Die Liberalen wollen raus aus den EU-Direktzahlungen. Im Interview mit AGRA-EUROPE spricht sich der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, für einen planbaren Ausstieg innerhalb von 20 Jahren aus. Dieser müsse einhergehen mit einer Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenmarkt und einer umfassenden Entbürokratisierungsoffensive.
„Viele Landwirte würden sich lieber früher als später von den Agrarzahlungen und den mit ihnen verbundenen Auflagen verabschieden, wenn die notwendigen Voraussetzungen dafür gegeben wären“, sagt Hocker und verweist auf einen erforderlichen „Wettbewerb auf Augenhöhe“ im Agrarsektor.
Den Übergangszeitraum von 20 Jahren begründet der FDP-Politiker mit der Notwendigkeit, dass sich die Betriebe beispielsweise im Rahmen von Pachtverträgen an das Auslaufen der Direktzahlungen anpassen müssten. Ohnehin nehme deren Einkommenswirksamkeit mit zunehmendem Pachtflächenanteil ab, da in vielen Regionen ein Großteil der Direktzahlungen an die Verpächter fließe.
Außer Frage steht für Hocker, dass Umweltleistungen der Landwirtschaft honoriert werden müssten. Man diskutiere darüber, wie dies erfolgen solle und welche marktwirtschaftlichen Elemente dabei eine Rolle spielen könnten. „Klar ist, wir wollen keinen Kahlschlag in der Agrarpolitik, sondern eine Umstellung der Förderung auf gezielte Maßnahmen“, betont der Liberale.
Kritik an den Grünen
Scharfe Kritik übt Hocker an den Grünen. Ihnen wirft er vor, „gerne die Landwirte für alles verantwortlich zu machen, was in der Umwelt vermeintlich falsch läuft“. Das reiche von Nitrat im Grundwasser über das Insektensterben bis zum Klimawandel.
„Wir akzeptieren nicht, wenn Landwirte aus parteipolitischen Motiven in die Ecke gestellt werden, weil dies der städtischen Wählerklientel nun einmal gefällt“, so der Parlamentarier. Er schlägt vor, die Land- und Forstwirtschaft als einzigen Sektor mit der Fähigkeit zur CO2-Speicherung in den internationalen Zertifikatehandel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen einzubeziehen. Dies sei effizienter, als der Agrarbranche Minderungsziele aufzuerlegen und deren Nichterreichung zu sanktionieren.
Erhebliche Zweifel äußert Hocker am Nutzen eines staatlichen Tierwohllabels und plädiert stattdessen für eine Herkunftskennzeichnung. Der FDP-Politiker warnt davor, mit Obergrenzen für die Tierhaltung in viehdichten Regionen gewachsene Strukturen zu gefährden und fordert, den Transport von Wirtschaftsdünger aus den viehstarken Regionen in Ackerbaugebiete zu unterstützen. Eine Absage erteilt er einer stärkeren Regulierung des landwirtschaftlichen Bodenmarktes. Das Engagement von Anlegern werde, als eine Folge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), nicht von Dauer sein.