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Eine Vollmacht für alle Fälle

Lesezeit: 10 Minuten

Auch jüngere Landwirte sollten sie haben: Eine Vollmacht z. B. für den Ehepartner zur Weiterführung des Betriebes im Notfall. Was Sie darüber wissen müssen, erklärt Rechtsanwalt Jörg Eppers, Bitburg.


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Der 40-jährige Landwirt Robert D. (Name geändert) will noch schnell zur Genossenschaft im Nachbarort. Er braucht noch zwei Sack Prestarter, und die Genossenschaft schließt in zehn Minuten. An der letzten Kreuzung passiert es dann: Ein Lkw übersieht die Vorfahrt des Landwirts. Der Fahrer kann nicht mehr bremsen, beide Fahrzeuge prallen mitten auf der Kreuzung zusammen. Der Fahrer des Lkw wird nur leicht verletzt. Robert D. aber trägt schwere Kopfverletzungen davon und liegt nach einer Operation für mehrere Wochen im Koma.


Der Schock sitzt tief bei seiner Ehefrau und den drei Kindern. Es ist ungewiss, ob und wann der Landwirt wieder zu sich kommt und welche bleibenden Schäden er davon tragen wird. Doch auch in einer solchen Situation muss der Betrieb irgendwie weiterlaufen.


Die dringendsten Arbeiten auf dem Hof erledigen der Betriebshelfer und die rüstigen Altenteiler. Die Abwicklung der betrieblichen Geschäfte und der persönlichen Angelegenheiten übernimmt die Ehefrau. Wie die meisten Menschen geht sie davon aus, dass sie als Ehefrau in dieser Situation die Angelegenheiten ihres Mannes regeln kann.


Wenn nichts geregelt ist


In der Praxis funktioniert das auch oft. So kauft die Ehefrau von Robert D. Saatgut und Düngemittel für die Frühjahrsbestellung, sie beauftragt den Tierarzt und sie bezahlt die eingehenden Rechnungen vom Betriebskonto.


Rein rechtlich bewegt die Ehefrau sich damit aber auf dünnem Eis, sofern ihr Mann ihr nicht „vorsorglich“ eine entsprechende Vollmacht erteilt hat.


Wirklich schwierig wird es spätestens dann, wenn es um mehr als die routinemäßigen Alltagsgeschäfte geht. Beispiel: Der Antrag für die EU-Direktzahlungen muss unterschrieben und fristgerecht abgegeben werden, Pachtverträge müssen verlängert oder Versicherungsleistungen für den verunglückten Ehemann beantragt werden. Würde Frau D. diese Dinge ohne spezielle Vollmacht ihres Mannes abwickeln, könnte sich das später böse rächen. Denn die Anträge und Verträge wären u. U. rechtlich unwirksam.


Bei einem längerfristigen Ausfall des Landwirts bliebe der Ehefrau nichts anderes übrig, als sich vom Vormundschaftsgericht formell als gesetzliche Betreuerin ihres Mannes einsetzen zu lassen. Das Verfahren ist jedoch bürokratisch, kostet Geld und dauert oft Wochen oder Monate. Anstehende Entscheidungen können dann zunächst nicht getroffen werden. Im ungünstigsten Fall würde statt eines nahen Angehörigen eine fremde Person als Betreuer für Robert D. bestellt. Die Einzelheiten zum Betreuungsverfahren lesen Sie im nebenstehenden Kasten.


Einfacher wäre es, wenn Landwirt Robert D. seiner Ehefrau beizeiten eine Vorsorgevollmacht ausgestellt hätte. Damit erübrigt sich in der Regel ein Betreuungsverfahren. Die Ehefrau könnte sofort agieren und im Rahmen der Vollmacht auch wichtige betriebliche Entscheidungen im Sinne ihres Mannes rechtlich wirksam treffen.


