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Milchlieferverträge: Was wollen die Molkereien?

Lesezeit: 6 Minuten

Die Diskussion über die Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien ab 2015 ist in vollem Gange. Welchen Standpunkt haben die Molkereien? Die Universität Göttingen hat 13 von ihnen dazu befragt.*


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Auf Milcherzeuger und Molkereien kommen in den nächsten Jahren neue Herausforderungen zu: Die weitere Liberalisierung der Agrarmärkte, volatile Milchmärkte und das Auslaufen der Quote 2015. Die Diskussion darüber, wie darauf reagiert werden kann, ist bereits in vollem Gange.


Zentrales Element in dieser Diskussion ist die Neuordnung der Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien. Dabei geht es um:


Die Milchmenge,


die Preisgestaltung,


die Vertragsdauer,


die Kündigungsfristen.


Für die Ausgestaltung dieser Punkte gibt es viele Möglichkeiten. Im Folgenden werden einige davon aus Sicht der Molkereien aufgezeigt. Dazu haben wir im April 2010 dreizehn ausgewählte Molkereien in Deutschland befragt. Unter den befragten Molkereien waren sieben Genossenschafts- und sechs Privatmolkereien. Zusammen repräsentieren sie 44,2 % der in Deutschland an Molkereien gelieferten Milch.


Liefermenge begrenzen?


Die bedeutendste Änderung in der künftigen Vertragsgestaltung ist die ab 2015 freigegebene Produktionsmenge.


Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht dabei die Frage, inwieweit eine Mengenfestlegung auch nach dem Auslaufen der Milchquotenregelung erfolgen sollte. Von Seiten der Molkereiwirtschaft zeigen sich dabei klare Tendenzen, keine Mengenfestlegung vorzunehmen. Die Gefahr, mit Milch „überschwemmt“ zu werden, wird als relativ gering angesehen.


Eine klare Absage erteilt der Großteil der befragten Molkereien Systemen mit Preisdifferenzierung, die sich z. B. aus einem höheren Preis A für eine festgelegte Menge und einem niedrigeren Preis B für eine darüber hinaus gelieferte Menge Milch ergeben.


Die Gefahr dieses Modells wird in erster Linie darin gesehen, dass die schlechter bezahlte „B“-Milchmenge das gesamte Marktniveau nach unten ziehen kann. Umgesetzt wurde dieses System jedoch bereits bei der Upländer Bauernmolkerei. Sie agiert allerdings auf dem eher kleinen und daher leichter zu steuernden Biomilchmarkt.


Im Gegensatz zu einer strikten Mengenfestlegung können sich einzelne Milcheinkäufer dagegen eine eher unverbindliche Mitteilung der zu erwartenden Milchmenge durch die Lieferanten vorstellen. Genossenschaftsmolkereien mit Vertragslieferanten – wie zum Beispiel die Nordmilch – verweisen zudem auf die Möglichkeit, diese Mengen zugunsten der Mitgliedermilch zu kündigen.


Für größere Betriebe mit viel Milch könnte ein Aufsplitten der Liefermenge auf mehrere Molkereien künftig als Instrument zur Risikostreuung von Interesse sein. Die meisten Molkereivertreter sehen hier jedoch aufgrund der höheren Erfassungskosten keine sinnvolle Option. Die Aufteilung der Milchmenge könnten besser die Erzeugergemeinschaften übernehmen, die bei Belieferung von mehreren Unternehmen den Milchpreis für ihre Mitglieder mitteln könnten.


Verhandeln die Erzeuger künftig die Preise?


Aus Sicht der Landwirte ist insbesondere die Festlegung des Milchpreises durch die Molkereien in den letzten Jahren in die Kritik geraten. Dieses System möchten dennoch viele Genossenschaftsmolkereien auch zukünftig beibehalten (Übersicht 1). Begründet wird dies mit dem Verweis auf die genossenschaftliche Satzung, die dazu verpflichtet, alle erzielten Überschüsse an die Mitglieder (Landwirte) auszuzahlen. Einige Genossenschaften stehen aber auch einem Referenzpreissystem offener gegenüber, das bei zahlreichen Privatmolkereien schon heute Grundlage für die Preisfindung ist.


Kontrovers wird dabei oft diskutiert, was als Basis für den Vergleichspreis herangezogen wird. Die meisten Unternehmen, die das System nutzen, orientieren sich an einem Durchschnittspreis, der sich z. B. aus Preisen einzelner Vergleichsmolkereien oder dem Durchschnittspreis im Bundesland zusammensetzt.


Einer der befragten Milcheinkäufer orientiert sich am Milchpreis der AMI (Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft), um einen objektiven Vergleich zu haben.


