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Reisekosten: Was der Fiskus jetzt anerkennt

Lesezeit: 6 Minuten

Betrieblich veranlasste Reisekosten können Sie steuerlich absetzen. Vor allem bei Studienreisen ins Ausland haben Sie jetzt bessere Karten – dank eines neuen Bundesfinanzhof-Urteils!


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Kanada, USA, Niederlande, Dänemark – der Blick über den Tellerrand ist gerade für Landwirte wichtig. Wie wirtschaften die Betriebe in anderen Ländern? Wie drücken sie ihre Kosten, welche neuen Techniken oder Haltungssysteme gibt es, was kann man in der Fütterung oder beim Pflanzenbau lernen?


Mehrere 1 000 Landwirte haben in den letzten Jahren an Studienreisen ins Ausland teilgenommen. Organisiert werden diese von Beratungsringen, Erzeugergemeinschaften und Zuchtorganisationen, aber auch von professionellen landwirtschaftlichen Reiseveranstaltern. Die Kosten liegen je nach Land und Reisedauer schnell bei 1 000 bis 1 500 €, bei weit entfernten Zielen auch über 2 000 € pro Person.


Alles oder nichts…


Um so wichtiger wäre es, dass die Reisekosten als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar sind. Doch dies scheiterte bisher häufig am hartnäckigen Widerstand von Finanzämtern und Betriebsprüfern. Sie lehnten den Betriebsausgaben-Abzug ab, wenn


der Teilnehmerkreis der Reise nicht homogen war, also auf der Teilnehmerliste z.B. Ehepartner oder Mitreisende ohne vergleichbare berufliche Interessen auftauchten;


oder wenn das Reiseprogramm neben Betriebsbesuchen und anderen fachlichen Veranstaltungen auch mehrere kulturelle bzw. touristische Aspekte enthielt.


Der Fiskus unterstellte dann regelmäßig, dass auch private Gründe für die Reise eine Rolle gespielt haben. Die Folge: Die gesamten Reisekosten wurden als Betriebsausgaben verworfen. Denn hier galt bisher das „Alles oder nichts“-Prinzip“: Entweder wurde die Reise insgesamt als betrieblich anerkannt, dann waren sämtliche Kosten steuerlich abziehbar. Oder sie wurde insgesamt als „privat“ veranlasst eingestuft – und der Betriebsausgaben-Abzug komplett gestrichen.


Die Finanzbeamten beriefen sich dabei auf § 12 des Einkommensteuergesetzes, das ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für so genannte „gemischte Aufwendungen“ vorsieht. Auch die Finanzgerichte urteilten äußerst restriktiv. Nur wenigen Landwirten gelang es, bei Betriebsprüfungen doch noch einen Teil der Reisekosten als Betriebsausgaben anerkannt zu bekommen.


Kosten können aufgeteilt werden


Diese Probleme gehören jetzt der Vergangenheit an. Dafür sorgt ein Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21.9.2009 (Az: GrS 1/06). Mit ihm wird die bisherige Rechtsprechung grundlegend geändert. Ausdrücklich verabschiedet sich die höchste Instanz des Gerichts – der Große Senat – vom bisherigen Aufteilungs- und Abzugsverbot.


Das bedeutet: Ab sofort können die Kosten bei „gemischten Reisen“ in einen betrieblichen und privaten Teil aufgeteilt werden. Der betriebliche Kostenanteil ist dann steuerlich abzugsfähig, der private nicht.


Voraussetzung für eine solche Aufteilung ist u. a., dass


das fachliche Programm einen klaren Bezug zum eigenen Betrieb hat (z. B. Ackerbau, Milchvieh- oder Schweinehaltung);


die betrieblich veranlassten Programmpunkte nicht von untergeordneter Bedeutung sind und


sich die betrieblich und privat veranlassten Teile der Reise sauber trennen und belegen lassen.


Im Urteilsfall hatte ein EDV-Experte an einer Computermesse in Las Vegas teilgenommen. Von den sieben Tagen des USA-Aufenthalts waren aber nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Somit konnte der EDV-Experte 4/7 der gesamten Reisekosten steuerlich absetzen, also nicht nur der Übernachtungs- und sonstigen Kosten vor Ort, sondern auch der Flugkosten. Die Aufteilung, so der Bundesfinanzhof, kann regelmäßig nach den betrieblichen und privaten Zeitanteilen der Reise erfolgen. In speziellen Fällen sind möglicherweise aber auch andere Aufteilungsmaßstäbe heranzuziehen.


Nicht aufzuteilen sind Kostenanteile, die von vornherein eindeutig dem betrieblichen oder privaten Bereich zuzuordnen sind. Beispiel: Im Rahmen der Studienreise ist die Teilnahme an einem Fachkongress vorgesehen. Die Teilnahmegebühr ist separat mit 100 $ ausgewiesen. Diese ist voll als Betriebsausgabe abzugsfähig.


