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Wenn die Schlachter um die Rinder rangeln

Lesezeit: 6 Minuten

Schlachtrinder werden knapper. Entsprechend feilschen die Schlachter um die Rinder. Gleichzeitig ordert der Handel mehr Rindfleisch für den SB- und Discount­bereich. Das heizt den Strukturwandel in der Branche an. Albert Hortmann-Scholten zeigt auf, was das für die Erzeuger bedeutet.


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Verwundert reiben sich viele die Augen! Trotz rückläufigem Konsum haben sich die Rindfleischpreise seit der BSE-Krise kontinuierlich nach oben entwickelt. Der Grund: Milchquote und Zuchtfortschritt sorgen dafür, dass die Kälberzahl stetig zurückgeht und damit das Rindfleischangebot EU-weit sinkt.


Auch die deutschen Schlachter haben den Rindfleischsektor noch längst nicht abgeschrieben. Im Gegenteil, sie investieren so viel wie lange nicht mehr.


Gegen den EU-Trend bleiben in Deutschland deshalb die Rinderschlachtungen seit Jahren stabil. Erklären lässt sich dies durch sinkende Lebendexporte und steigende Lebendimporte insbesondere aus Osteuropa.


Konsolidieren und investieren


Insbesondere größere Unternehmen konnten so im schrumpfenden „Rohstoffmarkt“ ihre Schlachtungen zumindest halten, teilweise sogar leicht ausbauen (siehe Übersicht 1). Die unbefriedigende Auslastung der Schlachthaken trübt die Investi-tionslaune dabei kaum. Gerade die großen Fünf investieren kräftig in Verarbeitung und Restrukturierung:


Der Marktführer, die VION Food Group mit ihren Tochtergesellschaften hat in den letzten 5 Jahren einen strikten Konsolidierungskurs durchgezogen. Ehemalige Südfleisch-, Moksel- oder NFZ-Standorte wie in Cham, Regensburg, Rodleben, Lüneburg und Kalkar fielen in den letzten Jahren dieser Strategie zum Opfer. An anderen Standorten konzentriert sich die VION nur noch auf eine Tierkategorie. So werden in Bad Bramstedt nur noch Rinder und in Kasel-Golzig nur noch Schweine zur Schlachtbank geführt.


Die Konsolidierung hatte ihren Preis. VION schlachtet heute ca. 300 000 Rinder weniger als 2005. Seit drei Jahren stagnieren die Schlachtungen bei ca. 1 Mio. Die Geschäftsführung möchte aber künftig auf den Wachstumspfad und den derzeitigen Marktanteil von rund 30 % ausbauen. Die größten Schlachtbetriebe betreibt die VION im Süden. Crailsheim, Buchloe, Pfarrkirchen und Waldkraiburg haben allesamt Kapazitäten von mehr als 70 000 Rinderschlachtungen pro Jahr. Sie verfügen zudem über eine hervorragende Infrastruktur und eine günstige Ausgangssituation im Hinblick auf die Erfassung.


Die Westfleisch eG hat die Rinderschlachtungen und die Rindfleischvermarktung in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. In NRW stößt sie allerdings an Wachstumsgrenzen. Bezogen auf die amtliche Notierung NRW hat Westfleisch jetzt schon einen Anteil von etwa 60 bis 70 % aller erfassten Jungbullen. Die Einkäufer strecken ihre Fühler deshalb zunehmend auch nach Niedersachsen und Hessen aus. Auch deshalb konnte die Westfleisch bis zum Jahr 2008 ihre Schlachtmenge erhöhen. Seitdem stagnieren allerdings auch hier die Rinderschlachtungen.


Im Süden hat sich die Müller Gruppe rasant entwickelt. Im Schatten der VION konnten die Schlachtungen seit 2005 um 50 % gesteigert werden. Mit dem Erwerb der Mehrheitsanteile am städtischen Bayreuther Schlachthof in diesem Frühjahr fischt sie nun noch stärker in VION-Gewässern. Der Schlachthof soll modernisiert und ausgebaut werden. Aber auch an den beiden Standorten in Baden-Württemberg wird kräftig investiert: In Birkenfeld wurde beispielsweise kürzlich die SB-Fleischproduktion neu gebaut.


Das Familienunternehmen Gausepohl mit den Standorten Dissen, Bakum sowie Chemnitz hat in den letzten Jahren den bundesweiten Marktanteil ebenfalls ausgebaut. Auch für das Jahr 2010 sind weitere Wachstumsinvestitionen am Standort Dissen im Teutoburger Land geplant. Hier soll vor allen Dingen auch innerhalb der Zerlegestraße die Produktivität gesteigert werden.


