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Biomassehof veredelt Hackschnitzel

Lesezeit: 6 Minuten

Im Bergischen Land ver-arbeiten BiomassehöfeWaldholz zu hoch-wertigem Brennholz und Hackschnitzeln. Das nutzt auch den privaten Wald-besitzern.


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Auf dem Biomassehof der Energiegenossenschaft Lieberhausen ist heute viel Betrieb. Ein Radlader füllt frische Waldhackschnitzel in einen Container. Monteure richten die neue Sternsiebmaschine. Und Bernd Rosenbauer koordiniert das Aufstellen der neuen Trocknungscontainer. „Die Nachfrage nach Energieholz ist in den letzten Jahren stark gewachsen, wir investieren jetzt noch einmal kräftig, um den ständig wachsenden Markt mit seinen gestiegenen Qualitätsanforderungen bedienen zu können“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Energiegenossenschaft Lieberhausen (EGL) in der Nähe von Gummersbach im Bergischen Land (Nordrhein-Westfalen).


Die EGL betreibt seit 2001 ein Holzheizwerk und versorgt damit 91 von 106 Häusern in dem kleinen Bioenergiedorf mit 330 Einwohnern. Im Jahr 2004 hatte die EGL eine Lagerhalle für die eigenen Hackschnitzel errichtet. „Aber dann haben immer mehr kommunale Heizwerke nach Hackschnitzeln gefragt, weshalb wir nach und nach auch in den Energieholzverkauf eingestiegen sind“, berichtet Rosenbauer.


Mit der Nachfrage sind auch die Ansprüche der Kunden gestiegen. Denn die ungesiebten Hackschnitzel aus Kronen- oder Industrieholz besitzen jede Menge Feinanteile, aber auch Übergrößen. Auch haben die Schnitzel bei Lufttrocknung in der Halle immer noch einen Restfeuchtegehalt von 35 %. Nicht alle Hackschnitzelheizungen kommen damit klar, musste Rosenbauer feststellen. „Damit die Anlagen möglichst störungsfrei, verschleißarm und sauber laufen, wollten die Kunden gesiebtes und getrocknetes Material“, schildert er.


Seitdem siebt die EGL die Hackschnitzel vor der Trocknung. Die neue Sternsiebmaschine für 320 000 € holt Feinanteile und Übergrößen heraus. Eine Magnetwalze fischt zudem noch Metallgegenstände heraus. Das Feinmaterial will Rosenbauer zu Briketts oder Pellets pressen, eine Maschine dafür soll demnächst installiert werden. Die Übergrößen verheizt die EGL in der eigenen Anlage. „Damit haben wir eine optimale Verwertung auch von diesem Material sichergestellt“, beschreibt Rosenbauer.


Holz wird getrocknet:

Nach dem Sieben trocknet die EGL die Hackschnitzel in Containern. Anfangs hat sie dafür Behälter mit Lochboden eingesetzt, sogenannte Flächentrockner, bei denen die warme Luft das Hackgut von unten nach oben durchströmt. „Sie bringen durchaus sehr gute Ergebnisse, haben aber den Nachteil, dass die warme Luft die Kondensationszone vor sich herschiebt“, erklärt der Geschäftsführer. In dem Fall sind die unteren Partien schon trocken, während die oberen noch nass sind.


Um das zu umgehen, verwendet die EGL jetzt Container, bei denen die warme Luft aus einem mittig angeordneten Kanal waagerecht das Trocknungsgut durchströmt und durch perforierte Außenwände abgeführt wird. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige und schnelle Trocknung. An den Warmluftkanal können in Lieberhausen im Endausbau bis zu 16 Container gleichzeitig angeschlossen werden.


Die etwa 80 °C warme Luft wird in einem Trockner mit 650 kW Leistung erzeugt. Das Gerät ist an die bestehende Hackschnitzelheizung angeschlossen. In zwei Tagen trocknet das Holz von 45 % Restfeuchte auf ca. 25 % herunter. Demnächst will die EGL zusätzlich noch einen Holzvergaser mit Blockheizkraftwerk installieren (45 kW elektrisch, 110 kW thermisch) und den erzeugten Strom für den Betrieb des Heizwerkes und die Wärme fürs Nahwärmenetz sowie zum Trocknen nutzen.


