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Solarreinigung

Vom Wischmopp bis zum Roboter

Für die Reinigung von Photovoltaikanlagen gibt es verschiedene Techniken. Wir stellen die wichtigsten Systeme vor.

Lesezeit: 10 Minuten

Wir haben an verschiedenen Anlagen über einen längeren Zeitraum getestet, ob eine routinemäßige Reinigung erforderlich ist und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Selbstreinigung durch Regen und Schnee im Normalfall ausreichend ist“, sagt Isabell Strüwing, Pressesprecherin bei Solarprojektierer Phoenix Solar.

An Standorten mit lokaler Verschmutzung durch Landwirtschaft oder Industrie oder in ariden, wüstenähnlichen Gebieten mit hoher Aerosolbelastung müsse aber im Einzelfall geprüft werden, ob eine Modulreinigung sinnvoll sei. „Kosten und Nutzen müssen dabei gegeneinander abgewogen werden,“ so Strüwing weiter. Phoenix Solar hat deswegen die Reinigung nicht in den Standard-Wartungsvertrag aufgenommen, den das Unternehmen zur Wartung von Solarparks anbietet.

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Reinigung – ein Glaubenskrieg

Ist eine Reinigung von Solaranlagen überhaupt notwendig und lohnenswert? Um diese Frage herrscht in der Photovoltaik-Szene eine Art Glaubenskrieg. Diesen Eindruck gewinnt zumindest, wer sich durch einschlägige Internetforen liest. Gerade im privaten Bereich werden Solaranlagen vom Installateur meist als praktisch wartungsfrei dargestellt. Das spiegelt die gängigen Aussagen der meisten Solarmodulhersteller wider: Ab einer Modulneigung von 15 Grad reiche die Selbstreinigung durch Regen, so deren gängige Aussage.

Doch Solaranlagen sind auf eine langfristige Rendite ausgelegt. Gewinn werfen sie erst nach zehn bis fünfzehn Jahren ab, wenn die Anschaffungskosten durch die Einspeisevergütung abgegolten sind. Mindestens 20 Jahre sollen sie einwandfrei laufen. Jeder Brillenträger wird bei dem Gedanken, seine Brille in 20 Jahren nicht einmal zu putzen, skeptisch. Deswegen sollte die Anlage auf dem Dach nach der Installation nicht einfach vergessen, sondern regelmäßig kontrolliert werden, ob sie die Leistung bringt, die ursprünglich kalkuliert war.

Algen und Flechten siedeln sich an

Merkt der Besitzer, dass seine Erträge der Anlage kontinuierlich zurückgehen, muss auch Verschmutzung der Module als Ursache in Betracht gezogen werden. Noch besser ist, vorbeugend hin und wieder einen Blick darauf zu werfen, ob sich ein Schmutzfilm darauf ablagert oder sogar Algen und Flechten beginnen, sich die Anlage als Lebensraum zu erobern. Es gilt der Grundsatz: Reinigen, wenn reinigen nötig ist. Und die Entscheidung dafür ist stets eine Einzelfallentscheidung, da der Grad der Verschmutzung maßgeblich vom Standort einer Anlage abhängt.

Allgemein gelten Anlagen auf Einfamilienhäusern und auf Gewerbetrieben, die keine besonderen Emissionen ausstoßen, als weniger betroffen. Allerdings kann auch eine innerstädtische Lage an einer verkehrsreichen Straßen zu einem dicken, fettigen Film auf den Modulen führen, ebenso wie in der ländlichen Gegend klebrige Blütenpollen oder Vogelkot den Ertrag mindern können.

Besonders schmutzgefährdet sind jedoch Anlagen auf Gewerbebetrieben mit spezifischen Emissionen etwa durch nahegelegene Holz- und Kohlefeuerungen und Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden, die häufig Ernte- und Futtermittelstaub ausgesetzt sind. Bei Ihnen kann sogar eine jährliche Reinigung sinnvoll sein.

