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Der Fall KTG Agrar und die Lehren für die Politik

Wie es mit der KTG Agrar nach dem Insolvenzantrag weitergeht, ist völlig offen. Einige Verbände fordern die Politik jetzt auf, zu handeln. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will sich erstmal nicht äußern. Top agrar hat die Wortführer in der Landwirtschaft befragt.

Lesezeit: 5 Minuten

Wie es mit der KTG Agrar nach dem Insolvenzantrag weitergeht, ist völlig offen. Einige Verbände fordern die Politik jetzt auf, zu handeln. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt will sich erstmal nicht äußern. Top agrar hat die Wortführer in der Landwirtschaft befragt.


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Notwendig sei eine Änderung der Spielregeln für die Auszahlung der EU-Flächenprämien und eine Landvergabepolitik, die ortsansässige Bauern bevorzugt, fordern in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“ Greenpeace, Germanwatch und Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Wir brauchen keine Reditejäger, sondern eine regional verfasste Landwirtschaft, die Wertschöpfung in den Regionen leistet“, umreißt Martin Hofstetter von Greenpeace die Zielsetzung. Dafür müsse man auch die Zahlungsprinzipien für die EU-Flächenprämien ändern, ist Reinhild Benning vom Germanwatch überzeugt. „Die EU-Fördergelder werden immer noch je Hektar gezahlt. Das bedeutet: Die Großen kriegen mehr“, so Benning. Knapp 11,5 Mio. € müsste die KTG Agrar nach Bennings Berechnungen jährlich aus Brüssel bekommen haben. Deutschland bräuchte auch eine Obergrenze für die Zahlungen, fordert die Germanwatch-Mitarbeiterin. 22 von 28 EU-Staaten hätten diese bereits. Jetzt sei Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am Zug.


Die AbL unterstützt als einziger Agrarverband solche Forderungen. Der Deutsche Bauernverband (DBV), die Familienbetriebe und der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) sind strikt dagegen. Sie ziehen aber trotzdem unterschiedliche Schlussfolgerungen aus der Entwicklung bei KTG Agrar. Während sich DBV-Präsident Joachim Rukwied durchaus eine strengere Regulierung des Bodenmarktes verstellen kann, damit die „in der Region verwurzelten Landwirte einen Vorrang am Bodenmarkt haben“, warnt der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Michael Prinz zu Salm-Salm vor zu viel staatlichem Einfluss: „Nicht jeder Fehlentwicklung muss mit Gesetzen und Verordnungen begegnet werden. Meistens korrigiert der Markt ungesunde Entwicklungen“, ist Prinz zu Salm-Salm überzeugt. Das sieht auch DRV-Präsident Manfred Nüssel so. Der Fall KTA Agrar biete keinen Anlass, „die agrarpolitischen Rahmenbedingungen grundsätzlich in Frage zu stellen“.


Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt lässt die Debatte zunächst gelassen an sich vorbeirauschen. Der Minister werde sich unter Hinweis auf das laufende Insolvenzverfahren zur Sache nicht äußern, so ein Sprecher des Minister gegenüber top agrar.


Die Statements der Agrarverbände im Wortlaut





Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes:


„Börsennotierte Landwirtschaft a la KTG ist weder nachhaltig noch zukunftsfähig. Das ist nicht das Geschäftsmodell, für das der Deutsche Bauernverband steht – im Gegenteil, wir sehen es äußerst kritisch. Der Fall KTG bestätigt uns darin. Zusätzlich wirft er ein bodenpolitisches Schlaglicht: Hier zeigt sich wieder einmal, dass die aktiven, in der Region verwurzelten Landwirte Vorrang am Bodenmarkt haben müssen, wenn der Ausverkauf landwirtschaftlicher Flächen verhindert werden soll.“


Michael Prinz zu Salm-Salm, Vorsitzender Familienbetriebe Land und Forst:


