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Mangelware Biofleisch

Bioschweinefleisch ist eine Nische – noch! Plötzlich reißt sich der deutsche LEH um das kleine Angebot und treibt die Preise auf Rekordniveau. Ist das Preishoch nur ein Strohfeuer oder ein Dauerbrenner? Auf dem Markt für Bioschweine geht die Post ab. Mäster ­erzielen aktuell etwa 3,75 €/kg Schlachtgewicht.

Lesezeit: 6 Minuten

Bioschweinefleisch ist eine Nische – noch! Plötzlich reißt sich der deutsche LEH um das kleine Angebot und treibt die Preise auf Rekordniveau. Ist das Preishoch nur ein Strohfeuer oder ein Dauerbrenner?


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Auf dem Markt für Bioschweine geht die Post ab. Mäster ­erzielen aktuell etwa 3,75 €/kg Schlachtgewicht. Auch wenn die Erzeugungskosten deutlich höher sind als bei den konventionellen Kollegen läuft das Bio-Geschäft finanziell so rund wie lange nicht.


Dabei lagen noch zu Beginn des Jahres die Notierungen für pauschal abgerechnete Bioschweine bei rund 3,20 € pro kg SG und damit knapp unter den Erzeugungskosten. Doch seitdem geht es stetig aufwärts. Vor allem Tönnies suchte plötzlich verstärkt nach Bioschweinen und trieb die Preise auf immer neue Höchststände. Was sind die Gründe und wie lange hält der Boom?



Aldi & Co. wollen Biofleisch


Hinter der Nachfrage steckt in erster Linie der Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der angetrieben durch die Tierwohl-Debatten sein Angebot an Bio-Schweinefleisch ausbaut. Vor allem seit Aldi Süd und Nord ihr Bio-Sortiment ausdehnen, spielt der Markt regelrecht verrückt.


Dass die Preise so durch die Decke ­gehen, liegt auch daran, dass das Angebot an Bioschweinen im Vergleich zum konventionellen Markt verschwindend klein ist. Deutschlandweit kommen jährlich nur rund 250 000 Bioschweine an den Haken. „Die Zahl ist seit vier bis fünf Jahren relativ konstant“, berichtet Bio-Berater Christian Wucherpfennig. Das sind gerade mal 0,6 % aller Schweineschlachtungen. Bezogen auf die privaten Einkäufe liegt der Öko-Anteil mit ca. 1 % etwas höher.


Der kleine Markt kann auf den plötzlichen Nachfrageschub kaum reagieren. Schon kleine Änderungen wirken sich gravierend auf die Preise aus. „Wenn Aldi nur eine neue Bio-Salami ins Sortiment aufnimmt, sind wöchentlich mal eben 10 t Bioschweinefleisch zusätzlich nötig“, sagt Hugo Gödde, der die Geschäfte des Erzeugerzusammenschluss Biofleisch NRW führt. Er schätzt, dass aktuell problemlos 50 000 Schlachtschweine mehr vermarktet werden könnten.


Doch dafür fehlen die Ferkel, weil die Zahl der Biosauen seit Jahren bei gut 15 000 Tieren stagniert. Schlimmer noch: Zuletzt ging der Bestand sogar leicht zurück. Kein Wunder also, dass Bio-Ferkel aktuell 135 bis 140 € pro 25-kg-Tier bringen.


Langfristige Verträge


Weil das Angebot so knapp ist, wurde auch der Bezug von Teilstücken aus dem Bioschweine-Bereich zuletzt immer schwieriger. Um auf Dauer überhaupt verlässlich an Ware zu kommen, haben einige Ver­arbeiter und Schlachter ihre Strategie geändert und treten nun zunehmend direkt an die Landwirte heran. Selbst Lebensmittelhändler winken mit langfristigen Verträgen, um die Erzeugung anzukurbeln:

