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Schneeschimmel: Das Risiko schaukelt sich auf

Lesezeit: 7 Minuten

Seit zwei Jahren bereitet sich Schneeschimmel massiv aus. Der Pilz mag es kühl-feucht und ist leicht mit Septoriatritici zu verwechseln. Aktuelle Empfehlungen gibt Hermann Hanhart, LWK Nordrhrein-Westfalen.


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In den letzten zwei Jahren ist in einigen Regionen massiver Blattbefall mit Schneeschimmel (Microdochium) in der Schossphase, anhaltend bis Ende Milchreife (siehe Kasten), aufgetreten. Der starke Befall führte zu Ertragsverlusten.


Schneeschimmel kann in allen Stadien der Getreideentwicklung auftreten. Die beiden Pilze Microdochium nivale und Microdochium majus verursachen diese Krankheit. Als Landwirt nimmt man Schneeschimmelbefall meist in Form von Pflanzenverlusten nach Winter (siehe Kasten S. 72) wahr. Zunehmend Probleme bereitet aber der Blattbefall im Frühjahr und Frühsommer. Wie entwickelt sich die Krankheit in dieser Phase? Welche Symptome bildet sie auf Blatt und Ähre?


Zwei Infektionswege:

Zu Blattbefall kann es auf zwei Wegen kommen:


  • Durch Saatgutbefall, nachdem sich Symptome an der Pflanze ausgebildet haben. Regenspritzer verbreiten dann von nesterweise befallenen Pflanzen die Sporen auf Nachbarblätter und infizieren diese. Nachdem sich dort Symptome gebildet haben, ist eine weitere Verbreitung wieder mit Sporen möglich.
  • Der Pilz M. nivale kann aber auch über windverbreitete Sporen infizieren. Diese stammen aus Fruchtkörpern, die der Pilz auf Blattscheiden und auf alten Strohresten gebildet hat.


Blattinfektionen sind aber nur möglich, wenn für den Pilz günstige Witterungsbedingungen bestehen: kaltes, sehr feuchtes Wetter – je länger, umso besser.


Im Unterschied zu den echten Fusariosen ist Microdochium eine Krankheit der kühlen, feuchten Regionen bzw. Jahre. Die Sporenbildung ist nur bei Temperaturen bis 20 °C möglich. Während länger anhaltender Trocken- oder Hitzephase verkümmert der Pilz.


Der Befall baut sich – wie bei anderen Pilzkrankheiten – über mehrere Generationen auf. Für stärkeren Befall sind neben ausreichendem Inokulum drei Infektionsblöcke von Ende Bestockung bis Ende der Blüte notwendig. Die Inkubation (Zeit spanne zwischen Infektion und erstem Auftreten von Symptomen) von Microdochium beträgt etwa 150 °C.


Verwechslungsgefahr!

Das Erkennen der Krankheit ist nicht so einfach, weil häufig Septoria tritici- und Schneeschimmel-Symptome ineinanderfließen. Auch DTR, Mehltau und/oder Rostpusteln treten oft vergesellschaftet in einem „Symptomklumpen“ auf. Typisch sind einzelne große, ovale Flecken. Diese sind erst wassergetränkt grau-grün und dann braun-grau verfärbt. Später sind rosa gefärbte Sporenlager zu erkennen. Auffallend ist auch eine leichte Einschnürung der Blätter, wobei sich die Symptome am Blattrand befinden.


Wenn bei vorhandenem Blattbefall bis zur Blüte dauernd sehr kaltes, regnerisches Wetter herrscht, kann der Pilz auch die Ähren infizieren. Der Befall lässt sich auf den ersten Blick kaum von den echten Fusariosen unterscheiden. Der geübte Beobachter erkennt gräulich ausgebleichte Ährchen.


Bei extremem Befall sind höhere Ertragsverluste durch Kümmerkorn möglich. Dies war z.B. im Jahr 1998 der Fall, als M. nivale und echte Fusariosen verstärkt auftraten. Häufiger tritt latenter (versteckter) Befall auf, ohne sich auf den Ertrag auszuwirken.


Microdochium lässt sich von den echten Fusariosen durch eine DON-Analyse unterscheiden, da Schneeschimmel kein Toxin bildet.


Schneeschimmel-Kontrolle:

Konzepte, mit denen sich Blattbefall durch Microdochium sicher kontrollieren lässt, gibt es nicht. Leider sind Strobilurine mittlerweile nur noch schwach wirksam bis voll resistent. Dies ist möglicherweise der Grund, warum heute Microdochium häufiger auftritt.


In unseren Versuchen haben wir bisher eher zufällig die Wirksamkeit von Fungiziden überprüft. Die Leistung der verschiedenen Azole entnehmen Sie der Übersicht 1. In dem Versuch haben wir nur eine Behandlung mit Bravo und verschiedenen Azolen in EC 39 (Ende Fahnenblattschieben) am 28. Mai direkt nach einem über mehrere Tage anhaltenden Infektionsblock durchgeführt.


Obwohl die Sorte Akteur hoch anfällig für Septoria ist, trat fast kein Befall mit dieser Krankheit auf. In der Kon­trolle entwickelte Microdochium bis zur Milchreife einen mittelstarken Befall auf den oberen drei Blättern von 44 % und zusätzlich Braunrost von 8 % in der Kontrolle. Die erzielten Mehrerträge basieren hauptsächlich darauf, dass die Behandlung Braunrost bekämpfte und diese leicht gegen Microdochium wirkte.


