumann. Dazu kommt die Lautstärke der Lüfter von maximal 70 dB (A), weshalb ausreichender Abstand zur Wohnbebauung nötig ist. Die Anlage erzeugt selbst auch Abwärme auf einem Niveau von 80 °C. „Diese lässt sich zur Trocknung einsetzen“, erklärt er.


Motorabwärme als Quelle:

Conpower Technik hat zwei Systeme im Programm: eine Niedertemperaturanlage (NT-ORC) und eine Hochtemperatur-SRC-Anlage. Die NT-ORC-Anlage hat eine Verdampfungstemperatur von 70 °C und nutzt die Abwärme aus dem Motorblock des BHKW und vom Abgaswärmetauscher. Die Restwärme der ORC-Anlage lässt sich nicht weiter nutzen. Die Umwandlungsrate von Wärme in Strom liegt bei Motorabwärme zwar nur bei 7,5 bis 8,5 %, weil das Temperaturniveau niedrig ist. „Aber diese Wärmemenge macht rund die Hälfte der gesamten Abwärme aus dem BHKW aus. Ohne Niedertemperatur-Verstromung würde diese Wärme nicht genutzt“, erklärt Geschäftsführer Helmut Riebesell. Conpower bietet vier Größen von 13 bis 75 kW elektrisch (el.) an, die für Biogasanlagen mit 200 bis 1 000 kW (thermisch) geeignet sind. Die Netto-Kosten gibt der Hersteller mit 105 000 bis 376 000 € an, das wären ca. 5 000 bis 8 000 €/kW (el.).


Heißes Abgas:

Ein anderes Konzept ist die Hochtemperatur-SRC-Anlage. SRC steht für Steam-Rankine-Cycle, weil die Anlage mithilfe eines Direktverdampfers Wasser als Arbeitsmedium verwendet, das zu Wasserdampf (Steam) wird. Ein organisches Medium könnte bei Verdampfungstemperaturen von 300 bis 500 °C beschädigt werden. Mit der Direktverdampfung gibt es bei der Anlage keinen Zwischenkreis mit Thermoöl, was auch die Effizienz erhöht. Der Direktverdampfer wird am BHKW anstelle des Abgaswärmetauschers eingebaut.


Die Anlage ist mit 20 bis 60 kW (elektrisch) verfügbar und kostet zwischen 150 000 und 310 000 € (5 200 bis 7 500 €/kW). Sie ist für BHKW von 280 bis 800 kW (elektrisch) geeignet.


Die SCR-Anlage nutzt die Wärme aus dem Abgasstrom und gibt am Kondensator Wärme mit 85 bis 95 °C ab. Diese Wärme kann der Betreiber dann wie die sonstige BHKW-Abwärme weiterverwenden. „Bei diesem Anlagentyp nutzen wir also nur das hohe Temperaturniveau im Abgas, um die Effizient des BHKW zu erhöhen“, erklärt Riebesell. Denn Temperaturen von 400 °C und mehr wären für übliche Wärmenutzungen wie die Versorgung von Nahwärmenetzen mit 85 °C Vorlauftemperatur viel zu schade.


Anlagen ab 500 kW:

Auch Dürr Cyplan setzt bei Abgasströmen über 300 °C Hochtemperatur-ORC-Anlagen mit Direktverdampfung (also ohne Thermoölkreislauf) ein. Die Leistung liegt bei 40 bis 1 000 kW (el.). Die Anlagen kosten je nach Größe zwischen 1 500 und 5 000 €/kW, für Betrieb und Wartung gibt der Hersteller 2 % der Investitionskosten pro Jahr an. Für die kleinste Anlage ist eine Biogasanlage ab 500 kW Leistung (el.) nötig. Denn nur die Abgaswärme (200 kW) wird für die ORC-Anlage eingesetzt. Die im Kondensator anfallende Abwärme hat 80 bis 90 °C und lässt sich weiter verwenden, z. B. in einem Nahwärmenetz. Eine Anlage mit 70 kW ist etwa 5 m lang, 2,50 m breit und 3,20 m hoch.


