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Freie Fahrt für warme Luft

Lesezeit: 7 Minuten

Wenn der Abgasgegendruck steigt, könnte der Wärme-tauscher im BHKW verstopft sein. Abhilfe schafft eine professionelle Reinigung.


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Roland Krause schraubt die letzte der großen M 30-Muttern ab. Gleich ist die Abdeckung des Rohres auf. „Jetzt wird es spannend“, meint der Mitarbeiter des Dienstleisters ABX Energy Services aus Hamburg. Als er den noch warmen Deckel und das darunter liegende Feuerblech abnimmt, werden in dem Rohr 50 Löcher sichtbar. Krause ist überrascht: „Das sieht besser aus als gedacht!“


Was der erfahrene Monteur da begutachtet, ist das Rohrbündel eines Abgaswärmetauschers unter einem Blockheizkraftwerk (BHKW). Das BHKW hat 190 Kilowatt (kW) elektrische Leistung. Es ist bislang 40 000 Stunden gelaufen – etwa 5 Jahre lang. Der Wärmetauscher wurde noch nie gereinigt. „Wir empfehlen eine Reinigung des Wärmetauschers alle 10 000 Stunden, also nach rund 1,5 Jahren. Daher hätte der hier eigentlich schlimmer aussehen müssen“, meint Krause.


Rohre wachsen zu:

Der Besitzer des BHKW, ein Landwirt aus Schleswig-Holstein, hatte die Firma ABX beauftragt, weil das Serviceteam des BHKW-Herstellers bei der Wartung des Motors einen erhöhten Abgasgegendruck festgestellt hatte – ein typisches Zeichen, dass sich im Wärmetauscher Ablagerungen gebildet haben. Das sind in erster Linie Ruß und Schwefelverbindungen, können aber auch harte Krusten von Ölablagerungen sein.


Der Abgaswärmetauscher ist dazu da, die heißen Abgase abzukühlen. Daher strömt das rund 400 Grad warme Gas durch das Rohrbündel. Außen herum liegt ein doppelwandiger Mantel, der mit Wasser gefüllt ist. Dieses nimmt die Wärme auf, während das 180 Grad abgekühlte Abgas durch den Schornstein hinausgeht. Die so gewonnene Wärme kann der Biogaserzeuger zusammen mit der Wärme aus dem Motorkühlwasser zu Heizzwecken nutzen. Aber wenn sich in den Rohrbündeln Ablagerungen bilden, stockt die Wärmeabgabe oder kommt im schlimmsten Fall ganz zum Erliegen. Wenn die Wärme ungenutzt durch den Schornstein entweicht, hat der Betreiber finanzielle Verluste. Aber ein Wärmestau kann auch dem Motor schaden: Irgendwann schaltet er wegen Überhitzung ab.


ABX ist heute mit 28 Serviceteams in ganz Deutschland unterwegs und zählt damit zu den führenen BHKW-Dienstleistern. Zum Portfolio gehören auch die Reinigung von Tisch-, Öl- oder Ladeluftkühlern. Die Abgaswärmetauscher nehmen jedoch mit rund 60 Einsätzen pro Woche den Großteil der Tätigkeit ein. „Was uns immer mehr auffällt: Die BHKW-Hersteller machen sich anscheinend keine Gedanken zur Reinigung. Entweder hängen die Wärmetauscher in bis zu sechs Meter Höhe oder sind kaum zugänglich unter dem BHKW verpackt“, kritisiert Geschäftsführer Martin Rahlwes.


Eine Reinigung ist vor allem dann nötig, wenn die Austrittstemperatur deutlich über 200 Grad ansteigt. Ebenfalls ein Indikator ist der Abgasgegendruck. Dieser liegt im Normalbetrieb bei 25 bis 30 mbar (Millibar). Ab 50 mbar ist von starken Ablagerungen im Wärmetauscher auszugehen.


Schwefel löst sich:

Auch Monteur Krause hat seine liebe Mühe, an die hintere Abdeckung des Rohres heranzukommen. Ab muss sie auf jeden Fall: In der Kammer hinter dem Rohrbündel sammelt sich immer besonders viel Dreck. Von hier geht das abgekühlte Abgas in den Schornstein.


Nach dem Öffnen sprüht Krause eine chemische Flüssigkeit von beiden Seiten des Wärmetauschers in die Rohre. „Das ist ABX Spezial“, sagt er schmunzelnd. Verraten will er vom Betriebsgeheimnis nur so viel: Die Mischung enthält stark laugenhaltige Reinigungsmittel. Er kennt Fälle, in denen die Rohre so stark zugewachsen sind, dass er sie vorher mit einem Spezialbohrer durchbohren muss, um das Reinigungsmittel überhaupt einbringen zu können. Doch in diesem Fall ist das nicht nötig.


