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Enge Margen in der Bullenmast

Bei moderaten Kälberpreisen überlegen manche Landwirte, Bullen zu mästen. Damit die Rechnung aufgeht, braucht es hohe Leistungen — und viel Fläche. Christopher Kneip will mit einem Mythos aufräumen. Der Bullenmast-Spezialberater wird oft gefragt, ob die Bullenmast nicht die bessere Alternative zur Milchviehhaltung sei.

Lesezeit: 7 Minuten

Bei moderaten Kälberpreisen überlegen manche Landwirte, Bullen zu mästen. Damit die Rechnung aufgeht, braucht es hohe Leistungen — und viel Fläche.


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Christopher Kneip will mit einem Mythos aufräumen. Der Bullenmast-Spezialberater der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen wird oft gefragt, ob die Bullenmast nicht die bessere Alternative zur Milchviehhaltung sei. Schließlich suchen viele Milchviehhalter nach dem jahrelangen Preistief und unsicheren Zukunftsaussichten andere Einnahmequellen. Kneip sieht das eher pragmatisch: Für die meisten Milchviehhalter seien die Bullen eher keine Alternative. Das gelte zumindest in NRW, wo viele Betriebe nur über wenig Fläche verfügen.


N-Grenze gefährdet Bullen


Die Zahlen geben ihm Recht. Ein Bulle scheidet zwar nach der neuen Düngeverordnung weniger Nährstoffe aus als eine Milchkuh. Der Betrieb muss somit weniger Fläche für das Tier vorhalten. Dem steht jedoch auch eine geringere Direktkostenfreie Leistung (DkfL) gegenüber. Unter dem Strich ermöglichen die Milchkühe im langjährigen Mittel eine DkfL von rund 2 500 €/ha, bei Mastbullen sind es nur 1 000 €/ha (siehe Übersicht 1).



Sollte es bei der in der neuen Düngeverordnung vorgesehenen Grenze für Stickstoff tierischen Ursprungs von maximal 170 kg/ha bleiben, gerieten die Bullen sogar noch weiter ins Hintertreffen (siehe top agrar 4/2017, Seite 62). Auf Betrieben mit knapper Fläche tragen die Kühe daher mehr zum Einkommen bei.


Aber auch Betriebe mit üppiger Flächenausstattung sollten einen Einstieg in die Bullenmast zuvor mit spitzem Bleistift durchrechnen. Kneip rechnet vor: Setzt man durchschnittliche Tageszunahmen von ca. 1 200 g Lebendgewicht (LG), einen Fresserpreis von 830 € sowie moderate Baukosten von 1 500 € pro Tierplatz an, ergibt sich eine Arbeitsentlohnung von gerade einmal 5 € pro Stunde (siehe Übersicht 2).



Zuschüsse aus den Agrarinvestitionsförderprogrammen der Bundesländer gibt es für Bullenmastställe kaum noch. In Bayern gelten strikte Vorgaben für die Förderung, so z. B. ein maximales Tier-Fressplatzverhältnis von 1,2 : 1 bei Vorratsfütterung sowie eine Mindestfläche von 4,5 m2 pro Tier. Diese Vorgaben mindern den Gewinnbeitrag deutlich, höhere Erlöse erzielten die Bauern mit den ‚Premium-Bullen‘ jedoch nicht.


Nordrhein-Westfalen fördert Landwirte mit 35 % der Bausumme, wenn die Bullen auf Stroh stehen und mindestens 4,5 m2 Platz pro Tier haben. Christopher Kneip sieht die Bäume dennoch nicht in den Himmel wachsen: Ein Tretmiststall sei nicht günstig im Bau und erfordere zudem ein Stroh- sowie ein Mistlager. Da bedürfe es im Einzelfall einer genauen Rechnung, ob ein Stall mit Vollspaltenboden den Landwirt nicht günstiger kommt.


Kneips Auswertungen ergeben: Wirklich Geld verdienen mit der Bullenmast nur die besten 25 % der Landwirte mit den höchsten Leistungen. „Bullenmast ist und bleibt ein Geschäft für Spezialisten“, schlussfolgert er.


Nebensache Rasse


Ob Landwirte Schwarzbunte, Fleckvieh, Braunvieh oder Kreuzungstiere einstallen, scheint indes eher Nebensache zu sein. Der Unterschied in den Tageszunahmen liegt z. B. zwischen Schwarzbunten und Kreuzungstieren bei rund 200 – 300 Gramm. Dies ist aber in den Kälber- bzw. Fresserpreisen in der Regel angemessen berücksichtigt. In Auswertungen aus Bayern, Niedersachsen und NRW ergeben sich hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit kaum Unterschiede zwischen den Rassen. Auch Berater Kneip empfiehlt: „Achten Sie bei den Zukaufstieren lieber auf die Gesundheit als auf die Rasse – die ist wesentlich wichtiger.“


Auch bei der Frage, ob Bullenmäster eher Fresser oder Starterkälber mit ca. 80 – 100 kg zukaufen sollen, ist die Gesundheit ein wichtiges Kriterium. Fresser bringen zwar eine geringere DkfL pro Tier, die Stallplätze stehen dafür aber ca. 100 Tage früher wieder zur Verfügung.


