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„Theoretisch“ ist alles in Ordnung …

Lesezeit: 3 Minuten

Die gute Nachricht vorweg: Das Agrarstudium ist endlich wieder angesagt. Die Studentenzahlen steigen, auch viele Quereinsteiger lockt es in die grünen Berufe. Das ist gut so, denn die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Eine wachsende Weltbevölkerung, der Klimawandel und knapper werdende Ressourcen sind nur eine Auswahl der Fragen, auf die deutsche Agrarier Antworten finden müssen.


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Sind unsere Hochschulen dafür gerüstet? Leider nein, denn für viele Beobachter klafft bei der Lehre ein tiefer Riss zwischen Theorie und Praxis. Was mancher Professor als Stammtischparole abtut, unterstreicht unsere aktuelle Umfrage (siehe Seite 14): 73 % der Agrarstudenten an Unis sehen Verbesserungsbedarf beim Praxisbezug.


Das verwundert beim Blick in die Lehrpläne nicht. Es stimmt nachdenklich, wenn Studenten zwar den lateinischen Namen der Banane lernen, aber nur schwer einen Weizen- von einem Gerstenbestand unterscheiden können.


Zugegeben: Die Bandbreite der Studienanfänger ist groß. Sie reicht vom Stadtkind ohne Vorkenntnisse bis hin zum Hofnachfolger mit abgeschlossener Lehre. Das macht es den Hochschulen nicht unbedingt leichter. Umso wichtiger ist es, den Studenten Praxisbezug zu vermitteln. Aber Feldversuche, Exkursionen und eine gute Betreuung der Studenten sind teuer. In Zeiten leerer Kassen wird hier vielerorts gespart. Die Folge: Die Versuchsgüter bluten aus. Die Fakultäten bauen Personal ab.


Jetzt droht ein weiteres Bindeglied zur Praxis verloren zu gehen: Das Praktikum. Früher mussten Agrarstudenten 3 bis 6 Monate Praxiserfahrung im landwirtschaft­lichen Betrieb nachweisen. Das war einmal. In Bonn und Gießen haben die Unis das Pflichtpraktikum bei der Umstellung auf den Bachelor schon völlig unter die Räder kommen lassen. Der Aufschrei unter Studenten und Professoren war groß – gebracht hat er nichts.


Das ist typisch. Denn mit Praxisnähe kann man zwar bei Studenten und in der Wirtschaft punkten, nicht aber im deutschen Hochschulsystem. Hier hängen die finanziellen Mittel eines Lehrstuhls vor allem an historisch gewachsenen Strukturen und an der „wissenschaftlichen Exzellenz“ der Forschung. Die Konsequenz: Wer als junger Agrardozent Karriere machen will, betreibt Grundlagenforschung für internationale Wissenschaftsjournale. Das färbt auf die Lehre ab.


Und auch der Föderalismus ist ein Problem: Es gibt noch immer 21 Agrarhochschulen in Deutschland. Manche sind zum Sterben zu groß und zum Leben zu klein. Aber anstatt die Kräfte zu bündeln, verharren die Bundesländer im Kirchturmdenken.


Natürlich stehen auch die Studenten selbst in der Pflicht, einen Blick über den Tellerrand ihrer Hochschule zu werfen. Aber wann? Bereits jetzt ist das Agrarstudium ein Fulltimejob. Jeder Dritte klagt über Stress. Durch die straffen Zeitpläne der neuen Studiengänge bleibt selbst in den Semesterferien kaum Zeit, aus der Hochschule heraus zu kommen. Ein Treppenwitz, denn die bessere Qualifikation für den Arbeitsmarkt war eines der Ziele der Bologna-Reform. Das Gegenteil von „gut“ ist hier mal wieder „gut gemeint“.


Aber es gibt auch Hoffnung: Viele engagierte Dozenten beweisen, dass der Spagat zwischen Theorie und Praxis gelingen kann. Dort, wo die Professoren mit aktuellen und praxisnahen Themen glänzen, sind auch die Studenten zu Höchstleistungen motiviert. Und: Zumindest die meisten FHs scheinen den Praxisbezug noch hoch zu halten.


„Sollen die Praktiker doch dahin gehen“, wird es aus manchem Rektorats-Büro heißen. So einfach ist es leider nicht. Denn noch immer studieren zwei Drittel der deutschen Agrar-Studenten an Unis. Sie sind zwar nicht immer die Herdenmanagerin und der Betriebsleiter von Morgen. Sie prüfen aber später die Cross-Compliance-Vorgaben und den Bauantrag oder stellen die Weichen der Agrarpolitik. Da schmerzt es, wenn sie die Praxis nur unzureichend kennen. An dieser Stelle ist auch für die praktischen Landwirte nur „theoretisch“ alles in Ordnung.

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