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Die unsichtbare Gefahr nach der Abkalbung

Lesezeit: 4 Minuten

Jede fünfte Kuh in Deutschland leidet an subklinischer Ketose. Lahmheiten und Metritis können die Folge sein. Über eine europäische Studie mit fast 6 000 Kühen berichtet Prof. Dr. Wolfgang Heuwieser von der FU Berlin.


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Nahezu unbemerkt schleicht sich die subklinische Ketose täglich in die Kuhbestände. Europaweit leiden 21,5 % aller Kühe an dieser Stoffwechselerkrankung. Das sind überraschend viele.


Deutschland liegt nach den aktuell ermittelten Daten mit 20 % im europäischen Schnitt. Das beste Ergebnis erzielt die Türkei mit 11,2 %. Italien erreicht mit 36,6 % den höchsten Wert.


Das Fatale: Die subklinische Ketose ist oft erst der Anfang, denn sie kann Folgeerkrankungen wie Gebärmutterentzündung und Labmagenverlagerung nach sich ziehen.


6 000 Kühe untersucht:

Die meisten Erkenntnisse zur subklinischen Ketose wurden in Nordamerika erzielt. Deshalb hat die Tierklinik für Fortpflanzung der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit Bayer Tiergesundheit eine großangelegte Untersuchung in zehn verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt.


Insgesamt wurden 5 884 Kühe aus 528 Herden in Europa untersucht. In Deutschland waren es 947 Kühe aus 117 Betrieben.


Es wurde sowohl die Häufigkeit der subklinischen Ketose bestimmt (Übersicht 1) als auch die Wechselwirkungen mit Produktionserkrankungen wie Gebärmutterentzündung, Mastitis, klinischer Ketose, Labmagenverlagerung und Lahmheit untersucht.


Bei allen Kühen und Färsen zwischen dem 1. und 15. Tag nach der Abkalbung wurde die Konzentration der Ketonkörper (?-Hydroxybutyrat; BHB) bestimmt. Ein Tier galt als subklinisch an Ketose erkrankt, wenn der Grenzwert von 1,2 mmol/l BHB im Blut überschritten wurde.


Alle Erkrankungen wurden dokumentiert. Für jede Produktionserkrankung wurde ein eigener BHB-Grenzwert für ein erhöhtes Risiko ermittelt.


Bei einem Grenzwert von 1,7 mmol/l besteht für die Kühe zum Beispiel ein elfmal höheres Risiko nach der Abkalbung an einer Labmagenverlagerung zu erkranken (Übersicht 2, Seite R 44).


Besonders gravierend bei der subklinischen Ketose sind die Folgeerkrankungen. Erstmalig konnte eine Beziehung zwischen subklinischer Ketose und Lahmheit bewiesen werden. Kühe mit erhöhten Konzentrationen von Ketonkörpern hatten eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Lahmheit. Das Vermeiden von Lahmheiten ist von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da die Frucht­barkeit lahmer Tiere herabgesetzt ist.


Die Häufigkeit von Lahmheiten in den europäischen Betrieben schwankte zwischen 1,2 und 10,4 %. Zahlreiche weitere Faktoren können das Auftreten von Lahmheiten beeinflussen. Dazu gehören unter anderem die Gestaltung der Laufställe, die Herdengröße und Belegungsdichte, die Anzahl der Liegeboxen, Gruppenwechsel und Zustand der Betonböden.


Lahmheiten unterschätzt:

Interessanterweise neigen die meisten Landwirte dazu, die Häufigkeit von Lahmheiten auf dem eigenen Betrieb zu unterschätzen. So erkennen unabhängige Untersucher dreimal mehr Lahmheiten als der Landwirt selber.


Weiterhin bestätigen unsere Daten, dass die Ergebnisse aus Nordamerika auch für Deutschland und Europa zutreffen: Das Auftreten einer subklinischen Ketose in den ersten zwei Wochen nach der Abkalbung korreliert mit erhöhten Erkrankungshäufigkeiten von Gebärmutterentzündungen, klinischer Ketose und Labmagenverlagerungen. j


Kühe mit subklinischer Ketose hatten ein doppelt so hohes Risiko an einer Gebärmutterentzündung zu erkranken. Die Erkrankungsraten für klinische Ketose waren 14-mal und für Labmagenverlagerung 11-mal höher als bei Kühen mit einer normalen Konzentration von Ketonkörpern.


Die Beziehung zwischen erhöhter BHB-Konzentration und Gebärmutterentzündung hängt vermutlich mit der verminderten Trockenmasseaufnahme ein bis zwei Wochen vor der Geburt zusammen. Es ist bewiesen, dass eine geringe Verfügbarkeit an Glukose und ein erhöhter Anfall von freien Fettsäuren (NEFA) und BHB die Abwehrkräfte der Kühe schwächen und so zu vermehrten Entzündungen der Gebärmutter und des Euters führen.


In Deutschland treten zwar deutlich weniger Folgeerkrankungen auf als im europäischen Durchschnitt. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Beobachtungszeitraum nur zwei Wochen betrug und vermutlich überdurchschnittlich geführte Betriebe ausgewählt wurden.


Mit der aktuellen Untersuchung kon-nte gezeigt werden, dass erhöhte BHB-Konzentrationen in den ersten beiden Wochen nach der Abkalbung mit einer herabgesetzten Trächtigkeitsrate (um bis zu 50 %), einer verringerten Milchleistung (bis zu 3 kg) und einem erhöhten Abgangsrisiko verbunden sind.


Es bestand keine Beziehung zwischen subklinischer Ketose und Euterentzündungen. Es wird jedoch vermutet, dass eine subklinische Ketose den Grad einer Euterentzündung erhöht und deren Dauer verlängert.


Risiko vermeiden:

Um die Folgeschäden zu vermeiden, ist frühzeitiges Erkennen der subklinischen Ketose wichtig. Ein einfaches und schnelles Monitoring der BHB-Konzentration und der Erkennung von Risikofaktoren kann vom Tierarzt auf der Stallgasse durchgeführt werden. Damit können Risikotiere frühzeitig erkannt werden und ein wesentlicher Beitrag zur Tiergesundheit auf Herdenbasis geleistet werden.


Die Häufigkeit der subklinischen Ketose sowohl in Deutschland als auch in Europa und die Wechselwirkungen mit den vier wichtigsten Produktionserkrankungen der Milchkühe (Gebärmutterentzündung, klinische Ketose, Labmagenverlagerung, Lahmheit) unterstreichen, wie wichtig wirksame Konzepte zur frühzeitigen Erkennung und Vorbeuge sind.

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