Nach einer kurzen Einweichzeit kommt die eigentliche Reinigung. Zunächst schraubt Krause die hintere Rohrabdeckung wieder fest, damit das Wasser hinten nicht aus den Löchern spritzt. Dann führt er von vorn einenlangen Hochdruckschlauch mit Wirbelstrahldüse in jedes Rohr bis zur hinteren Abdeckung der rund 2,50 m langen Rohrbündel ein. Während aus dem Schlauch angewärmtes, klares Wasser mit einem Druck von 200 bar kommt, fließt in einem dicken Schwall gelblich-grüne Brühe aus den Rohren in eine Wanne vor dem Wärmetauscher. „Das sind gelöste Schwefelverbindungen. Das ist doch mehr, als ich erst dachte“, erklärt der Spezialist. Eine Tauchpumpe schafft das Schmutzwasser in einen 1 000 Liter-Behälter, den der Landwirt vor dem BHKW-Raum aufgestellt hat.


Vorsicht mit der Bürste!

Einige Firmen oder auch Landwirte rücken den Ablagerungen im Wärmetauscher mit Bürsten zu Leibe. Aber davon rät Rahlwes dringend ab: „Man hat mit aggressivem Ruß mit Schwermetallen und Ölbestandteilen zu tun. Dagegen helfen auch Staubmasken nicht, wie ich selbst schon erlebt habe.“ Auch besteht die Gefahr, die Rohrinnenwände mit einer Bürste aufzurauen und so neuen Ablagerungen bessere Bedingungen zum Anhaften zu geben.


Noch falscher wäre es, den Dreck mit reinem Wasser wegspülen zu wollen. Denn während Ruß und Öle stark wasserabweisend sind, können die Schwefelbestandteile mit Wasser zur Bildung von ätzender Schwefelsäure führen. Sie kann nicht nur Bauteile beschädigen, sondern ist auch gefährlich für Haut und Augen.


Die Verschmutzung von Wärmetauschern hat in den letzten Jahren stark zugenommen, wie Rahlwes beobachtet hat. Das liegt nicht nur an dem höheren Schwefelgehalt im Biogas, der sich mit dem verstärkten Einsatz von Gülle erklären lässt. Auch der zunehmende Einbau von Katalysatoren führt dazu. „Wenn die vorgeschaltete Gaskühlung und die Aktivkohle nicht richtig funktionieren und schwefelhaltige Abgase in den Katalysator kommen, oxidiert Schwefelwasserstoff zu aggressivem Schwefelsulfat“, erklärt der ABX-Geschäftsführer. Das lagert sich im Abgaswärmetauscher an und führt in kürzester Zeit zum Verstopfen der Rohre.


Wenn es dann noch Kondenswasser in den Rohren gibt, bildet sich Schwefelsäure, die selbst V4A-Stahl durchfrisst. „Wir hatten schon Anlagen, die in den Rohren einen pH-Wert von 1 hatten. Das haben wir nur mit mehreren Kilo Ätznatron neutralisieren können“, berichtet er aus der Praxis. Ein neuer Wärmetauscher kostet rund 15 000 €. „Günstiger ist es, sich schon im Vorfeld intensiv mit der Entschwefelung auseinanderzusetzen“, rät Rahlwes.


Vorbeugen ist möglich:

Zur Wartung des BHKW gehört seiner Meinung nach standardmäßig eine Überprüfung der Aktivkohlefilter und des Wärmetauschers. Für wichtig hält er auch eine Gasanalyse, um den Schwefelgehalt nach der Aktivkohle, also vor dem Eintritt in den Motor, zu messen. Mit einer korrekten Entschwefelung und damit verbunden einem niedrigen Schwefelgehalt im Rohgas kann man vielen Schäden im Wärmetauscher vorbeugen. Zündstrahlmotoren sind wegen des höheren Rußgehaltes tendenziell eher von Ablagerungen betroffen als Gasmotoren.


Eine Reinigung des Abgaswärmetauschers dauert rund 6 bis 7 Stunden. Für die Dienstleistung muss der Landwirt zwischen 1 000 und 1 500 € je nach Motorgröße und Reinigungsaufwand bezahlen. Dazu kommt die Entsorgung des Abwassers, was noch einmal 300 € kosten kann.


Neue Dichtung:

Nach etwa einer Stunde hat Krause alle 50 Rohre durchgespült. Jetzt öffnet er den hinteren Deckel wieder. In der hinteren Kammer liegen rund zwei Schaufeln voll Ablagerungen, die der Düsenstrahl nach hinten gespült hat. Zum Schluss reinigt er die Deckel und Feuerbleche der Abdeckungen und klebt Keramikdichtband auf die Innenseite. Das sorgt dafür, dass die Wärmetauscher auch wirklich dicht bleiben. Anschließend wird alles verschraubt. Und ab geht es zur nächsten Baustelle!

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