  • Die Edeka Südwest wirbt beispielsweise mit Anzeigen im baden-württembergischen Wochenblatt. „Wir bieten mehrjährige Verträge zu attraktiven Preisen, die sich an den Vollkosten orientieren“, heißt es in der Anzeige. Die Laufzeit der Verträge soll bis zu zehn Jahre gehen.
  • Tönnies geht über seine Tochter Livestock einen ähnlichen Weg. Wer hier unterschreibt, bekommt einen 4-Jahresvertrag und eine Abnahmegarantie für Bioschweine.
Durch die Rekordpreise interessieren sich nun zwar deutlich mehr Landwirte für Bio, berichten Ökoberater. Trotzdem steigt das Schweineangebot bisher kaum. Der Grund: Erstens braucht eine Umstellung Zeit. Vor allem in der Ferkelerzeugung sei der Umbauaufwand hoch, sodass mindestens ein Jahr vergehe, bis ein Umsteiger Bio-Tiere liefern könne, berichten Experten. Zweitens wagen am Ende nur wenige Betriebsleiter wirklich den Schritt in den Biomarkt. Bio-Berater Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer NRW hat im laufenden Jahr gerade mal einen Betrieb mit 240 Sauen bei der Umstellung begleitet. Bei seinem niedersächsischen Kollegen Steffen Döring war es bisher nur ein Mastbetrieb. „Drei weitere Schweinehalter zeigen aber ernstes Interesse“, sagt Döring.


In Süddeutschland ist das Interesse etwas größer, berichtet Raphael Misch. von der Regionalen Bioland Erzeugergemeinschaft (Rebio), die für Edeka Südwest nach Umsteigern sucht: „Wir werden zwar nicht überrannt, aber einige kleinere Ferkelerzeuger interessieren sich schon dafür.“ Wie viele letztlich umstellen, müsse man aber abwarten.


Erzeuger halten sich zurück


Von einer Umstellungswelle könne keine Rede sein, sagt auch das Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschlands (ABD), das überverbandlich Biobetriebe vertritt. Oft passen auch die Rahmenbedingungen einfach nicht. „Wer einen 3 000er-Maststall hat, kann die Vorgaben für den Auslauf kaum erfüllen. Die Ställe sind dafür zu breit“, sagt der Vorsitzende vom ABD Heinrich Rülfing, der seit vielen Jahren Bioland-Schweine mästet. Er sieht die größte Hürde für konventionelle Schweinehalter allerdings eher auf dem Acker. Denn Landwirte, die sich einem Bio-Verband anschließen, müssen den gesamten Betrieb auf Bio umstellen. „Die Bestandspflege mit einem 30 m-Spritzgestänge ist deutlich einfacher als mit mechanischen Geräten“, meint Rülfing. Das Umdenken beim Pflanzenbau sei oft viel schwieriger als in der Tierhaltung.


Ohnehin warnen Experten davor, den hohen Preisen hinterher zu rennen. Das werde sich auch wieder ändern, heißt es. „In den Jahren 2013 und 2014 lagen die Erlöse für Bioschweine sogar deutlich unter unseren Kosten“, erinnert sich Heinrich Rülfing. Es sei deshalb wichtig, nur mit festen Abnahmeverträgen in den Biomarkt einzusteigen.


In die gleiche Kerbe schlägt auch Döring. Der Kammer­berater rät jedem Neueinsteiger, noch vor dem Start die Vermarktung zu regeln. Ein oder zwei zusätzliche große Sauenbetriebe könnten den Markt schon kippen. Bisher stocken in Deutschland zwar nur wenige auf. Niemand wisse aber genau, was in Holland oder Dänemark passiere. Er rechnet damit, dass sich der Markt wieder beruhigt. „Die Preise werden sich zwischen 3 € und 3,50 € pro kg SG einpendeln“, glaubt er.


Raus aus der Nische?


Auf welchem Niveau der Preis sich bewegt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie nachhaltig die Nachfrage aus dem Lebensmittelhandel ist. Branchenkenner sind aber zuversichtlich, dass der Absatz in Deutschland wächst, weil Edeka oder Aldi nicht nur aus Image-­Gründen in Bio investieren, sondern schlicht und einfach zusätzlichen Umsatz machen wollen, heißt es.


Auch der Geschäftsführer von Bio-fleisch NRW Hugo Gödde sieht fürs Bioschwein noch Luft nach oben. „In unserem Betrieb steigern wir den Umsatz jährlich konstant um rund 10 %“, berichtet er. Man müsse jedoch aufpassen, dass der Preisabstand zur Standardware nicht zu groß werde. Aktuell ist Bio im Laden etwa dreimal so teuer. Bei größeren Mengen könne man aber noch einiges rationalisieren, meint Gödde. Er kann sich deshalb gut vorstellen, dass sich der Bio-Anteil beim Schweinefleisch in Deutschland in den nächsten zwei bis drei Jahren verdoppelt. Das wären allerdings immer noch weniger als 2 % Marktanteil.


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