Bisher gilt Prochloraz als wirksamster Wirkstoff. Die Versuchsergebnisse bestätigen eine gute Wirkung (siehe Übersicht 1: Sportak und Ampera). Reines Prothioconazol (Proline) und die Mischprodukte Osiris und Prosaro erreichen aber noch leicht höhere Wirkungsgrade bis 70 %.


Die Wirksamkeit von Spritzfolgen ist in unserem zweiten Versuch (siehe Übersicht 2) aufgeführt. Hier traten Microdochium und Septoria tritici mit geringer Befallsstärke auf. Die erste Behandlung erfolgte zu EC 33 (3-Knoten-Stadium) am 17. Mai kurz vor der Hauptinfektion. Eine Abschlussbehandlung erfolgte kurz vor dem Ährenschieben am 11. Juni. Die Ergebnisse kurz gefasst:


  • Tebuconazol ist mehr oder weniger unwirksam.
  • Input Classic zeigt eine deutlich bessere Wirkung, die Aviator Xpro aber noch übertrifft.
  • Der Versuch verdeutlicht, dass selbst bei geringem Befall kaum höhere Wirkungsgrade als 70 % gegen Schneeschimmel zu erwarten sind.


Termin und Menge wichtig!

Unter den Starkbefalls-Bedingungen in Ostdeutschland konnte man in Versuchen und auf Praxisschlägen beobachten, wie wichtig Terminierung und Aufwandmenge sind. In Frühsaaten und in hoch anfälligen Sorten (Akteur, JB Asano, Genius) mit mehr Ausgangsbefall an S. tritici, aber auch mehr Schneeschimmel, reduzierte die frühe Behandlung um Ende April das Inokulum derart, dass die zweite Behandlung kurz vor der Hauptinfektion um den 20. Mai exzellent gegen beide Krankheiten wirkte.


An einem Versuchsstandort in Döbernitz nördlich von Leipzig zeigten bei optimaler Terminierung Spritzfolgen mit Bixafen + Prothioconazol sehr hohe Wirkungsgrade.


Auf Praxisschlägen in anfälligen Sorten aber mit nicht so frühen Aussaatterminen (um Ende September bis Anfang Oktober mit Sorten wie Asano, Genius) oder in Frühsaaten – aber weniger anfälligen Sorten (Meister, Schamane, Kerubinio, Potenzial) – erzielte man auch mit folgender Behandlung eine sehr gute Wirkung:


  • Erstmalige Vorlage um den 15. Mai mit z. B. 1,0 l/ha Credo + 1,0 l/ha Mirage + 0,5 l/ha Osiris und
  • 2. Behandlung um den 5. bis 12. Juni mit z. B. 0,75 l/ha Skyway + 1,0 l/ha Ampera.


Tipps zur Bekämpfung:

Aufgrund der beiden Jahre mit Microdochiumbefall hat sich mittlerweile ein stärkeres Inokulum aufgebaut. Passen Sie daher besonders gut auf, wenn nach langer Schneebedeckung wieder Schneeschimmel-Nester auftreten und gegen Ende April länger anhaltend nass-kaltes Wetter eine erste Infektion der Blätter begünstigt. In diesen Fällen sollten Sie nicht nur in Septoria-anfälligen Sorten, sondern auch in weniger anfälligen Sorten eine frühe Blattbehandlung z. B. mit Cirkon + Bravo einplanen.


Aber auch wenn die Winterwitterung keinen Schneeschimmel an den jungen Saaten begünstigt, bleibt immer noch das Risiko der Ascosporenverbreitung aus ehemals befallenen Strohresten.


Microdochium-Infektionen sind grundsätzlich aber nur bei kühlem, nassem Wetter möglich. Wichtig ist, dass Sie kritische Infektionsblöcke früh genug erkennen. Nur wenn Sie zeitnah behandeln, sind effektive Wirkungen möglich.


Die Mittel Capalo, Input Classic, Input Xpro, Aviator Xpro und Prochloraz-Kombinationen erzielen in ausreichend hoher Menge gute Nebenwirkungen. Die Kurativ- bzw. Dauerwirkung gegen Microdochium ist bisher nicht bekannt. Bei extremer Infektionswitterung sind nur eingeschränkte Wirkungen (um 50 bis 70 % Wirkungsgrad) möglich.


Binden Sie auch zur Abschlussbehandlung in der Ähre das Microdochium-Risiko anhand der dann vorherrschenden Witterung in die Behandlungsstrategie ein. Wenn Blattbefall in der Region vorkommt und nasses, kaltes Wetter zur Blüte vorherrscht, sollten Sie hohe Tebuconazol-Mengen besser reduzieren und durch Prochloraz ersetzen. So wären dann z. B. folgende Kombinationen zu bevorzugen:


  • 1,5 l/ha Osiris + 1,0 l/ha Ampera
  • oder – wenn Sie im Blatt noch kein Carboxamid eingesetzt haben – 0,8 l/ha Skyway Xpro bzw. 0,6 l/ha Silta Xpro + 1,0 l/ha Ampera.


Festzuhalten bleibt, dass diese Empfehlungen auf wenigen Versuchs-ergebnissen basieren. Wünschenswert wäre, dass Wissenschaft, Beratung und Praxis sich intensiver mit dem Themenkomplex Microdochium auseinandersetzen. Ziel sollte dabei sein, sichere Erkenntnisse zu Auftreten, Schadwirkung und Kontrolle dieser Krankheit zu erarbeiten.

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