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Gehts jetzt endlich voran beim Gänsemanagement in Norddeutschland?

Bei den Nordischen Gastvögeln sind es hauptsächlich die Nonnengänse, die starke Schäden an den Kulturen verursachen. Als Entschädigung gibts bislang den Vertragsnaturschutz. Aber die Gänse kommen immer früher und bleiben immer länger. Sie dezimieren und verkoten den ersten Schnitt oder vernichten Wintersaaten.

Lesezeit: 5 Minuten

„Eine normale landwirtschaftliche Bewirtschaftung ist so nicht mehr möglich“ konstatierte die Staatssekretärin im Landesumweltministerium Niedersachsens, Almut Kottwitz bei einem von ihr organisierten Gespräch mit Vertretern der Generaldirektion (GD) Umwelt der EU-Kommission, betroffenen Bauern und Landvolkvertretern aus den Küstenkreisen von Weser-Ems. Wir berichteten am Montag darüber.


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Ein Paradigmenwechsel beim Gänsemanagement zeichnet sich nun in Niedersachsen ab. Mitmachen müssen aber alle betroffenen Länder entlang der Flugrouten von Nordischen Gastvögeln, sagt Erich Hinrichs, Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptverein für Ostfriesland, den wir um Stellungnahme zu dem Thema gebeten hatten. Er zeigt sich gegenüber top agrar online erleichtert, dass auch das Management von brütenden Gänsen in Mitteleuropa, vornehmlich der Graugans, nicht weiter ausgeklammert werde und auf die Agenda kommt.


Ausgleich für Vertragsnaturschutz reicht nicht mehr


Das Land Niedersachsen bietet den Landwirten in den ausgewiesenen Vogelschutzgebieten mit Bedeutung für den Gänseschutz bislang Vertragsnaturschutz für die Leistungen in den Wintermonaten bei der Gänseäsung an. Die Konditionen wurden durchaus mehrfach verbessert, so Hinrichs, der an einem Fachgespräch mit dem Ministerium teilnahm. Aber die Gänse kommen immer früher und bleiben immer länger. Sie dezimieren und verkoten den ersten Schnitt des Grünlands oder vernichten Wintersaaten.


Niedersachsen hat 120 000 ha Gänsefläche in Vogelschutzgebieten der EU gemeldet. Eine Förderkulisse gibt es aber nur für maximal ein Viertel dieser Fläche, so der Bauernverband. Selbst für die Fördergebietskulisse reiche das vorgesehene Budget nicht aus. Neue Verträge könnten nicht mehr abgeschlossen werden, zeigt die Praxis. Viele Bauern hätten Gänseschäden, erhielten aber keinen Zugang zum Vertragsnaturschutz und auch keinen Schadensausgleich. Das hält Hinrichs für nicht länger akzeptabel.


Das hat offensichtlich auch das Umweltministerium eingesehen und zusammen mit den Bauern den Weg nach Brüssel gesucht. Für die deutlichen Worte, die Staatssekretärin Kottwitz dabei in Richtung GD Umwelt sandte, sind die Bauern in Weser-Ems ihr sehr dankbar, heißt es. Bei den Nonnengänsen und Graugänsen muss etwas passieren, in dieser Einschätzung sind Ministerium und Bauern sich einig.


Übeltäter sind die Nonnengänse


Bei den Nordischen Gastvögeln sind es hauptsächlich die Nonnengänse, die starke Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen verursachen, erklärt Hinrichs weiter. Wissenschaftler schätzen das jährliche Wachstum der Population der Nonnengänse in Europa auf 8 Prozent. In weniger als 10 Jahren würde sich demnach die Population verdoppeln. Aber bereits heute sind die Konflikte mit der Landwirtschaft, mit dem Luftverkehr, aber auch negative Effekte auf die Ökosysteme enorm.


Die Nonnengans befindet sich in Annex 1 der Vogelschutzrichtlinie und darf demgemäß nicht bejagt werden. Der Artikel 9 dieser Richtlinie erlaubt aber durchaus Managementeingriffe, wenn der gute Erhaltungszustand einer Art nachhaltig gesichert ist. Das haben die Vertreter der GD Umwelt ausdrücklich bestätigt.