Vollmacht für denEhepartner


Für Landwirte ist die Vorsorgevollmacht das Mittel der Wahl. Denn die Vollmacht ist von der Person des Vertrauens im Ernstfall schnell und flexibel einsetzbar. Das ist gerade für dringende geschäftliche und persönliche Entscheidungen von unschätzbarem Wert.


Sind Sie verheiratet, ist es in der Regel am einfachsten, wenn Sie Ihrer Ehefrau eine Generalvollmacht erteilen, z. B. „zur Vertretung in allen Angelegenheiten“. Nur für die Erledigung von Bankgeschäften sollten Sie zusätzlich ein spezielles Vollmachtsformular Ihrer Bank unterschreiben, am besten in Gegenwart eines Bankangestellten. Denn den Banken reicht eine „einfache“ Vollmacht meist nicht aus. Doch mit Bankenvollmacht und Generalvollmacht zusammen ist Ihr Ehepartner in jedem Fall in der Lage, die meisten persönlichen und betrieblichen Angelegenheiten für Sie zu regeln.


Sinnvoll kann es sein, die Vollmacht auch auf die Gesundheitsfürsorge bzw. die Frage der medizinischen Behandlung nach einem schweren Unfall oder bei Krankheit zu erweitern. So wäre z. B. im Fall von Landwirt D. sichergestellt, dass seine Ehefrau im Sinne ihres Mannes mit den Ärzten entscheiden kann, z. B. über riskante Operationen oder die Weiterführung lebenserhaltender Maßnahmen.


Wenn Sie ganz sichergehen und späteren Missverständnissen bzw. Anzweiflungen von vornherein vorbeugen wollen, sollten Sie alle Lebens- und Rechtsbereiche, die die Vollmacht umfassen soll, konkret und unmissverständlich benennen. Eine gute Hilfe dabei leistet ein Vordruck aus der Broschüre „Betreuungsrecht“ des Bundesjustizministeriums (siehe Infokasten, S. 47).


Wichtig ist, dass Ihre Ehefrau um die Vorsorgevollmacht weiß und darüber informiert ist, wo diese im Ernstfall zu finden ist. Theoretisch ist es denkbar, dass Ihre Ehefrau im Notfall verhindert ist und die Vollmacht gar nicht auszuüben kann, z. B. wenn sie gemeinsam verunglücken. Für diesen Fall können Sie einen Ersatzbevollmächtigten bestimmen und diesem ebenfalls eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Das könnten je nach Lebenssituation z. B. die eigenen Kinder, die Eltern oder auch in der Nähe wohnende Freunde sein.


Ihre Ehefrau darf die Vorsorgevollmacht übrigens nicht dazu nutzen, Geschäfte zwischen sich und Ihnen als Vollmachtgeber abzuschließen. Dieses gesetzliche Verbot soll den Missbrauch einer Vollmacht verhindern. Das ist auch sinnvoll. Problematisch ist diese Einschränkung allerdings dann, wenn Sie und Ihre Ehefrau jeweils einen eigenen Betrieb haben und zwischen diesen Betriebe enge geschäftliche Beziehungen bestehen, oder wenn Sie Ihren Betrieb z. B. im Rahmen einer Ehegatten-GbR gemeinsam bewirtschaften. In solchen Fällen sollten Sie in Ihrer Vollmacht eine ausdrückliche Erlaubnis für Geschäfte zwischen sich als Vollmachtgeber und Ihrer Ehefrau als Bevollmächtigte geben.


Frage des Vertrauens


Für die Erteilung einer Vorsorgevollmacht ist viel Vertrauen notwendig. Denn Sie geben einem anderen Menschen damit mehr oder weniger unbegrenzte Möglichkeiten, über Ihre Angelegenheiten zu bestimmen – womöglich bis zu Ihrem Lebensende.


Aber was tun, wenn man keinen Menschen hat, dem man so uneingeschränkt vertraut? Dann kann es sinnvoll sein, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, oder den bzw. die Bevollmächtigten zusätzlich durch einen Rechtsanwalt/Notar kontrollieren zu lassen.