„Die Insolvenz des Landwirtschaftskonzern KTG Agrar SE zeigt, dass ein Eigentümer von Grund und Boden, der ausschließlich in Dividenden, Zinszahlungen und Hauptversammlungen denkt, weder verantwortungsbewusst noch nachhaltig mit Eigentum und der natürlichen Ressource Boden umgehen kann. Land- und Forstwirtschaft erfordern eine langfristiges Ausrichtung und ein eindeutiges Bekenntnis zum Land und seinen Bewohnern. Boden, Wasser, Luft und vor allem die Menschen, die auf den Betrieben arbeiten, sind Grundlage für die Wirtschaftsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs. Entsprechend sorgsam muss mit ihnen umgegangen und gewirtschaftet werden. Nur eine langfristige, nachhaltige Ausrichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes kann sicherstellen, dass die natürlichen Ressourcen fachgerecht und umweltschonend behandelt werden. Familienbetriebe sind dafür seit Generationen ein Vorbild. Darüber hinaus sollten Gläubiger in Alarmbereitschaft gehen, wenn Ihnen unrealistische Renditen versprochen werden. Die Bewirtschaftung von Grund und Boden mahnt zur Bescheidenheit. Die Lehre, die die Politik aus dem Fall KTG ziehen kann: Nicht jeder Fehlentwicklung muss mit Gesetzen und Verordnungen begegnet werden. Meistens korrigiert der Markt ungesunde Entwicklungen.“


Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes:


„In fast allen Wirtschaftsbranchen kommt es immer mal wieder zu Unternehmensentwicklungen, die zunächst von rasantem Wachstum und Erfolg geprägt sind. In einem späteren Stadium bricht das vermeintlich zukunftsweisende Gebilde dann in sich zusammen. So geschehen bei KTG Agrar, die nun in der Insolvenz steckt. Dieser Fall einzigartig. Er bietet keinen Anlass, die agrarpolitischen Rahmenbedingungen grundsätzlich in Frage zu stellen. Die Direktzahlungen sind ein wichtiges Mittel für die deutsche Landwirtschaft, um angesichts hoher Auflagen und volatiler Märkte wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig Landwirtschaft zu betreiben“.


Martin Schulz, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft:


"Die Insolvenz von KTG Agrar muss agrarpolitische Konsequenzen haben. Großstrukturen sind nicht die Lösung und die Politik des "Wachsens oder Weichens" darf nicht fortgeführt werden. Vielmehr sind regionale Wertschöpfung und bäuerliche, vielfältige Strukturen zu stärken. Dafür müssen bei Verpachtung und Verkauf von Flächen politische Rahmen gesetzt werden, dass bäuerlichen Betrieben und Neueinsteigern in die Landwirtschaft - allen voran jungen Menschen - das Land zu fairen Preisen angeboten wird. Auch im Zuge der EU-Agrarreform ist eine deutlich höhere Unterstützung kleinerer und mittlerer Höfe möglich, als bisher politisch in Deutschland umgesetzt wurde."


Hintergrund zur aktuellen Gesetzeslage


Die derzeitige Ausgestaltung des Direktzahlungssystems geht auf einen einstimmigen Beschluss der Agrarminister der Bundesländer zurück. Danach verzichtet Deutschland auf die Einführung einer Kappung der Direktzahlungen bei einem bestimmten Betrag verzichtet, da dies einseitig die historisch gewachsenen Strukturen in den neuen Bundesländern benachteiligt. Zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe gibt es in Deutschland für die ersten Hektare aber mehr Geld (ca. 50 €/ha für die ersten 30 Hektare, ca. 30 €/ha für die nächsten 16 Hektare). Finanziert wird dieser Zuschlag durch eine entsprechende Kürzung der Basis-Prämie für alle. Dies trifft größere Betriebe stärker als kleinere. Unter dem Strich gibt es also bereits eine leichte Umverteilung der Flächenprämien zugunsten der kleineren und mittleren Betriebe.

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