Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

News

Auf den Höfen fehlt das Einkommen

Die äußerst unbefriedigenden Erzeugerpreise verursachten einen enormen Druck, der die landwirtschaftlichen Familien immer stärker belastet.

Lesezeit: 4 Minuten

Die äußerst unbefriedigenden Erzeugerpreise verursachten einen enormen Druck, der die landwirtschaftlichen Familien immer stärker belastet. „Milchvieh- und Schweinehalter kennen jetzt über einen zu langen Zeitraum fast nur die Tendenz nach unten, auch im Ackerbau läuft es nicht richtig rund“, schilderte Landvolkvizepräsident Albert Schulte to Brinke vor Journalisten die Sorgen der Bauern und ergänzte: „Die finanzielle Situation spitzt sich dramatisch zu, die landwirtschaftlichen Familien bestreiten ihren Lebensunterhalt zurzeit weitgehend über Kredite. Die Verbraucher dagegen profitieren von günstigen Ladenpreisen“.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Mit 27,83 Cent je Kilogramm erhielten Niedersachsens Milchviehhalter im Durchschnitt des Jahres 2015 gut zehn Cent je Kilogramm Milch weniger als im Jahr 2013. Umgerechnet auf die gesamte Anlieferungsmenge von 6,17 Mrd. kg Milch für das Milchland Niedersachsen waren das allein im Jahr 2015 mehr als 600 Mio. Euro. „Das Geld fehlt auf den Höfen zur Deckung der laufenden Kosten wie der Entlohnung der Familienarbeitskräfte, für Ersatzinvestitionen und vieles mehr“, verdeutlicht Schulte to Brinke.


Immer mehr Landwirte könnten auf ihren Höfen zurzeit kein Einkommen erwirtschaften, im Gegenteil: „Sie legen bei ihrer Arbeit bares Geld zu“. Einige könnten mit anderen Betriebszweigen wie der Biogaserzeugung die Milchviehhaltung noch subventionieren, bei anderen gebe es noch einen Rest an Rücklagen aus dem guten Jahr 2013. Zu viele dagegen seien auf Kreditzusagen der Banken angewiesen, um die laufenden Kosten decken und die Höfe durch die Krise bringen zu können.


Eine eindeutige Erwartung geht an den Lebensmitteleinzelhandel, die Politik der Billigpreise  durch eine höhere Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln zu ersetzen. Ganz offensichtlich kann der Handel beim Verkauf von Milch eine gute Spanne einstecken. Zumindest legt die Entscheidung der französischen Lidlgruppe dies nahe, die von jedem als Eigenmarke verkauftem Liter Milch drei Cent in einen Fonds zur Unterstützung von Landwirten einzahlen will. „Ein Preis, der allen Marktpartnern das Überleben sichert, wäre der ehrlichere Ansatz“, kommentiert Schulte to Brinke.


Das Landvolk sieht in der krisenhaften Situation auch die Politik in der Pflicht. Nach Einschätzung des Verbandes müssen die Molkereien in ihrer Verhandlungsposition gegenüber dem Handel gestärkt werden. Dazu gehört das Kartellrecht auf den Prüfstand, um „den Schutz der Rohstoffproduzenten aufzunehmen“, wie Schulte to Brinke sagt.


Deutlich mehr Unterstützung erhofft sich die Milchbranche bei der Erschließung neuer Märkte. Eine Marktsteuerung dagegen lehnt das Landvolk nach den enttäuschenden Erfahrungen mit der Milchquote entschieden ab. „Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass immer wieder externe Ereignisse einen rapiden Preisverfall ausgelöst haben“, erläutert Schulte to Brinke. Er verweist auf den durch die Weltwirtschaftskrise 2008/09 und das Russlandembargo ausgelösten Nachfragerückgang. Auf der anderen Seite hätten weltweite Wetterkapriolen Anfang 2012 einen Nachfragesog und steigende Preise ausgelöst. Derartige Schwankungen ließen sich allerdings durch Versicherungsmodelle nach amerikanischem Vorbild abmildern und gäben den Milcherzeugern ihre Planungssicherheit zurück.


Eine Entlastung der Milcherzeuger könne die Politik durch Verzicht auf kostentreibende Vorschriften im Bau-, Natur- oder Umweltrecht erreichen. „Jede zusätzliche Auflage kostet unsere Bauern zurzeit Geld, das ihnen am Einkommen fehlt“, erläutert der Landvolk-Vizepräsident. Das gilt auch für das Steuerrecht, in der derzeitigen Situation seien Erleichterungen das Gebot der Stunde, da die Betriebe nach den Einkommen vergangener Jahre veranlagt würden.


Ein eindeutiger Appell geht an die EU-Agrarpolitik: Hände weg von der Betriebsprämie. Das EU-Geld wäre für viele Landwirte momentan die einzig wirklich sichere Einnahme und dürfe auf keinen Fall gekürzt oder durch zusätzliche Konditionen geschmälert werden. Vielen Bauernfamilien könnte aktuell vermutlich nur ein Bürgschaftsprogramm aus der Notlage helfen.


Deutschlands Verbraucher dagegen dürfen sich aktuell über die europaweit zweitgünstigsten Milchpreise freuen. Der Durchschnittspreis liegt aktuell bei 73 Cent je Liter, im Discount gar nur bei 55 bis 59 Cent je Liter. Noch günstiger gibt es das Produkt nur in Portugal mit durchschnittlich 62 Cent. Auf der Gegenseite rangiert Spitzenreiter Bulgarien mit 1,87 Euro, gefolgt vom Großbritannien, Griechenland und Italien mit 1,30 bzw. 1,22 Euro je Liter.


„Wir erwarten keine Verdopplung des Preises, aber schon ein moderates Plus von zehn Cent für alle Milchprodukte, aber auch Fleisch würde die deutschen Verbraucher kaum belasten, die Lage der Landwirte aber deutlich entspannen“, unterstreicht Schulte to Brinke und fügt an: „Für Handel und Verbraucher wäre das nur ein kleiner Schritt“. Er verweist auf Daten des Bundesamtes für Statistik, wonach die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft im Jahr 2015 um 2,1 Prozent zurückging, während der private Konsum eine Steigerungsrate von 2,5 Prozent zeigt.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.