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Frischer Nordwind für süddeutsche Molkereien

Lesezeit: 6 Minuten

Die Übernahme von Allgäuland durch Arla verändert die Molkereilandschaft in Süddeutschland. Welche Folgen hat der Einstieg des skandinavischen Konzerns für die heimischen Milcherzeuger und Molkereien?


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Es war eine schwere Geburt, die allen Beteiligten viel abverlangt hat. Aber nachdem die Allgäuer Bergbauernmilch-Genossenschaft Sonthofen Mitte September im zweiten Anlauf dem Verkauf der Allgäuland Käsereien GmbH an Arla Foods zugestimmt hat, war klar: Der Molkereiriese aus Skandinavien hat sich mitten in der Kernregion der süddeutschen Milcherzeugung platziert und wird künftig dort Milch erfassen und verarbeiten.


Arla Foods darf das operative Geschäft bei Allgäuland zwar erst nach der Zustimmung der EU-Kartellbehörden übernehmen, die bei Redaktionsschluss noch ausstand. Alle Beteiligten rechnen aber damit, dass diese im Oktober kommt.


Kein leichter Start!

Auch die ersten Monate mit Allgäuland dürften für die neuen Eigentümer aus Dänemark kein Zuckerschlecken werden. Denn die ehemalige Genossenschaftsmolkerei ist wirtschaftlich am Ende. Der monatliche Verlust lag zuletzt bei 1 Mio. €. Wäre die Übernahme durch Arla geplatzt, hätte Allgäuland Insolvenz anmelden müssen.


Torben Olsen, Geschäftsführer von Arla Foods Deutschland, hat angekündigt, sehr schnell Produkte und Standorte zu bereinigen, um die immensen Löcher bei Allgäuland zu stopfen (siehe Interview S. R 8). Von den vier Produktionsstätten haben bislang Sonthofen und – laut Presseberichten – auch Bad Wörishofen eine Standortzusage. Weniger gut stehen die Chancen offenbar für Riedlingen und Kißlegg.


Zudem muss Arla in die verbleibenden Milchwerke viel Geld investieren. „Die Molkereien sind nicht auf Arla-Niveau“, begründet Olsen gegenüber top agrar.


Auch was die Milchmenge betrifft, muss Arla klein anfangen. Die ursprüngliche Zielvorgabe, 250 Mio. kg über die Milchpartner-Vereinbarung abzusichern, hat Arla nicht ganz erreicht. Bei Redaktionsschluss hatte der Konzern 235 Mio. kg unter Vertrag, davon 70 Mio. kg Spezialmilch. Von den ehemals 3 000 Milcherzeugern, die 2008 noch 580 Mio. kg an die Allgäuland Käsereien lieferten, sind nur noch 1 350 übrig geblieben.


Hohe Wertschöpfung!

Wenn Arla bei Allgäuland schwarze Zahlen schreiben will, muss das Unternehmen eine hohe Wertschöpfung erzielen. Der Molkereikonzern ist dazu in der Lage, wie die Unternehmenskennzahlen belegen. 2010 verarbeitete Arla konzernweit 8,7 Mrd. kg Milch und erwirtschaftete damit einen Umsatz von 6,6 Mrd. €. Umgerechnet auf das Kilogramm Milch ist das ein Erlös von 76 Cent. Zum Vergleich: Genossenschaftsmolkereien in Süddeutschland erreichen im Durchschnitt Umsatzerlöse von 45 bis 50 ct/kg.


Der Vorteil von Arla: Das Unternehmen hat mit Arla, Lurpak und Castello starke globale Marken entwickelt und ein weltweites Vertriebsnetz aufgebaut. Dies will der Konzern jetzt auch für die im Allgäu hergestellten Produkte nutzen, zum Beispiel bei der Vermarktung von Bergbauern-Käse in Nordamerika.


Milchpreis kann sich sehen lassen!

Doch zahlt sich die Stärke von Arla auch für die Bauern in Süddeutschland aus?


Vorerst schon. Denn die Milchpreise, die die Allgäuland-Genossenschaften für die ersten sechs Monate mit Arla ausgehandelt haben, können sich sehen lassen.


Basis ist ein von der AMI ermittelter Durchschnittspreis von bayerischen und baden-württembergischen Molkereien. Darauf kommen die Zuschläge für größere Mengen und 2-Tages-Abholung. Weitere Boni gewährt Arla für Heumilch (2,5 ct/kg), gentechnikfreie Fütterung (1 ct/kg) und Bergbauernmilch (1 ct/kg).


