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Zwischen Büro und Sauenstall

Lesezeit: 4 Minuten

Martin Lütke Wienker hält 60 Sauen und ­arbeitet bei einer landwirtschaftlichen Buch­stelle. Unterm Strich geht die Rechnung auf – aber die Belastung ist beachtlich.


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Vom Aktenstudium in die Abferkelbucht: Wenn Steuerfachwirt Martin Lütke Wienker aus dem Büro nach Hause kommt, dann wartet auf ihn nicht die Couch, sondern der Stall. Rund zwei Stunden lang versetzt der Nebenerwerbslandwirt aus Sassenberg in Nordrhein-Westfalen Ferkel, besamt Sauen oder kontrolliert die Fütterung. Dann hat auch er endlich Feierabend.


„Die Arbeitsbelastung durch den Nebenerwerb ist sicherlich nicht unerheblich“, räumt Lütke Wienker ein, „trotzdem überwiegen für mich die Vorteile.“ Der Vater von vier Kindern hat großen Spaß an der Landwirtschaft und schätzt den Mix aus geistiger und körperlicher Arbeit in Büro und Betrieb.


Lütke Wienker will aber auch Geld verdienen, nur die Werterhaltung seiner Hofstelle ist ihm zu wenig. „Wir achten auf niedrige Kosten und wirtschaften in weitgehend abgeschriebenen Gebäuden“, erklärt er, „da verbleibt im Schnitt der Jahre ein angemessener Gewinn.“ Mit rund 20 € Deckungsbeitrag pro Mastschwein erzielte der Betriebsleiter im Schnitt der letzten Jahre ähnliche Ergebnisse wie seine Berufskollegen im Vollerwerb.


Ausbau der Mast geplant


Bei den Sauen fielen die Zahlen allerdings weniger gut aus. Das ist der Preis des Nebenerwerbs. Der Betrieb hinkt mit einem Leistungsniveau von rund 20 aufgezogenen Ferkeln und 350 bis 400 € Deckungsbeitrag pro Sau und Jahr den Berufskollegen im Vollerwerb etwas hinterher. „Das bleibt nicht aus“, sagt Lütke Wienker, „denn durch die knappe Arbeitszeit übersehen wir schon mal Umrauscher oder haben höhere Saugferkelverluste.“ Größere Investitionen im Sauenbereich stehen vor diesem Hintergrund nicht mehr zur Debatte. Der Betriebszweig wird mittelfristig auslaufen. „Weitermachen ja – neu investieren nein“, bringt es Lütke Wienker auf den Punkt.


Anders ist die Situation in der Schweinemast. Hier investiert der Nebenerwerbslandwirt einen Teil der Gewinne und hält damit Stallungen und Technik in Schuss. Auf Dauer plant er, die Mast zu Lasten der Sauen auszudehnen. „Die Schweinemast passt einfach besser zum Nebenerwerb“, stellt er klar, „der Arbeitsaufwand ist vergleichsweise gering und lässt sich gut steuern.“


Lütke Wienker bewältigt die Arbeitsspitzen, z. B. für Reinigungs- oder Reparaturarbeiten, in der Regel am Wochenende oder an Urlaubstagen. Die Vermarktung der Tiere erfolgt morgens vor der Arbeit. Im Ackerbau helfen Bekannte aus. Die meisten Maschinen sind zusammen mit den Nachbarn angeschafft, viele Aufgaben übernimmt der Lohnunternehmer.


Auch Vater Alfons (71) übernimmt einen Teil der Arbeit. Er hält seinem Sohn besonders vormittags den Rücken frei, überprüft die Fütterung oder führt den Tierarzt zu einer erkrankten Zuchtsau. „Man muss im Nebenerwerb vieles koordinieren, weil man schlichtweg nicht immer vor Ort sein kann“, sagt Martin Lütke Wienker, „da ist ein Helfer wie mein Vater goldwert.“


Alles lässt sich trotzdem nicht zu 100 % planen. Lütke Wienker ist daher in der glücklichen Situation, dass ihm sein Arbeitgeber schon mal die nötigen Freiheiten einräumt, wenn es hart auf hart kommt. Der staatlich geprüfte Landwirt hat nach der landwirtschaftlichen Lehre und der Höheren Landbauschule die Ausbildung zum Steuerfachwirt absolviert und arbeitet seither für eine landwirtschaftliche Buchstelle. Dort fällt die Hauptarbeitsbelastung im Winter an. Büro und Betrieb sind nur wenige Kilometer entfernt.


„Meine Kunden haben keine Zeit, wenn ich auch keine Zeit habe“, erklärt Lütke Wienker die günstige Konstellation, „das ergänzt sich ganz gut.“ Mehr noch: Denn beide Bereiche proftieren inzwischen von einander. Im Beruf sind die Erfahrungen aus der landwirtschaftlichen Praxis ein klarer Pluspunkt und auch dem eigenen Betrieb nutzt der regelmäßige Blick über den Tellerrand. „Durch meine Arbeit erhalte ich Einblick in die verschiedensten Betriebszweige“, erklärt er, „das gibt Vergleichsmöglichkeiten und ist die beste Versicherung gegen Betriebsblindheit.“


Rund ein Drittel der Bruttoeinnahmen der Familie stammen heute aus der Landwirtschaft, den Rest bringt der 35-Stundenjob im Büro. Nach Lütke Wienkers Ansicht sind niedrige Produktionskosten und die Konzentration auf das Kerngeschäft die wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Nebenerwerb.


Mittelfristig wird er in seiner Tätigkeit als Steuerfachwirt etwas kürzer treten, um Hof und Familie mehr Zeit zu widmen. Denn bei allem Engagement hat der Nebenerwerb auch Grenzen. So legt der Westfale besonders seit der Geburt seiner Kinder wert auf einen feststehenden Feierabend. „Ich habe große Freude an Beruf und Betrieb“, resümiert er, „aber ein Mondscheinlandwirt möchte ich trotzdem nicht werden.“


Matthias Schulze Steinmann

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