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MMA – früh erkennen, zügig behandeln

Lesezeit: 9 Minuten

Schwere Entzündungen können das Gesäuge dauerhaft schädigen. Dr. Nicole Kemper von der Christian-Albrechts-Universität Kiel gibt Tipps, wie Sie MMA vorbeugen und behandeln.


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Nur ein gesundes Gesäuge kann optimale Milchleistung bringen und große Würfe ernähren. Deshalb ist es wichtig, das Milchdrüsengewebe über die gesamte Nutzungsdauer der Sau gesund zu erhalten. Eine der größten Gefahren geht dabei von Entzündungen aus. Das Erkrankungsbild wird unter dem Sammelbegriff MMA (Mastitis, Metritis und Agalaktie) zusammengefasst. Im Schnitt erkranken 10 % bis 30 % aller Sauen eines Bestandes an MMA. In Problembetrieben können es sogar bis zu 80 % der Tiere sein.


Wie nachhaltig sich die dadurch verursachten Schäden auf die Milchleistung auswirken, hängt davon ab, wie stark die Entzündung war. Geringfügige Schädigungen heilen meistens wieder aus, weil sich die Gesäugekomplexe in jeder Trächtigkeit neu heranbilden. In schweren MMA-Fällen ist eine Regeneration aber meist unmöglich. Deshalb wirkt sich die MMA nicht nur auf den aktuellen, sondern auch auf die Folgewürfe aus.


Milchfluss versiegt, Ferkel kümmern


MMA-Erkrankungen treten innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt auf. Der Milchfluss geht stark zurück. Mitunter versiegt er sogar vollständig (Agalaktie). Einzelne Zitzen oder das gesamte Gesäuge zeigen Anzeichen einer starken Entzündungsreaktion (Mastitis). Die Ferkel kümmern, und der Wurf wächst auseinander. Einige Ferkel sterben sogar aufgrund der Mangelernährung. Zudem steigen die Erdrückungsverluste, da die Ferkel nicht mehr kräftig und flink genug sind, um der Sau auszuweichen.


Entscheidend ist, dass die Erkrankung früh erkannt wird. Denn bei rechtzeitiger Behandlung können Schäden am Gesäuge und bei den Ferkeln vermieden werden. Einen entscheidenden Hinweis liefert dabei die Körpertemperatur. An MMA erkrankte Tiere weisen meist Fieber über 40 °C auf. Deshalb sollte man in den ersten drei Tagen nach der Geburt mindestens einmal täglich bei den Sauen Fieber messen. Tiere mit Temperaturen zwischen 39,3 °C und 39,8 °C müssen aufmerksam beobachtet werden!


Fieber messen allein reicht jedoch nicht. Denn auch bei gesunden Sauen kann die Temperatur nach der Geburt steigen, gerade bei Erstlingen. Deshalb empfiehlt es sich, auch das Gesäuge genauer anzusehen. Die entzündeten Gesäugebereiche fühlen sich warm an, sind geschwollen, gerötet und schmerzempfindlich. Deshalb versucht die Sau, Berührungen und das Saugen durch die Ferkel zu verhindern. Sie nimmt die typische Bauch-Brust-Lage ein.


Ferkelverhalten beachten!


Meist ist auch das Allgemeinbefinden der erkrankten Tiere gestört. Sie fressen nicht mehr, Herz- und Atemfrequenz sind erhöht, und die Sauen leiden unter Verstopfung. Vereinzelt beobachtet man auch weißlich-gelben Scheidenausfluss, der auf eine Entzündung der Gebärmutter (Metritis) zurückzuführen ist.


In der Regel zeigen auch die Ferkel auffällige Verhaltensänderungen, weil ihnen die Milch fehlt. Sie wirken nervös und versuchen, andere Flüssigkeiten wie z. B. Harn aufzunehmen. Die betroffenen Tiere trocknen aus oder erkranken an Durchfall – insbesondere dann, wenn sie Urin saufen. Deshalb sollte den Ferkeln bereits nach der Geburt frisches Wasser in Schalen angeboten werden.


Zudem bleiben die Ferkel antriebslos am Gesäuge liegen, anstatt das Ferkelnest aufzusuchen. Deutlich eingefallene Hungergruben zeigen an, dass der Ernährungszustand der Tiere zunehmend schlechter wird. Die Ferkel werden schnell schwach, kümmern, und der Wurf wächst auseinander.


Im schlimmsten Fall verhungern die Ferkel oder sterben an den Folgeerscheinungen der mangelhaften Ernährung. Denn gerade in den ersten Lebenstagen verfügen sie noch nicht über ausreichende Energie- und Flüssigkeitsreserven.


