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„Das Ferkeldebakel darf sich beim Tierwohllabel nicht wiederholen“

In einem neuen Gutachten stärken Wissenschaftler von der Universität Göttingen dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) für das staatliche Tierwohllabel den Rücken. Denn sie befürworten darin die geplante Freiwilligkeit. Mehr Mut verlangen sie hingegen bei den Kriterien.

Lesezeit: 5 Minuten

In einem neuen Gutachten stärken Wissenschaftler von der Universität Göttingen dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) für das staatliche Tierwohllabel den Rücken. Denn sie befürworten darin die geplante Freiwilligkeit. Mehr Mut verlangen sie hingegen bei den Kriterien.


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Im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace haben die Göttinger Agrarökonomen Dr. Achim Spiller und Dr. Anke Zühlsdorf ein neues wissenschaftliches Gutachten zur Tierwohlkennzeichnung erstellt, das top agrar vorliegt. Darin widersprechen sie der Forderung der Umweltorganisation nach einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung und stärken zunächst den Ansatz des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) für ein freiwilliges Tierwohllabel. „Ich bin froh, dass wir das so unabhängig machen konnten“, sagte Spiller gegenüber top agrar. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) kritisieren die Wissenschaftler aber in seinem bisherigen Handeln für das Tierwohllabel als weiterhin viel zu halbherzig.


Spiller und Zühlsdorf sprechen sich für ein dreistufiges (Einstieg, Premium, Bio), staatliches und freiwilliges Label aus. Mehr Ehrgeiz fordern sie bei der Ausgestaltung der Haltungskriterien. Niedrige Einstiegskriterien seien zu Beginn wichtig, damit das Label eine breite Marktdurchdringung bekomme. Alle Label-Stufen müssten aber von Anfang an dynamisch angelegt sein und mit der Zeit höhere Ansprüche an die Haltung verlangen, fordern sie. „Die Landwirte brauchen einen klaren Fahrplan, an dem sie sich orientieren können“, sagte Spiller.


Diskussion um Ferkelkastration ist GAU für das Tierwohllabel


Die Agrarökonomen warnten vor einem Verspielen von Verbrauchererwartungen. „Die Diskussion über die betäubungslose Ferkelkastration derzeit ist der größte anzunehmende Unfall der Branche mit Blick auf das Label“, sagte Spiller. Sie vermittelt den Verbrauchern, dass es den Landwirten mit den Verbraucherwünschen nicht so ernst sei und stelle damit auch eine Gefahr für den Erfolg des Tierwohllabels dar. „Das Ferkeldebakel darf sich beim Tierwohllabel nicht wiederholen“, so Spiller. Deshalb sei so wichtig, dass das BMEL die Kriterien für das Tierwohllabel auf einer Zeitschiene für die Zukunft festschreibe.


Mehr Geld für den Stall der Zukunft


Die Wissenschaftler betonten, dass langfristig vor allem die zweite Stufe des Tierwohllabels (Premium) als die des Stalls der Zukunft definiert werden müsse. Als Beispiel geben sie für die Schweinehaltung den Pig-Port-Stall an. Dafür müsse es vom Staat wesentlich mehr Förderung für einen Umbau der Tierhaltung dorthin geben. „Das BMEL hat zwar schon Geld in den Haushalt für die Bewerbung des Labels eingestellt, aber nicht für den Umbau der Tierhaltung“, kritisierte Spiller. Die bisherigen Kriterien der Initiative Tierwohl (ITW) sind aus seiner Sicht nur ein Schritt, der auf Dauer nicht ausreichen werde. Für vorbildlich erachten die Wissenschaftler das in den Niederlanden bereits etablierte freiwillige „Beter Leven“ Label, das die dortige Tierschutzorganisation mit dem Handel und den Landwirten auf den Weg gebracht hat. An der Ladentheke habe es mittlerweile einen Marktanteil von 80 Prozent. Doch auch dort sei gerade die mittlere Stufe bisher noch zu gering ausgeprägt. Auch beim Tierschutzlabel in Dänemark gebe es hier noch Verbesserungsbedarf.


Kompromissbereitschaft von allen nötig


Insgesamt fordern die Wissenschaftler mehr Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten, von den Landwirten, von den Verbrauchern, von den Umwelt- und Tierschutzgruppen und vom Handel. „Da die Tierhaltung in Deutschland weit davon entfernt ist, was sich die meisten Menschen vorstellen, müssen die Verbraucher bereit sein, bei der ersten Stufe eines Labels Kompromisse zu machen“, schreiben sie in ihrem Gutachten. Am Anfang werde nicht einmal das in der EU verbotene Abschneiden der Ringelschwänze von Schweinen durchgängig umgesetzt werden können, prognostizieren sie. „Die Gesellschaft sollte diese Kompromisse mittragen, aber nur, wenn verbindliche Entwicklungsschritte vorgegeben sind“, argumentieren sie.


Zusammenarbeit von Landwirten und Tierschützern bei der Trägerschaft


Bei der Trägerschaft für das Label gehen die Wissenschaftler auf Distanz zum Staat. „Vielleicht wäre es besser, wenn Tierschützer und Landwirte zusammenkämen, um das System zu managen und der Staat die Oberaufsicht behält“, schlagen sie in ihrem Gutachten vor. Als Gegenargument für eine staatliche Trägerschaft führen sie dessen Marktferne und dessen Hang zur Bürokratie an. Im internationalen Wettbewerb sehen die Wissenschaftler keine Nachteile mit der Einführung eines Tierwohllabels. „Die Länder, die erfolgreich ihre Tierschutzstandards hochziehen, da wachsen die Marktanteile der heimischen Erzeuger“, sagte Spiller mit Verweis auf die skandinavischen Länder wie zum Beispiel Schweden.


Greenpeace bleibt bei seiner Kritik an der Freiwilligkeit


Greenpeace will sich hingegen auch weiterhin für eine verpflichtende staatliche Tierwohlkennzeichnung einsetzen. „Eine Verpflichtung würde mehr Marktdrive bringen“; sagte der Landwirtschaftsexperte der Organisation Martin Hofstetter gegenüber top agrar. Die Organisation ließ keinen Zweifel daran, dass sie weiter auf ambitionierte staatliche Tierschutzstandards für die Nutztierhaltung drängen werde. Bei der Forderung nach einer besseren Förderung für den Umbau der Tierhaltung stimmt Greenpeace den Wissenschaftlern indes zu. Der Staat solle außerdem nicht den Fehler machen, ein neues Zeichen zu schaffen, das keiner kennt.


Das Gutachten setzt sich intensiv mit den möglichen Kriterien für die Labelstufen auseinander und liefert einen anschaulichen Vergleich zu den Kennzeichnungen in den Niederlanden und Dänemark sowie zu den bereits im deutschen Lebensmitteleinzelhandel vorhandenen Systemen. Es lässt sich unter dem Titel  „Haltungskennzeichnung und Tierschutzlabel in Deutschland: Anforderungen und Entwicklungsperspektiven“ lässt hier im Detail nachlesen.

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