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Direktvermarktung: Trend geht zum Fahrplanbetrieb

Lesezeit: 6 Minuten

Viele Biogaserzeuger haben bei der Direktvermarktung bislang auf Regelenergie gesetzt. Doch die Preise sind teilweise stark eingebrochen. Jetzt sind neue Märkte gefragt.


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Wir schreiben das Jahr 4 der Direktvermarktung für Biogasanlagen. Diese hat der Gesetzgeber mit dem Erneuerbare-Ener-gien-Gesetz (EEG) Anfang 2012 eingeführt. Mittlerweile ist das Thema Alltag auf den Höfen, fast 80 % der rund 8 000 Anlagenbetreiber in Deutschland vermarkten ihren Strom heute über einen Stromhändler, zeigt eine Auswertung des Fraunhofer Institutes für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) aus Kassel. Und 2 200 von ihnen haben die Flexibilitätsprämie beantragt, um mit ihrer Hilfe die Anlage für die bedarfsgerechte Stromerzeugung umzurüsten.


Regelenergie-Preise sinken:

Aber die Biogasanlagenbetreiber müssen sich nicht nur mit neuen Technologien und einem neuen Management der Anlagen beschäftigen. Auch an neue Strom­märkte müssen sie sich gewöhnen. Bis vor einem Jahr war der Regelenergiemarkt für viele sehr interessant. Bei diesem bieten die Betreiber keinen Strom, sondern die Anlagenleistung an. Die Übertragungsnetzbetreiber rufen Regelleistung ab, um die Frequenz im Stromnetz auf 50 Hertz zu halten. Dabei unterscheidet man positive und negative Regelenergie, je nachdem, ob die Anlage bei zu wenig Strom im Netz hochgefahren (positiv) oder bei einem Überschuss heruntergefahren (negativ) wird. Eine weitere Unterscheidung betrifft die Reaktionszeit: Als erstes wird die Primärregelleistung (PRL) abgerufen, dann folgt die Sekundärregelleistung (SRL) und zum Schluss die Minutenreserveleistung (MRL). „Stromhändler haben in unserer Umfrage die SRL als interessantes Produkt genannt, um zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften“, berichtet Daniela Wachter von der Leuphana Universität Lüneburg, deren Team in einem deutschlandweit einmaligen Forschungsprojekt zusammen mit Projektpartnern aus der Praxis die Direktvermarktung von Biogasstrom aus wirtschaftlicher Sicht untersucht hat. Dabei haben die Wissenschaftler erstmals den Markt mit seinen Teilnehmern sowie verschiedene Erlösoptionen für Anlagenbetreiber analysiert.


Bei den Erlösen für Regelenergie muss man zwischen Leistungs- und Arbeitspreis unterscheiden. Den Leistungspreis erhält der Betreiber, wenn er die Anlage erfolgreich anbietet. Der Arbeitspreis wird dagegen nur dann fällig, wenn die Anlage tatsächlich „aufgerufen“ wird.


SRL-Preis schwankt:

Die SRL hat sich dabei in der Tat als sehr interessant gezeigt. Allerdings schwankt der Preis. Der mittlere Leistungspreis für positive SRL lag in den Jahren 2011 bis 2014 zwischen 50 und 1 500 Euro pro Megawatt Anlagenleistung (€/MW), der mittlere Leistungspreis für negative SRL zwischen 100 und 3 000 €/MW. „Dabei ist die Tendenz bei der positiven SRL leicht steigend, bei der negativen dagegen fallend“, berichtet Wachter.


Die mittleren Grenzarbeitspreise für die positive SRL bewegten sich um 90 € pro Megawattstunde (MWh), für negative um 10 €/MWh. „Tendenziell sinken die Grenzarbeitspreise für positive SRL, für negative nehmen sie leicht zu“, schildert Wachter.


Bei der Minutenreserve (MRL) lag der mittlere Leistungspreis für die positive MRL häufig bei 0 €/MW, der der negativen SRL dagegen selten über 50 €/MW. Auch bei den mittleren MRL-Grenzarbeitspreisen können, zumindest im Fall der positiven MRL, die SRL-Dimensionen nicht erreicht werden. Dazukommt, dass die Minutenreserve erst bei längeren Störungen angefordert wird. Die Abrufstatistik zeigt, dass von Anfang 2011 bis Ende 2014 rund 8 Mrd. kWh negative MRL und 4,3 Mrd. kWh positive MRL abgerufen wurden. Die Mengen abgerufener Sekundärregelleistung im selben Zeitraum betragen 34,7 Mrd. kWh negativer SRL und 21,8 Mrd. kWh positiver SRL.


