Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Aus dem Heft

Steuern: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Lesezeit: 8 Minuten

Sonderabschreibungen, Investitionsabzugsbetrag, 6b-Rücklage – Sie haben einige Möglichkeiten, um Ihre Steuerlast zu senken. Doch was taugen diese Instrumente? Wie wirken sich diese auf Ihre Liquidität aus? Wir haben nachgerechnet.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Steuern sparen – das klingt erst einmal gut. Was die wenigsten dabei bedenken: Wer sich für eines der vielen Sparmodelle in der Landwirtschaft entscheidet, kann zwar davon zunächst profitieren, muss aber möglicherweise Jahre später mit Nachzahlungen rechnen.


Um herauszufinden, ob Sie tatsächlich Steuern sparen, reicht es daher nicht aus, nur das Jahr im Blick zu haben, in dem der Vorteil greift. Erst eine Langzeitbetrachtung bringt Licht ins Dunkel. Anhand von Beispielen haben wir die Folgen für drei typische Modelle in der Landwirtschaft simuliert: der Investitionsabzugsbetrag, die Sonderabschreibung und die 6b-Rücklage. Dabei sind wir so vorgegangen:


  • Unsere Kalkulationen berücksichtigen immer mehrere Jahre. Sie enden zu dem Zeitpunkt, wo der Einfluss des Steuermodelles nicht mehr greift.
  • Die Steuerlast der einzelnen Wirtschaftsjahre haben wir addiert und mit der Summe verglichen, die ohne das jeweilige Modell angefallen wäre.
  • Wir haben von Jahr zu Jahr schwankende Gewinne für den Beispielbetrieb unterstellt, was der Realität am nächsten kommt.
  • Grundlage für die Berechnungen ist der Splittingtarif 2018.
  • Wir haben nur landwirtschaftliche Einkünfte berücksichtigt.


Sonderabschreibung bringt’s


Heinrich Müller (Name geändert) hat in den vergangenen Wirtschaftsjahren trotz der mäßigen Schweinepreise immer schwarze Zahlen geschrieben. Sein Steuerberater rät ihm: „Kauf mal wieder eine Maschine. Sonst musst Du Steuern zahlen.“


Müller schafft sich daher im Wirtschaftsjahr 2018/2019 einen neuen Schlepper für rund 119000 € an (brutto). In seine Bilanz nimmt er die Maschine ohne die Mehrwertsteuer von 19% auf (100000 €). Normalerweise würde er diesen Buchwert über zehn Jahre abschreiben (10000 €/Jahr). Mit der Sonderabschreibung kann er aber zusätzlich zur regulären Abschreibung bis zu 20% des Buchwertes im Jahr der Anschaffung oder den vier Folgejahren ansetzen. Insgesamt darf Müller in den ersten fünf Jahren somit nicht nur 50000 €, sondern 70000 € abschreiben (20000 € zusätzlich).


Das bleibt nicht ohne Folgen: Nach fünf Jahren hat der Schlepper einen Buchwert von 30000 €. In der letzten Hälfte des Abschreibungszeitraumes kann Müller daher nur noch 6000 € pro Jahr abschreiben (30000 €/5 Jahre). Hätte er auf die Sonderabschreibung verzichtet, wären es 10000 €/Jahr. Müller muss daher in der zweiten Hälfte des Abschreibungszeitraumes mit einer höheren Steuerlast rechnen, weil er weniger abschreiben kann. Die Finanzverwaltung holt sich die am Anfang weniger gezahlten Steuern in den späteren Jahren fast komplett zurück.


Inwieweit die höhere Steuerlast in den letzten Jahren des Abschreibungszeitraumes die Ersparnis wieder vernichtet, hängt von der Höhe des Einkommens ab. Denn die ersten Euro versteuert der Staat nicht so stark wie die letzten. Experten sprechen von steigenden Grenzsteuersätzen. Diese geben den Satz an, mit dem das Finanzamt jeden zusätzlichen Euro besteuert. Ab einem Einkommen von 110000 € liegt der Grenzsteuersatz bei 42%, ab 522000 € bei 45%.