Vor diesem Problem steht z. B. der alleinstehende Landwirt Georg R., 44. Seiner im Nachbarort wohnenden Schwester traut er, falls ihm etwas zustößt, die Führung des landwirtschaftlichen Betriebes nicht zu. Deshalb setzt er seinen in der Nachbarschaft wohnenden Cousin, ebenfalls Landwirt, als Bevollmächtigten für die Betriebsführung ein. Seine Schwester bevollmächtigt er für alle anderen Lebensbereiche, insbesondere auch für die Gesundheitsfürsorge. Die Aufgabenbereiche der beiden Bevollmächtigten sind damit klar getrennt.


Der Landwirt könnte die beiden Angehörigen auch gleichberechtigt für alle Lebensbereiche einsetzen, damit sie sich gegenseitig „kontrollieren“. Davon sieht er allerdings ab, um notwendige Entscheidungen nicht durch mögliche Meinungsverschiedenheiten zu verzögern.


Falls man sich nicht ganz sicher ist, ob die benannten Angehörigen in allen Fragen „fit“ genug sind, um im Ernstfall die richtigen Entscheidungen zu treffen, können Sie diesen zusätzlich schriftliche Anweisungen zur Ausübung der Vollmacht geben. So können Sie z. B. festlegen, dass die Vollmacht erst dann gilt, wenn zwei Fachärzte Ihre Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit festgestellt haben. Außerdem können Sie Details zur Abwicklung bestimmter betrieblicher Geschäfte und gegebenenfalls zu Ihrer medizinischen Behandlung festlegen. Selbstverständlich sollten Sie all diese Punkte auch schon im Vorfeld ausführlich mit den Bevollmächtigten besprechen.


Kontrolle durch Anwalt oder Gericht


Insbesondere wenn Sie einen großen Betrieb führen und/oder ein umfangreiches Immobilienvermögen besitzen, sollten Sie darüber nachdenken, die Bevollmächtigten von einem Rechtsanwalt oder Notar kontrollieren zu lassen. So können Sie z. B. anordnen, dass die Bevollmächtigten einmal im Jahr Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen müssen und dass Ihr Rechtsanwalt oder Notar notfalls eingreifen kann.


Schwieriger wird es, wenn Sie keinem Menschen soweit vertrauen, wie es für die Erteilung einer Vorsorgevollmacht notwendig wäre. Was dann? Kann man in diesem Fall überhaupt keine sinnvolle Vorsorge treffen?


Doch, und zwar mithilfe einer Betreuungsverfügung. Im Gegensatz zur Vollmacht erspart eine solche Verfügung – im Fall des Falles – zwar nicht das gerichtliche Betreuungsverfahren. Jedoch können Sie in der Betreuungsverfügung bestimmen, wer im Ernstfall ihr gesetzlicher Betreuer sein soll. So können Sie sicher sein, dass der Betreuer Ihrer Wahl zum Einsatz kommt und dieser vom Vormundschaftsgericht kontrolliert wird. Außerdem können Sie auch Wünsche z. B. zur Abwicklung bestimmter Geschäfte und zur Verwaltung Ihrer Finanzen festlegen.


Zusätzlich eine Patientenverfügung?


Bei älteren Menschen verschieben sich verständlicherweise die Inhalte einer sinnvollen Vorsorgevollmacht. Dann geht es oft weniger um geschäftliche Angelegenheiten als um Fragen der Gesundheit, der Pflege oder auch der medizinischen Behandlung.


Vor diesen Fragen steht auch die Altenteilerin Maria L. Sie ist Witwe, 72 Jahre alt, und lebt mit der Familie ihres Sohnes auf dem Betrieb. Derzeit ist sie noch rüstig. Jedoch möchte Sie vorsorgen für den Fall, dass sie vielleicht einmal pflegebedürftig und womöglich schwer dement werden sollte. Was sie sich für diesen Fall in puncto Pflege, Heimunterbringung, medizinischer Behandlung usw. wünscht, bespricht sie mit ihrem Sohn und erteilt diesem eine entsprechende Vorsorgevollmacht für den Tag X.


