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Kranke Ferkel geliefert – wer trägt den Schaden?

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Mäster aus Bayern hatte eine Großpartie mit mangelhaften Ferkeln eingestallt. Weil die ­Händler nicht die geforderte Entschädigung zahlen, muss der Landwirt seine Ansprüche nun rechtlich durchsetzen.


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Mit Großgruppen-Ferkeln aus einem Betrieb kann ich die Mastleistung meiner Schweine vielleicht noch steigern“, dachte sich Rüdiger Schmidt* aus Südbayern und bestellte im Frühjahr über einen Viehhändler erstmals eine 900er-Gruppe aus einem Ferkelerzeuger-Betrieb in Nordrhein-Westfalen.


Der Mäster erzielte zwar bereits gute Ergebnisse. Mit den typbetonten Schweinen, die ihm die regionale Erzeugergemeinschaft lieferte, erreichte er im Durchschnitt Tageszunahmen von 780 g bei niedrigen Verlustraten von 1 %. Aber er sah noch Verbesserungspotenzial, weil er seinen Stall, den er Rein-Raus fährt, bisher mit sieben bis acht verschiedenen Herkünften füllte.


Totaler Reinfall


Doch die auf den ersten Blick vernünftige Entscheidung wurde für Schmidt zum totalen Reinfall. Als in der Nacht vom 18. auf den 19. März der Händler die ersten 610 Tieren lieferte, wollte der Mäster die Tiere erst gar nicht annehmen. Denn von einer homogenen Partie von Qualitätsferkeln konnte keine Rede sein. Die Gewichte streuten laut Schmidt von 15 bis 45 kg. Zudem waren die Ferkel mit durchschnittlich 24 kg extrem leicht.


Gleichzeitig fiel dem Mäster der schlechte Gesundheitszustand der Tiere auf. „Etliche Ferkel waren blass und hatten ein raues Haarkleid“, erinnert sich Schmidt. Für ihn war das ein Hinweis auf eine mangelhafte Circo-Immunisierung, obwohl diese vertraglich vereinbart war. Die Tiere wiesen nach Beobachtung des Mästers auch PRRS-Symptome auf. „Die Augen waren rot und entzündet, zum Teil eiterten sie“, so Schmidt.


Er reklamierte die komplette Lieferung sofort und unterzeichnete den Lieferschein nicht. Allerdings ließ er sich überreden, die Ferkel vorübergehend einzustallen, weil die Lieferfahrzeuge anschließend sofort für den Transport von Mastschweinen gebraucht würden. Die Fahrer versprachen ihm jedoch, die Ferkel in den nächsten Tagen wieder abzuholen. Der Mäster schenkte dem Glauben, weil der Händler bereits seit Jahren seine Schlachtschweine vermarktete.


Das sollte sich rückblickend als Fehler erweisen. Denn der Händler nahm die Tiere nicht zurück. Er sicherte stattdessen zu, mit der Lieferung der restlichen 300 Ferkel, die Anfang April kam, eine Nachbesserung vorzunehmen.


Doch die Qualität der Ferkel aus der zweiten Lieferung sah nicht viel besser aus. Die Tiere streuten im Gewicht zwar nicht so stark, aber im Durchschnitt waren sie nur 23,6 kg schwer und zeigten laut Schmidt ebenfalls PRRS-Symptome.


Unterdessen waren bei etlichen Tieren aus der ersten Lieferung deutliche PMWS-Symptome erkennbar, und die ersten Tiere waren bereits verendet.


Schmidt war klar, dass mit diesen Ferkeln keine rentable Mast möglich war. Er forderte deshalb seinen Lieferanten schriftlich auf, die Ferkel bis zu einer festgesetzten Frist zurückzunehmen. Zudem weigerte er sich, die Ferkelrechnung von rund 62 000 € zu bezahlen. Der Mäster vertrat den Standpunkt, dass trotz des Einstallens kein Eigentumsübergang stattgefunden habe, weil die gelieferte Ware grobe Mängel aufwies und keine Nachbesserung erfolgt sei.