Ein gutes Vergleichsmaß ist daher die Direktkostenfreie Leistung pro Stallplatz und Jahr. Laut Betriebszweigauswertungen aus Niedersachsen lag diese im Wirtschaftsjahr 2015/16 bei Kälberzukäufern bei 282 €, bei den Fresserzukäufern bei 280 €. Auch in den Jahren zuvor war der Unterschied eher gering. In NRW hingegen erzielten die Bullenhalter bei der Einstallung von Fressern in den vergangenen Jahren ca. 35 – 40 € mehr als bei der Einstallung von Starterkälbern.


Kälber oder Fresser? Die Entscheidung zwischen Starterkälbern und Fressern ist auch Typsache. Fresser sind gesundheitlich robuster, weniger arbeitsintensiv als Kälber und damit oft die sicherere Wahl — gerade für Neueinsteiger.


Wer jedoch die Gesundheit der Kälber im Griff hat, der kann die Verlustrate in dieser sensiblen Lebensphase der Rinder gering halten und so Vorteile gegenüber dem Zukauf erzielen. Landwirte brauchen dann jedoch freie Arbeitskapazität für die intensive Betreuung der Kälber.


Praxisreportage: Durchgezogen


Entgegen der Empfehlung von Beratern tauschte Jochen Mewes 240 Milchkühe gegen genauso viele Mastbullen.


Viel entspannter – so fühlt sich Jochen Mewes (62) heute im Vergleich zu 2014. Damals standen noch 240 melkende Kühe im Stall. Für Mewes und einen Berufskollegen, mit dem er gemeinsam die ehemalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft bewirtschaftete, war klar: Das Ende der Milchquote wollten sie nicht als Milchviehhalter erleben. Auf dem Betrieb hätten große Investitionen angestanden. Das Risiko war ihnen zu hoch.


Auf Förderung verzichtet


Im April 2015 verließ die letzte Kuh den Hof. Schon im Dezember stellte Mewes die ersten Bullen in denselben Stall ein. Diesen baute er vorher gründlich um. Übrig blieben von dem alten LPG-Gebäude nur die Stützpfeiler und Dachbinder. Die Kosten lagen so bei rund 1 500 Euro pro Mastplatz – vergleichbar mit einem Neubau.


Die Buchten jedoch sind nicht ganz so tief wie in einem Neubau üblich. 15 Tiere teilen sich je 9 m breite und 7 m tiefe Buchten mit einem 3,5 m breiten Mistgang. Obwohl jedes Tier über 4 m² Platz hat, kann es bei den größeren Tieren passieren, dass ein Bulle mal im Mistgang liegt. Mewes hat daher den Mistschieber ausgebaut und fährt stattdessen einmal täglich mit dem Radlader durch den Gang – ein Zusatzaufwand von ca. 10 Minuten. Einen Vorteil hatte der Umbau dennoch: Mewes brauchte weder eine Genehmigung für einen Neubau noch für eine Umnutzung. Auf einen Fördermittelantrag verzichtete Mewes. „Die Antragstellung ist nervenaufreibend, kostet viel Zeit und das Ergebnis ist völlig offen“, sagt er.


Für die Bullen entschied er sich, weil er zuvor bereits gute Erfahrungen mit der Mast im kleinen Stil gemacht hatte. Ein staatlicher Berater hatte ihm eher davon abgeraten. Die Erlöse würden nicht zu den Einstallkosten passen. Mewes probierte es dennoch. „Ich hatte einfach Lust darauf“, gibt er offen zu. Und es funktioniert. Mit guten Tageszunahmen und kaum Abgängen hält sich Mewes mittlerweile 240 Tiere. Er kauft vorwiegend Fleckvieh und Uckermärker, aber auch Kreuzungstiere mit Charolais und Limousin. Er bezieht die Tiere meist mit 250 – 300 kg bei den umliegenden Mutterkuhhaltern in einem Umkreis von 30 – 40 km. Die RinderAllianz, ein großes Zucht- und Vermarktungsunternehmen in der Region, unterstützt ihn bei Kauf und Transport.


Tierarzt ade


Die Mast verläuft problemlos. Die Bullen bekämen nur zum Einstallen Impfungen. Danach bräuchten sie weder einen Tierarzt noch einen Klauenpfleger. Das sei beim Milchvieh anders gewesen.


Nach rund 330 Tagen sind die Tiere von 290 kg auf knapp 780 kg herangewachsen und können zum Schlachthof. Auch bei der Vermarktung bekommt Mewes Unterstützung von der RinderAllianz. Damit er die Rationen nicht aufteilen muss, stallt er alle Tiere gleichzeitig ein. Er verfüttert Mais- und Grassilage sowie eine Eiweiß-Fertigmischung. Die Bullen in seinem Tretmiststall sind sehr ruhig, auch wenn Fremde das Gebäude betreten.


Ergänzung zum Ackerbau


Mewes, der sein Einkommen überwiegend im Ackerbau erwirtschaftet, ist im Nachhinein froh über den Wechsel. Die Arbeit mit den Milchkühen sei nicht nur deutlich mehr, sondern auch anspruchsvoller gewesen. Heute investieren er und seine Mitarbeiter nur ca. 1 400 Arbeitsstunden pro Jahr in die Bullen. „Das ist deutlich entspannter“, resümiert er.

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