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Keine Kompromisse gegen resistente Schadgräser

Lesezeit: 9 Minuten

Resistenzen werden immer mehr zum Problem, neue Mittel sind nicht in Sicht. Wie Sie dennoch mit richtigen Strategien erfolgreich vorgehen, erläutern Dr. Bernhard Werner und Eckhard Seemann, LWK Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover.


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Die Unkrautbekämpfung im Getreide ist gerade in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Zunehmend bilden sich resistente Unkrautpopulationen aus und das Herbizidspek-trum wird im Herbst 2010 nicht erweitert. Die letzten neuen Herbizide wurden zur Herbstbehandlung 2009 mit Falkon, Bacara forte und Carmina 640 zugelassen.


Dies sind aber Mittel mit bekannten Wirkstoffen in neuer Zusammensetzung. Herbizide mit neuen Wirkstoffgruppen werden auch in den nächsten Jahren voraussichtlich nicht auf den Markt kommen.


Resistenzen nehmen zu


Umso wichtiger ist es, anbautechnische Maßnahmen zu nutzen, um die Schadenswahrscheinlichkeit der Unkräuter zu reduzieren und weitere Resistenzen zu vermeiden. Die Frage der Resistenzentwicklungen ist sicherlich der wichtigste Punkt, der bei effektiven Herbizidstrategien zu berücksichtigen ist.


Die Herbizidresistenz von Ackerfuchsschwanz wird seit Jahren diskutiert. Aber auch bei Windhalm, Echter Kamille und vereinzelt Weidelgräsern nehmen Resistenzen zu. Speziell beim Windhalm scheinen sich die Bekämpfungsprobleme rasch zu verstärken.


Wie beim Ackerfuchsschwanz handelt es sich auch beim Windhalm meistens um eine metabolische Resistenz. Das heißt: Einzelne Pflanzen erlangen die Fähigkeit, den herbiziden Wirkstoff immer schneller abzubauen. Bei häufiger Anwendung von Mitteln aus der gleichen Wirkstoffgruppe werden diese Pflanzen und ihre Nachkünfte selektiert. Die Wirkung der entsprechenden Mittel lässt kontinuierlich nach und es entwickeln sich resistente Unkrautpopulationen.


Wirkstoffe konsequent wechseln


Einer solchen Resistenzentwicklung kann man durch konsequenten Wirkstoffwechsel entgegenwirken. Die Übersicht 1 zeigt eine Auswahl wichtiger Herbizide mit Gräserwirkung und den Angaben der Zugehörigkeit zu verschiedenen Wirkungsklassen, die vom Wirkort, bzw. dem Wirkmechanismus der einzelnen Wirkstoffe abhängen.


Generell ist das Resistenzrisiko bei den ACCase-Hemmern (Klasse A) und bei den ALS-Hemmern (Klasse B) am höchsten. Wirkungsminderungen sind seit langem auch bei den IPU- und CTU-haltigen Herbiziden (Klasse C2) zu verzeichnen. Eine geringere Gefährdung besteht bei den Bodenherbiziden aus den Klassen K und F sowie bei den Herbiziden der Klassen E und N.


In der Fruchtfolge besteht durchaus die Möglichkeit, zwischen den verschiedenen Wirkungsklassen zu wechseln. Die Übersicht 2 zeigt zwei Beispiele, wie in unterschiedlichen Fruchtfolgen durch eine gezielte Herbizidwahl gegen Ackerfuchsschwanz und Windhalm die Wirkstoffklassen gewechselt werden können.


Grundsätzlich sollten ALS-Hemmer nur einmal in der Fruchtfolge eingesetzt werden. Damit soll erreicht werden, dass die Wirksamkeit (sofern noch vorhanden) insbesondere des leistungsstärksten Präparates Atlantis WG und anderer Sulfonylharnstoffe möglichst lange erhalten bleibt. Zusätze von Additiven oder AHL sollten konsequent genutzt werden, um maximale Wirkungsgrade zu erreichen.


Ackerbauliche Maßnahmen beachten


Aber auch die eingangs genannten pflanzenbaulichen Maßnahmen müssen konsequent genutzt werden, um Schäden zu vermeiden. Dazu gehören eine weit gestellte Fruchtfolge mit einem hohen Blattfruchtanteil oder der Anbau von Sommerungen. Der Saattermin des Getreides sollte – abhängig von den regionalen Möglichkeiten – möglichst nicht zu früh liegen, denn frühe Saattermine erhöhen den Ungrasdruck.


Ein einheitliches, feinkrümeliges Saatbett bewirkt neben einem gleichmäßigen, konkurrenzkräftigen Getreidebestand ein rasches Auflaufen der Ungräser. Zusätzliche Effekte bringt das Anwalzen der Saat. Damit wird eine gut abgesetzte und feinkrümelige Struktur des Bodens erreicht, die die Wirkung der Bodenherbizide absichern bzw. sogar steigern kann. Diese Maßnahmen sind bei der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz entscheidender als auf Flächen mit reiner Verungrasung durch Windhalm.