Selbstreinigung reicht nicht

Viele große Projektierer wollen sich nicht mehr alleine auf den Selbstreinigungseffekt verlassen. Das zeigt sich daran, dass Solarfirmen wie Juwi, IBC oder Solarparc am EU-Forschungsprojekt PV-Servitor als Partner beteiligt sind. Im Rahmen des Projekts wird an der Uni Regensburg ein Roboter entwickelt, der in der Lage sein soll rund um die Uhr eine Solaranlage zu überwachen, Schäden zu melden und bei Bedarf die Module von Staub und Flechten zu reinigen oder von Schnee zu befreien. Die Anmeldung des ersten Patents ist für Anfang Oktober geplant.

Auch Professor Heinrich Häberlin von der Fachhochschule Bern ist in das Projekt involviert. Von ihm stammt die bislang einzige wissenschaftliche Untersuchung zum Thema Reinigung von Solarmodulen. Das Ergebnis der Studie die bereits vor zehn Jahren erstellt wurde: Bei den geprüften Anlagen gab es zum Teil erhebliche Leistungsverluste durch Verunreinigungen von bis zu 14 Prozent.

Immer mehr Reinigungsdienste

Zum Teil noch weit höhere Werte finden sich auf den Webseiten der zahlreiche Unternehmen die Reinigungsdienste oder spezielle Produkte zur Pflege von Solarmodulen anbieten. Inzwischen gibt es auf dem Markt die unterschiedlichsten Reinigungsverfahren:

Reinigung per Teleskopstange, die man als Anlagenbesitzer selbst verwenden oder ein Serviceunternehmen mit der Reinigung beauftragen kann.

Ferngesteuerte Roboter,

an Fahrzeugen montierbare Schwenk­ärme,

bereits in die Anlage integrierte „Waschanlagen“.

Die UpVision Gebäudeservice KG verwendet ein System das ursprünglich für die Glasreinigung entwickelt wurde. Es besteht aus rotierenden Bürsten, die mit Hilfe von Titanstangen an Module bis in eine Höhe von 20 Metern herangeführt werden können. Sie bürsten die Module mit entmineralisiertem Wasser ab, das für eine effektive Reinigung und ein streifenfreies Abtrocknen der Oberfläche sorgen soll. Vorteil: Das Dach muss nicht betreten werden. So werden die Module geschützt und gleichzeitig besteht keine Gefahr eines Absturzes des Reinigungspersonals. Diese Bedrohung sollte auch jeder bedenken, der diese verbreitete Form der Reinigung mit Hilfe einer wasserführenden Teleskopstange selbst durchführen möchte, um Kosten zu sparen.

Kosten steuerlich absetzen

Wer selbst auf das Dach steigt nimmt das Risiko eines schweren Unfalls in Kauf. Dazu kommt: Eine Photovoltaik-Anlage ist steuerlich als Gewerbe eingestuft. Die Rechnung für Dienstleistungen können als Ausgabe steuerlich abgesetzt werden, wodurch die Ausgaben betriebswirtschaftlich betrachtet gar nicht mehr so hoch sind. Zudem muss jeder, der selbst Hand an seine Anlage legt, für alle verursachten Schäden selber haften. Ganz wichtig ist daher, keine scharfen Reinigungsmittel zu verwenden, da sie die oberste Modulschicht zerstören können. Ist das Reinigungsmittel vom Modulhersteller nicht genehmigt, erlischt die Garantie der Module. Auch von der Verwendung harter Bürsten ist abzusehen, um die Module nicht zu beschädigen. Idealweiser wird zum Waschen Regenwasser benutzt, da es weniger Kalkflecken hinterlässt als Leitungswasser.

