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Milchfluss: Jeder misst, wie er will …

Lesezeit: 5 Minuten

Zwei Bauern streiten, weil der Milchfluss der Kühe im Melkstand und Melkroboter unterschiedlich ermittelt wird.


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Andreas Maier aus Selbach erinnert sich nur ungern an die November-Auktion 2011 in Bitburg. Die frisch abgekalbte Färse, die er damals für 1 450 € verkauft hatte, brachte ihm im Nachhinein mächtig Ärger. Und 300 € musste er auch noch zurückbezahlen.


Was war passiert?

Maier hatte die Färse, die gerade einmal zehn Tage in Milch war, auf der Auktion der Rinder-Union West (RUW) angeboten. Bereits in der Stallgasse interessierte sich ein Käufer für das Tier. Er erkundigte sich auch nach der Melkbarkeit. „Die Kuh hat noch keine Milchleistungsprüfung, aber gefühlsmäßig ist die Melkbarkeit gut“, antwortete Maier, der in einem Anbindestall melkt. Der Interessent bekam später im Ring den Zuschlag. Die Kuh kam in seinen Betrieb mit Melkrobotern.


Dort fiel dem Käufer schon beim Einmelken der schlechte Milchfluss auf, der auch nach mehreren Tagen nicht besser wurde. „Das Tier kam gerade einmal auf eine Melkbarkeit von gut 1,0 l pro Minute, unser Herdenschnitt lag hingegen bei etwa 2,6 l. Das war völlig inakzeptabel!“, bemängelt der Käufer gegenüber top agrar. Zudem ärgerte ihn, dass Maier die schlechte Melkbarkeit auf der Auktion nicht angesagt habe, obwohl dies vorgeschrieben ist, wenn das durchschnittliche Minutengemelk (DMG) schlechter 1,5 l ist. Deshalb rügte der Käufer den Mangel und verlangte einen Teil des Kaufbetrages zurück.


Das wollte Maier nicht akzeptieren. Er stellte die Ermittlung der Melkbarkeit am Roboter infrage und bohrte nach – mit Erfolg: Denn die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR) definiert ganz klar, wie die Melkbarkeit bei konventioneller Melktechnik ermittelt wird: So beginnt die Zeitnahme für den Milchfluss, wenn der erste Melkbecher angesetzt ist und endet bei Unterbrechung der Vakuumzufuhr. Zur Berechnung des DMG wird die Milchmenge durch die Dauer des Milchflusses dividiert.


Allerdings verliert die Richtlinie kein Wort darüber, wie die Melkbarkeit in automatischen Systemen erfasst wird. „Das stimmt. Für das automatische Melken gibt es keine verbindlichen Vorschriften zur Ermittlung der Melkbarkeit“, sagt Melktechnikberater André Nolden vom Landeskontrollverband Rheinland-Pfalz. Da die Roboter viertelindividuell ansetzen und abnehmen, seien die Zahlen derzeit überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Mit dieser Erkenntnis konfrontierte Maier den Käufer seines Tieres.


Das ließ dieser nicht auf sich sitzen. Ein Mitarbeiter der RUW besuchte daraufhin den Betrieb Maier, um die Melkbarkeit auch im Roboter nach ADR-Richtlinie zu ermitteln. „Ich habe die Vorschriften genau eingehalten, die Zeit mit einer Stoppuhr gemessen und eine Melkbarkeit von 1,24 l ermittelt“, sagt Uwe Müller gegenüber top agrar. Demnach scheint das Tier tatsächlich eine stark unterdurchschnittliche Melkbarkeit zu haben. Dafür spricht auch, dass der Vater MaxRed nur eine Melkbarkeit von 84 hatte.


Nichts ist vergleichbar.

Um den Streit zu beenden, hat die RUW schließlich durchgesetzt, dass der Käufer 400 € zurückbekommt, 300 € von Maier und 100 € von der RUW. Der Praxisfall macht aber auf ein gravierendes Problem aufmerksam: Es gibt keine klare Regelung, wie die Melkbarkeit in automatischen Melksystemen ermittelt wird.


Das hat für die Milcherzeuger fatale Folgen. „Während die Milchleistungsprüfung am Roboter anerkannt ist, können wir die Daten für die Melkbarkeit vom Roboter nicht für die Zuchtwertschätzung verwenden“, sagt Nolden. „Denn zum einem sind sie nicht mit den konventionellen vergleichbar und zum anderen hat jeder Hersteller noch seine eigene Vorgehensweise.“ Dazu führt der Berater folgende Beispiele auf:


  • Lely: Beim Lely A4 beginnt die Zeitmessung, sobald der Milchfluss am ersten Melkbecher startet und endet bei Abnahme des letzten Melkbechers. Die Messmethode ähnelt der beim konventionellen Melken. Im Herdenschnitt liegt die Melkbarkeit hier in der Regel bei 2,3 bis 2,6 l.
  • DeLaval: Beim VMS wird neben der „normalen Melkbarkeit“ auch der technische Milchfluss ermittelt, um zu beurteilen, wie effizient der komplette Melkablauf ist. Das heißt, die Messung beginnt, wenn die Kuh die Melkox betritt und endet, wenn sie diese wieder verlässt. Hier liegt die Melkbarkeit im Schnitt der Herde meist bei 1,5 bis 1,8 l.
  • Gea: Beim MiOne erfolgt die Messung über das Metatron. Die Zeitmessung beginnt, sobald die erste Elektrode mit Milch benetzt ist und endet mit dem Abnahmebefehl. Der Abnahmeschwellenwert, die Verzögerungszeit und ein höherer Zeitaufwand für das Anhängen von Problemvierteln können die Melkzeit verlängern und den Milchfluss reduzieren.


Das muss sich ändern:

Die Verantwortlichen haben diese Diskrepanz inzwischen bemerkt. „Dass es kein einheitliches Messverfahren gibt, ist aus Sicht der Praxis unbefriedigend. Deshalb erarbeiten wir zurzeit einheitliche Vorgaben für die Roboter-Hersteller“, sagt Dr. Folkert Onken vom Deutschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfung (DLQ), der die ADR-Richtlinie überarbeitet.


Wunsch der Praxis ist, dass dies möglichst schnell passiert. Denn die Melkroboter machen rund 50 % aller Neuinvestitionen in Melktechnik aus, die Anzahl steigt deshalb rasant. Inhaltlich sollten folgende Punkte unbedingt einfließen:


  • Die ADR-Richtlinie zur Melkbarkeit muss unbedingt auch für automatische Melksysteme greifen.
  • Alle Melkroboter-Hersteller müssen die Melkbarkeit nach einer einheitlichen Methode ermitteln.
  • Alle ermittelten Werte müssen vergleichbar sein, sowohl die konventionellen mit den automatischen als auch die automatischen untereinander. P. Liste

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