Das Holz verkauft die EGL am liebsten nach Kilowattstunde Wärme. „Das ist für alle Beteiligten eine faire und kalkulierbare Abrechnungsvariante. Durch Sieben und Trocknen erhöhen wir Wertschöpfung und Wirkungsgrad“, begründet Rosenbauer das.


Der Biomassehof ist nicht der einzige in der Region. Bis zum Jahr 2012 haben sich bereits fünf dieser Vermarktungszentren in der Region neu gegründet oder erweitert. „Sie werden von Forst- und Landschaftspflegebetrieb, aber auch von Landwirten betrieben“, berichtet Regina Schulte vom Zentrum für Bioenergie (Zebio) in Gummersbach. Das Zebio berät die Biomassehof-Betreiber im Rahmen des Bundesprojektes BioEnergieDialog (siehe Kasten Seite 38) beim Einstieg. „Einige Biomassehöfe sind auch im Contracting tätig, d. h. sie betreiben mit ihrem Holz eine Hackschnitzelanlage an Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen und verkaufen der Kommune die Wärme“, erklärt Schulte.


Großes Holzangebot.

Das Holz kaufen die Biomassehöfe über das Regionalforstamt Bergisches Land und die Forstbetriebsgemeinschaften zu. Holz gibt es theoretisch genug: Der Waldanteil liegt in der Gegend bei 40 %. Nach einer Holzclusterstudie steht jedes Jahr ein nachhaltiges Potenzial von 52 000 t Holz (absolut trocken, kurz: atro) zur Verfügung. Davon sind 25 000 t noch ungenutzt. Das Problem dabei: 88 % der Fläche liegt im Privatwald. „Der durchschnittliche Waldbesitzer hat 2,5 ha Fläche verteilt auf 5 Einzelflächen“, beschreibt Zebio-Mitarbeiter Peter Sprenger.


Dazu kommt, dass nur 68 % der Privatwaldfläche in Forstbetriebsgemeinschaften organisiert ist und viele Besitzer heute auch gar nicht mehr vor Ort wohnen. „Viele Eigentümer haben den Bezug zum Wald verloren, außerdem haben früher Pflegemaßnahmen meist Geld gekostet und der Holzverkauf hat wenig eingebracht“, erklärt Raphael Traut vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW.


Privatwald im Fokus:

Das hat sich jedoch geändert. Der Holzpreis ist deutlich gestiegen. Aus diesem Grund sprechen das Regionalforstamt und das Zebio verstärkt Privatwaldbesitzer an und machen sie auf die Vorteile einer professionellen Durchforstung aufmerksam. Die Ernte organisiert in diesem Fall der örtliche Revierförster, der geeignete Flächen auswählt, die anfallenden Kleinmengen bündelt und die örtlichen Forstunternehmen beauftragt. Auf Modellflächen haben sich je nach Holzqualität pro Hektar 22 bis 300 Schüttraummeter Hackschnitzel ernten lassen. „Die hohen Werte dieser Spanne ergeben sich, wenn wenig Wertholz anfällt und das Holz fast ausschließlich zu Energieholz verarbeitet wird“, erläutert Sprenger.


Die Bereitstellungskosten für Ernte, Rücken, Hacken und den Transport zum Biomassehof liegen auf diesen Flächen zwischen 13 und 34 €, hat eine Studie des Zebio ergeben. Immer, wenn zusätzlich auch Wertholz anfällt, sind die Kosten tendenziell niedriger.


Neben Hackschnitzeln findet auch Scheitholz starken Absatz über die Biomassehöfe. So konnte eine Forstbetriebsgemeinschaft ihre Vermarktung von jährlich 500 Festmeter bis zum Jahr 2012 auf 1 000 Festmeter allein im ersten Quartal 2013 steigern (zur Umrechnung: Ein Festmeter entspricht je nach Holzart 2,0 bis 2,4 Schüttraummetern Scheitholz).


Der Erlös für das Scheitholz liegt bei 40 bis 60 € je Festmeter frei Waldstraße, bei dem ungehackten Roh-holz für Hackschnitzel zwischen 3 und 8 € je Festmeter frei Waldstraße.


Von der Mobilisierung der Holzreserven in den Privatwäldern profitieren alle, wie Sprenger erläutert: „Die Pflege des Waldes bringt dem Waldbesitzer bessere Holzqualitäten, Lohnunternehmer und Biomassehöfe haben eine bessere Auftragslage und die Betreiber von Hackschnitzel-Heizungen eine gesicherte Rohstoffquelle für ihren Brennstoff.“

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