International koordiniertes Gänsemanagement auf den Weg gebracht


Rückenwind erhalten diese Managementgedanken aus der Wissenschaft. Ausgehend von einem vom dänischen Umweltministerium und der Universität Aarhus organisierten Kongress zur Gänsethematik im Oktober 2015 ist eine Resolution an die AEWA auf den Weg gebracht worden, die ein international koordiniertes Gänsemanagement mit klaren Populationszielgrößen prioritär für die Nonnen- und für die Graugans fordert.


Die AEWA, ein internationales Wasservogelabkommen für Afrika und Eurasien, hat diese Resolution angenommen und soll nun die Plattform für ein solches Gänsemanagement werden. Es gibt bereits einen wissenschaftlich begleiteten Managementplan für die Kurzschnabelgans im Rahmen von AEWA, der als Musterbeispiel gelten kann. Von den wichtigsten Nordischen Gänsearten machen die Ringelgänse und die Blässgänse deutlich weniger Probleme. Für diese Arten sind derzeit keine Managementpläne vorgesehen.


Diesen Ansatz will Niedersachsen unterstützen. Weiterhin will es die Strukturen der trilateralen Wattenmeerzusammenarbeit mit den Niederlanden und Dänemark sowie Schleswig-Holstein nutzen, denn die Gänseprobleme sind überall entlang der Wattenmeerküste von Den Helder bis Esbjerg identisch.


Im Rahmen des Wadden Sea Forums, das aus diesem Grund bereits 2002 als unabhängiges Stakeholder-Forum der Wattenmeerregion eingerichtet wurde, hatte eine Arbeitsgruppe schon im Jahr 2010 und erneut im Jahr 2013 Vorschläge für ein zumindest entlang der Küste trilateral koordiniertes Gänsemanagement erarbeitet. Mitwirkende dieser Arbeitsgruppe sind Wissenschaftler, Behördenvertreter des Naturschutzes sowie jeweils ein Landwirt aus Niedersachsen, aus Schleswig-Holstein, Niederlande und Dänemark. Ebenso ist der WWF eingebunden.


Für Niedersachsen ist der Präsident des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland e. V., Erich Hinrichs, von Anfang an dabei, immer in der festen Überzeugung, dass das Gänseproblem sich regional nicht lösen lässt, sondern einer internationalen Koordination bedarf.


Vorschläge wurden bislang nicht umgesetzt


Auf den Wattenmeerkonferenzen auf Sylt und in Tonder wurden die Vorschläge abgesegnet und ihre Umsetzung durch die jeweiligen Umweltministerien zugesagt. Passiert ist dann zunächst nichts. Jetzt scheint endlich Bewegung in die Sache zu kommen. „Das wird auch höchste Zeit!“ so Hinrichs. Nach dem Motto „Besser zu spät als nie“ hoffen die Bauern nun, dass das Umweltministerium Niedersachsens jetzt am Ball bleibt und auch das Ministerium in Schleswig-Holstein munter macht.


Wissenschaftler schätzen, dass bis Ende 2018 ein solches Gänsemanagement für Nonnengans und Graugans entwickelt werden kann. Im ersten Schritt hat Niedersachsen seit letztem Herbst das Gänsemonitoring deutlich verstärkt und zeitlich ausdehnt. Ohne gutes Monitoring und Datenmanagement, ist ein von der Kommission akzeptiertes Gänsemanagement nicht zu etablieren.


Die Landwirte mit jährlich zunehmenden Gänseschäden haben vielfach keine Geduld mehr, weiß Hinrichs aus eigener Erfahrung. Sie sollten unbedingt ihre Schäden und das Gänseaufkommen dokumentieren. Zumindest dort, wo Schutzgebietsverordnungen Vergrämungen nicht zulassen, sollten die finanziellen Einbußen durch Gänseäsung den Behörden in Rechnung gestellt werden, lautet sein Rat. Die Bauern müssten den Druck auf Ministerien und Naturschutzbehörden hoch halten, damit endlich Lösungen in Richtung Bestandskontrolle für Nonnengans und Graugans gefunden werden.


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