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Gesunde Euter: Von den Öko-Profis lernen

Lesezeit: 6 Minuten

Wenig Antibiotika, dafür Homöopathie und selektives Trockenstellen: Mit dieser Strategie erreicht der Ökobetrieb auf Haus Riswick eine gute Eutergesundheit und niedrige Zellzahlen. Anne Verhoeven, Anja Hauswald und Dr. Mark Holsteg berichten.


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Die Zahlen sprechen für sich: Nur 40 % der Mastitiden hat der Ökobetrieb Haus Riswick in den vergangenen Jahren antibiotisch behandelt. Rund 60 % der Euterentzündungen konnten allein durch naturheilkundliche Behandlungen geheilt werden. Denn die Anwendung von Antibiotika in der ökologischen Tierhaltung ist nur erlaubt, wenn naturheilkundliche Behandlungen fehlschlagen.


Beim Mastitis- aber auch beim Trockenstellmanagement kommt bei der 48-köpfigen Milchviehherde auf Haus Riswick in erster Linie Homöopathie zum Einsatz. Darüber hinaus unterstützen Isopathie, Akupunktur, Blutegelbehandlung und Rindertaping die Heilung. Das Konzept scheint aufzugehen: Die Leistung liegt im Schnitt bei 8 329 kg, die Zellzahl bei 157 000. In den vergangenen sechs Jahren lagen die Zellzahlen weitgehend zwischen 100 000 und 200 000.


Was hält die Euter gesund?

Besser als zu behandeln, ist immer noch vorzubeugen. Dafür müssen jedoch die Umweltbedingungen stimmen. Ein gutes Herdenmanagement und vor allem eine ausgewogene Fütterung im letzten Laktationsdrittel sorgen für abwehrstarke und eutergesunde Kühe in der Trockenperiode und einen optimalen Start in die Laktation.


Zu vorbeugenden Maßnahmen gehört auch eine konsequente Boxenpflege. Zweimal täglich werden die Boxen mit reichlich feinem Strohhäcksel eingestreut. Die Laufgänge werden im Winter bei voller Stallbelegung stündlich mit dem Schieber gereinigt, im Sommer bei Weidegang weniger intensiv.


Auch die Futterhygiene ist absolut notwendig, um die Zellzahlen niedrig zu halten. So wird z. B. kein pilzbelastetes Futter verwendet. Darüber hinaus sollte die Melkarbeit ohne Stress ablaufen, denn das wirkt sich auch negativ auf die Eutergesundheit aus. Außerdem erfolgt der Einsatz eines Dippmittels mit desinfizierender Wirkung und einer Pflegekomponente.


Weiterhin ist es wichtig, dass die Melktechnik korrekt läuft und regelmäßig kontrolliert wird. Ebenso werden die Zitzenspitzen auf Hyperkeratosen überprüft.


Ein Mineralfutter mit Spurenelementen und Vitaminen nach Bedarfsempfehlung ist ein Muss für jede eutergesunde Herde.


Die Genetik wird passend ausgewählt: Es werden keine Vererber mit einem RZS kleiner als 105 eingesetzt. Außerdem wird eine gute Melkbarkeit angestrebt. Ein zu schneller Milchfluss ist jedoch unerwünscht. Denn er könnte dazu führen, dass die Tiere die Milch laufen lassen und sich schneller infizieren. Ebenso wird auf lange Striche gezüchtet. Diese erleichtern ggf. das Ausmelken von Hand bei Mastitis und verringern das Mastitis-Risiko.


Darüber hinaus werden sogenannte homöopathische Konstitutionsmittel bei Einzeltieren eingesetzt. Sie können den Gesundheitsstatus und die allgemeine Verfassung der Tiere deutlich stabilisieren. Konstitutionsmittel sind Mittel, die zu dem Erscheinungsbild, dem Charakter, den Eigenarten und den typischen Erkrankungen des Tieres passen.


Homöopathisch behandeln:

Grundsätzlich gilt: Je früher die homöopathische Behandlung beginnt, desto größer ist der Heilungserfolg. Deswegen ist die Früherkennung von Mastitiden besonders wichtig. Dazu werden das Vorgemelk genauso wie das gesamte Euter intensiv geprüft. Über den Einsatz homöopathischer Mittel wird das Immunsystem der Tiere angeregt, selbst aktiv zu werden und den Erreger zu bekämpfen.


Hat das Tier eine Mastitis mit Flocken, zeigt aber kein Fieber, wird sie zunächst nur homöopathisch behandelt. Tritt keine Besserung ein, wird eine Milchprobe bakteriologisch untersucht und die Behandlung erfolgt nach Antibiogramm im Rahmen der Richtlinien für den Ökologischen Landbau.


Bei Mastitis mit hohem Fieber, bei der das Allgemeinbefinden der Kuh empfindlich gestört ist und bei der Verdacht auf E. coli besteht, wird der Tierarzt eingeschaltet. Er behandelt das Tier konventionell unter Berücksichtigung der für den Ökologischen Landbau relevanten Wirkstoff-Liste.


