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Sauen – Wegeaus der Krise - Erst optimieren, dann investieren

Lesezeit: 11 Minuten

In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein stehen zusammen rund die Hälfte aller deutschen Sauen. Mit welchen Strategien rüsten sich die Sauenhalter dort für die Zukunft?


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Im Moment sind Ferkel wieder Mangelware und werden gut bezahlt. Das ist aber auch bitter nötig. Denn die vergangenen Monate waren gewiss kein Zuckerschlecken für Deutschlands Sauenhalter. Die lange Zeit niedrigen Fer-kelpreise haben viele Betriebe in gro-ße Liquiditätsschwierigkeiten gebracht. Hinzu kam der Ärger mit den Ferkelabnehmern. Mäster wollten plötzlich die ausgehandelten Zuschläge nicht bezahlen, Ferkel wurden nicht wie vereinbart abgeholt. Und manche feste Partnerschaft zwischen Ferkelerzeuger und Mäster zerbrach sogar komplett.


Viele Sauenhalter hatten das Gefühl, die Ferkel regelrecht „verramschen“ zu müssen. „Die ökonomische Last der Kette wurde komplett auf die Ferkelerzeuger abgewälzt. Viele Betriebsleiter wurden zudem unfair behandelt“, bestätigt auch Martin Knees von der Schweine-Spezialberatung Schleswig-Holstein.


Da ist es nicht verwunderlich, dass einige Sauenhalter bereits das Handtuch geworfen haben, wie die Übersicht zeigt. In Schleswig-Holstein sank der Sauenbestand zwischen November 2010 und November 2011 um 4 %, in Nordrhein-Westfalen im gleichen Zeitraum um 3,3 %. In Niedersachsen wurden die Bestände nur leicht um 1,5 % abgestockt. Damit fällt der Rückgang der Sauenbestände in Nordwestdeutschland im Vergleich zu Süddeutschland relativ moderat aus (top agrar 2/2012, Seite S 25).


Wie für die Zukunft rüsten?

Ob sich die Ferkelpreise dauerhaft erholen, oder ob es sich nur um ein Strohfeuer handelt, muss sich erst noch zeigen. Fakt ist aber, dass die Marktschwankungen weiter zunehmen. Die Ferkelerzeuger sind deshalb gut beraten, sich jetzt für die Zukunft zu rüsten. Doch wie? Sollen sie weiter wachsen, ihre Ferkel lieber selbst mästen oder gleich komplett auf die Mast umstellen?


top agrar hat mit Beratern und Landwirten aus dem Nordwesten Deutschlands diskutiert und folgende Strategien erörtert:


  • Einstieg ins Geschlossene System,
  • weiterer Ausbau der Sauenhaltung,
  • Feste Anbindung an einen Mäster,
  • Kooperationen,
  • Umstieg auf die Mast.


Eigene Mast kein Allheilmittel:

Angesichts der Absatzschwierigkeiten in den vergangenen Monaten haben viele Sauenhalter die Nase voll und wollen ihre Ferkel selbst mästen. Doch ist das wirklich eine Alternative? „In viehextensiven Regionen, in denen noch Flächen vorhanden sind, die Gülleabgabe nichts kostet, von den Baubehörden keine teure Abluftreinigung verlangt wird und die Gründung von 51a-Gesellschaften möglich ist, geht unsere Beratungsempfehlung zum Geschlossenen System“, berichtet Peter Spandau von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.


Spandau geht davon aus, dass Ferkelerzeuger mit 200 bis 300 Sauen, die ihren Betrieb arbeitswirtschaftlich im Griff haben, im Geschlossenen System tenden-ziell eine vergleichbare oder sogar bes-sere Rendite erzielen werden als in der spezialisierten Ferkelerzeugung. Noch entscheidender ist aber, dass im Geschlossenen System die Liquiditätsschwankungen geringer ausfallen, und die Betriebsleiter somit wieder ruhiger schlafen können.


Der Trend zum Geschlossenen System wird beispielsweise in Ostwestfalen sichtbar, wo derzeit verstärkt Mastställe von Ferkelerzeugern gebaut oder beantragt werden. Selbst Betriebe mit 400 Sauen überlegen dort den Einstieg in die eigene Mast. „Für sie lohnt es sich sogar, zunächst nur die Hälfte der erforderlichen Mastplätze zu bauen und die restlichen Ferkel weiter zu verkaufen, bevor sie ihre Ferkel dann eines Tages komplett selbst mästen“, so Spandau.