Zusätzlich verfasst die Altenteilerin noch eine Patientenverfügung. Denn aufgrund der Erfahrungen beim Tod ihres Mannes hat sie mittlerweile ihre ganz eigenen Vorstellungen davon, welche medizinischen Maßnahmen sie bei schweren Erkrankungen wünscht bzw. welche sie ablehnt, falls sie selbst nicht mehr darüber entscheiden kann. Mit der Patientenverfügung ergänzt sie die dem Sohn erteilte Vollmacht und sichert damit sich und ihren Sohn für den Ernstfall zusätzlich ab.


Ausführliche Informationen zum Thema Patientenverfügung lesen Sie im Familienteil ab Seite 142.


Persönlich unterschreiben!


Egal ob Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung – Sie müssen diese Dokumente schriftlich abfassen sowie mit Ort, Datum und persönlicher Unterschrift versehen. Ebenfalls nicht fehlen dürfen Ihr vollständiger Name, Ihr Geburtsdatum und Ihre aktuelle Adresse.


Den konkreten Inhalt von Vollmachten und Verfügungen können Sie selbst formulieren. Sie können aber auch auf geeignete Vordrucke bzw. Textbausteine, z. B. aus den Broschüren des Bundesjustizministeriums, zurückgreifen.


Eine öffentliche Beglaubigung oder eine Beurkundung durch einen Notar ist in der Regel nicht notwendig. Eine Beglaubigung ist jedoch sinnvoll, schon um spätere Zweifel an der Echtheit von vornherein auszuräumen. Und sobald es um Grundstückgeschäfte geht, darf ein Bevollmächtigter nur dann handeln, wenn eine Vorsorgevollmacht notariell beurkundet oder öffentlich beglaubigt ist.


Bewahren Sie Vollmachten und Verfügungen so auf, dass Ihre Angehörigen sie im Ernstfall auch finden – am besten dort, wo Sie auch andere persönliche Dokumente aufbewahren. Denn rechtlich wirksam sind nur die Originaldokumente. Sie können Vollmachten und Verfügungen auch anderen Personen Ihres Vertrauens oder Ihrem Rechtsanwalt oder Notar zur treuhänderischen Verwahrung übergeben. Sinnvoll ist es, im Portemonnaie eine Info-Karte aufzubewahren, auf der vermerkt ist, dass Sie Vollmachten bzw. Verfügungen haben und wer der Ansprechpartner ist.


Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung können Sie auch beim zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen. Mit einer solchen Registrierung ist sichergestellt, dass das Vormundschaftsgericht im Bedarfsfall von den Dokumenten Kenntnis nimmt und sich dann nach Ihren Wünschen richten kann. Dafür wird eine kleine Gebühr von ca. 20 € fällig.


Aktualisieren Sie bestehende Vollmachten und Verfügungen regelmäßig z. B. alle zwei bis drei Jahre. Dafür sollten Sie die Dokumente daraufhin überprüfen, ob sie noch dem aktuellen Stand entsprechen und dann mit Angabe von Ort und Datum wieder neu unterschreiben. Andernfalls, wenn die Abfassung einer Vollmacht bzw. Verfügung schon lange zurückliegt, ergeben sich womöglich Zweifel an der Wirksamkeit. Das sollten Sie auf jeden Fall vermeiden.


Wichtig ist: Solange Sie handlungsfähig sind, können Sie Ihre Vollmachten und Verfügungen jederzeit ändern oder auch zurücknehmen. Deshalb sollten Sie solche Änderungswünsche nicht auf die lange Bank schieben. Denn dann könnte es plötzlich einmal zu spät sein!

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