Oder umgekehrt: Eine USA-Studienreise endet mit einem ganztägigen Aufenthalt in New York. Dabei wird gegen gesondertes Entgelt auch eine Broadway-Aufführung angeboten. Die Kosten sind privat veranlasst und damit nicht aufteilbar und nicht abzugsfähig.


Der Fiskus zahlt mit!


Wie sich die neue Rechtsprechung bei landwirtschaftlichen Studienreisen auswirkt, zeigen folgende Beispiele:


Ein Milchviehhalter nimmt an einer 5-tägigen Studienreise nach Kanada teil. Besichtigt werden große, kommerzielle Milchviehfarmen, Besamungsstationen und Zuchtorganisationen. Der Landwirt verspricht sich neue Erkenntnisse und einen konkreten Nutzen für seinen Betrieb. Das Programm sieht neben der Besichtigung von täglich zwei Betrieben mit entsprechender An- und Abreise am letzten Tag eine Stadtrundfahrt in einer großen Stadt und die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten vor. Ansonsten ist die Reise „straff“ durchorganisiert, für touristische oder kulturelle Aktivitäten bleibt, außer abends, keine Zeit. Die Reise kostet 1 900 € pro Person.


Ergebnis: Vor dem BFH-Urteil wurden die Kosten der Studienreise von vielen Betriebsprüfern nicht anerkannt. Jetzt ist eine Aufteilung möglich, und zwar wie folgt: Die Reise ist zu 4/5 betrieblich veranlasst, während der letzte Tag – an dem „nur“ die Stadtrundfahrt stattfindet und Zeit für Besichtigungen bzw. Shopping-Touren bleibt – als privat zu berücksichtigen ist (1/5). Die Kosten sind entsprechend zu 4/5 = 1 520 € als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig. Die restlichen 380 € entfallen auf die private Lebensführung und bleiben steuerlich unberücksichtigt.


Ein Ackerbauer und seine Ehefrau nehmen an einer 6-tägigen Studienreise in die Ukraine teil. Das Programm sieht täglich die Besichtigung von drei Betrieben mit kurzen Mittagessen vor. Abends werden verschiedene Fachvorträge und Diskussionen angeboten. Alle sechs Tage sind von einem dichten Fachprogramm geprägt, dass z. T. bis spät abends geht. An einem Abend besucht die Reisegruppe ein Musical und an einem anderen Abend eine alte Festung. Die Reisekosten betragen 1 400 € pro Person.


Ergebnis: Vor dem BFH-Urteil wurden die Kosten der Studienreise auch für den Ehemann oft nicht anerkannt, wegen Mitfahrt der Ehefrau. Bei Betriebs­prüfungen hing es u. U. vom Verhandlungsgeschick ab, ob der Finanzbeamte im Einzelfall doch ein Auge zudrückte.


Nach neuer Rechtslage müssten die Reisekosten für den Ehemann voll als Betriebsausgabe absetzbar sein. Die privaten Reiseanteile sind so gering, dass hier u. E. eine Aufteilung unterbleiben kann. Möglicherweise greift in solchen Fällen künftig eine Geringfügigkeitsgrenze von 10 %. Dagegen bleiben die Kosten für die mitreisende Ehefrau steuerlich unberücksichtigt – es sei denn, diese ist nachweislich als landwirtschaftliche Mitunternehmerin einzustufen.


Ein Landwirt unternimmt eine 14-tägige Studien- und Erlebnisreise nach Südafrika. Neben den Einblicken in die landestypische Landwirtschaft (z. B. Zuckerrohrfarm, Milchviehbetrieb, Wein- und Obstbau) stehen auch touristische Highlights auf dem Programm. An 8 Tagen werden die unterschiedlichen Betriebe jeweils vormittags besichtigt. Der Nachmittag steht oft zur freien Verfügung bzw. es werden Ausflüge zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten durchgeführt (z. B. Tafelberg, Kap der guten Hoffnung, Safari, Nationalpark, Bootstouren). Die Reisekosten liegen bei 3 400 €. Der Teilnehmerkreis ist gemischt, er besteht also nicht nur aus aktiven Betriebsleitern.


Ergebnis: Vor dem BFH-Urteil wurden die Reisekosten in der Regel nicht als Betriebsausgabe steuerlich anerkannt, wegen der touristischen Programmpunkte und des nicht homogenen Teilnehmerkreises. Nach der neuen Rechtslage wäre eine anteiliger Abzug als Betriebsausgabe möglich. Die Aufteilung könnte z. B. wie folgt aussehen: Besichtigung der Betriebe an 8 Vormittagen = 4 volle Tage. Somit wären 4/14 der Reisekosten = 970 € als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar, der Rest nicht, weil privat veranlasst. Bitte umblättern

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