Bereits kurz nach der Europawahl hat Italien die Diskussion um die Neubesetzung der Europäischen Kommission eröffnet. Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini erklärte Medienberichten zufolge in der vergangenen Woche, Italien werde den Anspruch auf „ein Ressort von wirtschaftlicher Bedeutung“ erheben und nannte als Optionen Handel, Landwirtschaft und Wettbewerb.
Der stellvertretende Ministerpräsident zeigte sich überzeugt, dass das neue Europaparlament und die neue EU-Kommission Italien wohlgesonnen sein werden. Die politische Karte Europas habe sich verändert. Zuspruch erhielt Salvini von den bedeutendsten Landwirtschaftsverbänden seines Landes.
Der Präsident der mitgliederstärksten Organisation (Coldiretti), Ettore Prandini, verwies auf die wirtschaftliche Spitzenposition der italienischen Landwirtschaft in der EU und erinnerte daran, dass der letzte italienische Agrarkommissar vor fast 50 Jahren im Amt gewesen sei. In dieselbe Kerbe schlug sein Amtskollege vom Verband der größeren Betriebe (Confagricoltura), Massimiliano Giansanti. Ginge es nur nach Leistung und Qualität der italienischen Erzeuger, so dürfte es für die Ernennung eines Italieners zum Agrarkommissar „keine größeren Hindernisse“ geben, zeigte sich Giansanti überzeugt. Rom müsse seine Ansprüche bereits zu Beginn der Verhandlungen um die Positionen in der Brüsseler Behörde anmelden.
Salvinis Partei konnte bei der Europawahl in Italien den vorläufigen Ergebnissen zufolge 34,33 % der Stimmen auf sich vereinen und war damit stärkste Fraktion vor der Demokratischen Partei, die 22,69 % erreichte. Im Europaparlament ist die Lega seit 2015 Mitglied der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF), die voraussichtlich 58 von 751 Abgeordneten stellen wird.
Derzeit sind in der EU mit Parlamentspräsident Antonio Tajani, der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, drei bedeutende Posten mit Italienern besetzt. Starkes Interesse an der Position des Agrarkommissars hatte in der Vergangenheit der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, der ehemalige italienische Landwirtschaftsminister Prof. Paolo De Castro, erkennen lassen. Er ist allerdings Sozialdemokrat.