Mit dem Versäumnis, im Zusammenhang von Schädlingsbekämpfungsmitteln fristgerecht Kriterien zur Bestimmung hormonell wirksamer Substanzen festzulegen, hat die Europäische Kommission gegen EU-Recht verstoßen. Das hat das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) entschieden.
Die Richter gaben damit einer Klage Schwedens statt. Gemäß der im Jahr 2012 erlassenen Biozid-Verordnung hätte die Kommission bis spätestens zum 13. Dezember 2013 Detailregeln festlegen müssen, wie endokrinschädigende Eigenschaften wissenschaftlich bestimmt werden sollen.
Laut EuG ist der Wortlaut der Verordnung in diesem Punkt absolut klar. Es gebe keinen Raum für Missverständnisse. Die Verpflichtung sei deshalb auch nicht unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs oder ihres Zwecks auszulegen. Die Kommission könne sich nicht darauf stützen, dass die von ihr vorgeschlagenen wissenschaftlichen Kriterien im Vorfeld kritisiert worden seien.
Der EuG räumt dem Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt Vorrang vor Bedenken wegen möglicher Auswirkungen auf den Binnenmarkt ein. Die Kommission dürfe eine Verpflichtung zum Erlass von Detailregeln aus binnenmarktpolitischen Gründen weder in Frage stellen noch sich ihr entziehen.
Auch das von der Brüsseler Behörde angeführte Argument, erst eine Folgenabschätzung durchzuführen, verfängt bei den Richtern nicht. Erstens verlange die Verordnung eine solche Folgenabschätzung gar nicht, und zweitens wäre die Kommission selbst im anderslautenden Fall nicht davon befreit, fristgerecht zu liefern.
Die neuen EU-Regeln über das Inverkehrbringen von Schädlingsbekämpfungsmitteln gelten seit September 2013. Sie sehen vor, dass bis zum Ende dieses Jahrzehnts für viele der sogenannten Biozide - beispielsweise die Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln, Insektensprays oder Rattengiften - schrittweise ein EU-einheitliches Zulassungsverfahren eingeführt wird.