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EU-Agrarreform: Jetzt ist Berlin am Zug

Lesezeit: 6 Minuten

Ende Juni hat Brüssel die Weichen für die EU-Agrar­politik bis 2020 gestellt. Jetzt müssen Bundestag und ­Bundesrat die Reform in ­nationales Recht gießen. Noch liegen die Vorstellungen weit aus­einander.


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Nach zähem Ringen haben sich Kommission, EU-Parlament und Agrarrat auf die Grundzüge der EU-Agrarpolitik bis 2020 geeinigt. Grüner und gerechter sollen die Direktzahlungen werden, so das Brüsseler Credo.


Der Kompromiss lässt den Mitgliedstaaten viele Spielräume. In Deutschland ist die Diskussion darüber bereits voll entbrannt. Anfang Juli gab es ein erstes Bund-Länder-Treffen. Das dabei von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner vorgelegte Konzept reicht vor allem den Grünen und den Umweltverbänden nicht. Entschieden wird aber erst nach der Bundestagswahl. Dann bleibt nicht mehr viel Zeit. Die neuen Regeln gelten schon ab 2015. Nachfolgend die wichtigsten Beschlüsse und der aktuelle Diskussionsstand:


1. Direktzahlungen gerechter und sozialer?


  • In den Mitgliedstaaten werden zurzeit noch höchst unterschiedliche Flächenprämien gezahlt. Während die Landwirte in den baltischen Ländern weniger als 150 €/ha erhalten, sind es in den Niederlanden oder Belgien über 400 €/ha. Das soll sich ändern. In 2019 müssen die Flächenprämien in jedem Mitgliedstaat mindestens 196 € erreichen. Die damit verbundene Umverteilung wird auch Deutschland treffen. Einschließlich der Haushaltskürzungen werden die Direktzahlungen in Deutschland allein dadurch um ca. 24 €/ha sinken.
  • Maximal 8 % des jeweiligen nationalen Budgets der Direktzahlungen dürfen an bestimmte Produktionsverfahren gekoppelt werden. Mitgliedstaaten, die aktuell bereits einen hohen Anteil der Direktzahlungen gekoppelt haben, können künftig sogar bis zu 13 % des nationalen Plafonds koppeln. Dies war vor allem den Franzosen wichtig, die damit z. B. die Mutterkuhhaltung im Zentralmassiv fördern wollen. In Deutschland sind die Direktzahlungen bereits vollständig entkoppelt. Wenn es nach Ilse Aigner geht, soll das auch so bleiben. Nur in Berggebieten sowie auf Halligen und kleinen Inseln will sie eine Raufutterfresserprämie (80 €/GV) anbieten, um die Bewirtschaftung dieser ökologisch wichtigen Gebiete zu sichern.
  • Jeder Mitgliedstaat darf bis zu 15 % des nationalen Budgets der Direktzahlungen in die 2. Säule umschichten. Ob Deutschland davon Gebrauch macht, wird erst nach der Bundestagswahl entschieden. Die Grünen und die Umweltverbände sind dafür, um die Kürzungen der 2. Säule auszugleichen. Ilse Aigner und der Bauernverband sind strikt dagegen. Aigner will lieber die benachteiligten Gebiete in der 1. Säule fördern (siehe S. 36). Das entlaste die Bundesländer in der 2. Säule und eröffne neue Förderspielräume, z. B. für Agrarumweltmaßnahmen und den Ökolandbau, meint sie.
  • Die Direktzahlungen werden in eine Basisprämie und eine Greeningprämie (30 %) geteilt. Die Bundeslandwirtschaftsministerin will im Rahmen dieser Neujustierung auch bundeseinheitliche Direktzahlungen einführen. Bislang bekommen zum Beispiel die saarländischen Landwirte fast 70 €/ha weniger Flächenprämien als ihre niedersächsischen Berufskollegen. Deshalb soll die Greeningprämie 2015 sofort bundeseinheitlich eingeführt werden. Das wären ca. 90 €/ha (siehe Übersicht). Die Basisprämie will Aigner in vier gleichen Schritten bis 2019 zu einer Einheitsprämie umwandeln. Im Prinzip ist auch der Bauernverband dafür. Die neue Basisprämie läge dann bei etwa 200 €/ha und Jahr. Die endgültige Höhe des Betrags hängt aber letztlich davon ab, wie viele weitere Zuschläge in Deutschland eingeführt und wie diese dotiert werden.
  • Für die ersten 46 Hektar dürfen künftig höhere Prämien gezahlt werden. Dafür können bis zu 30 % des nationalen Budgets für die Direktzahlungen genutzt werden. Ilse Aigner will davon zum Teil Gebrauch machen und für die ersten 15 ha einen Zuschlag von 50 €/ha und für die nächsten 15 ha noch 30 €/ha zahlen. Die Basisprämie würde dadurch von 200 auf 185 €/ha sinken (s. Übersicht). Dafür würden gut 5 % des nationalen Budgets für die Direktzahlungen verwendet und die Degression könnte so wohl vermieden werden. Das entspricht den Forderungen des Bundesrates. Ob das Modell den rot-grün regierten Ländern reicht, muss sich zeigen. Dem Bauernverband geht Aigners Vorschlag jedenfalls zu weit. Er will maximal 20 € für die ersten 25 ha zahlen – als Ausgleich für den wegfallenden Freibetrag der heutigen Modulation.
  • Ob und wie weitgehend darüber hinaus ab einer bestimmten Summe eine Degression der Direktzahlungen greift, ist noch offen. Zuletzt war eine Degression von 5 % ab 150 000 € in der Diskussion, wobei diese gegebenenfalls entfallen könnte, wenn der Mitgliedstaat eine Zusatzprämie für die ersten Hektare gewährt und dafür ein bestimmtes Mindestvolumen (in der Diskussion sind mindestens 5 %) vorsieht. Darüber muss noch abschließend entschieden werden.
  • Junglandwirte bis 40 Jahre erhalten für die ersten fünf Jahre nach der Betriebsübernahme einen Zuschlag von 25 % auf die Basisprämie. Das sind in Deutschland rund 50 €/ha. Den Zuschlag will Aigner bis zur EU-rechtlich maximalen Förderobergrenze von 90 ha/Betrieb gewähren.
  • Die Direktzahlungen gehen nur an aktive Landwirte. Betreiber von Flughäfen, Bahnhöfen, Wasserwerken, dauerhaften Sport- und Parkanlagen sowie Immobilienverwaltern bekommen kei­ne Direktzahlungen, sofern sie nicht nach bestimmten Kriterien nachweisen, dass sie doch aktive Landwirte sind. Die Mitgliedstaaten können diese Negativliste noch erweitern.
  • 2014 wird ein Übergangsjahr. Die derzeitigen regional einheitlichen Flächenprämien verlängern sich um ein Jahr – aber ohne die Modulation. Dafür kommt eine deutliche Kürzung der Direktzahlungen. Im Bundesdurchschnitt werden die Prämien dann bei ca. 306 €/ha liegen. Deutschland fordert hier ein Vorziehen der Zusatzzahlung für die ersten Hektare, um eine Schlechterstellung kleinerer Betriebe durch den Wegfall des Freibetrags für die Modulation im Übergangsjahr zu vermeiden.


