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Geht die Rallye am Getreidemarkt weiter?

Lesezeit: 8 Minuten

Die Getreidepreise sind regelrecht explodiert. Das liegt nicht nur an fundamentalen Ursachen. Auch Spekulanten sind mal wieder am Werk. Erzeuger sollten deshalb zumindest mit Teilmengen auf Nummer sicher gehen.


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Da werden Erinnerungen an die Ernte 2007 wach: Die Notierungen für Brot- und Futtergetreide sind in den letzten Wochen rasant in die Höhe geschnellt. Und immer, wenn man dachte, der Zenit wäre erreicht, gab es wieder einen Sprung nach oben. Zuerst an den Terminbörsen bei uns und in Übersee, anschließend aber auch am realen Kassamarkt, und zwar bis zur Erzeugerstufe. Eventuell sind deshalb auch die von uns ermittelten Preise schon wieder überholt – hoffentlich im positiven Sinne – bis Sie dieses Heft in Händen halten.


Landwirte wollen sich mögliche Steigerungen nicht entgehen lassen. Ob die Einlagerungsquote in dieser Ernte höher ausgefallen ist bzw. ausfällt als in anderen Jahren, lässt sich jetzt zwar noch nicht genau sagen. Fakt ist aber, dass die Verkaufsbereitschaft in den meisten Regionen Deutschlands als „sehr verhalten“ beschrieben wird. „Wer konnte, hat den Großteil seiner Ernte erst einmal weggepackt“, sagt ein norddeutscher Beobachter. Das gelte besonders für einwandfreien Brotweizen und guten Roggen.


Diese „teuren“ Lagerbestände bereiten anscheinend aber nicht nur Freude, sondern oft auch Kopfzerbrechen. Viele Marktexperten berichten über vermehrte Anfragen von Landwirten zur optimalen Vermarktungsstrategie.


Hohe Preise für Teilverkäufe nutzen!


Das ist auch gut so. Markt ist nämlich keine Einbahnstraße – und wehe, man verschläft den richtigen Verkaufstermin. Außerdem werden schon jetzt recht attraktive Preise geboten. Wir bewegen uns weit über dem Niveau des letzten Jahres:


B-Weizen erzielt an vielen Standorten 150 bis 185 €/t (netto frei Landhandel), an Wasserplätzen wurden teils auch über 190 €/t besprochen. Das sind 50 bis 70 €/t mehr als im Vorjahr.


Für Roggen werden 135 bis 155 €/t gezahlt, unabhängig ob er ins Brot, ins Futter oder ins Ethanolwerk geht (ca. 35 bis 50 €/t über Vorjahr).


Futtergerste hat Ende Juni/Anfang August ebenfalls stark angezogen. Es werden frei Erfasser 130 bis 150 €/t besprochen. Im letzen Jahr waren wir oft unter 92 €/t.


Und auch Futterweizen, Triticale und Mais kosten deutlich mehr als vor zwölf Monaten. Gleiches gilt für Braugerste, über die wir ab Seite 109 berichten.


Es liegt auf der Hand, dass diese Kurse Lust auf mehr hervorgerufen haben. Gleichzeitig machen sich mittlerweile aber immer mehr Betriebsleiter Gedanken. Nämlich darüber, ob es wirklich noch weiteren Preisspielraum nach oben gibt. Und ob es nicht besser wäre, wenigstens mit einem Teil der Ernte 2010 bald auf Nummer sicher zu gehen, um das spekulative Risiko zu begrenzen.


Unser Rat: Tun Sie das! Es gibt keine Garantie dafür, dass der Bulle, der bei Börsianern sinnbildlich für steigende Preise steht, durchgehend die Oberhand behalten wird. Einige Analysten warnen sogar schon vor einer spekulativen Blase am Getreidemarkt – und wenn windige Spekulanten die Preise für Agrarrohstoffe nach oben treiben können, können sie das auch in die Gegenrichtung tun. Für Landwirte, die dann noch ihre gesamte Ernte im Lager hätten, wäre das fatal.j


Schwachen Weizen bald „wegtun“!


Schwachen Weizen sollten Sie ohnehin bald durchhandeln. Es soll nämlich mehr Weizen als sonst mit gewissen Qualitätsproblemen gedroschen worden sein. Vor allem das Hektolitergewicht und die Fallzahlen seien bemängelt worden, berichten Marktkenner. Etliche Partien seien deshalb eigentlich nur über den Futtertrog verwertbar. Das könne den Preisspielraum nach oben bei Futterweizen zeitweilig etwas einschränken.


Bislang ist davon zum Glück nicht viel zu spüren, wenn auch einige Händler – vor allem im Süden und Westen Deutschlands – mal wieder mit indiskutablen Niedrigpreisen operieren. Letzteres bislang ohne durchschlagenden Erfolg, da die Erzeuger schließlich wissen, welche Stunde geschlagen hat.


Im Schnitt folgen die Kurse für Futterweizen dem Brotweizen dicht auf den Fersen. Der Abstand beträgt je nach Region meistens nur zwischen 7,50 und 15 €/t. Und in Veredlungshochburgen geben auch in dieser Saison die Einkaufspreise der Mischfutterindustrie die Preisrichtung für den gesamten Weizen vor. Franko Holland und Westfalen sollen Mischer zuletzt für prompte Ware 187 bis 190 €/t bewilligt haben und Aufschläge von 5 bis 6 €/t für den Lieferzeitraum September bis Dezember 2010. Davon abgeleitet ergeben sich je nach Frachtentfernung, Umschlagskosten, Marge usw. abgeleitete Erzeugerpreise zwischen 160 und 175 €/t (netto, frei Landlager). Notierungen von 140 €/t und weniger sind zumindest aus heutiger Sicht nichts als Meinungsmache – schade ums Papier, auf dem sie stehen.


