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Mit Leinsaat die Fruchtbarkeit verbessern?

Lesezeit: 6 Minuten

Mit der Fütterung von extrudierter Leinsaat soll sich die Fruchtbarkeit verbessern und die Milch-leistung steigern lassen. Was steckt dahinter?


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Mit extrudierter Leinsaat in der Ration sind meine Kühe gesünder, geben mehr Milch und werden schneller wieder tragend“, ist der französische Milchviehhalter Jean-Pierre Pasquet aus der Bretagne überzeugt. Sein Kollege Simon Rochelle hat ähnliche Erfahrungen mit der Leinsaat: „Das Fell der Tiere glänzt wieder, sie werden besser ausgefüttert und bleiben die ganze Laktation hinweg in guter Kondition.“ Beide Milcherzeuger setzen ein Kraftfutter ein, das extrudierte Leinsaat enthält.


Die guten Erfahrungen aus Frankreich haben sich mittlerweile auch in deutschen Betrieben herum gespro­chen. Die Zahl der Anbieter und die Zahl der Milchviehhalter, die insbesondere im Hochleistungsbereich Spezialfutter mit Leinsaat einsetzen, steigt (siehe Übersicht).


Die meisten Erzeuger berichten, dass die Tiere seit dem Einsatz der Leinsaat schneller wieder in den Zyklus kommen und die Brunst deutlicher zeigen. Durch die verbesserte Energieversorgung glänze das Fell, die Körperkondition sei ausgeglichener, die Tiergesundheit stabiler. Durch eine höhere Futteraufnahme werde insbesondere bei Hochleistungskühen die Gefahr von Acidosen verringert.


Einige Betriebe konnten die Milchleistung um 1,5 bis 2 kg pro Kuh und Tag steigern und haben über die Laktation hinweg eine höhere Persistenz beobachtet.


Teures Spezialfutter für die ersten 100 Tage


Die angebotenen Spezialfutter mit extrudierter Leinsaat sind sehr energiereiche, proteinhaltige Futter, die zusätzlich zur normalen Ration gefüttert werden. Sie werden von den Anbietern bei Hochleistungstieren insbesondere in der Anfütterung und für die ersten 100 bis 150 Tage in der Laktation empfohlen. Der Anteil an extrudierter Leinsaat reicht von 10 bis 75 %. Je nach Grundration und Milchleistung werden pro Kuh und Tag bis 5 kg eingesetzt.


Bedarfsnormen für Omega-3-Fettsäuren gibt es nicht. Statt der absoluten Menge sei der metabolische Nutzen wichti-ger, betonen die Hersteller. Als Richtschnur wird ein Bedarf von 180 bis 200 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag für eine Kuh mit 22 kg TM-Aufnahme in den ersten 100 Tagen angegeben. Einige Anbieter berechnen die nötige Leinsaatmenge für eine Ration auf Basis des technischen Index IT 3, der in Frankreich von Fa. Valorex entwickelt wurde. Danach hat jedes Futtermittel einen bestimmten IT 3-Wert, der für die Qualität des Fettsäuremusters steht, gleichzeitig aber die Fettmenge berücksichtigt, die verdaut werden kann. Da Gras sehr hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren enthält, haben graslastige Rationen einen hohen IT-3-Wert.


Das Ergänzungsfutter mit Leinsaat wird meist in Form von Pellets angeboten. Als Fetträger dienen häufig Weizenkleie oder Lupine im Verhältnis 1: 1. Aufgrund des aufwändigen Herstellungsprozesses ist es 15 bis 20 €/dt teurer als Kraftfutter mit vergleichbarem Energiegehalt. Während für ein Milchleistungsfutter (20/IV) etwa zwischen 14 und 17 € kalkuliert werden muss, kostet das Leinfutter für die Transitphase z. B. 35 €/dt.


Zu beachten ist außerdem die begrenzte Haltbarkeit von maximal sechs Monaten. Danach besteht die Gefahr, dass die freien Fettsäuren oxidieren.