Die Vergleichspreise stellen in der Regel die Untergrenze des Auszahlungspreises dar, der zum Teil durch molkereiinterne Aufschläge ergänzt wird. Die Aufschläge bzw. Abweichungen werden dabei mehrheitlich als Nachzahlung ausbezahlt.


Eine Preis-Differenzierung z. B. durch Mengenzuschläge oder Stoppkosten sind bei vielen Molkereien gängige Instrumente, die gezielt genutzt werden, um insbesondere für Wachstumsbetriebe ein interessanter Geschäftspartner zu sein.


Nur bei Privatmolkereien gibt es schon jetzt regelmäßige Preisverhandlungen mit Erzeugergemeinschaften. Wie häufig Preisverhandlungen stattfinden, ist unterschiedlich.


Eine süddeutsche Privatmolkerei berichtet, dass in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der stark schwankenden Marktlage zusätzliche Verhandlungsrunden zu den regulär einmal im Quartal üblichen Preisgesprächen erforderlich waren. Aus Erzeugersicht wäre eine einseitige Milchpreisfestlegung durch die Lieferanten attraktiv. Sie würde die Betriebe zwar einerseits stabilisieren, andererseits die Molkerei aber unter Umständen existenziell gefährden. Daher ist ein solches System relativ unwahrscheinlich.


Kürzere Kündigungsfristen?


Bezüglich der zu regelnden Vertragslaufzeiten verweisen genossenschaftliche Molkereien in erster Linie auf die Mitgliedschaft, die keinen Vertrag im eigentlichen Sinne darstellt, sondern gekündigt werden muss.


Dabei überwiegt die übliche zweijährige Kündigungsfrist. Einzelne Genossenschaften bieten ihren Mitgliedern aber auch einjährige Fristen an. Die Vertragslaufzeiten der Privatmolkereien reichen von einem Jahr bis zu zehn Jahren, wobei sich für die Mehrheit der Verträge eine Dauer von fünf Jahren abzeichnet.


Im Rahmen der Vertragslaufzeit wird den Milcherzeugern von einigen Molkereien eine reguläre Kündigungsfrist von 6 oder 24 Monaten eingeräumt. Bei anderen Milchverarbeitern ist während der Vertragslaufzeit nur eine Sonderkündigung möglich. Hierzu gehört aber auch das Recht, zu kündigen, wenn beispielsweise der zugesagte Referenzpreis nicht erreicht wurde, wie einer der Gesprächspartner betonte. Allgemein zeichnet sich aus den Ergebnissen der Befragung ab, dass aus Erzeugersicht günstige Konditionen auch mit längeren Kündigungsfristen einhergehen.


Kündigungsfristen werden bisher primär aus der Sicht des Landwirtes betrachtet, gerade bei fehlender Mengenregelung und Absatzproblemen ist eine Kündigung durch die Molkerei allerdings vorstellbar und von einigen Privatmolkereien durchaus schon vorgenommen worden.


Wie geht es weiter?


Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Befragung, dass die Molkereien die bisherige Praxis des Milcheinkaufes im Wesentlichen auch nach 2015 beibehalten wollen. Die ersten Verträge zwischen Erzeugern und Molkereien über dieses Datum hinaus wurden bereits abgeschlossen. Die fehlende Mengenregelung scheint dabei für die meisten Unternehmen kein Problem darzustellen. Falls es in Einzelfällen doch zu einer Mengenfestlegung kommt (z.B. Upländer/Biomilch), könnten Betriebe, die geringes Wachstum anstreben, Preiszuschläge erzielen.


Um einen Überblick über die zu erwartende Milchmenge nach 2015 zu erhalten und Entwicklungen im Voraus abschätzen zu können, sollten Molkereien daher die Struktur ihrer Lieferanten besser kennenlernen und ihre Kommunikation mit ihnen verbessern.


Die diskutierten Vertrags-Eckpunkte haben für beide Seiten Vor- und Nachteile. Jedoch zeigt sich, dass ein Spielraum bei der Ausgestaltung vorhanden ist. Auch ist bei den Genossenschaftsmolkereien z. B. die Einführung eines Referenzpreissystems denkbar. Es empfiehlt sich der Blick über die eigene Region hinaus, um Ideen für die Vertragsgestaltung zu gewinnen. In diesem Zusammenhang äußerte sich eine süddeutsche Privatmolkerei so: „Wenn Sie mit klaren Vorstellungen an die Molkerei herantreten, können sie durchaus auf die Ausgestaltung Einfluss nehmen. Prinzipiell machbar ist alles, es muss nicht nach unseren Vorstellungen gehen.“


*) Hauke Bronsema, Christian Schaper, Ludwig Theuvsen, Department für Agrar­ökonomie und Rurale Entwicklung, Universität Göttingen

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