Deutlich mehr Erlös bietet zwar die Primärregelleistung (PRL), bei der nicht zwischen positivem und negativem Angebot unterschieden wird. Hier lag die Spanne bei den mittleren Leistungspreisen zwischen 4 000 und 6 000 €/MW. Allerdings kommt sie nur für wenige Anlagen in Betracht, da die gesamte angebotene Leistung innerhalb von 30 Sekunden zur Verfügung stehen muss und die Anlagen dafür nicht im Start/Stopp-Betrieb laufen, sondern im Dauerbetrieb. Denn nur so können die Blockheizkraftwerke die kurze Reaktionszeit erfüllen. „Auch sonst stellt die PRL technisch hohe Anforderungen“, erklärt die Wissenschaftlerin.


Im Markt der Regelenergie können sich die Abrufhäufigkeit und die Höhe der Arbeitspreise von Regelzone zu Regelzone stark unterscheiden, also in den Gebieten, für die die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, TransnetBW, 50Hertz und Amprion zuständig sind. „Die Preisentwicklung im Regelenergiemarkt ist nur schwer abschätzbar“, resümiert Wachter. Zudem ist die Zahl der Stromhändler vor allem bei der Sekundärregelleistung stark gestiegen, der Markt ist jedoch auf rund 2 000 bis 2 500 MW begrenzt.


Als Alternative gilt die flexible Fahrweise zur bedarfsgerechten Stromeinspeisung. Dabei liefern die Betreiber nur zu den Stunden tagsüber Strom, an denen der Strompreis am höchsten ist, also vor allem vormittags und nachmittags.


Weniger Stromhändler:

Mehrerlöse hängen auch von der Kompetenz und dem Angebot der Direktvermarkter ab. Die Zahl der Unternehmen hat in den letzten Jahren zunächst zugenommen. Neben den neu gegründeten Handels­unternehmen drängen auch immer mehr große, etablierte Energieversorger in den Markt. Mittlerweile hat aber schon eine Marktbereinigung eingesetzt, die noch weiter voranschreitet. Einige der 32 von der Uni Lüneburg untersuchten Direktvermarkter sind bereits wieder vom Markt verschwunden.


Strategien für Betreiber:

„Bei Wahl des Stromhändlers sollten Anlagenbetreiber darauf achten, dass er kompetent ist und über einen großen Pool an Anlagen verfügt“, erklärt Mathias Schneider (Uni Lüneburg), der ebenfalls am Projekt mitgearbeitet hat. Erfahrene Direktvermarkter können auch einen höheren Erlös für den Anlagenbetreiber erwirtschaften und ausbezahlen, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen.


Es gibt unterschiedliche Strategien, wie Biogaserzeuger und Direktvermarkter zusammenarbeiten können. Die Uni Lüneburg hat aus ihrer Analyse des Marktes folgende Empfehlungen abgeleitet:


  • Schließen sich Landwirte zu einer Erzeugergemeinschaft (EZG) zusammen, ist die Verhandlungsposition besser, sie erhalten bei der Vermarktung in der Regel bessere Konditionen. Dabei können die EZG jeweils mit nur einem Direktvermarkter oder auch mehreren zusammenarbeiten.
  • Vermarkten die Landwirte Strom über das Marktprämienmodell und kassieren bei kontinuierlicher Stromerzeugung Markt- und Managementprämie, sollten sie keine Verträge abschließen, in denen die Kosten für Ausgleichs­energie für jede Anlage einzeln berechnet werden. Diese Kosten fallen an, wenn eine Anlage unerwartet ausfällt. Gehören die Anlagen zu einem Pool, kann der Direktvermarkter innerhalb des Pools für Ausgleich sorgen und so die Kosten minimieren.
  • Bei der bedarfsgerechten Stromerzeugung sollte der Anlagenbetreiber den Fahrplan selbst erstellen und dafür alle Zusatzerlöse kassieren. Das hat sich als lukrativer erwiesen, als wenn der Vermarkter den Fahrplan erstellt, dafür aber einen Teil der Erlöse erhält.
  • Bei der Vermarktung von Regelenergie hat sich als günstig erwiesen, wenn der Anlagenbetreiber einen festen Anteil vom durchschnittlich im Monat erzielten Leistungspreis erhält. Das ist dann vielleicht nicht immer das Maximum der Erlöse, aber besser zu kalkulieren. Beim Arbeitspreis sollte er mit dem Direktvermarkter einen Grundbeitrag und eine variable Beteiligung an den Erlösen vereinbaren. „Der Anlagenbetreiber sollte zudem mit seinem Direktvermarkter eine passende Strategie entwickeln, ob er häufiger oder weniger häufig aufgerufen werden will“, rät Schneider.


Die Ergebnisse des Projekts werden in Kürze in einem Leitfaden veröffentlicht, den Sie unter www.leuphana.de/professuren/finanzierung-finanzwirtschaft/forschung/aktuell/fe-biogas.html abrufen können. Hinrich Neumann

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