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Pferdemarkt: Ein schwerer Parcours

Lesezeit: 5 Minuten

Deutlicher Abschwung am Pferdemarkt. Auch viele bäuerliche Züchter sind von der schwachen Nachfrage betroffen. Gibt es einen Silberschweif am Horizont?


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Auch wenn andere Länder kräftig aufgeholt haben: Deutschland ist nach wie vor die führende Pferde- und Reitsport-Nation. Den „Nachschub“ für den lange boomenden Markt liefern tausende Züchter, darunter zahlreiche bäuerliche Betriebe.


Doch viele von ihnen hatten in den letzten Jahren wenig Freude an dem Geschäft mit den Pferden. Die Nachfrage ist eingebrochen, die Preise gerieten spürbar unter Druck. Die Züchter haben auf diese Marktsignale mit einer drastischen Einschränkung der Bedeckungen reagiert, wie unsere Übersicht zeigt.


Bis 2008 war die Pferdewelt noch in Ordnung. Seither ist der Bestand an Zuchtstuten in Deutschland um über 11 % geschrumpft. Noch drastischer ging die Zahl der Bedeckungen zurück. Im vergangenen Jahr ließen die deutschen Züchter nur noch rund 38 000 Stuten (-28 %) decken oder besamen – der absolute Tiefstand seit mehr als 20 Jahren! Bei den Ponys und Kleinpferden gehen die Zuchtzahlen schon seit über 10 Jahren kontinuierlich zurück.


Gestiegene Kosten:

Was steckt hinter dieser Entwicklung? Die Rahmenbedingungen am deutschen Pferdemarkt haben sich spürbar verändert. Dafür sorgen kurzfristige Faktoren, aber auch langfristige Trends. Die aktuelle Nachfrageschwäche hat vor allem drei Ursachen:


  • Die Finanz- und Euro-Krise verunsichert viele Bundesbürger. Wer Angst ums Geld und die Geldwertstabilität hat, wird vorsichtiger mit langfristigen finanziellen Verpflichtungen, wie sie der Kauf eines Pferdes mit sich bringt.
  • Gleichzeitig sind die Kosten für den privaten Pferdehalter in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Es begann mit dem vom Fiskus ausgelösten Mehrwertsteuer-Schub bei den bäuerlichen Pensionsbetrieben, gefolgt von deutlich gestiegenen Strom- und Energiekosten. Aktuell sind es die hohen Heu- und Strohpreise, die Vereine und Stallbetreiber an die Einsteller weitergeben.
  • Auf der andere Seite sind die Einkommen der Bundesbürger in den vergangenen 10 Jahren real nur noch sehr gering gestiegen – in vielen Fällen sogar gesunken. Das „freie“ Budget, aus dem das Hobby Pferdehaltung finanziert werden muss, ist im Durchschnitt geschrumpft. Die unselige Diskussion um die Einführung kommunaler Pferdesteuern kommt als weiterer Negativfaktor hinzu.


Preise passen nicht!

Schwache Nachfrage bedeutet leider auch Druck auf die Preise. Bis zur „Verkaufsreife“ mit 3 oder 4 Jahren verursacht ein Reitpferd Kosten in der Größenordnung von etwa 8 000 bis 11 000 Euro. Die ließen sich bei Verkauf ab Stall in den letzten Jahren häufig nicht erzielen. Wer seine Arbeitszeit nicht rechnet, den Stall längst abgeschrieben hat und sein Futter überwiegend selbst produziert, kann sicherlich etwas knapper kalkulieren – doch ein rentabler „Betriebszweig“ ist die Pferdezucht auch dann oft nicht mehr.