Auch in den viehextensiveren Regionen Niedersachsens wie beispielsweise in den Landkreisen Uelzen, Lüneburg und Stade, kann der Einstieg in die eigene Mast sinnvoll sein. „Dort, aber auch in anderen Regionen Niedersachsens, starten derzeit besonders Ferkelerzeuger mit 160 bis 200 Sauen eine Bauvoranfrage fürs Geschlossene System. Sie können die Mast in jedem Fall noch als Familienbetrieb stemmen“, berichtet Sebastian Bönsch, Bauberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


In Schleswig-Holstein tendieren ebenfalls viele Sauenhalter mit 100 bis 400 Sauen zum Geschlossenen System. Weil es hier in der Regel keine Probleme mit den Vieheinheiten und der Gülle gibt, läuft die Mast noch landwirtschaftlich. „Allerdings ist es im Zusammenhang mit den FFH-Gebieten schwieriger geworden, passende Standorte zu finden“, weiß Berater Martin Knees. Die Mastställe in seinem Beratungsgebiet werden größtenteils zu 100 % fremdfinanziert. „Solange der Stall losgelöst von der Hofstelle gebaut wird, finanzieren die Banken ihn gern – sofern der Stammbetrieb gut läuft und der Betriebsleiter überdurchschnittliche produktionstechnische Ergebnisse vorweisen kann“, so Knees.


Die Besten wachsen weiter.

Der Einstieg ins Geschlossene System kann sich also durchaus lohnen, wenn das „Drumherum“ passt. Sobald aber zusätzliche Kosten durch Gülleabnahme, Abluftreinigung oder Gewerblichkeit hinzukommen, geht die Wirtschaftlichkeit „flöten“. Das ist vor allem in viehintensiven Regionen der Fall wie z.B. im Münsterland. „Hier wird sich die eigene Mast in der Regel nicht lohnen, eine Erweiterung der Sauenhaltung aber schon. Die viehdichten Länder wie die Niederlande und Dänemark sind das beste Beispiel dafür“, bestätigt Kammerberater Peter Spandau.


Er und seine Kollegen beobachten nach wie vor, dass Sauenhalter mit sehr guten biologischen und ökonomischen Leistungen an den intensiven Standorten weiter in der Ferkelerzeugung wachsen wollen. „Die Top Ten-Betriebe scheinen die vergangenen Monate relativ gut überstanden zu haben – sie wollen investieren“, weiß auch Wirtschaftsberater Stefan Leuer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.


„Wer in die Sauenhaltung investiert, sollte sich jedoch rechtzeitig um die Vermarktung der kommenden Ferkel kümmern – am besten schon vor oder während der Bauphase“, rät Berater Martin Knees. Einer seiner Beratungsbetriebe hat frühzeitig mit dem Mäster einen Vertrag abgeschlossen. Der Ferkelpreis wurde an den Mastschweinepreis gekoppelt und die Kündigungsfrist ausreichend lange gewählt.


Ab in den Osten?

Wer wachsen will, aber am eigenen Standort keine Genehmigung mehr erhält, hat zudem die Möglichkeit, auf vieharme Regionen auszuweichen. Die Holländer haben bereits in Ostdeutschland gezeigt, dass dieses Modell funktionieren kann. Vorausgesetzt, man ist bereit zu pendeln und kann sich auf seine Mitarbeiter an beiden Standorten voll verlassen. „Ein Sauenhalter aus dem veredlungsstarken Kreis Borken baut zum Beispiel derzeit eine Sauenanlage in den neuen Bundesländern“, berichtet Peter Spandau.


Gewiss ist das keine Option für jedermann, zumal die Risikobereitschaft nicht immer honoriert wird. Generell ist allen Ferkelerzeugern, die in den vergangenen Jahren nicht vollkostendeckend wirtschaften und kein Eigenkapital bilden konnten, von einer Aufstockung der Sauenherde abzuraten.


„Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Mut, eine 1 000er bis 2 000er-Sauenanlage auf die grüne Wiese zu setzen, nicht immer belohnt wird“, berichtet Arnold Krämer von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Der Berater schätzt, dass ein großer Teil der Sauenanlagen mit 800 und mehr Plätzen in Niedersachsen – ähnlich wie im Osten – nicht mehr in erster Hand ist, sondern bereits in zweiter oder sogar dritter.


„Die Übernehmer solcher Anlagen – meist sehr gute Sauenhalter – können diese Betriebe mit geringeren Kapitalkosten weiter bewirtschaften, weil sie für die Ställe vielleicht nur 50 % bis 80 % der ursprünglichen Bausumme ausgeben mussten“, unterstreicht Arnold Krämer. „Des ersten Tod, des zweiten Not, des dritten Brot“, so seine bittere Bilanz. Dementsprechend vorsichtig sollten die Betriebsleiter seiner Ansicht nach mit großen Investitionen sein.


Planungssicherheit fehlt.

Erschwerend kommt hinzu, dass viele Betriebsleiter unsicher sind, welche Anforderungen seitens der Politik in den nächsten Jahren noch auf sie zukommen. Möglicherweise erfüllt der neu gebaute Stall dann binnen kurzer Zeit nicht mehr die gesetzlichen Auflagen. Besonders in Niedersachsen zögern viele Betriebe aufgrund des von Landwirtschaftsminister Gert Lindemann vorgestellten Tierschutzplans mit einer Investitionsentscheidung in die Sauenhaltung.


Viele Familienbetriebe fürchten zudem den Schritt hin zu Fremdarbeitskräften. Oftmals zurecht wie Arnold Krämer findet: „Familienbetriebe, die jetzt schon wirtschaftlich nicht über die Runden kommen, sollten keine Fremd-AK beschäftigen. Denn die Entlohnung wirklich aller Produktionsfaktoren schaffen sie meist nicht.“ Darüber hinaus will auch das „Chef sein“ erst einmal gelernt sein. „Ein guter Ferkelerzeuger ist nicht automatisch auch ein guter Chef“, hat der selbstständige Agrarberater Heiner Wiese beobachtet. In Zeiten, in denen gute Mitarbeiter auch von anderen Betrieben umgarnt werden, kann ein schlechtes Arbeitsklima schnell zu einer Kündigung führen.


Nichts geht mehr!

Trotz all dieser Unwägbarkeiten und Hindernisse wundert man sich, dass dennoch etliche Ferkelerzeuger Pläne für einen Stallneubau schmieden – sei es für einen Sauen- oder Maststall. Ein Phänomen, das viele Beratern als „Angst, zu spät zu kommen“ beschreiben. Auch Peter Spandau hat diese Erfahrung schon häufig gemacht: „Betriebe mit 200 bis 400 Sauen spüren in viehintensiven Regionen leider häu-fig den Wachstumsdruck aus der Nachbarschaft.“


Diese Betriebe glauben, dass ihnen alle Erweiterungschancen rund um den eigenen Standort in den kommenden Jahren regelrecht verbaut werden. Als Folge investieren sie lieber jetzt – teils in die größtmögliche Anlage, auch wenn es ökonomisch nicht immer sinnvoll ist. Ganz nach dem Motto: „Wenn ich nicht baue, macht es der Nachbar.“ „Das gipfelt in einem regelrechten Wettrennen“, hat auch Arnold Krämer beobachtet. Der Berater räumt dennoch ein, dass die Angst, den Anschluss zu verlieren, an manchen Standorten durchaus berechtigt ist. Dennoch ist Druck ein schlechter Motivator für Wachstumsschritte.


Leistungsreserven mobilisieren!

„Ich bin jedoch überzeugt, dass auch Betriebe mit 200 bis 400 Sauen zukünftig Geld mit ihren Ferkeln verdienen werden“, unterstreicht Peter Spandau. Ihre Strategie sollte jetzt allerdings lauten: Leistungen verbessern, Kosten drücken, an der Arbeitswirtschaft feilen und die Vermarktung optimieren. Denn nur wer betriebswirtschaftlich dauerhaft zum oberen Viertel zählt, ist in der Lage, in Hochpreisphasen ausreichend Rücklagen zu bilden, um tiefe Täler unbeschadet durchqueren zu können. Auch Eigenkapitalbildung für spätere Investitionen wird dadurch möglich. Bei weiterhin starken Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten wird ein gutes Liquiditätsmanagement ebenfalls immer wichtiger (siehe Kasten unten).