2. Greening bringt mehr Bürokratie


  • Das Greening hat drei Basisauflagen. Erstens darf kein Grünland umgebrochen werden. In bestimmten Gebieten ist das völlig untersagt. In den anderen Gebieten gelten nationale bzw. regionale Regelungen. Zweitens: Ab 10 ha Ackerland müssen mindestens zwei Hauptkulturen angebaut werden. Ab 30 ha sogar drei. Drittens: Wer mehr als 15 ha Acker bewirtschaftet, muss 5 % seines Ackers als ökologische Vorrangflächen vorhalten. Nach 2017 gegebenenfalls sogar 7 %.
  • Dafür geeignete Maßnahmen kann der Mitgliedstaat aus einer Liste auswählen. Möglich sind ­Brachen, Randstreifen, Bio­tope, Kurzumtriebsplantagen oder mit Eiweißpflanzen bzw. mit Zwischenfrüchten bestellte und aktiv begrünte Flächen. Zumindest die letzten beiden Kategorien werden aber nur anteilig angerechnet.
  • Ergänzend gibt es sog. gleichwertige Maßnahmen wie definierte Agrarumweltmaßnahmen bzw. Umweltzertifizierungssysteme, die ebenfalls die drei Greeningvorschriften erfüllen. Vorausgesetzt, sie bringen einen vergleichbaren Umweltnutzen, sind vom jeweiligen EU-Mitgliedsland anerkannt und von der Kommission genehmigt. Die EU wird eine Liste mit möglichen Maßnahmen erstellen. Klar ist bereits, dass Öko-Betriebe automatisch als „gegreent“ gelten.
  • Wer die Greeningauflagen nicht erfüllt, verliert in 2015 und 2016 die Greeningprämie (90 €/ha), ab 2017 zusätzlich noch ca. 18 €/ha der Basisprämie (entspricht 20 % der Greeningprämie) und ab 2018 sogar ca. 22,50 €/ha (25 % der Greeningprämie). Das heißt, nicht eingehaltene Greeningauflagen werden mit maximal 125 % der Greeningprämie sanktioniert.
  • Das Greening der Direktzahlungen ist komplett neu. Die komplexen Auflagen und Optionen werden die bürokratischen Lasten der EU-Agrarreform weiter nach oben treiben.


  • Die benachteiligten Gebiete müssen spätestens bis 2018 nach EU-weit einheitlichen Kriterien neu abgegrenzt werden.
  • Die Mitgliedstaaten können bis zu 5 % ihres nationalen Budgets für die Direktzahlungen in den benachteiligten Gebieten als Zuschlag auf die Basisprämie gewähren. Dieser Zuschlag ist aber bei der Kalkulation der Ausgleichszahlungen in der 2. Säule anzurechnen.

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