Kalkflecken zu verhindern ist das Argument vieler professioneller Anbieter die entmineralisiertes Wasser nutzen. Diese Anbieter versuchen sich neben der klassischen Gebäudereinigung, in der dieses Wasser üblicherweise verwendet wird, ein weiteres Standbein bei der Reinigung von Photovoltaik-Modulen aufzubauen.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt Michael Mattstedt von „Die Ökologische Solarreinigung“. Sein Unternehmen verwendet statt entmineralisiertes Wasser das so genannte (...) das dem regional vorhandenen Wasser beigemischt wird.

Der Hersteller Lichtma­trix-Laboratorium München setzt bei der Produktion nach eigenen Angaben auf ein „uraltes Wissen“. Das (...) könne ohne Chemie und Hilfsstoffe die Anhaftungskräfte der Schmutzteilchen neutralisieren und so leicht entfernen, wodurch auf aggressive Hilfsmittel wie Tenside oder rotierende Bürsten verzichtet werden könne. Auch Moose und Flechten könnten mit dem Wasser leichter gelöst werden. Neuverschmutzungen haften weniger schnell an. Gleichzeitig könne mit dem Mittel sogar eine Leistungssteigerung erzielt werden, da es die Lichtbrechung und -reflexion verändert. „Wir verwenden aus gutem Grund kein entmineralisiertes Wasser, da die Deionisierung immer den Materialien der Photovoltaikanlagen Ionen entzieht. Durch entmineralisiertes Wasser wird eine Korro­sion von Glas und Rahmen begünstigt“, so Mattstedt. Je nach Anlagengröße und örtlichen Gegebenheiten berechnet sein Unternehmen rund 2,31 Euro pro Quadratmeter inklusive Anfahrt.

Ob esotherischer Klimbim oder sinnvolles Konzept muss der Verbraucher selbst entscheiden – Mattstedt kann zumindest nach eigener Auskunft nicht über zu wenig Kundschaft nicht klagen. In jedem Falle richtig ist Mattstedts Einwand, dass der Gebrauch von entmineralisiertem Wasser keineswegs so umweltfreundlich ist, wie von Gebäude- und Glasreinigern oft dargestellt. Denn zur Produktion des hochreinen Wassers müssen Osmoseanlagen verwendet werden, die einen enorm hohen Wasserverbrauch haben.

Auch dass Mattstedts Unternehmen Augenmerk auf Moose und Flechten legt, ist ein wichtiger Punkt, der in der Diskussion um Reinigung von Modulen bislang stiefmütterlich behandelt wird. Solche so genannten Pionierpflanzen können nicht nur den Ertrag der Module reduzieren, sondern langfristig auch Aluprofile aufbiegen, was letztlich richtig teuer werden kann.

Ob der Anlagenbesitzer von Grünzeug auf seiner Anlage gefährdet ist, kann er gut daran erkennen, ob der Dachbelag wie Ziegel von Bewuchs befallen sind. Besonders stark betroffen sind dabei oft die witterungsabgewandten Seiten, wo der Regen weniger stark hinprasselt.

Bei Bewuchs spricht viel für den Einsatz einer menschlicher Arbeitskraft, die auf den Modulen gewissenhaft „Unkraut jätet“.

Reinigungssystem direkt an der Anlage

Gar nicht mehr aufs Dach will Udo Hahn von der Professional Cleaning System GmbH aus Jever. „Da gibt es meistens doch gar keine begehbaren Flächen mehr“, sagt Hahn. Er hat ein Führungssystem mit Reinigungsköpfen zum Gebrauchsmusterschutz angemeldet, das gemeinsam mit der PV-Anlage fest auf dem Dach installiert oder später nachgerüstet wird.

Es gibt eine vertikale und eine horizontale Schiene, in denen das Führungssystem mit Rollen von Stellmotoren bewegt wird. So werden die an den Reinigungsköpfen befestigten Bürsten von rechts nach links und von oben nach unten mit einem Düsensystem bewegt. Soll die Solaranlage gereinigt werden, hängt ein Angestellter von P.C.S. die firmeneigenen Bürsten ein und bringt das Führungssystem per Fernsteuerung in Bewegung. „Wir verwenden weder aggressives entmineralisertes Wasser noch kalkhaltiges Leitungswasser, sondern ein spezielle Flüssigkeit die durch Nanopolymere besonders gute Antihaftwirkung zeigt“, erklärt Hahn.