Selektives Trockenstellen:

Die Kühe werden selektiv trockengestellt. Das heißt, es wird auf Basis der Eutergesundheit entschieden, ob ein antibiotischer Trockensteller eingesetzt wird oder nicht. Die Zellzahlentwicklung während der Laktation ist dabei Entscheidungsgrundlage. Die Kühe werden dafür in zwei Gruppen eingeteilt:


Kühe mit Zellzahlen unter 100 000 gelten als uneingeschränkt eutergesund und werden ausschließlich mit einem internen Zitzenversiegler behandelt. Dieser verschließt die innere Strichkanalöffnung während der gesamten Trockenstehzeit bis zum erstmaligen Melken nach der Kalbung. Der Zitzenversiegler wird als alleiniger Schutz vor Neuinfektionen während der Trockenstehzeit bei eutergesunden Tieren eingesetzt. Tiere dieser Gruppe werden entweder acht Wochen vor der Kalbung planmäßig oder, falls die Milchleistung bereits vorher unter 13 kg absinkt, vorzeitig trockengestellt.


In der Regel wird Freitag morgens trockengestellt. Dabei werden die Kühe vor dem letzten Melken besonders gründlich gereinigt. Mit Spiritus werden die Zitzen desinfiziert. Anschließend wird Zitzenversiegler in den Strichkanal eingebracht. Das Dippen schließt die Arbeit des eigentlichen Trockenstellens ab. Im Laufe des Vormittags werden die trockengestellten Tiere von der Laktationsherde getrennt und in den Jungviehstall geführt, wo sie unter Beobachtung bleiben, bis sich das Euter nach ca. sieben bis zehn Tagen zurückgebildet hat. Während des Sommers gehen die Trockensteher mit den Jungrindern auf die Weide und werden zwei bis drei Wochen vor dem Kalbetermin wieder in die Herde gebracht.


Bei Tieren mit einer Zellzahl zwischen 100 000 und 200 000 Zellen, wird zum Zeitpunkt des Trockenstellens ein Schalmtest durchgeführt. Reagiert der Schalmtest negativ und gibt es keine deutlichen Vierteldifferenzen, so gilt das Tier als eutergesund und erhält nur einen Zitzenversiegler.


Von Tieren mit Zellzahlen über 200 000 werden Viertelgemelksproben entnommen und in einem Labor bakteriologisch untersucht. Entsprechend dem Ergebnis erhalten Tiere gezielt einen antibiotischen Trockensteller und anschließend einen internen Zitzenversiegler. Tiere dieser Gruppe werden wegen der doppelten Wartezeit bei antibiotischen Trockenstellern bereits drei Monate vor dem errechneten Kalbetermin trockengestellt. Falls kein Ergebnis einer bakteriologischen Untersuchung vorliegt, wird rechtzeitig vorher noch eine Probe eingesandt, um die Tiere vor dem Trockenstellen ggf. nach Antibiogramm behandeln zu können und einen passenden Trockensteller auszuwählen.


Dies geschieht immer in Absprache mit dem Hoftierarzt. Zusätzlich zum antibiotischen Trockensteller erhalten auch diese Tiere den Zitzenversiegler. Das Kolostrum entsprechend behandelter Tiere wird später verworfen. Kühe dieser Gruppe, die nach der Kalbung erneut auffällig werden, werden nicht wieder besamt und verlassen kontrolliert den Bestand. So erfolgt eine weitere Selektion auf eutergesunde Tiere.


Sonderfall Staph. aureus:

Bei Staphylococcus aureus werden besondere Maßnahmen beim Trockenstellen getroffen. Staph. aureus kann sich im Euter ab­kapseln und dadurch nicht immer nachgewiesen werden. Deswegen werden Tiere, die während der Laktation und vor dem Trockenstelltermin mit Euterentzündungen, Zellzahlverläufen, bakteriologischen Untersuchungen und bei Schalmtest-Ergebnissen auffällig geworden sind, besonders behandelt. Sie erhalten einen antibiotischen Trockensteller und werden zudem mit einem „aureus-wirksamen“ Antibiotikum intramuskulär behandelt.


Im Ökobetrieb Haus Riswick wurden im Schnitt der Jahre 2011 bis 2013 nur etwa 6 % der Kühe antibiotisch trockengestellt.


Hochleistende Kühe erhalten zwei Wochen vor dem geplanten Trockenstelltermin kein Kraftfutter mehr. Die homöopathischen Einzelmittel Urtica urens C 30 und Phytolacca C 30 können die Milchreduktion unterstützen. Wichtig ist, dass homöopathische Mittel für den Einsatz bei lebensmittelliefernden Tieren vom Tierarzt umgewidmet werden müssen.


Ein räumlicher Wechsel und die Distanz zur Melkmaschine unterstützen den Milchrückgang. Während der zweiwöchigen Phase nach dem Trockenstellen werden die Tiere und Euter täglich kontrolliert und beobachtet, um sicher zu sein, dass sich die Milchdrüsen zurückbilden und keine Entzündungen entwickeln.

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