Kaum Versuche zur Wirkung


Bisher sind die Beobachtungen in der Praxis mit dem neuen Futtermittel überwiegend positiv. Doch wissenschaftliche Belege zur Wirkungsweise von extrudierter Leinsaat sind noch rar:


Am Dairy Research-Center in Edmonton (Kanada) konnte nachgewiesen werden, dass Tiere mit Leinsamen in der Ration gegenüber einer Ration mit Rapsschrot nach der Kalbung 14 Tage früher wieder ovulierten. Zudem war der Erstbesamungserfolg bei der Leinsamengruppe mit 29 % gegenüber 26 % höher.


An der Universität Alberta waren die Embryoverluste bei Verfütterung von Leinsamen deutlich geringer. Diskutiert wird, dass durch die Leinsaat die Gelbkörperphase verlängert werde, weil die Omega-3-Fettsäuren die Bildung von Prostaglandin (PGF 2 a) hemmen. Auch die Follikel waren bei der Leinsaat-Gruppe größer.


In israelischen Studien konnten mit Leinsaat größere Gelbkörper nachgewiesen werden. Bei Körperkondition und Milchleistung gab es allerdings keine Unterschiede zur Kontrollgruppe.


In Frankreich gaben mit Leinsaat gefütterte Kühe (39 % im Kraftfutteranteil) über zwölf Wochen 1,4 kg mehr Milch als die Kontrollgruppe. Der Fettgehalt in der Milch sank um 3,9 g/kg Milch.


Anwendungsfehler möglich


Die Anbieter empfehlen, vor dem Einsatz der Leinsaat unbedingt eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Sie machen Anwendungsfehler dafür verantwortlich, dass einige Betriebe mit der Leinsaat keine Veränderungen feststellen konnten. Konkrete Empfehlungen von unabhängigen Beratern gibt es aufgrund der wenigen Studien bisher nicht.


Nach ersten Beobachtungen macht der Einsatz in geringen Mengen vor allem in den ersten 100 Tagen Sinn, um ein Energieloch abzumildern. Über längere Zeit und in großen Mengen verabreicht, besteht allerdings die Gefahr einer eingeschränkten Aktivität der Pansenbakterien. Mit leicht verdaulicher Stärke muss dann gegengesteuert werden.


Generell muss vor allem die Eiweißversorgung beachtet werden, weil unter Umständen mehr löslicher Stickstoff angeflutet wird, so dass der RNB-Wert und die Harnstoffwerte steigen. Französische Milchviehhalter, die sehr maislastige Rationen einsetzen, berichten von Harnstoffwerten bis 400 ppm. Ein Ausgleich kann z.B. mit Getreide erfolgen.


Auf der anderen Seite soll die Eiweißfraktion durch die Extrusion der Lein-saat (siehe Kasten) vor mikrobiellem Abbau geschützt sein, so dass die N-Anflutung abnehmen und der UDP-Gehalt wiederum ansteigen könnte.


Auch der Fettgehalt muss im Auge behalten werden. Sobald er über 5 % geht, leidet ebenso die Pansenfermentation und folglich die Verdaulichkeit. Über die Strukturversorgung kann eventuell gegengesteuert werden. Auf pansengeschütztes Fett sollte verzichtet werden. Die Kontrolle der Verdauung mit Hilfe von Harnstoffwerten und Kotqualität ist bei der Leinsaat-Fütterung nach Ansicht der Berater noch wichtiger als vorher.


Viele Fragen offen


Extrudierte Leinsaat in der Ration von Hochleistungskühen scheint insbesondere auf die Fruchtbarkeit positive Effekte zu haben. Ausreichend bewiesen ist das jedoch nicht.


Offen ist zudem, welche Wirkung die Leinsaat auf die Pansenbakterien hat. Und wie stabil sind die ungesättigten Fettsäuren im Pansen wirklich, d.h. wie viel Omega-3-Fettsäuren kommen im Dünndarm überhaupt an? Denn vermutet wird, dass sie durch die Extrusion im Pansen sogar stärker hydriert werden als vorher. Oder beruht die Wirkung lediglich auf der besseren Energieversorgung der Kühe? Und rechnet sich dieses Futter?


Fragen über Fragen. Es müssen also dringend Praxisversuche unter den hiesigen Fütterungsbedingungen her.


S. Lehnert

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