Darüber hinaus ist eine ausreichende Versorgung mit Biestmilch wichtig für die Abwehrkraft des Ferkels. Denn die Übertragung von Antikörpern wird im Rahmen der Muttertierimpfung auch zur passiven Immunisierung der Saugferkel genutzt. Können die Tiere nicht genug Kolostrum aufnehmen, wird dadurch nicht nur das Immunsystem geschwächt, sondern es bleibt auch die Wirkung von Mutterschutzimpfungen aus.


Keime dringen in die Milchdrüse ein


MMA ist eine Faktorenerkrankung. Das heißt, dass zu ihrem Entstehen vermutlich mehrere Auslöser beitragen (siehe Übersicht 1). Sicher ist, dass Keime und Umweltfaktoren dabei eine große Rolle spielen.


Vermutlich gelangen die krankheitsauslösenden Keime über die Zitzen aufsteigend in das Gewebe der Milchdrüse, wo es zu einer Keimvermehrung kommt, die zur Mastitis und zum Versiegen der Milchproduktion führt. Als Verursacher werden gram-negative, coliforme Keime wie z.B. Escherichia coli oder Klebsiellen vermutet, die auch in der normalen Darmflora aller Schweine vorkommen.


Aber auch Infektionen und eitrige Entzündungen der Harnorgane können der Auslöser sein. Auf verschmutzten Liegeflächen dringen diese Keime aus Kot und Harn in die Milchdrüse ein und besiedeln diese. Dabei sind die vorderen und hinteren Striche in der Regel gleich häufig betroffen. Da Sauen, anders als Kühe, keinen Schließmuskel an der Papille des Striches besitzen, können Bakterien verhältnismäßig leicht eindringen.


Möglicherweise können krankheitsauslösende Bakterien aber auch direkt aus dem Darm über die Blutbahn in das Gesäuge gelangen. Dies würde erklären, wa-rum Sauen mit Verstopfung häufiger an MMA erkranken. Denn bei ihnen ist die Verweildauer des Darminhalts und damit die Möglichkeit des Überwindens der Darmschranke erhöht.


Rohfaserarme Fütterung, Bewegungsmangel und dadurch verursachte Verstopfungen begünstigen das Entstehen von MMA-Problemen. Jungsauen erkranken häufiger, weil ihr immunologischer Schutz noch nicht optimal ist. Und hier sind vor allem zugekaufte Jungsauen betroffen, die noch nicht mit dem stallspezifischen Keimmilieu Kontakt hatten.


Giftige Bakterienbestandteile, so genannte Endotoxine oder Lipopolysaccharide (LPS), gelangen in die Blutbahn und führen zur Verschlechterung des Allgemeinzustands der Sau. Diese Gifte schädigen nicht nur alle Zellen direkt, sondern stören auch den Hormonhaushalt. Sie hemmen die Ausschüttung von Prolactin (siehe Übersicht 2), das für die Milchbildung verantwortlich ist, und die Bildung weiterer Milch stagniert.


Hygiene rund um die Geburt ist wichtig


In puncto Hygiene lässt sich vorbeugend einiges tun, um die Gefahr von Infektionen zu reduzieren:


Belegen Sie die Abferkelabteile möglichst im Rein-Raus. Um die Sauengruppen optimal beisammenzuhalten, müssen Gruppen- und Abteilgrößen gut aufeinander abgestimmt sein;


Zwischen den Belegungen werden die Buchten gründlich gereinigt und desinfiziert. Überprüfen Sie die Wirkung der Desinfektion von Zeit zu Zeit durch einen Abklatschtest;


Stallen Sie die Sauen um den 110. Trächtigkeitstag in den Abferkelstall um. Vorher werden die Tiere gründlich gewaschen, um den Keimdruck zu senken;


Dauert die Trächtigkeit länger als 115 Tage, sollten Sie die Geburt mit Prostaglandinen einleiten. Zwischen der Geburt der Ferkel sollten maximal 30 Minuten vergehen;


Entfernen Sie Kot-reste regelmäßig aus der Bucht. Das gilt auch für die Nachgeburt und tote Ferkel;


Verschaffen Sie den zugekauften Jungsauen bei der Eingliederung Kontakt zu Altsauen, damit sie sich an das Keimmilieu des Betriebes gewöhnen.


Auch bei der Fütterung lässt sich vorbeugend einiges machen. Wichtig ist, dass die Sauen gut konditioniert in die Geburt gehen. Zur Kontrolle können Sie die Rückenspeckdicke per Ultraschall messen. Sie sollte bei Jungsauen zum Zeitpunkt des Belegens etwa 14 mm betragen, vor der Geburt etwa 24 mm und beim Absetzen rund 18 bis 20 mm. Hier hat jedoch auch die verwendete Genetik einen großen Einfluss. Deshalb sollten Sie die Empfehlungen des jeweiligen Zuchtunternehmens beachten.