Der Grenzsteuersatz ist nicht zu verwechseln mit dem durchschnittlichen Steuersatz, mit dem Sie Ihr Einkommen versteuern müssen. Dieser ergibt sich aus den einzelnen Grenzsteuersätzen. Der Durchschnittssatz nähert sich mit steigendem Einkommen aber dem Grenzsteuersatz an.


Müller kalkuliert mit einem Einkommen von 44000 €, seine Ersparnis nach dem Ende des Abschreibungszeitraumes beträgt 344 € (Übers. 1, Seite 51). Bei einem Einkommen von „nur“ 29000 € würde der Vorteil etwas höher ausfallen (1456 €). Bei einem Gewinn von mehr als 128000 € ist kein Effekt mehr vorhanden, da ein zusätzlich verdienter Euro in diesen Einkommensklassen genauso viel Steuern auslöst, wie ein weniger verdienter Euro Steuern spart.


Von der Sonderabschreibung profitieren somit vor allem Betriebe mit niedrigen Gewinnen. Für Betriebe, die langfristig mit sehr guten Ergebnissen kalkulieren können, ist der Nutzen eher geringer.


IAB nicht immer geeignet


Beliebt ist auch der Investitionsabzugsbetrag (IAB). Mit diesem können Sie bereits bis zu drei Jahre vor dem Kauf eines „beweglichen“ Wirtschaftsgutes bis zu 40% der Anschaffungskosten absetzen. Nach dem Kauf müssen Sie den IAB entweder dem Gewinn im Jahr der Anschaffung aufschlagen oder vom Buchwert des Wirtschaftsgutes abziehen.


Angenommen Müller kauft im Wirtschaftsjahr 2018/2019 den Schlepper für 100000 €. Dann hätte er bereits drei Jahre zuvor einen IAB in Höhe von 40000 € (40% von 100000 €) bilden und sofort absetzen können. Mit dem Kauf müsste er dann aber den IAB auflösen und auf seinen Gewinn aufschlagen oder vom Buchwert des Traktors abziehen.


Ergebnis: Wie bei der Sonderabschreibung profitieren vom IAB Betriebe mit einem geringen und mittleren Einkommen. Müller spart, je nachdem wie er den IAB auflöst, zwischen 830 € und 4450 € (Übersicht 2, Seite 52).


Wenn Müller dauerhaft mit hohen Gewinnen rechnen kann, zahlt sich der IAB nicht aus. Wer einen IAB bildet und dann doch keine neue Maschine kauft, der muss diesen im Übrigen auflösen und nachträglich versteuern.


6b-Rücklage lohnt sich


Wenn Sie Wirtschaftsgüter verkaufen oder Ihre Kommune z.B. einen Teil Ihrer Fläche für den Bau einer Straße enteignet, stehen Sie vor einem Problem. Denn die Differenz zwischen dem Buchwert der Flächen und deren Verkehrswert müssen Sie versteuern (stille Reserve). Wenn Sie das Geld aus dem Verkauf hingegen wieder in neue Wirtschaftsgüter reinvestieren, können Sie steuerfrei ausgehen. Die Vorschriften dazu regelt Paragraf 6b des Einkommensteuergesetzes. Danach fallen für stille Reserven aus dem Verkauf von Grundstücken keine Steuern an, wenn Sie diese innerhalb von vier Jahren wieder in Grund und Boden investieren. Wer ein Gebäude baut, hat bis zu sechs Jahre Zeit.


Sie bilden daher zunächst mit der stillen Reserve eine steuerfreie Rücklage in der Bilanz und „übertragen“ diese auf die neue Fläche bzw. das Gebäude. „Übertragen“ bedeutet in diesem Sinne: Vom Buchwert der neuen Flächen bzw. Gebäude ziehen Sie die Rücklage ab und nehmen das neue Wirtschaftsgut mit dem Restbetrag in Ihre Bilanz auf. So können Sie den Verkaufserlös steuerneutral investieren. Erst wenn Sie die Fläche weiter verkaufen, decken Sie die stille Reserve auf. Bilden Sie dann nicht erneut eine 6b-Rücklage, müssen Sie Steuern zahlen. Die Rücklage ist daher mit einem zinslosen Steuerdarlehen vergleichbar. Beachten Sie aber:


  • Den Gewinn aus dem Verkauf von Gebäuden dürfen Sie steuerfrei in neue Gebäude investieren, nicht aber in Grund und Boden.
  • Den Gewinn aus dem Verkauf von Grund und Boden können Sie hingegen entweder in neue Gebäude oder in Grundstücke investieren.
  • Sie können auch nur Teile der stillen Reserve auf neue Wirtschaftsgüter übertragen, dann fallen aber für die Restbeträge Steuern an.