Einwandfreier Brotweizen bleibt gefragt


Bei Brotweizen liegt die Grenze zwischen Gut und Böse in puncto Erzeugerpreise derzeit nach Ansicht der meisten Beobachter selbst in frachtfernen Überschussgebieten im Bereich von 160 bis 165 €/t. Mit viel weniger sollten Sie sich vorerst wirklich nicht abspeisen lassen.


An der Warenterminbörse Matif in Paris haben die Weizennotierungen die 200 €/t-Marke übersprungen. Selbst wenn man davon im Sinne der Erfasser großzügig 25 €/t abzieht (als Basis), zum Ausgleich für regionale Marktbesonderheiten, Marge usw., ergeben sich immer noch mindestens 175 €/t frei Handelslager auf der Erzeugerstufe. Als wir die aufgelisteten Preise ermittelten, wurde das auch bezahlt, oft sogar deutlich mehr.


Etliche Erzeuger haben übrigens die Gunst der Stunde, also die deutlich aufgebesserten Preise, genutzt und sich zumindest von einem Teil ihrer diesjährigen Ernte getrennt. Vermarktungsprofis halten das für die richtige Entscheidung. Sie glauben nämlich, dass die Luft nach oben allmählich dünner wird. Dafür spricht z. B. die Tatsache, dass die meisten Verarbeiter unbestreitbar massive Probleme haben, ihre stark gestiegenen Rohstoffkosten im Weiterverkauf zu realisieren.


Außerdem beruht der rasante Preisanstieg der letzten Wochen nicht nur auf fundamentalen Faktoren, also z. B. den aus heutiger Sicht schlechten Ernten bei uns sowie in den sonst so exportstarken Ländern am Schwarzen Meer (vgl. Übersicht unten). Wie bereits angedeutet, haben auch kapitalkräftige Finanzinvestoren die Getreidepreise über Spekulationen an den Warenterminbörsen mit nach oben getrieben. Damit steigt die Gefahr unverhoffter und vor allem kräftiger Preisausschläge nach unten.


Aber je besser der Weizen ist, den Sie gedroschen und eingelagert haben, desto gelassener sollten Sie reagieren, falls es plötzlich zu Preisdruck kommen sollte. Die Mühlen und Mischer haben immer noch dünne Rohstoffdecken. Sie müssen sich also weiterhin um Weizen bemühen und können bei den Preisen nicht so mauern wie sonst in dieser Jahreszeit üblich. Überdies ist auch der Exporthandel nach wie vor an passendem Weizen interessiert, vor allem an überdurchschnittlichen Qualitäten, um Exportkontrakte nach Nordafrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten erfüllen zu können.


Aufgepasst: Etliche Abnehmer versuchen, sich hohe Preise durch drastische Abzüge für „nicht eingehaltene Qualitätsvereinbarungen“ zumindest teilweise wieder von den Erzeugern zurückzuholen. Drittlandexporteure fordern z. B. relativ hohe Hektolitergewichte, während einige Mühlen offenbar gerne die Daumenschrauben bei Protein und Fallzahlen anziehen würden. Deshalb unser dringender Appell an Landwirte: Verhandeln Sie nicht nur über den nackten Preis, sondern auch über die Qualitätsparameter und die Abrechnungskonditionen! Und lassen Sie sich die getroffenen Vereinbarungen unbedingt schriftlich bestätigen.


Den Rest mitgezogen


Dass das auch gilt, wenn Sie Roggen, Gerste und anderes Getreide verkaufen, dürfte auf der Hand liegen.


Auch für diese Getreidearten werden mittlerweile deutlich befestigte Preise notiert. Für backfähigen Roggen wurden Anfang des Monats z. B. in Seehafennähe schon annähernd 160 €/t genannt (netto, frei Verladeplatz). Denn unsere Produktion bleibt deutlich hinter der des Jahres 2009 zurück. Der Internationale Getreiderat (IGC) bezifferte diese jüngst auf 3,2 Mio. t. Das wäre ein Minus von 1,1 Mio. t bzw. fast 26 % gegenüber dem Vorjahr. Ursache dafür sind Anbaurückgänge und in etlichen Gebieten auch eher unbefriedigende Erlöse.


Unsere Versorgungsbilanz sieht denn auch in der laufenden Saison aus Sicht der Mühlen recht eng aus. Kein Wunder: Immer mehr Roggen fließt schließlich auch in andere Kanäle ab, vor allem ins Futter sowie in die energetische Verwertung. Entlastung ist vorerst nicht in Sicht. Eher das Gegenteil: Der zweite große Roggenerzeuger der EU, Polen, meldet ebenfalls eine deutlich kleinere Ernte als 2009. Die Rede ist von knapp 3 Mio. t und das wäre ein Rückgang um 19 %. Norddeutsche Exporteuere rechnen deshalb bereits mit guten Absatzchancen für deutschen Roggen in Richtung Polen.


Die Notierungen für Gerste und Triticale haben im Kielwasser des Weizens ebenfalls deutlich angezogen. Das freut Anbauer, die allen Unkenrufen zum Trotz – Ackerbauberater hatten diese Getreidearten als „wenig lukrativ“ eingestuft – darauf gesetzt haben. Die meisten Viehhalter beurteilen die Entwicklung hingegen eher negativ, müssen sie doch mit rapide steigenden Futterkosten rechnen.


Den Mais haben viele Mischer aus diesem Grund übrigens, soweit es möglich war, aus ihren Rezepturen verbannt. Die Preise haben aber trotzdem weiter angezogen. Hauptgrund ist der Substrathunger der Biogas-Anlagen. Außerdem sind beim Mais an den Terminmärkten ebenfalls die Finanzspekulanten am Werk.


Jörg Mennerich

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