Lieferanten, die die Partnerschaftsvereinbarung unterschrieben haben, bekommen darüber hinaus für die komplette Vertragslaufzeit den Partnerzuschlag von 0,35 ct und einen Bündelungszuschlag von 0,2 ct/kg. Zudem zahlt Arla als Ausgleich für die Preissenkungen im Sommer von Oktober bis Dezember 1 ct/kg. Weitere 2 ct/kg steuert im Oktober die Belegschaft der Allgäuland bei, die dafür auf einen Teil ihres Gehaltes verzichtet.


Auch wenn der Basispreis zunächst nur für sechs Monate gilt, ist nicht davon auszugehen, dass er danach drastisch abfällt. Denn Arla will die Milchverarbeitung in Süddeutschland nicht nur halten, sondern mittelfristig weiter ausbauen. Und das wird nur gelingen, wenn der Konzern nachhaltig attraktive Preise bezahlt. Denn der Kampf um den Rohstoff Milch ist in Süddeutschland und speziell im Allgäu ungebrochen. Rund ein Dutzend Genossenschafts- und Privatmolkereien rangeln hier um frei werdende Milchmengen (siehe Übersicht Seite R 6).


Weiterer Wettbewerber:

Vertreter süddeutscher Molkereien sehen die Landwirte als Nutznießer der Allgäuland-Übernahme durch Arla. „Die Bauern können sich freuen, weil jetzt ein weiterer Wettbewerber vor Ort ist“, so ein Geschäftsführer einer Molkerei aus Baden-Württemberg.


Weniger groß ist die Freude bei den süddeutschen Molkereien selbst. Insider beschreiben die Stimmungslage dort als abwartend bis angespannt. „Entscheidend ist, welche Strategie Arla verfolgt“, so Hubert Dennenmoser, Geschäftsführer der Allgäu Milch Käse eG in Kimratshofen. „Geben sich die neuen Eigentümer mit der jetzigen Milchmenge zufrieden, oder wollen sie hier im Süden stark expandieren?“


Enttäuschung schwingt bei der Molkerei Zott mit, die gerne die Gesamtheit der Bergbauern in Sonthofen an sich gebunden hätte. „Leider ist uns das nicht gelungen“, so Michaela Matthäus, Pressesprecherin der Zott GmbH. Immerhin konnte die Privatmolkerei aus dem schwäbischen Mertingen bislang rund 22 bis 23 Mio. kg Bergbauernmilch aus Sonthofen unter Vertrag nehmen, die sie derzeit in der Schweiz im Lohn verkäsen lässt.


Auch Susanne Nüssel, Geschäftsführerin der Vereinigung der Bayerischen Privaten Molkereiwirtschaft, bedauert, dass es nicht zu einer „regionalen Lösung“ gekommen ist. Allerdings ist sie zuversichtlich, dass die Privatmolkereien beim Wettbewerb um die Rohstoffbeschaffung mithalten können. „Unsere Mol­kereien stellen viele Markenprodukte her und erzielen damit eine vergleichsweise hohe Wertschöpfung“, begründet Nüssel.


Bauern müssen sich stärker bündeln.

Die Landwirte können diese guten Bedingungen aber nur für sich nutzen, wenn sie sich noch besser organisieren. „Im Allgäu ist die Milch zu wenig gebündelt“, kritisiert Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer des Verbandes der Milcherzeuger in Bayern. „Die Milcherzeugergemeinschaften sind noch klein und es gibt viele Einzellieferanten.“


Dieses Problem hat sich mit der Abwanderung vieler Milcherzeuger von den bisherigen Teilhabergenossenschaften der Allgäuland GmbH, die jetzt reine Liefergenossenschaften sind, noch verstärkt.


Und die Zersplitterung hält an. „Unter den Kündigern bei den Genossenschaften sind auch etliche Landwirte, die die Partnerschaftsvereinbarung mit Arla unterschrieben haben“, bestätigt Kuno Rumpel, der Aufsichtratsvorsitzende von Allgäuland.


Der Grund: Viele Bauern haben nach dem Desaster bei der Allgäuland und dem Versagen der Prüfer keinerlei Vertrauen mehr in die Genossenschaften.


MEGs statt Genossenschaften?

Rumpel hält es deswegen auch für denkbar, dass die Liefergenossenschaften zu Milch­erzeugergemeinschaften mit der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins um­firmieren. Zudem versucht er einen Zusammenschluss der bisherigen Teilhabergenossenschaften voranzutreiben, um die Position der Lieferanten zu stärken.

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