In Übersicht 3 finden Sie Bodenherbizide und Mischungen, die bei der Bekämpfung von Windhalm eingesetzt werden können. Zu beachten ist, dass bei den Mischungen Lentipur 700 + Carmina 640 und Arelon Top + Fenikan schon seit Jahren Resistenzen bekannt sind. Somit scheiden diese Mischungen oft aus, da als zusätzlich einschränkendes Kriterium die Drainauflage der IPU- und CTU-haltigen Produkte zu nennen ist. Weiterhin gilt es, beim CTU die Positivliste der Weizensorten zu beachten.


Herbizide nicht zu spät einsetzen


Den Basiswirkstoff in der Herbstanwendung gegen Windhalm stellt das Flufenacet dar. Dieser Wirkstoff ist in Bacara Forte, Herold SC, Cadou SC und Malibu enthalten und stützt somit die meisten Herbizidempfehlungen gegen Windhalm. Um eine sichere Windhalmwirkung zu erlangen, sind die drei genannten Produkte im Ein- bis Zweiblattstadium des Getreides einzusetzen. Damit verbessert sich in der Regel auch die Wirkung gegen Unkräuter, da ein Teil der Wirkstoffe über das Keimblatt der Unkräuter aufgenommen wird.


Für die Ungraswirkung kann auch eine Anwendung im Vorauflauf erfolgen, ohne Wirkung zu verschenken. Eine sichere Wirkung gegen Windhalm ist in der Regel mit 120 g bis 150 g/ha Flufenacet zu erreichen. Dies entspricht 0,3 bis 0,4 l/ha Herold bzw. 2,0 bis 2,5 l/ha Malibu. Kommen – wie beim Bacara Forte – noch weitere windhalmwirksame Wirkstoffe hinzu, kann diese Menge auch unterschritten werden.


Ähnlich verhält es sich bei der Mischung Malibu + Absolute M. Hier werden 120 g Flufenacet pro ha ausgebracht. Aber durch die Kombination der Produkte wird sowohl eine gute Windhalmwirkung als auch eine gute Breitenwirkung erzielt.


Eine weitere Wirkstoffgruppe wird mit Sumimax ins Spiel gebracht. Beim Einsatz von Sumimax darf der Windhalm noch nicht so weit entwickelt sein wie bei den zuvor genannten Produkten. Sonst kann es zu einer verringerten Wirkung kommen. Sumimax wird zurzeit nur mit IPU oder Ciral im Pack vertrieben. Durch die Dränauflage vom IPU ergibt sich ein eingeschränktes Einsatzfeld.


Strategien gegen Ackerfuchsschwanz


Bei der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz sind verschiedene Situationen zu betrachten. Einerseits stehen, wie auch beim Windhalm, die Bodenherbizide auf Flufenacetbasis zur Verfügung, andererseits sind bei deren Einsatz auf Fuchsschwanz selten Wirkungsgrade über 85 % zu erzielen. Dennoch spielen sie eine äußerst wichtige Rolle, gerade bei resistenten Fuchsschwanzpopulationen und deren Bekämpfungsstrategie. Die mög-lichen Kombinationen aus Blatt- und Bodenherbiziden zur Kontrolle von Ackerfuchsschwanz sind überall dort einsetzbar, wo noch keine Resistenzen vorliegen und auch keine Nachläufer zu erwarten sind. Auf diesen Flächen sind alle aufgezeigten Kombinationen im Nachauflauf einsetzbar.


Mischungen aus Lexus (20 g/ha) oder Ciral (25 g/ha), beide mit dem Wirkstoff Flupyrsulfuron, mit weiteren Partnern sind eher für den frühen Nachauflauf zu verwenden. Einerseits wirkt Lexus zum Teil über den Boden, zum anderen werden noch etwa 14 Tage Vegetation benötigt, um die Wirkung voll zu entfalten. Als Mischpartner zum Lexus hat sich in den letzten Jahren das bekannte Boxer bewährt. Vielfach zeigt diese Kombination einen leichten Wirkungsvorteil gegenüber den Mischungen mit pendimethalinhaltigen Produkten.


Bei den zusätzlich in Übersicht 4 aufgeführten blattwirksamen Fop’s und Den’s ist der Anwendungstermin deutlich später. Hierbei muss der Fuchsschwanz komplett aufgelaufen sein, um eine gute Wirkung zu erzielen.


Hervorzuheben ist in diesem Fall noch Axial 50 EC. Dieses Herbizid ist temperaturunabhängig und kann noch bis kurz vor der Vegetationsruhe eingesetzt werden. Hierbei erwies sich das seit zwei Jahren im Markt befindliche Picona als ein geeigneter Mischpartner, wie mehrjährige Versuche von 2007 bis 2009 mit zwei Herbizidvarianten zeigen. Dabei wurde zum einen die Mischung Cadou SC + Bacara Forte jeweils kurz vor dem Auflaufen in EC 07 bis 09 gespritzt. Der Wirkungsgrad lag – je nach Jahr – zwischen knapp 80 und 85 %.