Eine völlig andere Strategie fährt die Färber Gruppe, die immerhin über 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen betreibt in Mittel- und Süddeutschland zahlreiche kleinere Bedarfsschlachthöfe und Zerlegebetriebe. Das Kerngeschäft ist der regionale Fleischhandel mit insgesamt 30 Fleischmärkten. Die dezentrale Struktur führt zu kurzen Wegen und hoher Flexibilität, was gerade kleinere Kunden schätzen. Neben den Bedientheken im LEH gehören Fleischereifachgeschäfte, Gastronomie, Kantinen etc. zum Kundenstamm. Aus dem SB-Geschäft hält sich Färber bisher raus.


Zum Unternehmen gehört noch ein größerer Schlachthof im Norden der Republik in Teterow. Hier werden immerhin gut 100 000 Rinder pro Jahr geschlachtet und zerlegt. Kein Zweifel, die „Färber-Strategie“ funktioniert, wachsen kann das Unternehmen damit allerdings kaum.


Wer bleibt auf der Strecke?


Der Marktanteil der großen Fünf liegt derzeit zwischen 60 bis 65 % (siehe Übersicht 2). Dass sich der Markt weiter konzentriert, gilt als sicher, denn der Verdrängungswettbewerb fordert laufend weitere Opfer. Zuletzt erschütterte die Insolvenz des Rinderschlachthofs Weyl die Branche. Weyl ist keine kleine Nummer und schlachtete zuletzt im niederländischen Amelo und im niedersächsischen Nordhorn zusammen rund 300 000 Großtiere im Jahr. VION wird übernehmen, heißt es in der Branche.


In Deutschland gibt es damit noch 7 Unternehmen mit einer Kapazität von über 100 000 Einheiten pro Jahr. Für kleinere und mittlere Standorte wird die Luft immer dünner, denn sie stehen vor großen Herausforderungen:


Bei der Fleischvermarktung verliert die klassische Bedienware immer mehr an Bedeutung.


Der SB-Bereich wächst permanent und liegt auch im Rindfleischbereich mittlerweile über 50 %.


Discounter gewinnen seit der Aufnahme von Frischfleisch ins Sortiment Marktanteile im Rindfleischbereich. Sie fragen immer größere Mengen an küchenfertig aufbereiteter Ware in gleichbleibender Qualität nach.


Daneben wird die Produktvielfalt immer größer. Der LEH erwartet, dass die Fleischindustrie als Vollsortimenter die wesentlichen Produkte aus den Schienen Schwein, Rind und Kalb abdecken kann.


Wer in diesem Konzert mitspielen möchte, muss quantitativ aber auch qualitativ wachsen.


Vermarkten wird teurer!


Der Erzeuger bekommt von diesen neuen Anforderungen zurzeit noch wenig mit. Er spürt nur, dass sich die Vermarkter in der Tendenz immer stärker für seine Mastrinder interessieren. Gerade im Nordwesten gibt es zahlreiche Vermarktungsalternativen (siehe Karte). Anders im Süden, wo der Platzhirsch VION gerade in vielen Regionen Bayerns kaum ernsthafte Konkurrenz hat. Jedes zweite Schlachtrind wird hier über VION-Betriebe vermarktet. Wurden in den 90er- Jahren in Bayern noch deutlich höhere Preise am Schlacht­rindermarkt erzielt als im Bundesmittel, lassen sich heute kaum mehr Preisvorteile realisieren. Hoffnung macht die Müller-Gruppe, die der VION im Süden immer mehr Wasser abgräbt.


Doch Vorsicht: Am schrumpfenden Rindermarkt werden sich die Schlachtungen künftig auf die größeren Standorte konzentrieren. Diese Schlachtzentren befinden sich zudem entweder im Nordwesten oder im Süden Deutschlands. Hinsichtlich der Schlachtzahlen bluten die mitteldeutschen Regionen wie Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland deshalb mehr und mehr aus.


Die Distanz zum nächsten Schlachthof wird für viele Rinderhalter somit größer und die Vermarktungskosten ziehen an. In den vergangenen 6 Jahren hat sich der Transportkostenanteil bereits durch teuren Treibstoff und Einführung der LKW-Maut um 30 bis 35 % erhöht.


Der Rindertransport mit modernen, tierschutzgerecht ausgestatteten Fahrzeugen kostet je Kilometer mindestens 1 Euro, behaupten Speditionen. Hinzu- kommen die steigenden Kosten für Löhne und Gehälter, die die Vermarktung weiterhin verteuern.


Wir halten fest


Der Lebensmittelhandel verlangt hoch veredeltes Rindfleisch in großen Mengen. Die Schlachtstufe investiert in neue Verarbeitungskapazitäten, denn mit Rindfleisch lässt sich scheinbar wieder gutes Geld verdienen. Dem Verdrängungswettbewerb werden einige Betriebe zum Opfer fallen, die Entfernungen zur Schlachtstätte werden dadurch größer. Höhere Vermarktungskosten könnten dann einen Teil der Erlöse wieder auffressen. Doch eine gute Nachricht bleibt: Rindfleisch ist wieder „in“!

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