Um vermarktungsfähige Ferkelpartien anbieten zu können, kann es für kleinere Ferkelerzeuger zudem sinnvoll sein, auf den 4- oder 5-Wochen-Rhythmus umzustellen. Das kann auch die feste Anbindung an einen Mäster erleichtern. „Für Sauenhalter in einer Direktbeziehung waren die vergangenen Monate in der Regel einfacher, weil sie auf ihre Zuschläge nicht verzichten mussten und sich ihres Ferkelabsatzes relativ sicher waren“, bilanziert Stefan Leuer.


Allerdings muss der gute Draht zum Mäster auch gepflegt werden. Reden, reden, reden ist das A & O. Der Ferkelerzeuger sollte sich immer wieder nach der Entwicklung seiner Ferkel in der Mast erkundigen, offen gesundheitliche Probleme im Bestand ansprechen und die Zuschläge einfordern, die für seine Ferkelqualität realistisch sind. Und der Mäster sollte Toleranz mitbringen und tiergesundheitliche Probleme gemeinsam mit dem Ferkelerzeuger durchstehen wollen, statt bei der erstbesten Gelegenheit zu günstigeren Ferkeln zu wechseln.


Zusammenwachsen:

Auch Kooperationen können eine Alternative sein, um die Wettbewerbsfähigkeit zu er-höhen. So ist es beispielsweise möglich, dass zwei oder drei Ferkelerzeuger mit derselben Genetik, demselben Wochenrhythmus und demselben Gesundheits- bzw. Impfstatus gemeinsam große Ferkelpartien auf dem Markt anbieten.


Ebenfalls denkbar ist, dass mehrere Sauenhalter mit Absatzferkelproduktion einen gemeinsamen Ferkelaufzuchtstall bauen und bewirtschaften. Oder dass eine Ferkelerzeuger-Kooperation in einen gemeinsamen Maststall investiert. So wird das unternehmerische Risiko auf mehrere Schultern verteilt.


Eine gute Kooperation ist allerdings kein Selbstläufer. Die Partner müssen sich gegenseitig respektieren und vertrauen. Worauf sonst noch zu achten ist, lesen Sie in unserem „Knigge für Kooperationen“ (top agrar 1/2012, Seite S 6) und in der Serie Kooperationen (top agrar 2/2012, Seite 38 und ab S. 48 in dieser Ausgabe).


Geordneter Rückzug:

Die zurückliegenden harten Mo­­nate haben einigen Sauenhaltern mit Sicherheit aber auch vor Augen geführt, dass sich ihre Ferkelerzeugung betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnet. Besonders Betriebe mit weniger als 100 Sauen mussten deutliche Abzüge für ihre Ferkel am Spotmarkt hinnehmen. Ist darüber hinaus die Hofnachfolge nicht geregelt, ist eine Investition in die Mast oder eine Aufstockung der Sauenherde nicht ratsam.


In manchen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, die Sauenställe in Mastställe umzubauen. So kann die Schweinehaltung weiterhin zum Betriebseinkommen beitragen. „Manche Sauenhalter, die noch nicht auf Gruppenhaltung umgerüstet haben, liebäugeln mit einem Komplettumbau auf die Mast. Der Umbau ist jedoch durch die Nutzungsänderung genehmigungspflichtig und kann dann aufgrund einer damit einhergehenden neuen Beurteilung der Emissionssituation an einigen Standorten schwer zu realisieren sein“, warnt Dr. Heiko Janssen, Berater an der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.


Wer seine Schweinehaltung langfristig nicht auf solide Fundamente stellen kann, sollte rechtzeitig den geordneten Rückzug antreten. Gemeinsam mit einem Berater sollte der Ausstieg aus der Sauenhaltung Schritt für Schritt geplant werden. Eventuell gibt es die Möglichkeit, Einkommensalternativen zu erschließen, beispielsweise im Bereich der Erneuerbaren Energien oder in der Fischzucht. „Ganz entscheidend ist, dass hier eine angemessene Kapitalverzinsung erreicht wird“, betont Berater Heiner Wiese.

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