Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Wenn es Ärger im Verein gibt …

Lesezeit: 8 Minuten

Ohne Vereine wären viele Dörfer nur halb so lebendig. Wer sich engagiert, sollte jedoch die rechtlichen Fallstricke kennen. Mehr dazu von Björn Schöbel*, Rechtsanwalt im hessischen Friedrichsdorf.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

L andwirte sind umtriebig, verantwortungsbewusst und gern bereit, sich für das Gemeinschaftsleben im Dorf zu engagieren. Als normales Mitglied in einen Verein einzutreten, ist meist unproblematisch – die Vorstandsarbeit ist hingegen nicht zu unterschätzen. Was viele nicht wissen: Läuft etwas schief, können Sie sich nicht auf Unkenntnis berufen – wer ein Vorstandsamt übernimmt, signalisiert, dass er zur Ausfüllung in der Lage ist!


Haftungsfallen für den Vorstand:

Killer Nummer eins für ein friedliches Vereinsleben ist das Geld. Entstehen Geldforderungen von Außenstehenden, z. B. durch Unfälle, versäumte Pflichten oder defizitäre Vereinsfeste, sind die Finanzreserven im Verein meist schnell erschöpft. Dann kommt oft die Frage auf, ob der Vorstand oder sogar die Mitglieder zahlen müssen. Dazu ist zu sagen, dass ein eingetragener Verein (e.V.) als juristische Person für seine handelnden Personen grundsätzlich mit dem Vereinsvermögen haftet.


Allerdings ist das kein Freibrief: Bei pflichtwidrigem Handeln können Vorstandsmitglieder persönlich zur Verantwortung gezogen werden – unter verschärften Bedingungen auch solche, die komplett ehrenamtlich arbeiten.


Als „normales“ Mitglied haften Sie hingegen grundsätzlich nicht für Vereinsschulden. Auch kann keiner von Ihnen verlangen, Geld per Umlage o. ä. nachzuschießen, wenn es finanziell eng wird. Ausnahme: Es gibt besondere Regelungen, z. B. in der Satzung. Als Mitglied haften Sie bei der Vereinsarbeit nur für Schäden, die Sie direkt verursacht haben. Beispiel: Zerstören Sie bei der Vorbereitung eines Vereinsfestes versehentlich eine Fensterscheibe, müssen Sie oder Ihre Versicherung den Schaden ersetzen.


Als Vorstand laufen Sie hingegen schon Gefahr, zur Verantwortung gezogen zu werden, wie einige Beispiele zeigen:


  • Obwohl bekannt ist, dass die Reithallentür gefährlich klemmt, verschiebt der Vorstand eines Reitvereins immer wieder die dringend notwendige Reparatur. Eines Tages springt sie vollends aus der Führungsschiene und verletzt eine Person. Diese wendet sich an den Verein. Die Haftpflichtversicherung des Vereins zahlt zwar, kann aber den Verein und dieser gegebenenfalls den Vorstand in Regress nehmen, wenn er grob fahrlässig gehandelt hat. Je nach Verschuldensgrad und Regelung in der Satzung kann der Verein den Vorstand aber von der Haftung freistellen.
  • Der Vorstand eines gemeinnützigen Schützenvereins kümmert sich aus Unkenntnis nicht um die steuerlichen Pflichten des Vereins. Daraufhin entzieht das Finanzamt ihm die Gemeinnützigkeit und veranlagt nach Schätzung Körperschafts-, Gewerbe- sowie Umsatzsteuer. Bei Steuerstrafvergehen kann sich das Finanzamt mit seinen Steuernachforderungen sowie Säumnis- und Verspätungszuschlägen direkt an den Vorstand mit seinem Privatvermögen halten.
  • Um Zuschüsse von einer Stiftung zu erhalten, auf die der Verein sonst keine Ansprüche hätte, macht der Vorstand bewusst falsche Angaben über den Verein. Fliegt der Betrug auf, muss der Vorstand die Fördermittel aus eigener Tasche zurückzahlen, vor allem, wenn der Verein selbst kein Geld mehr hat.
  • Ein Verein ist seit Monaten zahlungsunfähig. Doch der Vorstand kümmert sich nicht darum, lässt Verträge, z. B. für Versicherungen, weiter laufen. Mitglieder des Vorstandes sind aber verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, wenn der Verein insolvent ist. Für den Schaden, der aus den Verzögerungen der Insolvenzantragstellung entsteht, haftet der Vorstand persönlich und macht sich strafbar.
  • Noch etwas brenzliger ist es, nach außen für einen nicht im Vereinsregister eingetragenen Verein aufzutreten – also kein e.V. Denn der Verein selbst ist keine juristische Person. Gibt der Vorstand z. B. 1 000 Vereinsflyer in Auftrag, obwohl der Verein kein Geld in der Kasse hat, muss er neben dem Verein dafür einstehen.


Glücklicherweise kommt es in der Praxis nicht häufig vor, dass ein Vorstand tatsächlich persönlich zahlt. Das liegt auch am Gesetzgeber, der das ehrenamtliche Engagement fördern will und daher die Haftung von Organmitgliedern und besonderen Vertretern begrenzt hat. Sie haften nicht, wenn


  • sie weniger als maximal 720 € Aufwandsentschädigung im Jahr erhalten
  • und nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.


Achtung Spenden!