Für diese Flüssigkeit sucht Hahn auch eine Versuchsanlage, die bereits vorbeugend mit Nanopolymeren beschichtet werden soll. Für sein Reinigungssystem kalkuliert Hahn je nach Größe der Anlage: Bei 30 m2 liegen die Installationskosten des Systems bei 13 Euro pro m2, bei Anlagen ab 400 m2 Fläche nur noch bei fünf Euro pro m2. Nach einem Dreivierteljahr habe sich die Investition rentiert, so Hahn. Ein Prototyp des Systems sei bereits in Betrieb, weitere Interessenten vorhanden.

Auch das Hamburger Unternehmen PV Robowash GmbH ist auf die maschinelle Reinigung von Solarmodulen spezialisiert. Der Reinigungsroboter wird mit einem Hubwagen auf dem Dach abgesetzt, wo sich das Gerät auch auf schrägen Flächen durch seine zwanzig Saug­füße festhält. Vorne am Gerät, das ein wenig wie ein kleiner Schneeräumer aussieht, ist eine rotierende Softbürste angebracht deren Auflagedruck und Wassermenge ebenfalls ferngesteuert reguliert werden kann. Der Preis für einen Quadratmeter Dachreinigung wird mit 1,50 € angegeben.

Der „Solarmopp“ der Agroservice GmbH wird ebenfalls durch Saugnäpfe auf der Anlage gehalten und die rotierende Bürste per Funk wird über die Fläche ferngesteuert. Das Gerät kann über Rahmen fahren, sofern sie nicht höher als vier Zentimeter sind. Die Kosten beziffert Agroservice in einem Beispiel mit einer 30-kWp-Anlage mit rund 900 €.

Das Hamburger Reinigungsunternehmen CleanUp-Solar bietet eine kontaktlose Reinigung von Solaranlagen an. Dabei wird wie in der Autowaschanlage ein Düsensystem über die Module gefahren. Es kann sowohl mit Leitungswasser als auch mit entmineralisiertem Wasser eingesetzt werden. Darüber hinaus sei anstatt mit Wasser eine Reinigung mit Luft möglich, was besonders als Vorreinigung bei versandeten Anlagen von Vorteil sei. Durch die kontaktlose Reinigung will CleanUp-Solar Schäden an Photovoltaikmodulen vermeiden.

Reinigung bei Freiflächen-Anlagen

Neben der klassischen Reinigung per Teleskopstange bietet die Firma Herborn GmbH aus Baden-Württemberg eine Maschine für Freiflächenanlagen an. An einem Fahrzeug, das langsam an den aufgeständerten Modulen vorbeifährt, ist ein Schwenkarm mit Bürsten befestigt, der die Module putzt. Da der Schwenkarm höhenverstellbar ist, kann das Gerät auch für bis zu 16 Meter hohe Gebäude verwendet werden.

Freiflächenanlagen ab 100 kW ist auch der Bereich auf den sich die Entwickler des PV-Servitors konzentrieren. Reinigen ist für sie nur noch ein Aspekt, Wartung heißt das Zauberwort. Denn eine Photovoltaikanlage soll langfristig optimale Erträge bringen und das geht nur mit regelmäßiger Wartung. Eine Erkenntnis die bei anderen technischen Geräten selbstverständlich ist, sich bei der Photovoltaik aber erst langsam durchsetzt. Vollständig autonom soll der Serviceroboter seine Kreise durch die Anlage ziehen und sie kontrollieren.

Und idealerweise meldet sie möglichst selten: „Kommandozentrale, wir haben ein Problem“.Daniela Becker

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