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„Nicht immer ist ein Flächenausgleich nötig“

Lesezeit: 4 Minuten

Bis 2020 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf 30 ha pro Tag drücken. Davon ist sie noch meilenweit entfernt. Aktuell verlieren die Bauern jeden Tag fast 90 ha. top agrar hat die Bundeskanzlerin gefragt, wie sie das Problem anpacken will.


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Frau Bundeskanzlerin, die Landwirte haben in den vergangenen 20 Jahren über 800 000 ha eingebüßt. Das entspricht der Landwirtschaftsfläche von Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Jetzt fordert der Deutsche Bauernverband ein Flä­chen­schutzgesetz für Agrarland. Ist das nicht berechtigt?


Merkel: Wir müssen mit landwirtschaftlichen Flächen so sorgfältig und sparsam wie möglich umgehen. Deshalb dürfen sie seit 2010 bei Eingriffen in Natur und Landschaft nur noch dann als Ausgleich in Anspruch genommen werden, wenn es tatsächlich keine Alternative gibt. Diese Regelung ist neu und greift jetzt nach und nach. Im nächsten Schritt wollen wir eine weitere Ausdehnung der Siedlungsfläche begrenzen, indem wir die Innenentwicklung der Städte und Gemeinden stärken. Dazu ändern wir das Bauplanungsrecht.


Aber wir wollen noch mehr tun. So arbeiten wir gemeinsam mit den Ländern an neuen Regeln für Ausgleichs- und Ersatzflächen beim Ausbau der Stromnetze, um speziell landwirtschaftliche Flächen zu schonen. Das wollen wir bis zum Sommer schaffen.


Außerdem haben Bund-/Länder-­Arbeitsgruppen Vorschläge zur besseren Nutzung vorhandener Regelungen erarbeitet, zum Beispiel zur so genannten Entsiegelung oder zur Renaturierung von Flächen. Auch davon erwarte ich konkrete Verbesserungen.


Schon vor 10 Jahren hat die Bundesregierung beschlossen, den Flä­chenverbrauch auf 30 ha pro Tag zu reduzieren. Warum kommt die Politik dem Ziel kaum näher?


Merkel: Es gibt Fortschritte, wie die Zahlen zeigen. Zwischen 2003 bis 2006 wurden täglich 113 Hektar für Siedlungen, Verkehr, Sport- und Freizeitzwecke gebraucht. Zwischen 2007 und 2010 waren es noch 87 Hektar. Aber wir wollen weiterkommen. Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen eng zusammenarbeiten. Der Staatssekretärs­ausschuss für nachhaltige Entwicklung hat darüber mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der Länder beraten.


Die Landwirte befürchten, dass die im Zuge der Energiewende notwen­digen neuen Stromtrassen den Flächenverbrauch noch weiter anheizen. Zu Recht?


Merkel: Wenn wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen wollen, sind neue Stromtrassen unverzichtbar. Alle Bauvorhaben werden selbstverständlich auf ihre Raum- und Umweltverträglichkeit geprüft. Die Betroffenen haben dabei umfangreiche Beteiligungs­möglichkeiten. Wir brauchen einen bestmöglichen Ausgleich zwischen dem Ausbau der Energie-­Infrastruktur, dem Schutz der landwirtschaftlichen Flächen und dem Naturschutz – zum Beispiel durch die geplanten neuen Regeln für Ausgleichs- und Ersatzflächen beim Ausbau von Stromnetzen.


Auf dem deutschen Bauerntag im vergangenen Jahr in Koblenz haben Sie gesagt: „Ein Strommast ist etwas anderes als ein Gebäude.“ Was heißt das?


Merkel: Ich habe zur Diskussion darüber angeregt, dass wir den Bau einer Windkraftanlage nicht genauso bewerten können wie den Bau eines Hauses. Dies gilt auch für neue Stromnetze, etwa um den Windstrom aus dem Norden in die Verbrauchszentren im Süden zu bringen. Strom aus Wind wird bei unserem künftigen Energiemix eine wichtige Rolle spielen. Wir brauchen dazu mehr Windkraftanlagen vor der Küste, aber auch im Land. Außerdem wollen wir alte Anlagen durch effizientere ersetzen.


Dabei ist jedoch nicht für jede Baumaßnahme ein Ausgleich in Form von Fläche nötig: Wir müssen die Spielräume des Naturschutzrechts noch stärker nutzen, ohne dass dies Abstriche beim Schutz der Natur bedeutet. Es geht darum, maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den Ländern.


Das Verkehrsministerium will die Infrastruktur ausbauen, das Wirt­schaftsministerium kämpft für neue Gewerbegebiete und Stromtrassen und das Umweltministerium für einen möglichst umfassenden ökologischen Ausgleich. Da bleiben die Landwirte schnell auf der Strecke. Wer sorgt für einen fairen Interes­senausgleich?


Merkel: Die Bundesregierung, denn alle Gesetze werden unter den Ressorts abgestimmt. Das Landwirt­schafts­ministerium redet bei allen Gesetzesvorhaben mit. Außerdem ist allen Ministern der Flächenschutz ein wichtiges Anliegen.


Wie geht es 2012 konkret weiter? Werden Sie die Gesetzesinitiative des DBV aufgreifen?


Merkel: Wie gesagt, die Ministerien arbeiten derzeit an einer Vielzahl von Maßnahmen für den Flächenschutz. Dabei prüfen wir natürlich auch die Vorschläge des Bauernverbandes. Denn es geht ja darum, Lösungen zu finden, die die unterschiedlichen Interessen ausgewogen berücksichtigen. Das müssen nicht unbedingt gesetzliche Änderungen sein. Manchmal ist es besser, vorhandene rechtliche Möglichkeiten geschickter zu nutzen.-sp-

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