Beispiel: Müller verkauft im Jahr 2017 1ha Ackerfläche für 70000 €. Die Fläche stand mit 15000 € in der Bilanz (Buchwert). Die stille Reserve beträgt 55000 € (70000 € – 15000 €). Damit er diesen Betrag nicht voll versteuern muss, will er mit dem Geld ein Grundstück kaufen. Er bildet daher eine 6b-Rücklage. ▶


Vier Jahre später kauft Müller für 60000 € eine Fläche und überträgt die komplette 6b-Rücklage von 55000 €. Er muss somit für den Verkauf keine Steuern zahlen. Allerdings ist Müller gezwungen, von dem Buchwert der neuen Fläche die 55000 € abzuziehen. Anstatt der 60000 € kann er die neue Fläche nur mit 5000 € in seiner Bilanz verbuchen.


Da Grund und Boden nicht abgeschrieben werden, macht sich der niedrige Wert zunächst nicht bemerkbar. Wenn Müller hingegen die Fläche später weiterverkauft, wird der niedrige Buchwert zu einem Problem. Angenommen Müller verkauft die Fläche im Wirtschaftsjahr 2028 für 80000 €. Dann deckt er eine stille Reserve von 75000 € auf (80000 € – 5000 €). Bildet er keine neue Rücklage muss er die stille Reserve versteuern.


Den steuerlichen Effekt haben wir in der Übersicht 3 simuliert (Variante 1). Ergebnis: In unserem Beispiel fallen sogar mehr Steuern als im Vergleich zu Variante 3 an. In der haben wir unterstellt, dass Müller beim Verkauf der ersten Fläche in 2017 gar keine 6b-Rücklage bildet.


Noch stärker würde Müller bestraft, wenn er die 6b-Rücklage bildet und anschließend gar nicht oder nur teilweise überträgt (Übers. 3, Variante 2). Denn dann muss er diese bzw. Teile davon nachträglich versteuern – inklusive eines Zuschlages von 6% für jedes Jahr, in dem er die Rücklage nicht aufgelöst hat.


Tipps für die Praxis


Unsere Berechnungen zeigen, dass sowohl von der Sonderabschreibung als auch dem IAB die meisten Betriebe profitieren. Die 6b-Rücklage zahlt sich sogar immer aus, weil Ihnen ohne Sofortversteuerung mehr Vermögen zum Investieren bleibt. Gleichzeitig baut sie aber einen Investitionsdruck auf, der auch die Bodenpreise treibt.


Wenn Sie den Kauf einer neuen Maschine in Angriff nehmen, um Steuern zu sparen, sollten Sie folgendes im Blick haben:


  • Mit dem Kauf einer neuen Maschine können Sie Steuern sparen. Wer sich diese aber nur zulegt, um damit dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen, der sollte die höheren Produktionskosten, den höheren Mechanisierungsgrad und die dadurch geringere Auslastung je Maschine bedenken.
  • Der gestundete Steuerbetrag kann in Zeiten fällig werden, in denen die Erzeugerpreise einbrechen. Je größer diese steuerlichen Altlasten sind, desto größer ist die Gefahr für Ihre Liquidität.
  • Haben Sie eines der Steuersparmodelle nur für eine einzelne Maschine genutzt, mag das noch verkraftbar sein. Wurden jedoch jahrelang bei jeder kleinen oder großen Investition alle steuerlichen Register gezogen, können die Altlasten zu einem Problem werden.
  • Die Steuersparmodelle laufen oft unter dem Radar des Unternehmers. Hand aufs Herz: Wer erinnert sich heute noch daran, dass er 2012 einen IAB auf den neuen Melkroboter übertragen hatte?


diethard.rolink@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.