Die Verbandsauktionen spiegeln das Preisgeschehen am Pferdemarkt leider nur bedingt wider. Zwar wurden 2011 bundesweit knapp 1 050 Reitpferde zu einem Durchschnittspreis von 21 343 € über die Auktionen verkauft. Das kann sich sehen lassen, nach der Rekordmarke von 23 600 € im Jahr 2007 und dem kleinen Tief von 20 300 € im Jahr 2009. Doch diese Zahlen sind stark beeinflusst durch die immense Preisentwicklung bei absoluten Spitzenpferden. Hohe sechsstellige Summen sind heutzutage fast schon die Regel bei Elite-Auktionen. Rechnet man jedoch die jeweiligen Höchst- und Niedrigstpreise heraus, stellt man fest, dass der Durchschnittspreis bei Reitpferde-Auktionen seit rund 10 Jahren bei etwa 15 000 bis 17 000 € stagniert. Eine Summe, die dem Züchter keinen allzu großen Gewinn übrig lässt.


Verbesserte Fruchtbarkeit:

Eine spürbare Erholung ist erst zu erwarten, wenn Angebot und Nachfrage wieder einigermaßen ausgeglichen sind. Offenbar reichte dazu aber der starke Rückgang bei den Bedeckungen bisher nicht aus. Einer der Gründe dafür: Fast unbemerkt haben die deutschen Stuten, bedingt durch deutliche Verbesserungen im Zuchtmanagement, in den vergangenen 15 Jahren einen gewaltigen Qualitätssprung hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit gemacht.


Führten im Jahr 1995 lediglich 61,5 % der Bedeckungen zu einem im Folgejahr registrierten Fohlen, so waren es in den vergangenen Jahren regelmäßig um die 75 %! Diese erfreuliche und bemerkenswerte züchterische Leistungssteigerung führt natürlich auf der anderen Seite zu einem immer noch hohen Angebot junger Pferde – trotz stark rückläufiger Bedeckungen.


Auf der anderen Seite dämpfen verschiedene Faktoren tendenziell die Nachfrage:


  • Unsere Reitpferde werde immer älter und genießen ihr „Rentnerdasein“, auch wenn sie nicht mehr als Reit- oder Turnierpferd einsetzbar sind. Das verringert den Ersatzbedarf oder verschiebt ihn zumindest zeitlich nach hinten.
  • Die Zahl der Turnierreiter und Mitglieder in Reitvereinen ist rückläufig. Die deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) hat allein seit 2008 rund 25 000 Mitglieder verloren.
  • Hinzu kommt, dass der Reiternachwuchs zahlenmäßig schrumpft, weil immer weniger Kinder geboren werden. So wird in Deutschland über den Zeitraum 2008 bis 2020 der Anteil 13- bis 19-Jähriger um etwa 20 % sinken!
  • Zusätzliche Probleme bereitet die immer stärkere Verbreitung von Ganztagsschulen. Die Kinder kommen erst am späten Nachmittag vom Unterricht, dann wird die Zeit für das Reithobby knapp.
  • Eine Kehrseite hat auch die zunehmende Verweiblichung des Pferdesports. Reiten erhält immer mehr das Image eines reinen Mädchen- und Frauensports, womit man automatisch 50 % des potenziellen Kundenkreises – also Jungen und Männer – ausschließt. Marketingtechnisch ist das eine glatte Sechs!


Erholung in Sicht?

Fest steht: Der Anpassungsprozess am Pferdemarkt ist noch nicht zu Ende. Für ein deutliches Anziehen der Nachfrage gibt es derzeit wenig Signale. Jedoch dürften junge Pferde – infolge der stark rückläufigen Bedeckungsziffern – in den nächsten Jahren deutlich knapper werden. Dies könnte, auch bei leicht sinkenden Nutzer­zahlen, zu einer schrittweisen Erholung und zu wieder anziehenden Preisen führen.


Hinzu kommt, dass viele Pferde, die im Boom der 90er-Jahre gezüchtet bzw. importiert wurden und die bis heute in unseren Ställen stehen, spätestens jetzt das „Rentenalter“ erreichen. Der entstehende Ersatzbedarf könnte den Markt zusätzlich stabilisieren. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht, weil derzeit niemand sagen kann, wie stark die Finanz- und Euro-Krise das Hobby Reitsport und damit den Pferdemarkt noch beeinflussen wird.

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