Auch Bewegung ist für die Sauen im Rahmen der MMA-Vorsorge wichtig. Denn übergewichtige, träge Tiere zeigen oft einen schleppenden Geburtsverlauf. Hier bietet die Gruppenhaltung für Sauen klare Vorteile.


Um die Verdauung der Tiere nicht zu belasten, sollten Sie Futterumstellungen vor der Geburt unbedingt vermeiden. Wichtig ist, dass das Sauenfutter hochwertig, unverdorben und frei von Mykotoxinen ist. Bieten Sie den Sauen – wie in der Schweinehaltungs-Verordnung gefordert – ausreichend Rohfaser in der Ration und frisches Wasser zur freien Verfügung an.


Frisches Wasser bis zum Abwinken


Vor der Geburt benötigt die Sau 30 bis 40 Liter Wasser pro Tag. Die Tränke sollte dazu eine Durchflussrate von 2 bis 3 Litern pro Minute aufweisen. Aber auch nach der Geburt ist eine gute Wasserversorgung enorm wichtig, um eine ausreichende Milchproduktion zu gewährleisten. Während der Laktation benötigt die Sau mindestens 15 Liter Wasser pro Tag, plus 1,5 Liter je Saugferkel.


Um Verstopfungen zu vermeiden, wird häufig die Gabe von Glaubersalz empfohlen. Glaubersalz wird von den meisten Sauen aber nur ungern bzw. gar nicht gefressen. Als Alternative bieten sich Trockenschnitzel, Weizenkleie oder industriell hergestellte Rohfaserträger an.


Kurz vor der Geburt sollten Sie die Futtermenge dann deutlich reduzieren, um den Darmtrakt zu entlasten. Das mindert das Infektionsrisiko und erleichtert die Ferkelpassage durch den Geburtskanal.


Eine Impfung gegen MMA ist bislang nicht möglich. Deshalb sollte die Entzündung unverzüglich mit einer Antibiotika-Therapie sowie schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln behandelt werden. Doch Achtung: Die Erreger neigen zur Resistenzbildung! Treten gehäuft MMA-Probleme im Bestand auf, sollte man den Keim bestimmen, ein Antibiogramm anfertigen lassen und den Erreger nach Rücksprache mit dem behandelnden Tierarzt dann gezielt bekämpfen.


MMA-wirksame Antibiotika töten die gram-negativen Keime. Dadurch werden massenhaft Endotoxine aus den Zellwänden der Bakterien freigesetzt, die den Organismus der Sau schädigen können. Deshalb ist es ratsam, ergänzend zum Antibiotikum einen Entzündungshemmer wie z. B. Metcam oder Finadyne einzusetzen. Sie wirken der schädigenden Wirkung der Endotoxine entgegen und lindern gleichzeitig die Schmerzen.


Resistente Sauen züchten?


Zusätzlich kann man Oxytocin verabreichen, um den Milchfluss anzuregen. Und um die Verdauung zu stabilisieren, ist es ratsam, ein Mittel zu verabreichen, das die Verdauung fördert.


Letztlich wird jede Sau in ihrer Umgebung von möglicherweise krank machenden Keimen konfrontiert. Ob es tatsächlich zu einer Erkrankung kommt oder nicht, hängt auch von der Veranlagung ab. Die Genetik scheint hier einen Einfluss zu haben. Mehrere wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass die MMA-Anfälligkeit erblich ist. In den USA, in Kanada, Dänemark und der Schweiz macht man sich dies bereits zunutze. Hier werden z. B. Tiere gezüchtet, die resistent gegen bestimme E. coli-Stämme sind.


Die Vorteile derartiger Selektionsprogramme liegen auf der Hand: Die verminderte Erregerausscheidung und der verbesserte Gesundheitsstatus führen zu einer deutlichen Leistungssteigerung. Außerdem werden die Tierverluste reduziert, und es müssen weniger Antibiotika eingesetzt werden.


Bedenkt man, wie schwierig es ist, MMA vorzubeugen und zu bekämpfen, dann sind neue Ansätze unbedingt erforderlich. Mit der Einführung von Resistenzzuchten in kommerziellen Zuchtprogrammen könnte im Hinblick auf MMA ein optimiertes Tiergesundheitsmanagement verwirklicht werden.


Bis sich diese wissenschaftlichen Ansätze in der Praxis nutzen lassen, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Zunächst müssen die ursächlichen Keime bestimmt und ihre Beteiligung am Krankheitsgeschehen im Einzelnen untersucht werden. Erst dann können Unterschiede bei der Empfänglichkeit zwischen den Tieren analysiert werden.

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