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Der Käfer dreht jetzt erst richtig auf!

Lesezeit: 5 Minuten

Stürme, Dürre und immer mehr Borkenkäfer drängen die Fichte massiv zurück. In den kommenden Monaten könnten in vielen Regionen noch mehr Bäume dem Käfer zum Opfer fallen.


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Das Drama um die Fichte, dem Brotbaum der deutschen Waldbesitzer, geht weiter: 2018 hatte mit den Frühjahrsstürmen, der Rekorddürre und der massenhaften Vermehrung des Borkenkäfers den Grundstein für ein großflächiges Fichtensterben gelegt (siehe top agrar 12/2018 ab S. 46). Jetzt könnten viele der bislang verschonten Bestände der Kombination aus Trockenheit und Käfermassen zum Opfer fallen.


Zwar sind die Stürme weitgehend ausgeblieben, das Winterhalbjahr haben aber große Teile der Borkenkäfer überlebt. „Experten gehen davon aus, dass nur neun Prozent der Käfer den Winter nicht überstanden haben“, erklärt ein Förster aus dem Hochsauerlandkreis (NRW).


Frühstart der Käfersaison


Schon im Februar 2019, als die Temperaturen bereits mehrere Tage lang auf über 15 °C anstiegen, begannen die überwinterten Borkenkäfer mit dem Flug und befielen neue Fichten. Zwar bremste die kühle Witterung Ende April und im Mai die Entwicklung der Käfer, gleichzeitig verschärfte sich der Wassermangel in großen Teilen Deutschlands erneut. Die tief ausgetrockneten Bodenspeicher sind bislang nicht ansatzweise wieder aufgefüllt.


Anfang Juli zeichnete sich folgendes Bild ab: Im Vorjahr abgestorbene Bäume verrotten auf dem Stock. Gleichzeitig greift der Käfer massiv bislang gesunde Bestände an, da auch diese inzwischen dürrebedingt nicht mehr genug Harz zur Verteidigung produzieren können.


Damit sind Waldbesitzer und Forstunternehmer derzeit doppelt gefordert: Die wenigen verfügbaren Harvester sind oftmals noch mit der Aufarbeitung der 2018er Sturm- und Käferschäden beschäftigt, gleichzeitig müssten frisch befallene Bäume gefunden und möglichst schnell aus den Beständen entfernt werden. „Der Käferdruck ist aber vielerorts inzwischen so massiv, dass Waldbesitzer auch damit nicht hinterherkommen“, beschreibt ein nordhessischer Förster die Lage. Auch weitere Maßnahmen gegen den Käfer versprechen höchstens punktuellen Erfolg, wie z.B. das Aufstellen von Fallen oder das Schälen der entnommenen Bäume.


Zunehmend würden jetzt auch Fichten in Lagen befallen, die im vergangenen Jahr noch keine Käfer anlockten. Waren 2018 Bestände in tieferen Lagen, wie z.B. im Münsterland (NRW), an den sonnenausgesetzten Südhängen (z.B. im Harz) und auf trockeneren Böden betroffen, zeigen sich inzwischen auch immer mehr befallene Bäume in höheren Lagen, auf sonnenabgewandten Nordhängen und auf bislang vermeintlichen „Gesundlagen“.


Immer mehr Waldbesitzer fragen sich inzwischen, was nach der Fichte kommen soll. Zwar verjüngt sich die Fichte auf vielen Sturm- und Käferflächen gut selbst, aber ob daraus jemals verkaufsfähige Bäume werden, bezweifeln viele Waldbesitzer mittlerweile. Experten raten zu Mischbepflanzungen aus Laub- und Nadelbäumen, wobei der Klimawandel auch anderen Arten (z.B. Buchen) zunehmend Probleme bereitet. Sie empfehlen z.B. Küsten- und Weißtannen, Roteichen, aber auch Esskastanien und Platanen zu pflanzen.


Preise weiter im Keller


Der massenhafte Anfall von Sturm- und Käferholz belastet weiterhin den Markt und die Preise. Während immer noch viele Polter aus dem Vorjahr an den Waldwegen (teils unter Folie, teils geschält) auf die Abfuhr warten, kommen täglich frisch geschlagene Stämme aus Notfallmaßnahmen hinzu.


Das große Angebot hält die Preise für Stammholz weiterhin unter 50 €/Festmeter (fm), Paletten- und Industrieholz sind kaum noch absetzbar. Für Waldhackschnitzel gibt es teils keinen Preis mehr. Auch Konkurrenzprodukte wie z.B. Kiefer stehen durch das große und günstige Fichtenangebot preislich unter Druck. Holzmarktexperten rechnen inzwischen mit einem länger anhaltenden Preistal für die Fichte, solange notgedrungen das Zwei- bis Dreifache der üblichen Jahresmenge eingeschlagen werden muss.


Hilfen angekündigt


Mehrere Bundesländer haben inzwischen finanzielle Hilfen in Millionenhöhe für die Waldbesitzer angekündigt. Vom Bund sind 25 Mio. € über fünf Jahre zugesagt. „Das reicht aber nicht einmal ansatzweise und ist auch noch kompliziert zu beantragen“, kritisiert der Waldbesitzerverband. Eine Entschädigung von 3 €/fm bei nachgewiesenen Käferschäden sei viel zu wenig.


Inzwischen ist der Borkenkäfer und die Notlage in den Wäldern auch in Berlin angekommen: Kurz vor der Sommerpause kündigten sowohl Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner als auch Kanzlerin Merkel Hilfen an: Man wolle Waldbauern in besonderer Weise unter die Arme greifen, sagte die Kanzlerin in ihrem Videopodcast.


Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner schlug ein groß angelegtes Programm zur Wiederaufforstung in Deutschland vor. So massive Waldschäden durch Brände, Dürre, Stürme und Schädlinge habe es bislang kaum gegeben. Rund 110000 ha Wald seien verloren gegangen. Mehrere Millionen Bäume müssten neu angepflanzt werden. Finanzieren will Klöckner die Maßnahme aus dem Energie- und Klimafonds. Details fehlen noch, einen Namen gibt es aber bereits: „Mehrere-Millionen-Bäume-Programm“.


christian.brueggemann@topagrar.com

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