In der zweiten Variante wurde die Anwendung von Axial 50 EC + Stomp SC bzw. + Picona bis kurz vor Vegetationsende herausgezögert (17.11. bis 1.12). In 2007 und 2008 setzte wenige Tage nach der Spritzung die Vegetationsruhe ein, in 2009 ließ diese noch 10 Tage auf sich warten. Dennoch konnte die Anwendung in allen Jahren mit Wirkungsgraden von 98 bis 100 % überzeugen.


Im Vergleich zu den Frühjahrsanwendungen von Axial 50 EC zeigte sich die Anwendung im Spätherbst als wirkungsvoller und ist somit eine der Herbizid­varianten, die so lange durchgeführt werden kann, wie die Befahrbarkeit der Böden gegeben ist.


Spritzfolgen bei resistentem Fuchsschwanz


Auf den Flächen, auf denen Resistenzen auftreten, sind grundsätzlich Spritzfolgen durchzuführen. Basis hierfür sind wiederum die flufenacethaltigen Boden-herbizide wie z. B. Malibu. Im Fall einer Fop-Resistenz erfolgt dann rechtzeitig nach der Saat die Anwendung der Bodenherbizide. Später in EC 13 bis 21 bzw. nach dem Auflaufen des restlichen Fuchsschwanzes kann noch im Herbst mit Atlantis WG + Genapol nachbehandelt werden, insofern gewährleistet ist, dass ein ausreichender Vegetationszeitraum von 14 Tagen vorhanden ist. Ist das nicht der Fall, ist die Spritzung ins zeitige Frühjahr zu verlegen.


Für den Fall, dass bei Lexus ein Wirkungsabfall beobachtet wurde, die Fop’s aber noch gut wirken, ist grundsätzlich genauso vorzugehen. Die Nachbehandlung erfolgt dann z. B. mit Topik 100 oder bei weniger wüchsiger Witterung mit Axial 50 EC. Aufgrund der besseren Wirkung auf kleineren Ackerfuchsschwanz ist bei den Fop’s oder Den’s eine Herbstanwendung vorzuziehen.


Totalherbizid vor der Saat


Treten im Extremfall weit reichende Resistenzen auf, wird es unumgänglich sein, zusätzlich Blattfrüchte und Sommerungen in die Fruchtfolge einzubauen, um überhaupt noch die Möglichkeit zu behalten, die Standorte ackerbaulich zu nutzen. Wird dann Winterweizen angebaut, ist ein umfangreiches Herbizidprogramm einzuplanen. Zunächst ist die Grundbodenbearbeitung, sei es mit dem Pflug oder mit einem Grubber, rechtzeitig vor der Saat durchzuführen. Anschließend ist das Saatbett herzurichten, um den Ackerfuchsschwanz zum Auflaufen zu bringen. Direkt vor der Saat wird dann ein Totalherbizid eingesetzt, um den aufgelaufenen Fuchsschwanz zu beseitigen. Bei der Aussaat sollte dann wenig Boden bewegt werden, damit möglichst keine weiteren Ungräser in Keimstimmung versetzt werden.


Beim folgenden Bodenherbizideinsatz empfiehlt sich die Zumischung von Boxer. Wie in der Mischung mit Lexus bringt es auch als Partner für das Herold eine leichte Wirkungssteigerung. Als abschließende Maßnahme folgt dann der Einsatz von Atlantis WG mit voller Aufwandmenge + 30 l/ha AHL. Diese Anwendung erfolgt je nach Vegetationsstand im Herbst (mindestens 14 Tage Wachstum erforderlich) oder im zeitigen Frühjahr, sobald es die Temperaturen und die Befahrbarkeit zulassen. Zu beachten ist allerdings, das Atlantis WG erst ab dem 16. März mit der vollen Aufwandmenge von 500 g/ha eingesetzt werden darf.


Schwächen gegen Unkräuter im Frühjahr korrigieren


Auch verschiedene Trespenarten können bei Frühsaaten und gleichzeitig reduzierter Bodenbearbeitung zum Problem werden. Bei hohem Trespendruck besteht mit Atlantis WG bereits im Herbst die Möglichkeit, diese Ungrasart zu bekämpfen. Empfohlen wird dazu die im Winterweizen zugelassene Herbstaufwandmenge von 400 g/ha.


Die in den Empfehlungstabellen beschriebenen Wirkungsschwächen der verschiedenen Herbstherbizide sind bei Bedarf im Frühjahr zu korrigieren. Bei Klettenlabkraut sind auf den meisten Standorten Frühjahrsanwendungen erforderlich. Treten gleichzeitig Mohn und Kornblume auf, steht seit zwei Jahren mit Ariane C ein geeignetes Produkt zur Verfügung. Handelt es sich um Storchschnabel sind mit metsulfuronhaltigen Produkten wie Gropper SX, Concert SX und Artus mehrere wirksame Produkte verfügbar.

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