Weitere Modelle auf dem Markt sind das Kleinkraftwerk mit 30 kW von CRC Energy. Der Anbieter nutzt das von Voith Turbo entwickelte SteamDrive-System, das auch Wasserdampf als Medium verwendet und für BHKW ab 400 kW (elektrisch) geeignet ist. Es arbeitet mit einer maximalen Dampftemperatur von 400 °C und hat eine Kondensationstemperatur von 90 °C, sodass die Abwärme auch weiterverwertet werden kann. Zur Stromerzeugung nutzt CRC einen Hubkolbenexpander mit Generator. Die Anlage kostet ca. 5 000 €/kW.


Bosch KWK-Systeme hat ORC-Anlagen im Programm, die verschiedene Wärmequellen nutzen. Die Nettoleistung beginnt bei 75 kW (el.) und endet bei 350 kW. Für das kleinste Modell (WHR OR 75 (L)) sind 363 bis 625 kW Wärmeleistung nötig. Ausgeliefert werden die Anlagen im 20-, 30- oder 40- Fuß-Container oder als fertig montiertes Modul für die Installation in einem Technikraum.


Es gibt weitere Entwicklungen bei ORC-Anlagen:


  • In Frankreich hat die Firma Enogia (www.enogia.com) auf einer Biogasanlage mit 100 kW (elektrisch) eine Mini-ORC-Anlage mit 5 kW Leistung installiert.
  • Die Universität Bayreuth hat im Jahr 2014 mit anderen Forschungspartnern eine Mini-ORC-Anlage mit 15 kW entwickelt und an drei Biogasanlagen im Raum Bayreuth getestet. Die Versuchsanlage arbeitet mit Direktverdampfung und damit ohne Thermoölkreislauf. Das soll die Umwandlungseffizienz erhöhen und Kosten senken.


Die Wirtschaftlichkeit:

Eine ORC-Anlage mit einer (Netto-)Leistung von 20 kW (el.) produziert im Jahr bei 8 000 Stunden Betriebszeit rund 160 000 kWh Strom, für das der Betreiber eine Einspeisevergütung nach dem EEG erhält. Bei 20 ct/kWh wären das im Jahr rund 32 000 €. Statt der Einspeisevergütung könnte der Betreiber auch Strom für die Selbstversorgung produzieren und damit teuren Zukaufstrom ersetzen. Bei Investitionskosten von 120 000 € ließe sich eine Amortisation in ca. 4 bis 5 Jahren schaffen.


Großer Vorteil: Für diese Mehreinnahmen muss der Betreiber keine zusätzlichen Rohstoffe einsetzen. Zudem entstehen auch für die Wartung kaum Kosten. Ein Hersteller bietet einen Vollwartungsvertrag an, der 0,015 bis 0,032 ct/kWh kostet.


Wichtig für die Wirtschaftlichkeit ist, dass sich die Wärme nicht anderweitig verkaufen lässt. Denn aus ca. zehn Kilowattstunden Wärme macht der Betreiber eine Kilowattstunde Strom. Bei einer Einspeisevergütung von 20 ct/kWh (el.) darf die Wärme daher nicht mehr als 2 ct/kWh (thermisch) kosten, weil die Nachverstromung sonst unwirtschaftlich wäre. In dem Fall könnte der Betreiber die Wärme besser direkt verkaufen. Anders ist es jedoch, wenn der Betreiber die Wärme nach der ORC-Anlage weiterverkaufen kann, wie es bei einigen Anlagen der Fall ist.


Auch sollte man bei der Wirtschaftlichkeitsabschätzung die rechtliche Unsicherheit bei der Förderung einkalkulieren (siehe Kasten). Alternativ ließe sich der Strom auch für den Eigenbedarf erzeugen.


Wichtig für eine hohe Wirtschaftlichkeit des ORC-Moduls ist auch ein sauberer Abgaswärmetauscher. Ist dieser mit Ruß verdreckt, kann er nicht die entsprechende Wärmeleistung abgeben, womit ebenfalls die Leistung der ORC-Anlage sinkt.

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