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Biokohle für Boden, Trog und Biogasanlage

Lesezeit: 5 Minuten

Biokohle kann nicht nur ein Hilfsstoff für Biogasanlagen sein, sondern auch helfen, Probleme mit der Gärrestlagerung zu lösen. Das versprechen zumindest die Hersteller. Aber was ist das überhaupt?


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Biokohle heißt ein neues „Wunderpulver“, das nicht nur die Gasausbeute von Biogasanlagen steigern, sondern auch in der Tierfütterung, als Dünger oder in der Industrie angewendet werden soll. Dabei ist Biokohle keine neue Erfindung. Denn schon vor Jahrhunderten haben Ureinwohner im Amazonasgebiet den Boden mit Pflanzenkohle angereichert. Im Laufe der Zeit ist so die Bodenart „Terra Preta“ (portugiesisch für „Schwarze Erde“) entstanden.


Zwei Verfahren:

„Das Thema ist im Rahmen des Klimaschutzes wieder sehr aktuell“, erklärte Daniel Fischer von der Universität Halle, auf dem Fachgespräch des Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerks (C.A.R.M.E.N.) im bayerischen Ebermannstadt zum Thema Biokohle und Terra Preta.


Zur Produktion von Biokohle gibt es zwei Verfahrenswege: Hydrothermale Carbonisierung (HTC) und Pyrolyse. Die Verfahren unterscheiden sich deutlich voneinander. Bei HTC findet die Umwandlung von eher feuchter Biomasse wie Gärreste, Gülle, Klärschlamm oder Biomüll statt, bei der Pyrolyse sind es mehr feste Stoffe.


Wie Dampfkochtopf:

Beim Verfahren HTC wird flüssige Biomasse in einer Art „Dampfdruckkochtopf“ für mehrere Stunden bei 10 bis 40 bar Druck auf 160 bis 250 °C erhitzt. Dauer, Druck und Temperatur bestimmen das Endprodukt. „Bei geringerer Verweilzeit entsteht ein öliges Produkt, z.B. für die Kraftstoffproduktion, bei längerer Dauer ist das Produkt eher kohleartig“, beschreibt Dr. Marco Klemm vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig, das u.a. an HTC forscht.


In einer HTC-Anlage lässt sich flüssige Biomasse mit deutlich weniger Wärmezufuhr trocknen als mit herkömmlichen Verfahren. Die HTC-Produkte lassen sich laut Klemm zudem stabil lagern, außerdem sind sie hygienisiert und geruchsarm.


Sie könnten eingesetzt werden als Kohleersatz zur Mitverbrennung in Kohlekraftwerken, aber auch als Rohstoffe in der Industrie, als Bio-Werkstoffe, als Aktivkohle, z.B. in Filtern oder als Bodenhilfsstoff. „Mit HTC lässt sich auch Phosphor aus Klärschlamm in der Kohle fixieren, der dann als phosphatreicher Dünger in der Landwirtschaft dient oder in chemischen Prozessen“, erklärt Klemm.


Vergasung von Biomasse:

Die Pyrolyse dagegen funktioniert wie ein Holzvergaser. „Die Biomasse wird in einem Reaktor auf 500 bis 800 °C erhitzt. Während die Biomasse verkohlt, entsteht ein Prozessgas“, erklärt Marcel Rensmann von der Pyreg GmbH, einem führenden Hersteller dieser Anlagen.


Das Gas wird abgesaugt und in die Brennkammer geleitet. Hier wird es im Brenner verbrannt, der die Wärme für den Prozess bereitstellt. Damit ist dieser Anlagentyp bis auf eine kleine Menge „Startgas“ energieautark. Die im Reaktor entstandene Kohle wird abgekühlt und in Vorratsbehälter gefüllt. Die eingesetzten Brennstoffe müssen laut Rensmann einen Heizwert von 10 Megajoule (MJ) pro kg haben, damit der Prozess funktioniert. Hackschnitzel haben beispielsweise 18 MJ/kg.


Zudem muss das Material kleiner als 3 cm und schütt- und rieselfähig sein. „Stroh oder anderes lockeres Material eignet sich daher nicht“, so Rensmann. Ideal sind dagegen Produktionsabfälle: Nussschalen, Siebreste, Rückstände aus der Getreidereinigung, Grünschnitt oder Silage. 25 bis 30 % der eingesetzten Biomassemenge fällt am Ende als Kohle an, erklärt Rensmann. Auch lässt sich die Abwärme einer Anlage zum Heizen nutzen, z.B. in einem Nahwärmenetz.


Fixierung von CO2:

Die Pyrolysekohle lässt sich verschieden nutzen, z.B. als Bodenhilfsstoff, Torfersatz, Kompostzusatz, Aktivkohle, Futterzusatz in der Schweine- und Geflügelhaltung oder Einstreu. Über diesen Weg gelangt sie in die Gülle und damit aufs Feld, wo sie als Bodenhilfsstoff dient.


Ob mit HTC oder Pyrolyse hergestellt: Biokohle speichert Kohlendioxid (CO₂) aus der Luft, das die Pflanzen zum Wachstum vorher aufgenommen haben. Wird die Kohle nicht verbrannt, sondern z.B. als Bodenverbesserer verwendet, lässt sich damit CO₂ aus der Luft entfernen.


Die Uni Halle hat u.a. festgestellt, dass sich bei der Mischung von Kompost und Biokohle die Emissionen von Methan, Ammoniak oder Lachgas verringern lassen, die bei der Kompostierung normalerweise entstehen. „Grund ist die große Oberfläche der Biokohle. Auf dieser siedeln Mikroorganismen, die die Nährstoffe für ihren Stoffwechsel aufnehmen und so fixieren“, erklärt Fischer. Auf dem Acker erhöhe die Kohle die Wasserspeicherfähigkeit und unterstütze den Humusaufbau.


Humusaufbau wird belohnt:

Schon heute hat die Anwendung auch finanzielle Vorteile. Beim Projekt „Himmelserde“ in der Nähe von München (www.wisber.eu) erhalten Landwirte rund 20 € pro t CO₂, das sie in Form von Humus speichern. „Das soll dazu führen, dass sie freiwillig den Humusvorrat im Boden erhöhen, z.B. mit dem Einsatz von Biokohle“, erkärt Dr. Sebastian Meyer vom Beratungsunternehmen Wisber. Ein Prüflabor misst im Abstand von zwei Jahren den Bodenkohlenstoffgehalt. Pro Tonne CO₂, das die Landwirte im Humus speichern, wird ein Zertifikat zum Wert von 35 € z.B. an Veranstalter von Tagungen oder Privatkunden verkauft, die damit die bei Reisen und anderen Aktivitäten enstehenden CO₂-Emissionen freiwillig kompensieren. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich auf einem 2 ha-Schlag in zwei Jahren 75 t CO₂ binden ließen. Vorbild für dieses Projekt war die Ökoregion Kaindorf in Österreich, die das Konzept bereits seit mehreren Jahren verfolgt.


Das Beispiel zeigt, wie vielfältig der Einsatz von Biokohle ist. Meyer dazu: „Biokohle ist kein Ersatz für die Energiewende, sondern eine Unterstützung. Damit können wir CO₂ aus der Luft fixieren und den Klimawandel verlangsamen.“


Hinrich Neumann

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