Gut aufgepasst heißt es bei der Vorstandsarbeit im gemeinnützigen Verein. Solche Vereine dienen ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken und sind für ihre Arbeit von den meisten Steuern befreit. Sie dürfen Spendenquittungen ausstellen, Spender dürfen Spenden von der Steuer absetzen. Dafür müssen bestimmte Regelungen in der Satzung stehen und die Gemeinnützigkeit gegenüber dem Finanzamt laufend belegt werden. Vorsicht ist geboten, da die Steuervorteile nur für die gemeinnützige Arbeit gelten und nicht für andere Aktivitäten. Einige Probleme in der Praxis:


  • In vielen gemeinnützigen Vereinen gibt es einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, z. B. wenn ein Reitverein eine kleine Reiterklause betreibt oder die Landjugend große Partys veranstaltet. Diese Aktivitäten laufen neben der gemeinnützigen Tätigkeit und genießen keine Steuervergünstigungen. Erzielt der Verein Einkünfte aus anderen Bereichen als durch seine gemeinnützige Arbeit, werden ab bestimmten Grenzwerten Steuern fällig. Der Vorstand muss für die Versteuerung sorgen.
  • Es ist mehr als ein Kava-liersdelikt, wenn Sie Dritten zu Steuerersparnissen verhelfen, indem Sie als Vorstand höhere Spenden quittieren, als tatsächlich geflossen sind: Sie haften dann persönlich und riskieren ein Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
  • Unsicherheiten gibt es häufig darüber, wie der Vorstand seinen Ehrenamtlichen zumindest etwas Geld für ihren Zeit- und Sachaufwand zukommen lassen kann. Unproblematisch ist auch im gemeinnützigen Verein, den betreffenden Mitgliedern steuerfreie Beträge in Höhe des Ehrenamts- oder Übungsleiterfreibetrages (720 € bzw. 2400 € jährlich) zukommen zu lassen – mehr dazu lesen Sie in top agrar 12/2012.
  • Oft haben die Vereine aber kein Geld für eine Entlohnung des Aufwandes und bieten daher an, den Mitgliedern Spendenquittungen für geleisteten Zeitaufwand auszustellen oder dafür, dass sie z. B. mit ihrem Privat-Pkw für den Verein unterwegs waren. Problem dabei: Arbeits- und Sachaufwand von Mitgliedern können streng genommen nicht Gegenstand einer Spende sein. Die immer wieder anzutreffende Praxis, dass vorbereitete Spendenquittungen „aus der Schublade“ für Gefälligkeiten an den Verein verteilt werden, ist unzulässig. Einen gangbaren Weg stellt höchstens die Aufwandsspende dar, die allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft ist:


1. Es muss ein Beschluss für die Bezahlung vorliegen oder eine entsprechende Satzungsregelung. Ein Sportverein könnte z.B. beschließen, dass für Elternfahrdienste zu Fußballturnieren eine Vergütung von 0,30 € pro km gezahlt wird.


2. Das Mitglied darf erst dann auf die Bezahlung verzichten, nachdem es die betreffende Leistung erbracht hat.


3. Der Verein muss theoretisch zur Bezahlung der Aufwandsspende in der Lage gewesen sein.


Erst dann kann eine Leistung des Mitglieds als Spende quittiert werden. Um auf der wirklich sicheren Seite zu sein, gibt es aber auch die Empfehlung, dass das Mitglied den Geldbetrag erst tatsächlich erhält und dann spendet.


Mitgliedsärger?

Wie bei Ärger mit den Mitgliedern vorzugehen ist, legt hauptsächlich die Satzung fest. Streit entzündet sich in der Praxis bisweilen an diesen Fragen:


  • Wann fristlos austreten? Steigen die Mitgliedsbeiträge moderat, ist das in den allermeisten Fällen kein Grund für eine fristlose Kündigung, sondern es gelten die Fristen in der Satzung. Für einen sofortigen Austritt aus dem Verein müssen schwerwiegendere Gründe vorliegen und das Verbleiben im Verein „unzumutbar“ sein.


Andersherum darf der Verein auch nur dann Mitglieder ausschließen, wenn das Mitglied schuldhaft gegen die Satzung verstößt und dem Verein sowie den anderen Mitgliedern eine weitere Mitgliedschaft nicht mehr zuzumuten ist.


  • Das einzelne Mitglied hat grundsätzlich kein Kontroll-, Informations- oder Einsichtsrecht in die Unterlagen. Auf Nachfrage muss der Vorstand über den Stand der Geschäfte des Vereines berichten – in der Regel in der Mitgliederversammlung. Außerhalb der Versammlung ist der Vorstand dagegen grundsätzlich nicht zur Auskunft verpflichtet.


Meist wird der Vorstand aber ein Interesse haben, die Vereinsgeschäfte darzulegen. Denn die Mitgliederversammlung kann ihren Vorstand nur für bekannte Umstände entlasten und ihn so von seiner Haftung gegenüber dem Verein „befreien“.


Versicherung prüfen!

Vereine, die wirtschaftlich tätig sind, sichern sich wie entsprechende Unternehmen ab. Für kleinere Vereine, die Feste ausrichten und die Öffentlichkeit einladen, ist eine Veranstalterhaftpflicht-Versicherung für Personen – und Sachschäden ratsam.


Bei Gesundheitsschäden, die der Ehrenamtliche selbst in verantwortungsvoller Position z. B. als Kassenwart, Vorstand oder Festkommitee bei der Ausübung seines Amtes erleidet, springt teilweise auch die gesetzliche Unfallversicherung ein. Es hängt vom Verein ab, welcher Unfallversicherungsträger zuständig ist. So sind z. B. die Ehrenamtlichen der Bauernverbände automatisch über die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft versichert. Gewählte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen können sich freiwillig versichern. Teilweise schließen die Vereine aber auch eine private Unfallversicherung für alle Mitglieder ab. Der Vorstand sollte sich hier erkundigen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.