Gemeinsame Begehungen


Weil Schmidt und seine Lieferanten zunächst eine gütliche Einigung anstrebten, wurden zwei Bestandsbegehungen durchgeführt. Am ersten Termin nahmen der Mäster, seine Hoftierärztin, der Ferkellieferant und ein Zwischenhändler aus Nordrhein-Westfalen teil, der die Ferkel an Schmidts Händler weiter vermittelte. An der zweiten Begehung waren zusätzlich der Ferkelerzeuger, die Anwältin des Zwischenhändlers und eine Vertreterin des Veterinäramtes anwesend.


Beim Betriebsbesuch gestanden die Lieferanten und der Ferkelerzeuger ein, dass die Tiere Circo- und PRRS-Symp­tome zeigten. Laut Schmidts Bestandstierärztin handelte es sich eindeutig um hochgradige Altinfektionen mit PRRS und Circo. „Die ersten Ferkel sind bereits fünf Tage nach dem Einstallen erkrankt und haben typische Circo-Symptome gezeigt“, so die Veterinärin. Die beiden Erkrankungen waren zuvor durch die Sektion eines verendeten Tieres und Blutuntersuchungen nachgewiesen worden.


Die Teilnehmer der Begehung ermittelten 37 Kümmerer, die aussortiert und zum Teil gekeult werden sollten. Weitere 36 Ferkel waren bis zum Zeitpunkt der Begehung bereits verendet. Der Ferkelerzeuger und die beiden Händler zeigten sich zwar bereit, die Kosten für die verendeten Tiere sowie die Tierarztkosten auf bestimmte Zeit zu übernehmen und untereinander nach einem vorgegebenen Schlüssel aufzuteilen. Keine Einigung erzielte Schmidt jedoch mit seinen Lieferanten über eine Rücknahme der Tiere und die Höhe seiner Entschädigung.


Lohnmastvertrag oder ­Verwahrungsrechnung


Der Mäster schlug zwei Entschädigungs-Varianten vor:


Zum einen bot er eine Art Lohnmastvertrag an. Grundlage der Entschädigung sollte hier die Differenz aus dem bei bisherigen Mastleistungen zu erwartenden Schlachterlös und den Ferkelkosten sein. Hinzu sollten die Kosten für die Verwahrung der verendeten Ferkel, der gesonderte Aufwand für die Tierbetreuung sowie die Kosten für die Stallreinigung und Desinfektion kommen. In der Summe errechnete der Mäster hieraus einen Entschädigungsbetrag von 106 000 €.


Alternativ forderte er eine Verwahrungsrechnung in Höhe von 1 € pro Tier und Tag. In diesem Fall würde sich die Entschädigung auf rund 113 000 € summieren.


Der Ferkelerzeuger und die beiden Händler weigerten sich bisher aber, diese Forderungen zu akzeptieren. Der Ferkelerzeuger und der Zwischenhändler bestreiten unter anderem das Ausmaß der Gewichtsstreuung. Der Mäster könne bis auf ein verendetes Ferkel, das bei der Sektion 16,5 kg wog, keine Belege dafür vorbringen, so ihr Argument. Schmidts direkter Lieferant räumte aber Gewichtsunterschiede von bis zu 30 kg ein.


Da es bisher zu keiner Einigung kam, will der Mäster für den sich abzeichnenden Rechtsstreit auf Nummer Sicher gehen. Er beantragt ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren. Gleichzeitig will er ein Zurückbehaltungsrecht und notfalls ein Pfandrecht in Anspruch nehmen, weil seine Verwahrungsrechnungen von den Lieferanten bisher nicht bezahlt wurden. Sein Plan ist, die Schweine zu einer festgesetzten Frist zur Schlachtung freizugeben und vom Erlös seinen Aufwand für die Verwahrung zu begleichen.


Ausgang ist offen


Wie der Streitfall letztlich ausgeht und ob sich Schmidt mit seinen Forderungen komplett durchsetzen kann, ist noch offen. Fest steht für den Mäster aber bereits jetzt, dass er sich beim Ferkelbezug auf keine Kompromisse mehr einlassen will. „Solche Partien kommen mir grundsätzlich nicht mehr in den Stall“, macht Schmidt klar. Zudem will er sich potenzielle Lieferbetriebe künftig vorher genau anschauen. „Von anonymen Betrieben kaufe ich keine Ferkel mehr ein“, ist sich der Mäster sicher.Klaus Dorsch


* Name von der Redaktion geändert

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