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Kälberverluste: Die fünf größten Risiken

Lesezeit: 5 Minuten

Manche Betriebe haben bis zu 23 % Kälberverluste. Eine Auswertung von 25 000 Kalbungen in zehn ­sächsischen Herden deckt die größten Ursachen auf. Dr. Ilka Steinhöfel und Anke Kießling berichten.* Färsen haben in vielen Milchviehbetrieben ein Startproblem: Im Schnitt überleben nur 84 % ihrer Kälber die Geburt und die ersten 48 Stunden. In der Spitze beträgt die Verlustrate hier 23 %. Bei den Kühen ist es mit einer Überlebensrate zwischen 90 und 95 % nicht ganz so schlimm. Was sind die genauen Gründe dafür? Welche Faktoren erhöhen das Risiko für die Verluste und wie kann Abhilfe geschaffen werden? Um das herauszufinden, haben wir in zehn sächsischen Milchviehherden 25 000 Kalbungen konkreter unter die Lupe genommen. Risikofaktor 1: Frühgeburt Die Länge der Trächtigkeit war entscheidend für das Überleben des Kalbes. Über 40 % der Kühe und 14 % der Färsen mit Totgeburten kalbten nach einer Trächtigkeitszeit von weniger als 270 Tagen. Von den lebend geborenen Kälbern kamen dagegen nur 2 % vor dem 270. Trächtigkeitstag zur Welt. Vor allem Kühe, die mit zu geringen Fettreserven (< 12 mm RFD) trockengestellt wurden, waren auffällig. Bei ihnen war die Frühgeburtenrate zwei bis drei Mal so hoch als bei den besser konditionierten Tieren. Risikofaktor 2: Zu jung und zu viel Rückenfett Als weiterer Risikofaktor für Totgeburten stellte sich ein überdurchschnittlicher Fettansatz der Jungrinder dar. Färsen mit einer Rückenfettdicke (RFD) über 17 mm scheinen ein höheres Risiko für Totgeburten zu haben, als Tiere mit einer geringeren Auflage (Übersicht 1). Das Optimum scheint zwischen 12 und 17 mm zu liegen. Für Tiere, bei denen über 29 mm Rückenfett gemessen wurden, lag die Totgeburtenrate bei über 30 %. Dieser Zusammenhang lässt sich jedoch nur für die erste Kalbung vermuten. Ab der 2. Kalbung scheint eine verstärkte Rückenfettauf-lage allerdings keinen Einfluss auf ein erhöhtes Totgeburtenrisiko auszuüben. Allerdings reicht die Kenntnis der Rückenfettdicke der Erstkalbinnen allein nicht für die Risikoabschätzung aus, denn die Aufzuchtintensität spielt dabei eine ebenso große Rolle. Neue Versuche zeigen sogar, dass Tiere, die bis zur Erstbesamung verhalten gefüttert werden, bei der Kalbung sogar eine höhere Rückenfettauflage haben können als intensiv gefütterte Tiere (1 000 g tägliche Zunahme). Trotz geringerer Rückenfettauflage zur Kalbung lag bei diesen Tieren die Totgeburtenrate mit 13 % höher als bei der verhalten gefütterten Gruppe mit 7 %. Eine ähnliche Tendenz ergibt sich auch beim Vergleich von Erstkalbealter und Totgeburtenrate: Die höchste Totgeburtenrate zeigten die Gruppen der ältesten (> 28 Monate) aber auch die der jüngsten Färsen (< 23 Monate), wobei die “Jungen“ im Mittel 4 mm weniger Rückenfett aufwiesen als die älteren Stallgefährten. Risikofaktor 3: Zwillingsgeburten Bei der Ursachenanalyse von Totgeburten kann eine Auswertung des Geschlechterverhältnisses der geborenen Kälber hilfreich sein. Das Risiko ist vor allem bei männlichen Kälbern aus Färsenabkalbungen hoch. Bei den zehn analysierten Herden lag die Verlustrate bei 20 %, während nur 13 % der weiblichen Kälber aus Färsen starben. Dagegen überlebten von Mehrkalbskühen 92 % der männlichen und 95 % der weiblichen Kälber. Auch Mehrlingsgeburten stellen ein erhöhtes Überlebensrisiko für Kälber dar. Die Verlustrate liegt hier unabhängig vom Kalbeverlauf bei ca. 23 %. Der Anteil der Mehlingsgeburten an Kalbungen insgesamt lag für die Färsen bei < 1% und für die Kühe bei 6 %. Die schlechtesten Überlebenschancen haben männliche Zwillingspaare aus Färsenkalbungen. Hier überlebten nur 43 % der Kälber. Aber auch für die Kühe, vor allem für Jungkühe, stellt die Mehrlingsgeburt ein Risikofaktor für die folgende Laktation dar. Nach Zwillingskalbungen wurden sie deutlich schlechter tragend. Risikofaktor 4: Umstallung zu spät Werden hochtragende Kühe rechtzeitig in die Abkalbebox umgestallt, ist die Überlebensrate der Kälber höher. Betriebe mit guten Kalbebedingungen schaffen es, die Totgeburtenrate auf ca. 5 % zu minimieren. Die Kühe sollten mindestens einen Tag vor der Kalbung in eine separate, saubere und geräumige Abkalbebox gebracht werden. Hier gilt es vor allem Stress für die Tiere zu vermeiden. Stress führt zur Ausschüttung von Adrenalin, das als Gegenspieler des Oxytocins wirkt und damit die Wehentätigkeit beeinträchtigt. Werden die Kühe zu spät (< 1 Tag) und dann auch noch in einen neuen Gruppenverband umgestallt, wird der Kalbeverlauf unterbrochen und die Gefahr einer Totgeburt steigt um das Vierfache auf über 20 % (Übersicht 2). Risikofaktor 5: Fehlende Geburtskontrolle Auch optimal gewachsene Färsen verlangen eine lückenlose Kalbekontrolle. Die Verlustrate bei kontrollierten Kalbungen mit leichter Zughilfe per Hand (6 %) war im Vergleich zu den Kalbungen ohne Beobachtung (15 %) nicht einmal halb so hoch. Darüber hinaus kann mit der Auswahl entsprechender Bullen, mit gesextem Sperma, einer entsprechenden Vorbereitungsfütterung und einem komfortablen Abkalbeplatz das Verlustrisiko reduziert werden. Entscheidend ist, dass Störungen rechtzeitig erkannt werden. Sehen kann nur der, der auch kontrolliert. Zusätzlich gelten Geburtslagen des Kalbes, die von der Vorderendlage abweichen, als Risikofaktor. Erwartet werden können ca. 10 bis 11 % Hinterend­lagen und etwa 4 % andere Haltungs­anomalien. Die Lage des Kalbes lässt sich zwar nicht von außen beeinflussen. Wird sie allerdings rechtzeitig erkannt, kann früh eingegriffen und das Kalb lebend geboren werden. Informationen dürfen vor allem beim Schichtwechsel des Personals nicht verloren gehen und sollten dokumentiert werden. Nur so kann ein Helfer sicher arbeiten und rechtzeitig in den Geburtsablauf eingreifen. Abweichungen vom „Normalzustand“ lassen sich nur so erkennen und den Ursachen kann auf den Grund gegangen werden.

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